Als
Siegerboot hervorgegangen Ausschlagend für
den Konstruktions-Wettbewerb war die Idee, für jede bestehende olympische Kategorie eine
Alternative zu schaffen, um der Erstarrung des olympischen Segelsportes entgegenzuwirken.
Berühmte Konstrukteure aus aller Welt folgten diesem Aufruf und stellten sich mit ihren
Prototypen im Mai 1965 einer internationalen Jury in Medemblik (Holland) zu
Vergleichswettfahrten. Als klarer und eindeutiger Sieger aus
dieser Konkurrenz ging die vom Engländer Ian Proctor konstruierte TEMPEST
hervor. Mit acht von neun gewonnenen Läufen fiel die Ueberlegenheit gegenüber den 13
übrigen Konstruktionen ähnlicher Bauart und Segeleigenschaften derart krass aus, dass
sich die Jury entschloss, zu einer weiteren Wettfahrt zu starten, in der allein die
TEMPEST mit zwei Sandsäcken zusätzlichen Ballastes anzutreten hatten. Und wieder hiess
der Sieger TEMPEST.
Internationaler
Status
Damit stand dieser gelungenen Konstruktion zu einem
schnellen, vielleicht zu schnellen Aufstieg nichts mehr im Wege. Es folgte die sofortige Anerkennung als internationale Klasse, ein Status, der bis heute
keinem anderen Zweimann-Kielboot mit Trapez und Spinnaker verliehen wurde. 1968 folgte die
Ernennung als olympische Klasse, worauf 1972 in Kiel und 1976 in Kingston auf der TEMPEST
um olympische Ehren gekämpft wurde. Dieser Siegeszug führte dann allerdings zu heftigen
Polemiken im Kreise anderer Klassen, und das Boot wurde aus verschiedenen Richtungen unter
Beschuss genommen. Im Herbst 1976 wurde die noch junge Bootsklasse unter dem Eindruck
verleumderischer Propaganda in einer knappen Abstimmung als Olympiaklasse wieder
abgesetzt. Trotzdem wechselte kaum jemand die Klasse, von jenen abgesehen, die aus
geschäftlichen Gründen gezwungen waren, ein Olympiaboot zu segeln. Niemand innerhalb der
Klasse zweifelte daran, dass man sich auch ohne Olympiastatus behaupten würde. Dabei
hatte man einen unschätzbaren Vorteil auf seiner Seite: das Boot, im harten
Konkurrenzkampf erkoren, sprach für sich.
Strikte Einheitsklasse
Die TEMPEST ist als strikte
Einheitsklasse konzipiert und wird daher ausschliesslich in Negativ-Form gebaut,
welche alle von derselben Urform stammen. Die Vermessungs- und Bauvorschriften werden von
der International Tempest Association (ITA) und der International Sailing Federation (ISAF) überwacht und
allfällige Aenderungen werden nur eingeführt, wenn sich diese auch bei bestehenden
Booten realisieren lassen. Damit behalten auch ältere Boote ihren
Wert und die Materialschlacht wird auf ein Minimum beschränkt. Die peinlich
genauen Bauvorschriften wirken sich ebenfalls sehr vorteilhaft auf die Solidität der
Boote aus. Selbst Spitzenschiffe haben oft sieben und mehr harte Regattajahre auf dem
Buckel, ohne dass Probleme mit weichen Rümpfen auftreten würden. Verbunden mit dem
vergleichbar niedrigen Anschaffungspreis halten sich damit die Kosten für das
Regattavergnügen in Grenzen. Die Beschlagsausrüstung ist weitgehend dem Geschmack des
Eigners überlassen, obschon sich in vielen Entwicklungsjahren gewisse Standards
herauskristallisiert haben. Dennoch steckt das Boot in einer ständigen, jedoch massvollen
Entwicklung.
Rasant wie eine Jolle
Die Jolle mit Kiel, wie sie
von Liebhabern auch gerne umschrieben wird, verdankt ihre gute Bootsgeschwindigkeit dem
günstigen Verhältnis von Segelfläche und Bootsgewicht. Obwohl die TEMPEST ein Kielboot
ist, liegt sie mit ihren sportlichen Eigenschaften viel näher bei den Jollen.
Konstrukteur Ian Proctor legte besonderen Wert darauf, dass beide
Mannschaftsmitglieder möglichst zu gleichen Teilen an der Bootsführung und damit am Erfolg beteiligt sind. Als abschreckendes Beispiel standen ihm
reine Skipper-Boote vor Augen, auf welchen die Crew zu lebendem Ballast degradiert ist. So
zwingt die geringe Formstabilität den Vorschoter, resp. die Vorschoterin bei der TEMPEST
zu einer Trapezarbeit ähnlich jener bei Jollen. Dabei erweist sich die dämpfende Wirkung
des Kiels beim Einsetzen und insbesondere beim Aussetzen einer harten Böe für die
Besatzung als ausgesprochen angenehm. Ganz in die Domäne des Vorschoters, resp. der
Vorschoterin gehört auch die Führung des Spinnakers, mit dessen Hilfe das Boot auf
Raumschotkursen schon ab drei Windstärken ins Gleiten kommt.
Sicher wie eine Yacht
Ausgesprochen hohe Anforderungen werden punkto Sicherheit
erfüllt. Sollte die TEMPEST bei viel Wind wegen eines Manövrierfehlers einmal flach
liegen, so richtet sie sich dank des Ballastanteils von rund 50% sofort wieder auf. Die völlige
Abschottung der Plicht verhindert, dass übernommenes Wasser unter Deck laufen und
so eine instabile Schwimmlage herbeiführen kann. Wie wertvoll sich diese Eigenschaft
auswirken kann, erfuhr der mehrfache Weltmeister Rolf Bähr während eines WM-Laufes: Gut
platziert brach bei ihm das Grossfall, und damit kam auch das Segel von oben. Kurzerhand
kletterte der Vorschoter auf den Mast und konnte damit das Boot zum Kentern bringen. Flach
liegend wurde der Grosssegelkopf zum Masttopp gezogen und provisorisch festgebändselt.
Den Mast wieder losgelassen, richtete sich das Boot sofort wieder auf. Das im Cockpit
verbliebene Wasser war im Nu durch die Lenzer aus der Plicht gelaufen und das Rennen
konnte weitergehen. Auch der Forderung nach Unsinkbarkeit wurde bei der Konstruktion
kompromisslos Rechnung getragen. So halten feste Auftriebskörper in
drei separaten Kammern selbst nach einer schweren Kollision die TEMPEST sicher
über Wasser.
Sport und
Kameradschaft
Entscheidend geprägt durch die bewegte Klassengeschichte,
bildete sich national wie international eine ausgezeichnete
Kameradschaft und ein fast als familiär zu bezeichnendes Zusammengehörigkeitsgefühl.
Man kommt eben nicht nur zum Regattieren, sondern auch, um Freunde zu treffen und
Geselligkeit zu pflegen. Einsteiger werden schnell in die
Gemeinschaft integriert, und für die alten Hasen ist es eine
Selbstverständlichkeit, den Neulingen über alle Anfangsschwierigkeiten hinweg zu helfen.
Man ist sich in der Klasse bewusst, dass die TEMPEST als sportliches und sensibles Boot
schon einiges an theoretischem und praktischem Know-how abverlangt und ist daher
gegenüber weniger Erfahrenen ausgesprochen kooperativ.
Klassenpolitik
Das Ergebnis dieser Klassenpolitik ist eine
Leistungsdichte, die sich besonders dann manifestiert, wenn nach einem zweistündigen Lauf
alle Konkurrenten innerhalb fünf bis zehn Minuten die Ziellinie passiert haben. Dies
wissen nebst den Teilnehmern auch die Regattaorganisatoren besonders zu schätzen, wenn es
darauf ankommt, Regatten speditiv über die Bühne zu bringen. Im wahrsten Sinne des
Wortes familiär ist die Situation auf manchen Booten, wie dies die verhältnismässig grosse Anzahl von gemischten Crews auf
den Regattabahnen verdeutlicht. Dass sie überdies erfolgreich sind, bewiesen auch schon
Siege gemischter Mannschaften auf internationalem Parkett.
So sind die TEMPESTler eben eine Familie von sportiven Seglern, die sich
charakterisieren durch eine innige Verbundenheit mit ihrem Boot, einem gesunden Mass an
Ehrgeiz auf den Regattabahnen und allem voran Flair für Kameradschaft und Geselligkeit. |