Was ich glaube ...


Papi, 23.06.2008/19.11.2008  
Ich Ehemann und Vater, 05.11.2007
Bobo vs. Christen, 01.04.2007
Zum neuen Jahr, 31.12.2006
Papst vs. Islam, 05.10.2006
Vertrauen, 08.04.2006
Ewigkeit, 22.10.2005
Dienstleistungsrichtlinie, 24.03.2005
Eiszeit, 14.02.2005
2056, 25.09.2004
Erkenntnisse, 22.09.2004
Die Hand im Po, 26.08.2004
Wertlos, 17.07.2004
Wahlschlappe, 16.05.2004
Ausgebrannt, 26.02.2004
Abgehakt, 25.12.2003
Marktwirtschaft, 5.12.2003
Veränderungen, 19.10.2003
Wer bin ich?, 09.09.2003
Rückkehr, 03.09.2003
Gut, 22.07.2003
Nur ein paar Gedanken, 14.06.2003
Die Gilde der IT, 18.05.2003
Älterwerden, 18.05.2003
Krieg, 07.04.2003
Hier und jetzt, 15.03.2003
Selbstvertrauen, 15.03.2003
Vertrauen, 2.2.2003
Das Wort zur Weihnacht 2002, 14.12.2002
God@Earth?, 26.10.2002
Zufriedenheit, 25.10.2002
Möllemann, 16.6.2002
Faszination Technik, 16.6.2002
Die Hand in der Kloschüssel - Meine Neujahrsansprache, 31.12.2001
Sinnlos, 21.11.2001
Portale, 10.11.2001
Gothic - Wenn die Dimensionen verschwimmen, 14.10.2001
WTC - Und das Chaos kam über die Welt, 15.9.2001
Cube - Gefangen im Geist, 29.7.2001
Zurück und müde, 17.7.2001
Nach der grossen Schlacht, 22.4.2001
Vor der grossen Schlacht, 8.4.2001
WEF - oder wie ich glaubte BSE mache wahnsinnig, 28.1.2001
Berührung der Ewigkeit, 31.12.2000
Weihnachten ist tot, 24.12.2000
Hast Du eigentlich eine Freundin?, 10.12.2000
.. und alles zieht vorbei, 18.8.2000
Wir sind ich, 30.7.2000
... und wann heiratest Du?, 22.7.2000
Big bekloppt, 12.6.2000
God@Heaven?, 1.6.2000
3.00 Uhr, 13.5.2000
Frust, 13.5.2000
Erklärungen, 16.4.2000
Nachts, 10.3.2000
Menschenwelten, 7.3.2000
Kerzenlicht, 28.2.2000
A Dream within a Dream, 19.2.2000
Illusion und Wirklichkeit, 6.2.2000
Die Welt im Wandel der Zeit, vor 2.2000
Von Hunden und Löchern, vor 2.2000
Gedanken über das Selbst, vor 2.2000
Über die Einsamkeit, vor 2.2000
Gedanken zum neuen Jahrtausend, vor 2.2000
Der Sinn des Lebens, vor 2.2000
Gedanken über mich, vor 2.2000
Gedanken über die Welt, vor 2.2000


Gedanken über die Welt

Ich bin davon überzeugt, dass diese Welt so ziemlich der übelste Ort ist, wo man landen kann und diese Zeit die übelste Zeit ist, in der man leben kann. Natürlich haben wir heute all diese netten technischen Errungenschaften, Leistungen, Vorzüge und Gesetze und über die Grundversorgung braucht man gar nicht erst zu reden. Wir haben die Barbarei aufgegeben. In der Regel essen wir nicht einfach fremde Leute und wir schlagen ihnen auch nicht grunzend die Köpfe ein, ausser es wäre unbedingt notwendig. Alles ist furchtbar sozial, geregelt und genormt, für alles gibt es Gesetze, jeder kann seinen Wünschen folgen und tun und lassen was er will. Jeder ist sich selbst der Nächste, das höchste Gut ist der Individualismus und das höchste Ziel die Selbstverwirklichung. Und wenn man dann auch noch so aussieht wie Barbie und Ken, das Verlangen, Selbstbewusstsein und den nötigen Zaster hat, allen Modetrends brav hinterher zu trotten wie des Meisters treuer Bello, dann wird die heutige Zeit zum Erlebnis.

Betrachtet man das Ganze nun aber einmal etwas anders, dann waren die Menschen wohl noch nie so oberflächlich, egoistisch und bekloppt wie heute. Sicher, jeder kann schreiben und lesen, war schon überall auf der Welt und hat schon mal was von Gentechnik, Quantenmechanik und Atomphysik etc. gehört. Aber da fängt das Problem ja auch schon an: man hat davon gehört, wissen tut man aber nicht wirklich was. Wo man früher, viel über wenig gewusst hat, weiss man heute eher wenig über viel. Aber es ist ja eigentlich auch nicht wirklich wichtig, etwas zu wissen, man muss bloss gut im Präsentieren sein und die richtigen Designerklamotten dazu tragen, diese Argumente erschlagen heute jeden noch so klugen Gegner. Nur der Schein ist wichtig und will man ganz ehrlich sein, wen interessiert denn heute noch, was sich hinter den Fassaden, Dingen und Menschen verbirgt? Die Dinge ändern sich eh so schnell, dass es keinen Sinn macht, sich dafür zu interessieren. Man hat überhaupt nicht mehr die Zeit dafür. Das Wissen, das man sich mühsam aneignet ist eigentlich schon wieder veraltet, bevor man es irgendwo sinnvoll anwenden kann. Interessant sind dementsprechend auch nur die Informationen, die einem einen entscheidenen Vorteil gegenüber den Mitmenschen versprechen oder die die menschliche Sensationsgier befriedigen. Und sollte man es dann auch mit allen Informationen, Vorteilen und Aktivitäten nicht schaffen, seine individuellen Ziele zu erfüllen und will man mit jemandem so gar nicht auf den gleichen Nenner kommen, kann man ihn ja immer noch verklagen. Sollte auch das das Problem noch nicht lösen, so kann man es noch immer in einer dieser Nachmittagsshows endgültig ausdiskutieren. Ich denke, ich kann hier ruhig aussprechen, dass ich diese Shows für den wahren Höhepunkt unserer Zivilisation halte. Während die früheren ach so primitiven Zivilisationen ihre Zeit mit Bauwerken, Kunstwerken, literarischen Meisterwerken und grossen Erfindungen vertrödelt haben, war es uns möglich uns derat weiter zu entwickeln, dass wir über das frustrierte Sexualleben unseres Goldhamsters vor einem Millionpublikum diskutieren können. Zu welchem anderen Zeitpunkt in unserer Geschichte war das möglich?

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Gedanken über mich und mein Leben

Doch kommen wir nun zu mir ... warum? Ganz einfach, dies ist meine Homepage, ich darf das .... warum man das lesen soll? Ich hab nirgends gesagt, man soll das lesen, ich schreibe hier lediglich wie ich mein Leben sehe und eigentlich auch nur für mich.
Ich empfinde mein Leben als unendlich einsam, leer, wertlos und frustrierend, ich frage mich überhaupt, warum ich jeden Tag aufstehe, eigentlich macht nichts darin wirklich Sinn. Ich glaube aber nicht, dass ich da allein bin. Die meisten Menschen rennen doch heute ihren Pseudozielen und kleinen unwichtigen Plänen hinterher, ärgern sich über Nichtigkeiten, nur um am Ende ihres mühsamen von Arbeit, Plagerei, Schmerz und Verzweiflung gezeichneten Lebens zu sterben und ihr Lebenswerk ihren streitenden Erben und dem Steueramt zu hinterlassen. Warum die Leute dabei glücklich sind und ihre Leben als erfüllt empfinden habe ich niemals verstanden. Kann das alles wirklich der Sinn des Lebens sein? Ich glaube nicht, jedenfalls nicht für mich. Auf eine seltsame Art bewundere ich aber die Menschen, deren Leben in diesem 08:15 Styl abläuft, damit meine ich dieses Schema:

Geburt
Kindergarten
Schule
Ausbildung
Beruf
Freundin
Wohnung
Frau
Haus
Hund
Kind
Altersheim
Tod
Dass die Reihenfolge von Fall zu Fall ein bischen verschieden ist, ist ja klar aber so mehr oder weniger spiegelt dies doch wirklich das Leben der meisten Menschen wieder. Wie gesagt, irgendwo bewundere ich solch ein Leben, weil es nach Stabilität klingt, weil es nach Geborgenheit, Zufriedenheit und nach einem erfüllten Leben klingt. Aber irgendwo ist es auch das, wovon ich in der Nacht Alpträume habe und schreiend aufwache. Es ist wie eine obligatorische Checkliste, die um jeden Preis abzuarbeiten und einzuhalten ist. Sobald ein Punkt nicht erfüllt werden kann, hat man ein Problem, denn nur durch einen vollständig abgehakten Punkt auf der Liste, kommt man weiter. Da muss man sich doch vorkommen, als wär man in einem Computerspiel gefangen? Nur durch Lösen aller Aufgaben, kriegt man den Schlüssel zum nächsten Level. Wenn ich mal einen Moment länger bei diesem Vergleich bleiben will, würde ich es auf meine Situation bezogen so ausdrücken: Ich stecke zur Zeit voll im Level "Beruf", ein wirklich harter Level, viele schwere Gegner, endlose Möglichkeiten, Aufgaben, Fallen und praktisch keine Lösungstipps. Im Moment habe ich ja echt das Gefühl ich finde in dem Game den Schlüssel nicht, ich finde nicht heraus und weiss nicht, wo ich suchen soll .. ja ich weiss nicht mal ob ich für diesen Level den richtigen Beruf gewählt habe. Ich habe sicherlich einen interessanten Beruf, doch ist es wirklich der Richtige? Vielleicht muss ich für diesen Level ja Gärtner-, Atomphysiker oder Widerstandskämpfer in Süd-Andorra sein. Noch schlimmer wird es, wenn ich auf der Checkliste nachschaue, was noch kommen sollte: Den Wohnungslevel hab ich ja noch relativ einfach geknackt. Aber dann siehts langsam völlig aussichtslos aus. Zu dem "Freundin"-Level habe ich mal eine Grobbeschreibung gelesen, aber die genaue Anleitung konnte ich leider bis jetzt noch nicht auftreiben, ein völliges Mysterium. Weder finde ich den Zugang, noch habe ich eine Ahnung wie es funktionieren würde, wenn ich drin wäre. Ich habe zwar mal für einige Wochen eine Demoversion genossen. Wow, was für einzigartige, geniale und wundervolle Gefühle, es ist als wäre man plötzlich "ganz" und man fühlt sich so stark. Ein ähnliches Gefühl muss ET verspürt haben, als seine Kumpels mit dem Ufo kamen um ihn abzuholen. Tja, leider ist mein Ufo wieder weggeflogen und ich stand mit dem langen Gesicht da. Das Ende war ziemlich frustrierend und hat mich nur einmal mehr in meiner ureigensteinen Meinung über mich und mein Leben bestärkt. Trotzdem spüre ich von Zeit zu Zeit ein tiefes Verlangen, an diesem Teil des Lebens auch teilnehmen zu dürfen und ich sehne mich unendlich danach gewisse Gefühle zu spüren, wieder "ganz" zu sein und zugleich Teil von etwas Grösserem zu sein, die Nähe und die Berührung eines anderen Menschen zu fühlen, einfach die Worte "ich hab dich lieb" zu hören und mich als Mensch zu fühlen. Ich denke ohne die Synthese und das Zusammenspiel von Mann und Frau kann man niemals ein glückliches, erfülltes Leben führen. Ich glaube, das Leben besteht aus Gegensätzen, Wechselwirkungen und sich ablösenden Kräften, wie Gut und Böse, Erschaffung und Zerstörung, Leben und Tod, Trauer und Glück, Schwarz und Weiss, oben und unten, Mann und Frau. Das eine kann ohne das andere nicht existieren, kann gar nicht erklärt oder definiert werden, darum kann man Gegensätze im Prinzip auch nicht wirklich als Gut und Schlecht werten, man muss sie einfach akzeptieren. Ich glaube an die Kraft der Gegensätze und glaube im Ansatz zu verstehen, wie die Welt funktioniert, aber ich kann einfach nicht daran glauben, dass der einzige Sinn eines menschlichen Lebens darin besteht, das Fortbestehen der Menschheit durch rege Vermehrung zu sichern. Sollte ich auf meiner unendlichen Suche nach dem Sinn des Lebens wirklich zu dem Schluss kommen, dass dies der einzige Sinn ist, wäre dies sicherlich ein Grund den Fön mit in die Badewanne zu nehmen. Wonach ich mich sehne, ist echtes Glück und Zufriedenheit, vorallem die innere Zufriedenheit. Das Gefühl nicht mehr wie ein Hamster im Laufrad falschen Idealen und den Wünschen anderer Menschen hinterher rennen zu müssen ohne jemals anzukommen und während diesem hoffnungslosen Unterfangen auszubrennen, wie ein Feuerwerkskörper. Ich wünsche mir, irgendwann fähig zu sein, die eigene Art, das eigene Wesen, Aussehen und Leben so anzunehmen wie es ist und es mit jemandem zu teilen ... Nach meinen bisherigen Erfahrungen muss ich leider sagen, ein unerreichbares Ziel ...

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Der Sinn des Lebens

Seit Jahren stelle ich mir unentwegt die Frage nach dem Sinn des Lebens, nach dem Sinn meines Lebens. Die Frage beherrscht und verfolgt mich. Sie keimt bei jedem Fehlschlag immer wieder von Neuem auf, die Frage selbst scheint mir manchmal zu meinem einzigen Motor, zu meiner Lebensmotivation geworden zu sein. Aber was wenn es keine Antwort darauf gibt? Wenn das Leben eines Menschen gar keinen Sinn hat, wofür sollte man dann leben wollen? Nur um des Lebens Willen? Dafür bietet mein Leben zu wenig Reizvolles. Oder ist bloss der Weg das Ziel? Ist das Ziel selbst vielleicht nur eine leere Illusion, die Hoffnung des Verzweifelten? Das wäre eine gigantische Enttäuschung! Nein, das darf einfach nicht sein. Jede Aufgabe muss eine Lösung haben, am Ende jeder Prüfung muss doch eine Belohnung stehen. Aber vielleicht ist es ja ein Sakrileg die Frage nach dem Sinn des Lebens überhaupt zu stellen. Eine Herausforderung des Schicksals, die mit dem Hauptgewinn belohnt wird oder aber mit der Einsicht bestraft wird, dass das Leben keinen Sinn hat und der ewigen inneren Leere und Dunkelheit, die mit dieser Einsicht verbunden ist.

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Gedanken zum neuen Jahrtausend

Wow, nun haben wir den Sprung in das Jahr mit der Zwei am Anfang geschafft. Nirgends scheint was Gröberes passiert zu sein. Das ist sicher eine Erleichterung, irgendwo aber auch eine Enttäuschung. Warum eine Enttäuschung? Nach all dem Hype um all die Probleme, die auftreten können und nachdem ich selbst in den letzten Wochen nur noch für die Wahnvorstellungen von paranoiden Managern gearbeitet habe, hätte ich mir gewünscht, dass es wenigstens irgendwo in der Welt knallt, meine Endzeitstimmung ein bisschen Bestätigung erlebt und meine Sensationsgier ein bisschen befriedigt wird. Naja das war ja dann wohl nix. Weder ist irgendwo eine Kernschmelze in einem AKW eingetreten, noch irgend ein Flieger vom Himmel gefallen, die 4 apokalyptischen Reiter haben ihren Ausritt verschoben, es hat keine Frösche geregnet, meine Vorladung fürs jüngste Gericht lag nicht im Briefkasten und selbst Uriellas UFOs haben sich entweder verflogen oder hatten ein Y2K-Problem mit ihren Bordinstrumenten. Ich komme noch immer ins Internet und meine Küchenmaschinen, die ja noch ganz deutlich aus dem letzten Millenium stammen, erfüllen hartnäckig ihren Dienst.
So und nun stehe ich also hier, bin ein bisschen frustriert über all die fehlgeschlagenen Weltuntergänge, die wir in der letzten Zeit ja eben nicht erlebt haben und frag mich nun was genau ich denn jetzt mit den nächsten 1000 Jahren anstellen soll. Eigentlich hatte ich ja immer so das Gefühl, dass das letzte Millenium nicht so das Meine war und so hoffe ich natürlich, dass dieses besser wird. Wir werden sehen ... aber eins kann ich Euch sagen, wenn dieses Millenium auch wieder Scheisse wird, dann bleib ich bis zum nächsten, jawohl!!

Der Start ins neue Jahrtausend kann durchaus einen grossen Boom bringen. Z.B. im Büchermarkt. Die Untergangspropheten deuten die Prophezeiungen von Nostradamus neu und bringen überarbeitete Neuauflagen ihrer Bücher heraus. Wahrscheinlich wird die Bücher jetzt aber niemand mehr lesen wollen. Es wird bestimmt auch viele tragische Schicksale geben. Man denke da nur an die EDV-Leute, die nach den monatelangen Verhütungsarbeiten nun plötzlich wieder etwas Produktives arbeiten sollen, das ist eine brutale Umstellung, viele werden nicht mehr wissen, wie sie mit dieser Situation umgehen sollen und werden sich aus Verzweiflung in den wüsten Sumpf der Kaffeesucht stürzen. Ja und was ist denn überhaupt mit den Menschen, die der Welt endgültig Adieu gesagt und sich mit tausenden Tüten Astronauten-Nahrung und Taschenlampen-Batterien in ihren Privat-Bunkern eingeschlossen haben? In zwei drei Jahren werden diese Batterien auslaufen, stellt Euch mal vor, was das für ein ätzender qualvoller Tod ist. Oder was ist mit den Börsenfreaks die ihr ganzes Geld in Firmen für Survival-Ausrüstungen, Bunkeranlagen und Jod-Tabletten gesteckt haben? Ein totaler Flop.

Naja, aber wie auch immer, ich glaube jedenfalls, dass dieser "Neubeginn", dieses neue, junge Millenium die Menschen schon bewegen wird, es ist psychologisch extrem wichtig. Eine Last ist weggefallen, das kann ein grosses Gefühl der Befreiung bedeuten. Bei vielen Menschen wird sich so eine Art Aufbruchstimmung und die Lust auf Neues einstellen. Zugleich ist nun aber auch etwas weggefallen, auf das wir zugearbeitet haben, eine Hürde, ein Checkpoint, wenn man so will. Und das bedeutet, dass wir uns etwas Neues suchen müssen, etwas das verheissungsvoll am Horizont steht, etwas auf das wir in langsamen Schritten zu gehen und hinarbeiten können. Etwas damit wir täglich vor uns hinjammern können "Ach wenn ich nur diesen .... schon durch hätte, dann wird alles anders ...". Ich denke, das Finden eines solchen neuen leuchtenden Zieles ist jetzt etwas vom Wichtigsten. Wenn der Weg das Ziel ist, dann haben wir ein Etappenziel erreicht.

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Über die Einsamkeit

Ein wichtiges Thema in meinem Leben ist die Einsamkeit, sie verfolgt mich auf Schritt und Tritt, wie ein böser Schatten. Das Gedicht "Alone" von Poe, welches auch die Titelseite meiner Page ziert, bedeutet für mich entsprechend weit mehr als einfach schöne Worte.

Viele Menschen glauben Einsamkeit sei lediglich die physische Abwesenheit von Menschen, dies mag vielleicht ein Aspekt davon sein, ist aber sicher nicht die Hauptsache. Wahre Einsamkeit findet im Kopf statt. Ob ich gleichzeitig mit hundert Menschen in einem Raum bin spielt dabei überhaupt keine Rolle. Im Gegenteil, Menschenaufläufe können dieses Gefühl noch zusätzlich verstärken. Ich denke, ein Mensch, der über längere Zeit von diesem wahren Gefühl der Einsamkeit in seinem Kopf beherrscht wurde, kann niemals mehr der Gleiche sein, es ist als verlöre er etwas, als würde ein Teil seiner Seele für immer zerstört und durch ein Gefühl unendlicher Kälte und Leere ersetzt. Wer dieses Gefühl nicht kennt, kann das nicht verstehen. Es ist dieses Gefühl der Kälte und Leere, das andere Menschen unbewusst spüren und sie noch mehr auf Distanz zu Dir gehen lässt. Dir gibt es gleichzeitig das Gefühl, dass Du anders als diese Menschen bist, keine Gemeinsamkeiten hast und nirgends dazu gehörst. Es mag sein, dass man durch Einsamkeit auch Dinge gewinnt und neue Aspekte von sich selbst entdeckt. Ich bin mir jedenfalls nicht so schlüssig, ob ich die Einsamkeit von Herzen liebe oder auf den Tod verabscheue und fürchte. Wahrscheinlich beides. Nennen wir es einfach eine Hassliebe. Wenn ich allein bin, sehne ich mich nach Gemeinschaft und wenn ich in Gesellschaft bin sehne ich mich nach Einsamkeit.

Sich einsam zu fühlen, heisst einen Mangel zu verspüren, etwas zu vermissen, sich nach etwas zu sehnen, was man zum Leben braucht aber unerreichbar und vielleicht undefinierbar scheint. Die Frage ist worin dieser fehlende Teil besteht. Manchmal gelingt es, das Loch für einen Weile zu stopfen, sei es durch Flucht in die Arbeit, in den Sport oder durch eine sonstige Ersatzdroge aber das ist mehr Selbstbetrug als Heilung und dementsprechend holt es Dich früher oder später wieder ein und bestraft Dich. Ob diese Wunde in der Seele überhaupt heilbar ist, kann ich nicht sagen, doch falls es so ist, kann es vermutlich nur durch die Gegenwart und Liebe eines Menschen geschehen, der dieses Gefühl auch kennt oder aber Dir soviel von sich selbst geben kann, dass Du Dich wieder komplett fühlst.

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Gedanken über das Selbst

Was ist das Selbst? Was ist es, das einen Menschen zu dem macht was er ist? Ist es das was die anderen Menschen in einem sehen, was sie von einem verlangen oder das was man selbst in sich sieht? Ist es das was man tut, das was man denkt oder das was man fühlt? Wie schwierig es doch ist, das Selbst zu definieren, die Frage "Was bin ich und wer bin ich?" zu beantworten und wie ungleich schwieriger es dann erst ist, das Selbst zu leben.

Ist es überhaupt heutzutage noch möglich das Selbst als etwas Fixes zu sehen oder ist man wirklich, wie es mir scheint, gezwungen für die unterschiedlichen Menschen, für die man arbeitet, mit denen man arbeitet, mit denen man befreundet oder verwandt ist oder mit denen man zusammenlebt jeweils eine eigene Maske zu erzeugen, quasi eine Rolle zu spielen, um den Masstäben der anderen Personen gerecht zu werden und von ihnen anerkannt zu werden?

Ein Mensch braucht wohl ein sehr starkes Ego um in all seinen Lebenssituation sich selbst treu zu bleiben und sich selbst zu sein, ohne eine Maske oder nennen wir es einfach eine Lüge gegenüber der Aussenwelt aufzubauen. Der Versuch mit Masken zu leben, ist so zermürbend. Es ist der Versuch, allen Menschen gleichzeitig alles recht zu machen, allen Ansprüchen zu genügen, alle Erwartungen zu erfüllen, immer da zu sein, wenn man gebraucht wird. Gleichzeitig niemandem zur Last zu fallen und sofort vom Erdboden zu verschwinden, wenn man nicht mehr gebraucht wird. Unter diesen Umständen gerät man wohl sehr leicht in den Wahn zu glauben, dass man anderen gegenüber nur noch dann genügen kann, wenn man die positiven Eigenschaften jedes Menschen ob tot oder lebend, ob real oder erfunden, in sich vereinigt. Es bedeutet das zum Scheitern verurteilte Streben in unendlich viele Richtungen. Als ob man einen Ballon aufbläst, wird das was alles zusammenhält immer dünner und dünner. Ein Ballon explodiert irgendwann, aber was passiert mit dem Menschen? Vermutlich führt es zum Verlust der eigenen Identität, zum Verlust der eigenen Pläne und Träume. Und vermutlich am schlimmsten, es führt wohl dazu, dass man den Glauben an sich selbst verliert, denn unendlich vielen Vorbildern nachzueifern, unendlich vielen Ansprüchen genügen zu müssen und der Zwang unendlich viele Sachen gleichzeitig können zu müssen und richtig machen zu müssen, kann nur damit enden unendlich oft zu scheitern. Wie lange kann ein Ego dies ertragen ohne zu zerbrechen?

Kann man aus solch einem Gebilde wohl jemals entkommen und das eigene Selbst wieder entdecken, all das was die eigene Persönlichkeit, so sie dann überhaupt einmal existierte, wiederfinden? Der Versuch würde wohl bedeuten alles in seinem Leben abzubrechen, alle Masken zu zerschlagen, viele Menschen zu enttäuschen. Auf die eine oder andere Weise wegzugehen und niemals wieder zu kommen .....

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Von Löchern und Hunden

Vor vielen Jahren, es muss so während der Zeit im Progymnasium gewesen sein, veränderte sich vieles für mich und es änderte sich vieles in mir. Eine wichtige Zeit, wenn ich so zurückdenke. Viele meiner Gedanken- und Gefühlsstrukturen entwickelten sich dort. Damals bekam ich das gar nicht so richtig mit, aber in den letzten Jahren wurde mir sehr vieles bewusst. Es war jene Zeit, als ich gewisse Grenzen kennenlernte, Erwartungen nicht erfüllen konnte, das Gefühl des Scheiterns erfuhr und viele Illusionen für immer verlor. Es war jene Zeit, in der sich mir erstmals die Schwarzen Löcher auftaten ...

Was sind Schwarze Löcher? Ein Schwarzes Loch ist eine astronomische Erscheinung. Ein Gebilde, dass dort entsteht wo früher Licht und Leben war, die Masse eines lebenden Körpers bricht in sich zusammen, kollabiert und reisst durch ihr unglaubliches Gewicht ein Loch in den uns bekannten Raum. Es bildet sich ein Loch, dass eine so starke Anziehungskraft hat, dass es alles in sich hinein zieht, nicht einmal das Licht kann daraus entkommen. Was immer hinein gerät wird zur Singularität zusammengepresst.
Ich habe den Begriff schwarzes Loch für einen Gefühlszustand gewählt, der mich für eine lange Zeit begleitet hat. Ein Gefühlszustand der ganz langsam heranreifte und wuchs wie ein Geschwür. Zuerst kam er selten und war schwach, aber über die Jahre kam er häufiger, wurde immer stärker und es wurde immer schwerer mich davon zu befreien. Es waren ganz schlimme Gefühle, ich fühlte mich schlecht, traurig, enttäuscht, verbittert, frustriert, einsam, kalt, melancholisch, als würde mir das Dach auf den Kopf fallen, einfach nur schlecht. Manchmal gab es dafür Gründe, manchmal nicht, in der Schule waren es schlechte Noten, später war es der Anblick eines Päarchens, glückliche Menschen, schönes Wetter, irgendwelche Äusserungen von Leuten, Dinge im Fernsehen, fast alles um mich herum konnte das Loch öffnen. Es war immer als ob ich in einen Strudel geriet, der mich in dieses tiefe Schwarze Loch hinein zog und aus dem es kein Entkommen zu geben schien. Einmal drin wurde alles dunkel und sinnlos. Angst, Resignation, Schuldgefühle, Gefühle der Unzulänglichkeit, des Selbstmitleids und tiefschwarzer Pessimismus übernahmen die Kontrolle über meine Gedanken und über meine Gefühle und lähmten alle Tätigkeiten und machten Entscheidungen zur Qual ... Als würde das Gewicht der Gefühle und des Seins als Solches so schwer, dass alles zu kollabieren schien. Es war die Zeit, als ich beschloss, dass das Leben nichts zu bieten hatte ausser Enttäuschungen und Lügen, dass die Beweggründe der meisten Menschen nur aus Egoismus bestanden. Dass mir Positives nur begegnet um weit grösseres Negatives anzukünden, dass nichts Schönes ewig besteht und dass auf Sonnenschein immer Regen folgt und ich glaube am schlimmsten, dass ich zu der Überzeugung gelangt bin, dass Gefühle nur schlecht sind und da sind um mich zu verletzen und mir weh zu tun.

Die Schwarzen Löcher begleiteten mich bis weit in die letzten Jahre hinein, heute sind sie nicht mehr da oder vielleicht wurde ich irgendwann auch ganz hinein gezogen und nehme sie darum nicht mehr wahr. Heute bin ich einfach ausgebrannt, innerlich kalt, gleichgültig und die meiste Zeit emotionslos. Ich nehme diese quälenden Emotionen nicht mehr wahr, misstraue den Menschen, ihren Motivationen, mir und meinen Gefühlen. Ich habe aus diesen Schwarzen Löchern aber diese eine wichtige Sache gelernt: Wenn Deine eigenen Gedanken und Gefühle zu Deinem grössten Feind werden, dann ist alles, was Dir andere Menschen antun könnten unbedeutend und lächerlich, nichts ist stärker als die Dinge in Deinem Kopf.

Was es mit den Hunden auf sich hat? Winston Churchill wurde in seinem Leben von schweren Depressionen geplagt. Er nannte sie die Schwarzen Hunde, die ihn bissen. Ich denke, ich weiss recht genau, was er damit gemeint hatte .....

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Die Welt im Wandel der Zeit

Jedes Zeitalter hat seine eigenen Regeln, Vorstellungen, Trends und Ziele. Diese Merkmale spiegeln sich in den Menschen, Bauwerken und Taten dieses Zeitalters wieder und verleihen ihm das, was die nachfolgenden Generationen für immer im Geiste mit dieser Zeit verbinden. Vielleicht ist es eine subjektive Einschätzung von mir, aber ich glaube früher dauerten die jeweiligen Zeitalter länger und ich glaube sie waren von einer breiteren Konformität und Einstimmigkeit geprägt. Die Zeitalter wurden abgelöst, wenn die Zeit und die Menschen reif dafür waren, wenn der Entwicklungsprozess abgeschlossen oder ein wichtiges Ereignis das Ende eines Zeitalters forderte.
Heute scheint es mir, als wären alle Barrieren gefallen und die Zeit würde in manchen Belangen nicht mehr linear ablaufen, sondern sich an einem Punkt bewegen. Einem Pendel gleich, dass in immer kleiner werdenden Kreisen schwingt, bis es schliesslich über einem Punkt stehen bleibt. Ein Punkt an dem alles gleichzeitig gilt, Zeit und Raum verschmolzen sind. Und ist es nicht so, dass heute fast alle Vorstellungen gleichzeitig erlaubt sind, alle Trends gültig sind, alles möglich ist und es scheint, als würde die Konformität der Menschen nunmehr in der Einigkeit bestehen auf gar keinen Fall Konform zu sein. So wie ich die Welt betrachte hat sie sich geändert, ob wir als Menschen mit dieser Entwicklung leben können und wie lange wir damit leben können ist eine andere Frage.

Eine Schwierigkeit sehe ich darin, dass man als kleiner, unwichtiger, normaler Mensch heute um jeden Preis seinen eigenen Styl kreieren und auffallen muss, koste es was es wolle. Man muss sich aus der breiten Masse hervorheben. Diesem wirren Zwang nicht zu folgen bedeutet langweilig, ja wie von einer furchtbaren Krankheit behaftet zu sein. Man wird aus einer Gemeinschaft ausgestossen, die alles andere, aber keine Gemeinschaft ist. Ist das nicht krank?

Manchmal gehe ich so durch die Strassen und schaue mir die Menschen an. Ich betrachte ihre Kleidung, ihren Schmuck oder ihre Frisur und überlege mir, wie die Menschen noch vor 10 Jahren auf gewisse Personen reagiert hätten. Nach manchen von ihnen hätte man sich wohl umgedreht, man hätte über sie diskutiert oder ihnen vielleicht Beschimpfungen hinterher gerufen, man hätte sie ausgegrenzt und als Sonderlinge und Aufwiegler abgestempelt. Nicht so heute. Ein bunter Papagei mag wohl dort auffallen, wo alle Vögel klein und unscheinbar sind, wo man ihn noch nie gesehen hat, aber unter seinesgleichen ist er nur einer von vielen und genau so verhält es sich jetzt mit den Paradiesvögeln unserer Welt. Der Zwang so speziell zu sein und aufzufallen hat letzten Endes dazu geführt, dass sich nach den Geltungssüchtigen keiner mehr den Kopf verdreht. Es ist nicht ganz ohne Ironie, dass der Wunsch der Menschen mit ihrem Aussehen mit ihrer Art und ihren Taten zu shocken dazu geführt hat, dass in den Strassen überhaupt nichts mehr zu shocken vermag. Um besonders zu sein und aufzufallen, ist es fast nötig völlig grau und unscheinbar zu sein. Ich hätte direkt Lust den Triumph der grauen Mäuse zu verkünden.

Vielleicht erweckt dies alles jetzt den Eindruck, dass ich blinde Konformität für das richtige System halte. Dies ist aber absolut nicht so, im Gegenteil, jeder Mensch soll unterschiedlich sein und seine Wünsche und Träume ausleben und sich selbst verwirklichen. Was ich für falsch und verlogen halte ist die Art und Weise, wie dieser Persönlichkeitswahn dem einzelnen Menschen aufgezwungen wird, sei es durch Schule, Kollegenkreis und vorallem durch die Medien. Glaubt man diesen oberflächlichen Dauersuggestionen, dann reicht es schon Markenjeans zu tragen, mindestens eine Trendsportart auszuüben und ganz wichtig den gerade gültigen Idealbildern der Modebranche zu entsprechen um speziell, erfolgreich und hip zu sein. Was für ein Schwachsinn! Ich nenne diese Art von Speziell-Sein die "Konformität der Idioten". Es hat nichts mit Individualität und Selbstverwirklichung zu tun, bestenfalls könnte man es eine Überlebenstaktik nennen. Nur ein Idiot glaubt, er sei etwas Spezielles, wenn er sich dem Diktat und den Suggestionen der Konsumgesellschaft beugt und sein Äusseres zufällig gerade dem entspricht, was als Schön gilt. Die meisten, die sich grosskotzig etwas auf sich einbilden verdanken ihr Selbstvertrauen weniger ihren Leistungen oder ihren inneren Werten als vielmehr dem, was ihnen von aussen vorgegaukelt wird, sie verlangen Respekt und Anerkennung, ohne sie zu verdienen. Das ganze Leben, die ganze Gesellschaft, ja die ganze Welt mit ihren Werten ist nichts anderes als ein böser, endloser Alptraum, eine billige Parodie ihrer selbst. Vielleicht gibt es darum auch immer mehr unzufriedene Menschen, Menschen die einfach durchdrehen oder gewalttätig werden. Weil die Menschen unbewusst spüren, dass nicht mehr sie die Kontrolle haben, dass nicht mehr sie ihr Leben selbst bestimmen, sondern ihr ganzes Leben ein einziger Betrug ist, ihre Träume, Werte, ihre Vorstellungen, ihre Bedürfnisse und ihr ganzes Bild von sich selbst nur Teil eine Fassade sind, eine Lüge, die ihnen von anderen vorgegaukelt und suggeriert wird und nichts mit dem zu tun hat, wonach ihr Inneres verlangt oder was ihrer Natur entspricht

Ein anderes Problem der oben erwähnten "Zeitenverschmelzung" sehe ich darin, dass es sehr schwer wird die Entwicklung der Menschen nachzuvollziehen. All die grossen Zeitepochen wurden geprägt von ganz speziellen Einstellungen der Menschen, speziellen Stimmungen, Kleidungen und Künsten, wie z.B. die Gothik, der Barock oder die Romantik mit ihrer speziellen Literatur und Musik. Diese Zeitalter lassen sich abgrenzen, sind speziell und es wurden darin Werke geschaffen, die auf immer und ewig mit ihren Epochen verbunden sind. Und was ist heute in dieser stimmungslosen, leeren Zeit in der wir leben und die von manchen Menschen als die Spitze der Entwicklung angesehen wird? Was werden wir den nächsten Jahrhunderten als Mahnmal, als Geschenk oder als Erinnerung an unsere Zeit übergeben? Was werden wir sagen, was speziell an unserer Zeit war? Nichts. Was heute geschaffen wird hat bestenfalls die Identität des Künstlers. Vielleicht liegt da ein Teil des Problemes. Wir schaffen die Dinge heute aus uns heraus, für uns und für unsere Selbstverwirklichung, nicht mehr aus der Zeit heraus und für die Menschen unserer und der kommenden Zeit. Ich empfinde diese Zeit als erschreckend identitäts- und orientierungslos.

In einigen Jahren, wenn niemand mehr unsere elektronischen Datenträger zu lesen vermag, unsere Drucksachen aus modernem, Billigpapier verrotet sind, unsere kurzlebige Architektur zerfallen und unsere bedeutungslosen Individualkunstwerke auf dem Müll gelandet sind, wird man sich fragen, was in unserer Zeit passiert ist. Ein dunkler Fleck wird die Geschichtscharts zieren und nichts als die stinkenden Sondermüll-Deponien und die Überlieferungen unserer Zerstörungswut, unserer Brutalität und unseres Hasses wird an unsere Zeit erinnern.

Ich frage mich, ob die fast schon zwanghafte Zerschlagung der Werte und Tabus heute, die Aufhebung aller Regeln zum Wohle und zum vermeintlichen Schutz des Einzelnen im Endeffekt nicht wirklich zur Verarmung des einzelnen Menschen führt oder geführt hat. Im Idealfall bringt uns diese Situation vielleicht dazu, dass wir aus der Orientierungslosigkeit heraus wieder anfangen, eine gemeinsame Identität mit anderen Menschen und unserer Zeit zu suchen. Wir sollten der Zeit wieder erlauben linear zu laufen und die Zyklen der Erneuerung zulassen.

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Illusion und Wirklichkeit

Was ist Wahrheit? Was ist Lüge? Was ist Illusion und was Wirklichkeit? Scheint das Leben nicht manchmal wie ein Traum und die Träume nicht wie die Wahrheit? Nicht immer sind die Dinge was sie scheinen und machmal verbirgt sich hinter einer Sache oder hinter einem Menschen weit mehr, als der erste flüchtige Blick vermuten lässt. Wie häufig lassen wir uns von diesem ersten Blick etwas vorgaukeln oder bilden uns damit eine Meinung über etwas was nicht ist und akzeptieren die Illusion einfach ohne weiter nachzuforschen. Wer kann mir beweisen, dass ich das hier wirklich schreibe und nicht nur träume, dass ich es tue? Wer kann mir beweisen, dass nicht mein ganzes Leben ein Traum ist? Vielleicht bin selbst ich nur Teil eines Traumes ....

Die Kunst Illusionen zu erschaffen und jemanden damit zu täuschen ist längst nicht mehr nur das Business der Copperfields dieser Welt. Wer übertreibt nicht ein bisschen, wenn es darum geht einen Job zu kriegen? Wer von uns dehnt nicht da und dort die Wirklichkeit, um vor anderen ein bisschen besser dazustehen oder um jemandem zu imponieren. Manche Menschen sind so begabt darin Illusionen aufzubauen und zu verwenden, dass sie es nicht mal mehr bemerken und manche basieren selbst ihr ganzes Leben auf Selbstbetrug. Aber was macht die Illusion zur Illusion und was die Wahrheit zur Wahrheit? Kann eine Illusion nicht für uns die subjektive Wahrheit sein? Manchmal fühle ich, dass all die Dinge, die ich erschaffe schlecht sind. Für mich die subjektive Wahrheit und zugleich eine Täuschung derer, die mir sagen, mein Werk sei gut. Doch wer ist im recht und wer wurde getäuscht? Kann es sein, dass alle anderen recht haben und nur ich mich täusche oder habe ich recht und meine Täuschung wurde bloss noch nicht entdeckt?

Manchmal dient die Selbsttäuschung oder die subjektive Wahrheit wohl auch dem Selbstschutz. Wir bauen uns eine Welt zusammen, die dem Bild entspricht, das wir von uns haben, von uns haben wollen oder das uns von anderen eingeredet wird. Diese Welt mag eine glückliche, erfolgreiche Welt sein, eine Welt voll Schönheit und Erfüllung. Andere Menschen aber erschaffen sich auf dieselbe Weise eine Welt des Grauens, sie nützen ihre Sinne, um etwas zu schaffen, was selbst der Hölle das Fürchten lehren würde. Mit den Illusionen, die ihnen im langen Laufe des Lebens begegnen, seien es die der Gesellschaft, die der Menschen um sie herum oder den Eigenen, schmieden sie sich ein Gefängnis für ihre Seele, zu dem nur sie selbst den Schlüssel haben.

Gibt es so etwas wie Wahrheit und Realität vielleicht am Ende gar nicht? Sind die Dinge, die wir um uns herum wahrnehmen nicht einfach das, was uns unsere Sinne vorgaukeln, was wir ihnen gestatten wahrzunehmen? Aber was würde das bedeuten? Hiesse es nicht, dass alles möglich wäre, wenn es nur gelänge, die eigene Wahrnehmung zu ändern? Welch ein Potential und welch unendliche Möglichkeiten lägen vor uns ...

6.2.2000

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A Dream within a Dream

Edgar Allen Poe schreibt in seinem Gedicht A Dream within a Dream...

        "All that we see or seem
Is but a dream within a dream"

Wie wahr und wie traurig zugleich doch diese Betrachtung der Welt ist. Für mich handelt dieses wunderschöne Gedicht von einem Menschen, der all seine Wunschträume verliert, einen nach dem anderen. Es handelt von der tiefen Verzweiflung und Trauer, die dieser Mensch darüber empfindet. Besonders schön kommt dies in der folgenden Passage zum Ausdruck ...

        "And I hold within my hand
Grains of the golden sand -
How few! yet how they creep
Through my fingers to the deep,
While I weep - while I weep!
O God! can I not grasp
them with a tighter clasp?
O God! can I not save
One from the pitiless wave?

Es ist so schrecklich, all seine Träume und Illusionen zu verlieren. Diese Leere, diese Angst. Seltsam, dass der Verlust von "Gedanken", von Daten aus unserem Gedächtnisspeicher manchmal mehr Leid über uns bringen kann als der Verlust unserer materiellen Güter. Aber vielleicht brauchen wir solche Erlebnisse, um den wirklichen Wert und die Kraft unseres Inneren schätzen zu lernen, um die Relativität und Vergänglichkeit all dessen wonach wir normalerweise streben wieder richtig beurteilen zu können. Doch wenn der Verlust der Träume uns lehrt die Wirklichkeit neu zu beurteilen, worin besteht dann das Geheimnis und die Macht unserer Wunschträume als solches? Wieso sind wir wohl von diesen Wunschträumen so erfüllt und sehnen uns nach ihnen? Sind sie ein Merkmal unserer Menschlichkeit oder sind sie ein Trick der Natur, den Menschen, der nicht mehr tagtäglich um sein Überleben kämpfen muss, dazu zu bringen, den Plan der Natur einzuhalten und zu erfüllen? Sind sie eine Hilfe, um in dieser Welt bei Verstand zu bleiben und uns selbst immer weiter zu treiben? Wofür sind sie da diese Träume?

Für mich persönlich sind die Wunschträume die Essenz des Lebens.

Manche Menschen sagen Träume wären Schäume und Illusionen, sie wären nicht wahr und man würde das Leben verschwenden ihnen hinter her zu jagen, stattdessen solle man lieber erwachsen werden und sich auf die Realität besinnen. Ich glaube das stimmt so nicht, im Gegenteil, ich vermute, dass es der Sinn des Lebens als solcher ist, seine Wunschträume zu erkennen und für sie zu leben. Was bleibt schon von einem Menschen, der all seine Träume verloren hat oder der sich ob der harten realen Welt, den Sachzwängen und den gültigen Klischees nicht mehr erlaubt Träume zu haben oder seine Träume als Kinderkram verleugnet, statt sie auszuleben? Nichts, er ist tot. Vielleicht nicht im klinischen Sinne, aber innerlich. Dieser Mensch ist wie ein Segelschiff auf hoher See, das seine Masten verloren hat. Nur noch die Gezeiten treiben es in die eine oder andere Richtung, aber sein Antrieb ist verloren, und es gibt kein erreichbares Ziel mehr. Es liegt kein Hafen mehr vor ihm, nichts Neues, nichts Schönes, keine Erfahrungen mehr, nur noch die bange Ungewissheit und Angst vor der Zukunft. Usere Träume sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Persönlichkeit, sie machen uns zu den einzigartigen Individuen, die wir sind, sie sind die Motoren für unser Denken und Handeln. Manche betrachten ihre Träume, als ihre innersten Geheimnisse, andere wenige Menschen leben sie tagtäglich aus. So hat wohl jeder seine Art mit seinen Träumen umzugehen, das ist ok. Ich schätze, man muss einen Menschen nicht nach seinem Können, seinen Referenzen oder seiner Habe, sondern nach seinen Träumen befragen, um wirklich etwas über diesen Menschen zu erfahren. Und ich glaube schon gesehen zu haben, wie ich mit dieser Frage einem Menschen, ganz ein bisschen näher gekommen bin und er seine Deckung, seine Maske und seinen Schutzschild für einen kurzen Moment hat fallenlassen.

Man muss wohl zuerst entdecken, worin der eigene Wunschtraum besteht, wonach das eigene Innere strebt. Man muss die Sprache seiner Seele entdecken und verstehen lernen. Es gibt bestimmt Menschen, die damit kein Problem haben, ich aber finde es sehr schwer über all diese unendlich vielen äusseren Einflüsse noch zu hören und zu verstehen, was mir meine innere Stimme sagt und zu unterscheiden, was ich will und was mir aufgezwängt wird. Wie häufig passiert es, dass wir hinter etwas herjagen, nicht weil wir es wirklich wollen, sondern bloss, weil "man" es haben muss, weil es zum guten Ton gehört, weil es cool ist, irgend eine Sache zu haben oder eine bestimmte Tätigkeit auszuüben. Es sind Scheinträume, die uns von aussen eingetrichtert werden. Ich glaube nicht, dass dies die Träume sind, die unsere innere Sehnsucht befriedigen und uns das Gefühl geben ein Ziel erreicht zu haben. Unsere inneren Träume sind anders, sie schreien nicht laut, sie drängen sich nicht auf, sie sind beharrlich und reifen über die Zeit, wir verstehen nicht unbedingt auf Anhieb worin diese Träume bestehen und wo sie mit uns hin wollen. Sie sind wie sanfte Wellen, die uns unbemerkt in eine bestimmte Richtung treiben. Eine der wundersamsten Facetten eines Wunschtraumes ist doch die, dass sich der Traum nicht erfüllen muss, um unsere Sehnsucht zu stillen, nein der Weg zur Erfüllung ist das Höchste von so manchem Traum und schenkt uns mehr Befriedigung als die Erfüllung selbst. Der Weg kann so schön sein, dass sich manche Menschen sogar davor fürchten ihre Träume jemals zu verwirklichen.
Träumen hat viel mit Hoffen zu tun. Seine Träume zu verlieren heisst die Hoffnung zu verlieren. Ob ein Traum zu verwirklichen ist oder ob es bloss Fantasie ist absolut unwichtig nur dass man träumt ist wichtig

Unsere Träume können uns erfüllen und trösten, ohne dass sie sich jemals erfüllen müssen. Wir können uns in sie hineinflüchten, wenn es uns schlecht geht. Sie sind unser Ansporn weiterzumachen, wenn wir alles um uns herum so satt haben. Träume helfen uns in die Zukunft zu blicken, ohne zu verzweifeln, denn so lange wir unsere Träume haben, gibt es einen Grund zu leben und wir wissen, dass es in der Welt, die vor uns liegt einen Lichtblick geben wird.

19.2.2000

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Kerzenlicht

Ich habe diese drei Kerzenständer. Sie sind unterschiedlich geschmiedet und enden in kleinen Steinsockeln. Obwohl sie so unterschiedlich sind gehören sie doch zusammen. In diesen drei Kerzenständern stecken Kerzen in unterschiedlichen Farben, die Eine blau, die Eine rot und die Dritte grün. Warum diese Farben? Ich weiss nicht, eigentlich mag ich rot nicht speziell, aber seit ich die drei Kerzenständer habe ist es nunmal so und ich werde es wohl nicht ändern.
Ich habe diese Kerzenständer auf einer kleinen Shoppingtour gekauft, auf der ich mit der einzigen Frau unterwegs war, die mir jemals gesagt hat, dass sie mich lieb hat. Die Frau ist Vergangenheit, doch die Kerzenständer sind noch immer da. Sie und der Schein der Kerzen wecken in mir Erinnerungen und Gefühle.
Manchmal, wenn ich ein bisschen traurig bin, sitze ich da, schaue in das Kerzenlicht und lasse meinen Gedanken freien Lauf. Was war, was ist und was wird sein. Die Realität verschwimmt und der Schein der Kerzen wird zum Portal der Zeit. Seltsam, wie leicht doch die Gedanken die Grenzen der Zeit überwinden, uns einmal in die Vergangenheit führen nur um uns schon einen Augenblick später eine Zukunft zu zeigen.
Manchmal sehe ich in die Vergangenheit und sehe die Dinge, die ich falsch gemacht habe, die verpassten Gelegenheiten, die Punkte wo ich versagt habe und die Türen, die mir dadurch verschlossen blieben. Manchmal blicke ich auf die Gegenwart und frage mich warum alles so ist wie es ist, wieso sich mein Leben so völlig falsch anfühlt und wieso ich mit den Dingen, die ich habe nicht glücklich sein kann. Wieso ich anderen Menschen gegenüber stehts diese Unsicherheit spüre und warum alles in meinen Sinnen von dieser pechschwarzen Dunkelheit erfüllt ist. Manchmal sehe ich in die Zukunft und sehe was aus meinem Leben werden wird, wenn alles so weiter geht, wie es ist. Ich sehe wo mich der Strom der Zeit hinführen wird und ich weiss, dass ich dort nicht hin will. Ich habe Angst darvor. Doch genauso wenig, wie ich vermag die Vergangenheit zu ändern, genau so wenig kann ich Einfluss auf die Zukunft nehmen. Treibgut im Strom der Zeit. So wie der Wachs der Kerzen dahinschmelzt, so schmelzen auch Hoffnung und Glaube, dieses Leben, diese Existenz jemals akzeptieren zu können und aus der Dunkelheit in das Licht zu treten. Und wenn die Kerzen verlöschen bleibt nichts weiter als Rauch und Erinnerung.
28.2.2000

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Menschenwelten

Mir scheint, das Wesen eines jeden Menschen gleicht im Grunde einer eigenen kleinen Welt. Sicher, es gibt gewisse physikalische Gesetzmässigkeiten, denen die Welten gemeinsam unterliegen und es gibt auch gewisse Prinzipien mit denen sich Eigenheiten jeder Welt allgemein erklären lassen und doch unterscheidet sich am Ende jede Welt von jeder anderen. Um zu verstehen, was ich damit meine, stelle man sich einfach vor, man würde die Seele und die Psyche eines Menschen kartographieren. Wie würde die Karte wohl aussehen? Ich glaube, tief in meinem Inneren steckt das Verlangen, diese Karte zu zeichnen, meine eigene Welt zu erkunden und zu verstehen.

Die meiste Zeit lebe ich mit der Überzeugung, meine Welt sei ein bisschen zu dunkel geraten, ein bisschen zu kalt, ja und manchmal glaube ich sogar, dass sie nicht nur zu klein ist, sondern darüberhinaus auch noch ständig am schrumpfen ist und mir die Luft ausgeht. Es wäre natürlich ziemlich vermessen anzunehmen, dass Eure Welten auch klein, dunkel und kalt sind. Aber genauso wenig, wie ich Eure Welten erfassen und erleben kann, genauso wenig könnt Ihr meine Welt jemals wirklich beurteilen oder die Topographie meiner Welt vollständig ergründen.

Vermutlich finden sich in vielen Welten unterschiedlichste, einzigartige Geländeformen, natürliche Erscheinungen und Bauwerke. Traumhafte Strände, grüne Wälder, aufregende Landschaften ebenso wie monotone Einöden, tiefe Abgründe, unüberwindliche Mauern, seien sie selbst gebaut oder Hinterlassenschaften, einige dunkle Grabstätten und wer weiss vielleicht ein paar garstig giftige Müllhalden. Und in jeder Welt herrschen wohl obendrein auch noch unterschiedliche Wetterverhältnisse. Jede Welt folgt ihren eigenen sinnvollen oder absurden Regeln, Gesetzen, Gesetzmässigkeiten, obliegt ihren verschiedenen Zwängen und Auflagen. Wir können darauf nicht immer den Einfluss nehmen, den wir uns wünschen und nicht immer die Kontrolle ausüben, die wir gerne hätten und wenn ein Mensch in unserer Umgebung etwas tut, was uns so völlig unlogisch, so gänzlich unmöglich, unverständlich und schrecklich erscheint, dann ist es durchaus möglich, dass er einem Zwang, einem Gesetz oder etwas folgt, was in seiner Welt das einzig Logische und das perfekt Normale zu tun erscheint. Manchmal überfordert uns unsere Welt einfach. Nicht jede Welt hat die selben Vorzüge und Voraussetzungen und nicht jeder Mensch wünscht sich wirklich diese seine Welt. Nicht für den jeden ist diese Welt ein Geschenk, mancher Mensch wünscht sich er könnte dieses Geschenk zurück an den Absender schicken.

Manchmal geschieht es auch, dass Welten erobert werden, kollidieren oder verschmelzen. Es mag nach Aussen den Anschein haben, als ob die Welten zweier Menschen eins werden, doch ich glaube, dass im Innersten jedes Menschen die Merkmale der eigenen Welt für immer bestehen bleiben. Die schönsten und die schrecklichsten Plätze, die Verbindungen dazwischen und wohl auch so der eine oder andere geheime Ort. Besonders die Orte, mit denen man die innigsten und die schlimmsten Erinnerungen verbindet, werden wohl zu den Knotenpunkten, zu den roten Kreuzchen auf der Karte eines Menschen. Es sind die Punkte an denen man immer wieder vorbeikommt oder vorbeigehen muss, jenachdem wie man es sieht. Es sind die vertrauten, ausgebauten Wege oder die ausgelatschten Pfade auf denen wir uns am häufigsten und am sichersten bewegen. So schwierig es ist, eine reale Stadt dem Erdboden gleich zu machen und die Erinnerung daran für immer auszulöschen, so schwierig ist es auch, diese roten Kreuzchen in einem Menschen auszulöschen.
Mag sein, dass sich in einer Welt die Regeln ändern, die Welt gelegentlich von einem anderen Ort aus regiert wird oder man selbst Wert darauf legt, einem Ort mehr Beachtung zu schenken, ihn zu kultivieren und zu verschönern, während andere Orte vergessen werden oder bewusst dem Untergang geweiht werden, dennoch verschwinden die Einträge in Karten und Geschichtsbüchern nur selten wirklich für immer. Manche Einflüsse von Aussen hinterlassen tiefe Furchen in unseren Welten und bleiben für immer als Mahnmal dort. Manchmal bauen wir wegen diesen Furchen oder aus der blossen Angst vor ihnen und vor den Dingen in und ausserhalb unserer Welt unüberwindliche Schutzwälle um uns auf.

In meiner Welt gibt es sehr viele langweilige Einöden, viele unsinnige Gesetze und selbstgemachte Zwänge, die ich aber leider nicht zu ändern vermag. Es gibt auch noch viele weisse Flecken, die mich aber entweder nicht interessieren, die ich aus Angst nicht betrete oder deren Existenz ich schlicht vor mir selbst und anderen verleugne. Es gibt da aber auch einige geheime Orte. Viele davon sind selbst mir noch verborgen und sie zu ergründen ist mit einer der Hauptgründe, warum es diese Page gibt. Andere Orte sind mir bekannt, aber ich erlaube niemandem sie zu betreten.
Manchmal betrachte ich mein Leben als eine Odyssee durch die Wüsten meiner eigenen Welt. Immer auf der Suche nach der nächsten kleinen Oase um mich auszuruhen und wieder weiterzuziehen in der Hoffnung irgendwann an einem Ort anzukommen, der diese Welt ein bisschen lebens- und liebenswert macht.

7.3.2000

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Nachts

Des Nachts, wie ich so im Bett lag, machten sich meine Gedanken selbständig. Ich mag solche Nächte nicht wirklich. Ich liege wach, wälze mich herum, kämpfe mit dem Kissen und grüble. Es sind ziemlich mühsame Gedanken, die da auftauchen, wie die dunklen Vorboten eines Gewitters. Meist weiss ich, dass diese Gedanken nicht gesund sind und dass ich sie nicht denken sollte, nicht denken dürfte. Aber manchmal ist es fast, als stünde ich nur als Beobachter am Rande und blickte fasziniert darauf was als nächstes passiert, aus purer Sensationslust und um zu schauen, wie weit es wohl diesmal geht, wie weit sich der Schrecken der Nacht diesmal vorwagen und von mir Besitz ergreifen würde. Und ich lasse es einfach geschehen, füge mich und lasse mich von diesen dunklen Wellen tragen, wo immer sie mit mir hinwollen. Ich habe dieser Macht nichts entgegenzusetzen, längst sind mir die Argumente ausgegangen und die der Gegenseite sind so stark, wirken so überzeugend, erklären so viel, wirken manchmal sonderbarerweise wie Streicheleinheiten, sie bieten Lösungen und Vergessen an.

Ja, wie ich des Nachts so im Bett lag überlegte ich mir, was es für einen Unterschied machen würde. Und einmal mehr wie so viele male vorher und wie schon so verdammt lange kam ich wieder zum Schluss, dass es gar keinen machen würde, nicht den geringsten. Menschen vergessen so schnell. Nicht bewusst und nicht weil sie es wollten, sondern einfach weil sie nicht anders können. Weil das Vergessen wohl der kostenlose Schutzschild der Natur gegen den Wahnsinn ist. Der Strom der Welt fliesst weiter und man tut gut daran einfach weiterzuschwimmen und sich auf die Widrigkeiten und Stromstellen dessen zu konzentrieren, das vor einem liegt.

10.3.2000

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Erklärungen

Ich suche nach Erklärungen, ich suche nach Antworten und ich suche nach den richtigen Fragen für die Antworten mit denen ich ich mich täglich konfrontiert sehe. Manchmal suche ich selbst nach Antworten auf Fragen, die ich noch nicht einmal kenne. Es ist diese ewige Suche, diese Sehnsucht nach Aufklärung, die mein Handeln, mein Denken, mein Fühlen und mein Wünschen beherrschen und mich so oft an allem um mich herum und in mir drin zweifeln lassen. Man könnte diese ganze Page als die Suche nach einer Antwort auf die Frage nach mir selbst verstehen.

Es scheint mir, dass nur wenige Menschen um mich herum dieses Tun und diese Denkweise wirklich begreifen können. Manche Besucher erzählen mir, dass sie das Applet auf der Titelseite und die Fotos sehr hübsch finden und sagen kein Wort über die Texte. Das ist ok. Dies sind wohl die flüchtigen Surfer, sie scheuen die langen Texte, suchen nach Highlights wie Junkies nach Stoff und sie haben keinen Bezug zu mir. Es hat für sie keine Bedeutung was hier steht, darum ist es mir egal ob sie es lesen oder nicht. Die gleichen Aussagen kommen auch von Leuten, die schlicht nicht an den Schattenseiten des seelischen Ichs interessiert sind, sie kennen sie nicht oder nur blosse Fragmente davon. Sie stehen mit beiden Füssen auf dem Boden von dem, was sie als Realtität verstehen und sind glücklich mit dem was sie haben, mit dem was sie sind und mit dem was sie sein werden. Sie glauben, das Leben sei ein Geschenk Gottes (was für ein Hohn ...). Sie funktionieren im System der Natur innerhalb normaler Parameter, verrichten brav ihren Dienst an der Evolution und sie suchen keine Antworten auf die Fragen, die unbeantwortbar und verboten sind. Diese Menschen interessieren mich ihrerseits eigentlich auch nicht. Wie soll man einem Strichmännchen erklären, dass es mindestens noch eine dritte Dimension der Dinge gibt? Dann gibt es noch die Leute, die mich zu kennen glauben, sie sagen mir ich solle doch auch mal was Fröhliches schreiben und heitere Bilder posten. Diese Menschen haben nichts verstanden, sie haben niemals den Horror ihrer eigenen Gegenwart gespürt und in die eisige Kälte ihres eigenen Inneren gelauscht. Es mag seltsam anmuten, aber ich höre ihr Unverständnis nicht nur aus ihren Worten heraus, es steht in ihren Augen geschrieben. Es ist sinnlos ihnen mehr erklären zu wollen, wenn sie selbst das Offensichtliche nicht zu erfassen vermögen.

Ich habe ein paar interessante Gespräche mit Menschen geführt (nicht zuletzt dank dieser Page), die vieles von dem hier verstanden haben, manches davon selbst nachvollziehen können und ihrerseits noch ganz andere Dinge selbst erlebt haben. Selbst diese Leute können nicht immer verstehen, warum ich meine persönlichen Dinge ins Internet bringe. Fragen, Fragen, Fragen. Es scheint mir fast, als wäre das Gefühl, sich ständig schlecht und traurig zu fühlen etwas Schändliches, Sittenwidriges, Unmoralisches und ein Grund sich verstecken zu müssen, wie ein Schwerverbrecher. Zugegeben, es ist vielleicht nicht der optimalste Weg zu einem erfüllten Leben zu kommen, aber hey, ich hab mir das auch nicht ausgesucht und ich hoffe das auch irgendwann loszuwerden, ok?! Doch was nun das Publizieren meines "Jammertals und Refugiums der praktizierten Selbstbemitleidung" betrifft, so kann ich das allenfalls auf diese Weise etwas näher erklären: Diese Seite wiederspiegelt die Dinge, die ich fühle, die ich denke und meine eigenen subjektiven Wahrnehmungen dieser Welt. Manchmal sind es Momentaufnahmen meiner Gefühle, manchmal sind es tiefverwurzelte Gedanken. Was für Dorian Gray sein Bildnis war, ist für mich ein wenig diese Seite. Gray hat sein Bildnis vor den Menschen versteckt, weil es das Monster, sein wahres ich, das aus ihm geworden war offenbarte, während er mit makellosem Antlitz und reiner Weste durch das Leben ging und alle Menschen um sich herum täuschte. Dieser Spiegel seiner selbst, der Ekel darvor und der Wahn ihn um jeden Preis verstecken zu müssen führten ihn schliesslich in die Verzweiflung, in den Wahnsinn und ins Verderben. Ich möchte die Menschen nicht täuschen, ich kann mich selbst auch die meiste Zeit nicht ertragen, aber das Schreiben dieser Texte hat mir geholfen, vieles in mir selbst zu klären und zu verstehen, vielleicht sogar der Antwort einen Schritt näher zu kommen. Es hat mir aber auch geholfen, von anderen Menschen zu erfahren, wie sie ihre Schatten und schwarzen Löcher erlebt haben, bzw. noch erleben. Der unendlich starke Drang zu verstehen, die Suche und das Bannen meiner Gedanken auf diese Seite hilft mir bei Verstand zu bleiben und den Alltag zu bestehen.

16.4.2000

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Frust

Es ist Samstag und ich hätte tausend Dinge zu erledigen. Aber wie soll ich es sagen? Ich habe keinen Bock.. Ja ich habe keine Lust für meine Prüfung zu lernen, keine Lust Hausaufgaben zu machen und die Webpage, die ich für meinen Kursus updaten sollte kann mir im Moment auch gestohlen bleiben, ich hab auch keine Lust meine Rumpelkammer aufzuräumen oder auszugehen, ich habe keine Lust mehr auf gar nix und heute ist mal wieder einer dieser Tage an dem ich froh wäre, wenn ich nicht existieren müsste. Und warum habe ich keinen Bock mehr auf all das? Weil ich das Gefühl habe zu ersticken, weil ich das Gefühl habe völlig ausgebrannt zu sein, weil ich einfach nur noch müde bin und weil ich es satt habe, dass mir seit Monaten jedes einzelne Gottverdammte Wochenende das schlechte Gewissen irgendwelche Pflichten erfüllen zu müssen, nachläuft und mich terrorisiert und weil ich einfach nicht mehr sehe, was das alles für einen Sinn machen sollte.

Was habe ich davon mich mit diesen Dingen zu beschäftigen, ausser der Perspektive dass sobald diese Dinge erledigt sind neue Pseudopflichten auf mich hereinstürzen und mich begraben werden. Ich habe all die Dinge, die mit "Du müsstest" und "Du solltest" anfangen soetwas von satt. Ist es wirklich das, was ich für mich selbst will? Eigentlich dachte ich dieses Jahr würde einen Neuanfang symbolisieren aber jetzt begreife ich, dass es für mich niemals wirkliche Neuanfänge gibt. Dieses Jahr hat sich zu einer völligen Entäuschung auf der ganzen Linie entwickelt. Mein Jahr ist bereits gänzlichst verplant und nichts aber auch nicht die kleinste Kleinigkeit in diesem Kalender des Grauens kommt auch nur in die Nähe von etwas, dass sich mit den Bezeichnungen toll oder lustig assoziieren liesse, nichts aus dem man irgendwie Kraft oder Motivation schöpfen könnte. Alles was ich gern getan hätte kann ich schlicht und einfach und aus den verschiedensten Gründen vergessen. Ich hasse dieses Jahr. Es ist als würde man von einer Klippe gestossen, alle zehn Meter auf einem Vorsprung aufschlagen und sich einige weitere Knochen brechen. Das Beste wäre noch, wenn es möglichst schnell zu Ende wäre, aber das ist nicht, wie dieses Spiel funktioniert.

Liegt es vielleicht daran, dass nicht ich die Kontrolle über mein Leben habe, dass all meine "Highlights", von anderen Menschen oder dem System aufdiktiert werden? Ich sehne mich nach dem Gefühl der Unbeschwertheit, nach innere Frieden und ich wünschte, ich könnte all den Leuten, die mich nerven oder die mir Dinge aufdrängen wollen in die Fresse schlagen. Ich brauche Perspektiven, Ziele und vorallem Hoffnung, sonst geh ich ein. Ich kann ohne diese kleinen Lächerlichkeiten nicht leben.

Wer sein Leben selbst kontrolliert wird wohl sagen, dass es nunmal im Leben Dinge gibt, die man tun muss, aber wenn ein Leben nur aus den Dingen besteht die man tun muss um es jedermann recht zu machen, wo liegt dann noch der Reiz?

13.5.2000

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3.00 Uhr

Drei Uhr Morgens, ich fahre auf der Autobahn. Die Strasse ist leer, ich bin allein, allein auf der Strasse, allein im Auto, allein im Kopf. Ich fahre mit 100, wo ich nur 80 sollte, aber was spielt das schon für eine Rolle, in der Nacht gelten andere Gesetze. Ich fahre auf eine Kreuzung zu, die Autobahnen teilen sich. Es ist seltsam, aber Dinge wie Kreuzungen, Abzweigungen, Portale, Durchgänge sind für mich Orte der Magie. Was passiert, wenn ich nicht diesen sondern jenen Weg nehme, was passiert wenn ich durch diese Türe gehe und die Türe hinter mir schliesse? Wird sich vor mir eine Neue öffnen? oder ist es eine Sackgasse? Diesmal erscheint mir diese Kreuzung aber anders. Ich fahre jetzt mit 110 wo ich nur 80 sollte und meine Gedanken werden plötzlich so klar, wie nur selten, dieser Schleier, der meine Gedanken ständig zu umgeben scheint ist plötzlich wie weg. Alles ist logisch, alles ergibt in diesem Moment einen Sinn, ich sehe diesen Betonpfeiler, wo sich die Bahnen trennen, wo sich die Welten teilen, ich fahre auf der mittleren Spur und beschleunige weiter, das ist die Lösung, das ist der Weg zum Frieden, der Weg zum Vergessen, die Abkürzung zu einem neuen Weg, zu einer neuen Chance oder auch nicht, dann spielt es auch keine Rolle. Plötzlich verschwimmen meine Gedanken, ich sehe es nicht mehr, wie das Erwachen aus dem Schlaf oder ist es eher die Rückkehr in einen Traum? Ich weiss es nicht, ich bin mir nicht mehr sicher was Realität ist. Ich fahre nach Hause und gehe ins Bett, aber ich erinnere mich noch immer an diesen Gedanken der absoluten Klarheit, wie an eine Offenbarung.
13.5.2000, entstanden 9.4.2000

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God@Heaven?

Nach dem ich mich nun seitenweise über Verschiedenes ausgelassen habe, ist mir aufgefallen, dass ich eigentlich noch nichts über meinen Glauben als solches geschrieben habe und eigentlich ist ja das der Titel der Rubrik. Vielleicht habe ich das noch nicht getan, weil es ein heikles Thema ist, mit dem man garantiert irgendwem auf die Füsse tritt oder vielleicht weil ich mir selbst nicht so sicher bin, was ich eigentlich glaube. Aber eigentlich ist es mir völlig egal ob ich damit irgendwem auf die Füsse trete, denn diese Page ist mein Reich, mein Wille geschieht hier .... und wer Kritik an seinem Glauben nicht verträgt soll einfach diesen Teil auslassen, ok ...

Zuerst ein bisschen Vorgeschichte: Mein Glauben hat sich "klassisch" entwickelt, d.h. ich habe schon im Religionsunterricht für den armen Irren vor der Klasse nur Mitleid empfunden, sein blödsinniges Geschwafel vom perfekten, alle liebenden, überall presenten Gott hat mir niemals eingeleuchtet, es war für mich einfach "unlogisch", stattdessen fand ich mich in der Wissenschaft in allem bestätigt. Dort lagen die Enthüllungen, die Erkenntnisse, die Beweise, alles machte Sinn und konnte belegt werden. Ja mein Glaube zu der Zeit war die Wissenschaft. Ich habe tonnenweise Daten und Informationen absorbiert, ich war stets fasziniert von der Vergangenheit und von der Zukunft, die Bücher über Geschichte und Zukunft wurden stapelweise verheizt. Aber mit dem Älterwerden und dem Studium der übriggebliebenen Geheimnisse unserer Herkunft kam ich mit meinen Verständnis an einen Punkt wo ich mir sagte, wow da muss noch etwas anderes sein, irgendwas Höheres, sonst läuft der Karren einfach nicht, ich fand das Sprichwort bestätigt, dass da sagt: "Alles was wir wissen, basiert am Ende auf Dingen, die wir nicht wissen". Also interessierte ich mich ein bisschen für die Weltreligionen, denn nachdem sich schliesslich die Menschheit über Jahrhunderte wegen dieser Themen hintersinnt hatte musst ja irgendwann was sinnvolles, greifbares herausgekommen sein auf das man sich stützen kann. Ich hatte recht schnell den Eindruck, dass Juden, Moslems und Christen eigentlich an exakt dasselbe glauben, ausser dass die einen hier noch einen Propheten eingesetzt haben, während die anderen dort noch einen Messias ins Rennen geschickt haben, aber das sind in meinem Weltbild unrelevante Kleinlichkeiten, mit denen man wirklich keine Zeit verschwenden sollte, basically glauben alle dasselbe und ich scheine einer der wenigen zu sein, dem das bisher aufgefallen ist oder warum würden sich sonst Menschen dieser Religionen gegenseitig hassen, bekämpfen und alle paar Jährchen wieder einen neuen Krieg anzetteln? Ein ziemlich einfältiges Verhalten, wenn man so drüber nachdenkt, was für Nasenbären! Eigentlich ein Grund mehr keine dieser Glaubensrichtungen zu unterstützen, weil sie scheinbar nur von intoleranten Fanatisten oder naiv-dümmlichen Schäfchen ausgeübt werden, denen das Selberdenken von höchster Stelle verboten wurde.

Ein weiterer Grund warum mir der alte Mann mit Bart seit meiner Hosenscheisser-Zeit stets etwas suspekt war, lag eigentlich direkt in seinem Leitfaden. Ja die Bibel. Ein wahrhaft grosses Buch, fantastisch und spannender als die meisten Bücher auf dem Markt, gute Stories, viele Weisheiten und mit einem tiefen Verständnis für die wichtigen Dinge im Leben der Menschen und doch es soll angeblich von einem stets lieben, perfekten, fehlerlosen, alle Menschen liebenden und alle Sünden verzeihenden Gott handeln. Hmmm, ich glaube wir haben damit aber dasselbe Problem, wie es die meisten Menschen auch mit IKEA-Bauanleitungen für Wandschränke haben, die vom schwedischen ins deutsche übersetzt wurden. Man schaut sie an, man kennt die Buchstaben, erkennt gewisse Worte und manchmal gibt auch die Reihenfolge der Worte einen Sinn und dennoch ist man sich nie ganz sicher, was jetzt wirklich gemeint war, jeder versteht sie anders und so verhält es sich auch mit dieser Bibel. Der Schunken ist zudem voller Widersprüche und vom Sinnesgehalt der Urtexte dürfte aufgrund der vielen Übersetzungen und Falschübersetzungen oder der zeitlich und kulturell motivierten Interpretationen und falsch verstandenen Bedeutungen kaum mehr etwas erhalten sein. Es sollen die Worte Gottes sein, aber trotzdem hat man ab und zu mal das Gefühl, dass der Autor da und dort vielleicht mal ein paar eigene Interessen eingepflegt hat.
Vielleicht zwei drei Beispiele für Dinge, die mir ganz persönlich einfach nicht einleuchten wollen:
Wie kann Gott seine Eigenkonstruktionen aus dem Paradies werfen, bloss weil sie ein bisschen Obst gemampft haben? Es ist doch offensichtlich, dass sich da jemand auf den Schlips getreten fühlt. Sowas hartherziges! Ist Gott etwa ein bisschen rachsüchtig und launisch? Lässt so ein gnädiger Gott seine ganze Menschheit ersaufen bloss weil sie ein bisschen Spass hatten, das hätte er doch vorher wissen müssen, also ist er entweder nicht allwissend oder aber etwas sadistisch veranlagt? Und macht er Städte mit unschuldigen Menschen nieder, nur damit sein heiliges Volk in die leeren Wohnungen einziehen kann? Wo bleibt denn da der Sozialgedanke und die Liebe für die ganze Menschheit? Also ist er parteiisch und unterstützt nur seine eigenen Fans? Was ist mit Sodom und Gomorrha? Vielleicht gingen dort die Menschen verabschäungswürdigen, gotteslästerlichlen Tätigkeiten nach, aber bestimmt gab es dort auch Handwerker, Zulieferer und Durchreisende, die wurden einfach gleich mit pulverisiert. Sorry Ihr wart zur falschen Zeit am falschen Ort. Und was hatte Gott bloss gegen die Ägypter? Ein Volk, das die Kunst und die Weisheit verehrte plagte er angeblich mit Umweltkatastrophen, super, also setzt er seine göttlichen Kräfte in unfairem Mass und zu erpresserischen Zwecken gegen Schwächere ein. Ja Leute, Microsoft wird im Moment wegen ähnlicher Praktiken unter ähnlichen Vorwürfen der Prozess gemacht. Wo bleibt denn da die Fairness? Und warum, warum nur musste jedesmal wenn er auftauchte irgendwas kaputt gehen? Er kam als brennender Busch oder als Feuersäule oder wie auch immer, was soll dieses Machogetue?... und warum muss dafür so ein armer Busch verbrennen? Neinneinnein, die Sache hinkt an jedem Ende und ich hab ja nur das gerade Offensichtliche genannt, also entweder war Gott nicht so lieb, wie alle sagen oder er hatte keinen Einfluss auf die Dinge, war also nicht allmächtig, oder in der Bibel stehen Dinge die so nicht stimmen oder nicht passiert sind, entweder oder, es gibt keine Mittellösung. Wer was anderes behauptet ist ein ignoranter Einfaltspinsel. Wer noch andere biblische Widersprüche nachlesen will, soll mir doch bitte eine E-Mail schicken, dann kriegt er 'ne Liste mit Bibelverweisen.

Naja aber ehrlich gesagt, ich kann diesen Gott ja nicht wirklich gut kritisieren, denn alles was so über ihn geredet wird kann auch wirklich ganz ganz anders gewesen sein und getroffen habe ich ihn persönlich ja auch noch nicht. Aber, und das ist mein Punkt, getroffen hat ihn wohl auch sonst niemand in jüngster Zeit und vorallem nicht das schleimig oberfromme Gewürm, das auf dieser Welt herumkriecht. Also wieso soll man dann irgendwem etwas glauben, der einem etwas über diesen Gott und seine Heldentaten erzählen will? Selbst wenn sie 1000 Jahre den Glauben studiert haben, ich werde nie von jemandem akzeptieren "Gott sagt..." niemals. Es ist einfach nur dumm und es sollte als Blasphemie gelten, denn ein Bild soll man sich nicht machen, aber jeder Dödel kann Gott beliebige Worte in den Mund legen und sie herumdrehen, wie es ihm passt. Wenn das der christliche Gedanke ist, dann nein danke. Ich sage, nur mein eigenes Bild zählt und solange mich nicht irgendein Erzengel besucht, mir ein paar handfeste Informationen liefert und mich auf einen Rundflug mitnimmt ist mein eigenes Bild viel wichtiger und genauso richtig wie das von Leuten, die ihr Leben darauf verschwenden, irgendeinen Sinn in den Interpretationen anderer weltlicher Leute zu finden. Was ich also kann, ist die Leute kritisieren, die mir seit Anbeginn meiner Existenz versuchen, dieses hirnrissige von Wiedersprüchen geprägte Bild zu verkaufen, ja ein regelrechtes Angstbild wird einem da ja von frühster Jugend an eingetrichtert "Wenn Du nicht lieb bist und nicht in die Kirche gehst, kommst Du nicht in den Himmel", hey was soll das!? Die ganze Bibel ist vollgepeppt mit "Du darfst nicht, Du sollst nicht, Du musst oder.." und anderen Drohungen, mal ehrlich wen kann man heute noch mit Verboten beeindrucken? In die gleiche Richtung geht die Sache mit dem jüngsten Gericht oder noch lustiger ist das mit der Erbsünde. Ab dem Moment wo ich das erste Licht erblicke, bin ich schon an allem Schuld. Helllllo!! Sind wir noch ganz dicht? Ich glaub die Leute die so einen Schwachsinn verzapfen haben nicht mehr alle Zahnräder im Getriebe, was für ein Stuss. Es lässt aber ganz klar das Muster erkennen mit dem die Verbreitung des christlichen Glaubens vorangetrieben und gepusht wurde: "ANGST UND SCHRECKEN", nichts anderes. Müsste man diesem Gott in einem Pantheon eine Rolle zuweisen, so würde er der Gott der Verbotsschilder.
Ich glaube nicht, dass irgendjemand seinen geliebten Pantheon, bestehend aus "Fachgöttern" gegen einen einzelnen Gott eintauschen würde, dessen einzige Eigenschaft zu sein scheint, dass er furchtbar lieb ist und sich dass dann bei näherer Betrachtung nicht mal als wahr herausstellt. Es kommt darauf an, wieviele Leute einem wie drohen, damit man gegen Aussen seinen Glauben ändert. So und nur so wurde der christliche Glauben in die Welt getragen. Ach ja, ab Jesus' Kreuzigung kam dann auch noch das Heuchler-Element dazu "Christus ist für Euch und Eure Erlösung gestorben, und jetzt lasst Ihr ihn hängen? Ihr seid so gemein.." Genau, macht doch einen auf die Mitleidstour. Ich hab echt kein Verständnis dafür.. Wenn jemand für mich sterben will, dann soll er mich gefälligst vorher fragen, ob das ok ist oder er soll mich in Ruhe lassen. Ich hab niemanden gebeten sich irgendwohin nageln zu lassen, aber hätte er es getan, hätt ich ihm gleich gesagt er soll den Quatsch lassen weil es eh nix bringt und lieber mit mir ein kaltes Bier trinken gehen. Aber bitte, wenn jemand lieber seinen perversen Neigungen nachgeht, solls mir recht sein solange er mich aussen vor lässt. Vielleicht hätt ich ihm noch Sekundenkleber mitgegeben, der tut nicht so weh und hält genau so gut. Überhaupt, wer ist eigentlich dieser Jesus? Ist Jesus jetzt Gott oder ist Gott Jesus und wer ist dann der heilige Geist? Ist Gott schizophren oder haben die Katholiken allesamt einen an der Waffel? Ich konnte nachlesen, dass mit dem 1. ökumenischen Konzil zu Nicäa im Jahr 325 n.Chr. Gott und Jesus offiziell fusionierten. Um 380 wurde dann am 2. ökumenischen Konzil in Konstantinopel noch der heilige Geist dazugemerged und damit war die Dreieinigkeit perfekt. (Mit dem 4. ökumenischen Konzil in Chalkedon um 451 n.Chr. wurde dann der Papst offiziell zum göttlichen Vertreter auf Erden.) Jaja Meetings brachten wohl zu keiner Zeit der Menschengeschichte jemals irgendwas Sinnvolles hervor.
Ich dachte zuerst die Bibel wär das Buch einer gütigen von Nächstenliebe geprägten Religion, aber was für ein bodenloser Unsinn. Ich glaube der Bodycount der Bibel dürfte weit über dem von "Natural Born Killers" (dem schlechtesten je gedrehten Film) liegen. Habt Ihr eigentlich schon mal in dieses Buch geschaut? Von der ersten bis zur letzten Seite werden Menschen auf die haarsträubendsten Arten umgelegt. Also lasst mich bitte in Ruhe mit diesem Liebe-Quatsch, ich kaufs einfach nicht.

Ein weiteres Problem des christlichen Glaubens ist, dass er hoffnungslos veraltet ist, die Dogmen auf denen er aufbaut sind älter als Methusalem, die Vertreter auf Erden nimmt keiner mehr ernst (lebt der Papst eigentlich noch oder wird er ferngesteuert?) und wo bleibt eigentlich die Fortsetzung der Bibel wie z.B. "Bibel II" oder "Bibel - die Rückkehr" oder "Bibel - Die Rache von Moses"? Über ein paar Jahre und Generationen hinweg war da ein Gott hyperaktiv, hat ein Monopol aufgebaut, hat die ganze Welt verrückt gemacht, Leute durch die Wüste gehetzt, Menschen zu Millionen vernichtet und dann ist plötzlich Sendepause? Keine neuen coolen Stories mehr, niemand muss mehr irgendwelche Völker befreien und keine Nachträge zur Bibel? Soviel besser ist unsere Welt auch nicht, man könnte z.B. die Computerleute aus der Sklavenschaft der Manager befreien, das würde bestimmt auch ein tolles Kapitel abgeben. Aber ehrlich, die Story mit Gott, so wie sie bei uns vermarktet wird tönt mehr wie die Story eines Produktes das auf dem Markt voll ausgequetscht wurde und man dann kein Interesse oder keine Notwendigkeit mehr sah noch was zu liefern oder als ob der Star im Rampenlicht die Bühne verlassen hätte. So geht das aber nicht.

Doch vielleicht sollten wir jetzt mal die Gläubigen der heutigen Zeit etwas näher betrachten. Da gibt es die breite Masse, die sich nicht gross um den Glauben schert, sie bezahlen grummelnd ihre Kirchensteuer an eine weltliche Institution, damit sie irgendwann mal beerdigt werden und zur Sicherheit, falls es doch irgendwo so eine Himmelstür geben sollte, wo man seine Zahlungsquittungen zum Einlass vorweisen muss ("proof of purchase"). Aber prinzipiell glaube ich, dass diese Leute nur noch aus Tradition, nicht mehr aus tiefverwurzeltem Glauben dabei sind und sie keine schlauere Alternative sehen (Für mich ist eine Glaubens-Institution, die nicht von den freiwilligen Gaben ihrer Anhänger sondern von einer staatlich einkassierten Steuer lebt eine verlogene paradoxe Institution, die ihre Daseinsberechtigung verwirkt hat.)

Dann gibts scheinbar vorallem in den letzten Jahren wieder die eher stark gläubigen Menschen, sie rennen wöchentlich in ihre Tempel, huldigen ihrem Gott, glauben überall die Zeichen Gottes zu sehen. Sie tun so als wären sie die Hüter des Wissens und die Funkempfänger Gottes. Sie predigen die Toleranz und die Liebe den Mitmenschen gegenüber und haben eine fast schon widerlich lebensbejahende Einstellung. Aber was fast all diesen Menschen, die mir persönlich bisher begegnet sind, gleich ist und mich in völlige Rage versetzt, ist dass sie regelrecht auf ihren Standpunkten sitzen und nicht stehen, will damit sagen, sie haben über ihren blinden unantastbaren Glauben eine schier angsteinflössende Intoleranz allem und jedem gegenüber, was irgendwelche kritische Fragen zu ihrem Glauben stellt. Kaum stellt man eine solche Frage, gehen die Schutz-Schilde rauf, wie bei einem roten Alarm auf der Enterprise, dann kommen nur noch komische Gleichnisse und hinkende Ausreden, nichts mehr konkretes, keinerlei sinnvolle Argumente, man hat das Gefühl sie hätten eine Gehirnwäsche unterlaufen. Ich bin überzeugt dass diese Leute, all meine Kritiken weiter oben mit irgendwelchen haarsträubenden kryptischen Ausreden wegwischen würden. Ich kann das nicht leiden, wenn die Bibel mal das exakte Wort Gottes sein soll, dann soll es eine historische Schilderung sein und plötzlich ist es wieder nur ein Gleichnis, das man relativieren muss. Ich sehe das schlicht so: Wenn irgendwo steht, jemand wird umgelegt, dann wird er umgelegt, es ist kein Gleichnis, kein Bildnis und nichts im übertragen Sinn, so einfach und wenn Gott ganze Völker und Städte vernichtet, ist alles was nachher noch mit Nächstenliebe und Gerechtigkeit kommt einfach nur verlogen. Sehr erschreckend finde ich die Haltung dieser obergläubigen Menschen aber vorallem darum, weil diese Leute selbst nicht sehen wie intolerant sie sind. Ich schätze mal durch die gleiche Einstellung sind im Mittelalter auch 9 Millionen Menschen irgendwelchen haarsträubenden Hexenprozessen zum Opfer gefallen. Ganze Kulturen wurden durch diese Ignoranz ausgelöscht. Alles im Namen Gottes. Das will man aber heute nicht mehr wahrhaben, "ach das war die Kirche, diese böse Institution, das hat mit unserem Gott und unserem Glauben üüüberhaupt nichts zu tun unser Gott ist soooo doll lieb, knuddelt uns jeden Tag und ist immer für uns da..", schwafelschwafel, blabberblubber, sülz ... das beweist eigentlich nur, dass diese Menschen nicht verstanden haben, warum ihr Glaube heute existiert und auf welche Art und Weise Wissen und Konzepte über die Generationen und Institutionen weitergereicht werden, wie Zivilisationen entstehen, was sie zusammenkittet und wie sie wieder untergehen, dazu muss man sich eben auch ein bisschen ein umfassenderes Weltbild zulegen, als das was der Hohepriester im Tempel vor sich hin tröpfelt und seinen Schäfchen einhämmert. Was wenn dieser Hohepriester mal einen schlechten Tag hat und predigt seine Anhänger sollen Hexen suchen und sie auf dem Scheiterhaufen verbrennen? Der Gedanke, dass eine Schar hirntoter Christenzombies auf die Menschheit losstürzt macht mir sogar noch etwas mehr Angst als ein sechsjähriger mit einer 44er Magnum, in dessen Kopf war nämlich zumindest noch eine eigene Idee.

Das Konzept des Christentums sieht ja vor, dass es eigentlich nur einen Gott gibt, und dass alle die noch mehr davon haben und gegen die Kirchendogmen aufbegehren üble Ketzer sind (5. Konzil zu Konstantinopel um 553). Super, nun gibt es also noch zwei, drei andere Religionen, die ein bisschen ein differenzierteres Götterbild haben. Soll man die also alle hassen? Wie kann denn so eine Religion tolerant sein? Es wird schon in den untersten elementarsten Teilen dieses Glaubens ausgeschlossen. Wenn ich so ein bisschen naiv die 10 Gebote anschaue steht dort aber eigentlich nur, dass man keinen anderen Gott anbeten soll, es steht da nirgends, dass es keine anderen Götter gibt. Aha, dann ist es also gemäss Bibel doch möglich, dass es andere Götter gibt? Die Kirche weiss einfach nicht was sie will, ehrlich, sie ist sich ja auch noch immer nicht einig, ob es jetzt einen Teufel gibt oder nicht. Auch so ein tolles Kapitel, wirklich, mal gibt es ihn, mal wieder nicht, jenachdem welchen Pfaffen man fragt. Dennoch hat der Vatikan im 1999 oder 1998 wiederum ein Leitfaden über den Exorzismus herausgegeben. Wie bitte soll man denn solche Kirchenvertreter ernst nehmen? Aber wir können ja mal eine alternative Version über den Hintergrund des gehörnten Gottes anschauen. Also hier ein kleiner etwas anderer Nachhilfeunterricht. Bevor die christlichen Schriften den Menschen durch Drohung und Folter eingeprügelt wurden gab es in vielen Kulturkreisen gehörnte Gottheiten oder Wesensheiten, welche übrigens bis zum heutigen Tag immer noch hier und dort verehrt werden.
Die ältesten Hinweise auf den gehörnten Zweibeiner finden sich auf Höhlenmalereien, die 25000 Jahre alt sind. Er war u.a. Schutzpatron für die Jagd. Es ist ja klar, dass es so einen geben musste, schliesslich gab es für jedes Element und für jede Erscheinung in der Natur eine Gottheit und eine Verkörperung. Diese Menschen lebten in Angst vor ihrer Umwelt, die Anrufung der Götter und Wesensheiten half ihnen diese Angst zu bezwingen, sie liessen sich mit Dingen des Lebens asoziieren, sie standen für etwas. Damals entstanden auch die Rituale in denen man um Schutz vor Krankheit, Tieren, Wetter etc. bat oder um Erfolg in der Jagd. Über die Jahre wurden diese Element-Götter "befördert". Der gehörnte Gott wurde in vielen Kulturen zum eigentlichen Naturgott und die Fruchtbarkeitsgöttin wurde zur Mutter Erde oder Mutter Natur (es gibt übrigens viele Kulturkreise und Religionen, wo die Frau seit eh und je eine wesentlich bessere Stellung besass, als im Christentum, die Idee des männlichen Gottes wurde erst im christlichen Glauben so richtig ausgenutzt). Die Zyklen des Jahres, die Gezeiten, der Mond all das wurde angebetet und gefeiert, weil es für die Leute auch Merkmale waren, wann sie ihr Getreide auszusähen hatten, wann geerntet werden konnte. Die Zeichen der Natur zeigten, wann Regen kommen würde etc. etc. Lebten die Menschen im Einklang mit der Natur, war alles in Butter, taten sie es nicht klappte es einfach nicht, die Götter waren erzürnt. Mit dem Christentum wurden all diese Schutzgötter, all diese Zeichen natürlich zu einem Problem, die Gottheiten waren überall in der Natur um die Menschen herum. Das konnte und durfte für einen übertollen, multifunktionalen Megagott nicht stimmen, der musste irgendwo unerreichbar für den Strassenpöbel thronen und konnte nur von wichtigen Leuten auf der Erde vertreten werden. Mal überlegen, ist es nicht furchtbar praktisch, wenn man sich als direkter Mittelsmann zum einzig wahren Gott verkaufen kann? Steigert doch das Ansehen ungemein, oder? Die Menschen glaubten nichtsdestotrotz aber an diese gütigen Götter die nichts anderes als die Natur representierten und sich darin manifestierten, sie waren im Einklang mit der Natur und erfüllten wichtige alltägliche Aufgaben. Die Feste markierten wichtige Abschnitte im Zyklus des Jahres. Es war schlicht ein Glaube, der die Natur mit all ihren Belangen im Zentrum hatte, nicht die Anbetung eines Gottes und der Heiligen. Es gibt ein Sprichwort das sagt "Die Götter einer alten Religion werden zu den Teufeln der neuen". Die Taktik diese alten Götter loszuwerden war ganz einfach, man "verteufelte" sie im wahrsten Sinne des Wortes. Hiess es zu dieser Zeit ein Land wäre jetzt christlich bedeutete das nur, dass der gerade regierende Monarch an diesen Gott glaubte, das Volk war damit aber nicht gemeint. Man ging dann einfach hin, liess die Tempel der alten Götter schleifen, baute genau an diesen Orten die Tempel des neuen Gottes, man liess die Priester töten und man machte den Menschen Angst, man beschuldigte die alten Götter der grässlichsten Schandtaten. Eine Praktik die dann während den grossen Hexenprozesse im Mittelalter wiederum bestens funktionierte. Ein lustiges Detail der Geschichte ist auch die Sache mit den Tempelrittern. Der Templerorden, gegründet so um ~1100 bestand im wesentlichen aus adeligen Europäern und ihren Gefolgsleuten, die ihr Leben, ihre Ländereien und Mittel in den Dienst des Kreuzes stellten. Der Orden erfand quasi den Zahlungsverkehr und erschuf ein System von dem der Scherzartikel EU nur träumen kann, der Orden verbreitete das Christentum wie keine zweite Institution. Der Orden suchte nach dem heiligen Gral, führte brutale Kreuzzüge ins heilige Land und wurde nach übelsten Intrigen, Prozessen und Folter der Ordensritter 1312 mit dem Konzil von Vienne aufgelöst. Dem Orden wurden die haarsträubendensten Taten vorgeworfen unter anderem sollen sie, die Ritter Gottes einem gehörnten Götzenbild Namens Baphomet gehuldigt haben (dieser Punkt hat sich inzwischen als ziemlich sicher herausgestellt, niemand weiss jedoch ganz genau, wer Baphomet war, aber zu der Zeit war es für die Gegner des Ordens ganz klar Luzifer Morgenstern, der gefallene Engel, der Lichtbringer, Satan oder ganz einfach der Teufel). Cool oder?!

Also, liebe Leute, der christliche Glaube verbreitete sich definitiv nicht durch Liebe und Güte sondern durch Folter, rohste Gewalt und nicht immer ganz saubere Machenschaften. In vielen alten Kirchen sieht man übrigens hier und dort Symbole der alten Religion, sauber versteckt in Gemälden, Säulen etc., ich schätze man darf dies als Hintertürchen werten, damit das Volk heimlich seinen alten Glauben weiterführen konnte. In der Kirche, im Ort wo ich aufwuchs war interessanterweise bis vor wenigen Jahren ein Pentacle an der Eingangstüre, jeder minimalst gebildete Mensch weiss, dass es sich dabei um ein heidnisches Schutzsymbol handelt, mit dem böse Geister ferngehalten werden, aber die Idioten, die jeden Sonntag in dieser Kirche predigten meinten es wäre ein Symbol des Teufels und liessen es verschwinden, eine kleine Anekdote aber man sieht daran wieder, was für Hirntote in dieser Religion unterwegs sind und wie es um die Toleranz bestellt ist.
Es gibt ja auch Menschen, die sich heute mit Kraftlinien und Kraftorten beschäftigen, interessanterweise führen die meistens durch Orte wo die alten Tempel und heiligen Plätze zu finden waren. Diese Linien führen um die ganze Welt und lassen sich zu einem Netz verbinden. Es ist noch nicht ganz erwiesen was es damit auf sich hat, sprich man weiss es nicht mehr und ich frage mich wirklich, wieviel Wissen um die Natur noch verloren ging dieser christlichen Ignoranten wegen. Viele alte Hochkulturen verfügten über gigantische Kenntnisse der Naturwissenschaften, Kenntnisse die Dank der Christianisierung der Welt für Jahrhunderte, Jahrtausende oder vielleicht für immer wieder verloren gingen. Ja unsere ganze Welt ist ein einziger Trümmerhaufen, bloss weil in der Bibel steht, dass der Mensch der tollste und beste ist und sich die ganze Welt Untertan und zu seinem persönlichen Einkaufszentrum machen soll. Ich spekuliere jetzt einfach mal, dass unsere Welt wesentlich anders aussehen würde, wenn die christliche Religion in ihrem Zentrum Mutter Natur und die Verbindung zu ihr gehabt hätte. Aus alledem sieht man, dass die christliche Religion mehr zur Wissensbeseitigung und Zerstörung der Erde als zur Entwicklung der Menschheit beigetragen hat und weil sie damit das was mir am heiligsten ist, betrogen, zurückgeworfen, unterdrückt und verhindert hat verachte ich sie. Ich betrachte jede Glaubensrichtung, die dem Menschen mit Drohungen etwas aufzwingt, ihn seines freien Willens beraubt und seinen Anhängern den Glauben als Wissen andrehen will als Sekte. Über Sekten will ich hier gar nicht erst herfallen, sie sind einfach zu lächerlich, alle zusammen. Bloss eins, wer so ein einfältig, blödes Fischchen an seinem Auto kleben hat und natürlich die Leute, die nicht müde werden, mich in der Steinen anzuquatschen und mir die haarsträubenden Geschichten eines wirklich schlechten Sci-Fi-Autors verkaufen wollen, sollen mir doch bitte auf der Strasse und im Rest des Lebens einfach aus dem Weg gehen, ok!? Ihr sollt wissen, dass ich Euch schlicht nicht leiden kann.

Aufgrund der obigen Ausführungen lässt sich mein Glauben vielleicht etwas erahnen. Mein Weltbild basiert auf der Annahme, dass theoretisch alles möglich ist. Ich habe zwar die Idee und das Gefühl, dass es höhere Mächte gibt, weiss es aber nicht. Ich schätze, das ist wohl der Unterschied zwischen Glauben und Wissen. Bloss, dass ich ungleich den meisten anderen Vertretern von Glaubensrichtungen diese Idee nicht zum Anlass nehme meinen Glauben als den einzig Wahren, als gesichertes Wissen zu verkaufen und alle Andersgläubigen ins ewige Fegefeuer zu wünschen, sondern ich sage mir einfach, hey, wieso soll es nur das geben, woran ich glaube? Vielleicht gibt es ja den Christengott genauso, wie die Götter der alten Griechen, Sumerer, Maya, Hawaianer, Nordländer, etc .. Ich lehne dabei aber jeden ab, der hartnäckig draufbesteht, dass seine eigene persönliche Meinung die ultimative Wahrheit darstellt, es gibt stets mindestens 3 Ansichten einer Sache: Die eigene Ansicht, die Ansicht der anderen und die Wahrheit. Prinzipiell bin ich Wissenschaftsgläubig, aber auch die Leute kochen nur mit Wasser und versuchen einem häufiger als man es glauben würde haarsträubende Annahmen als sicheres Wissen zu verkaufen, bloss weil es ihnen gerade in den historischen Kram passt (siehe das alte Ägypten...). Ich nehme an, dass es noch andere Wesensheiten in unserer Welt gibt, man muss mir das nicht beweisen, die Idee, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt hat allein schon eine magische Faszination und es fühlt sich richtig an. Ich glaube, dass manche von diesen Wesensheiten gut sind, manche davon böse, manche mächtig, manche nicht und jeder mit anderen Eigenschaften, manche manifestieren sich nie andere sind sehr präsent. Die Glaubenssysteme der alten Hochkulturen haben mich stets fasziniert. Wieso soll man also nicht Anubis anrufen, wenn man Schutz für sein Haus erbitten möchte oder Thoth wenns ums Lernen geht oder um Athenas Kraft bitten wenn jemand einem das Leben im Job schwer macht? Oder man macht sich im Geist die Eigenschaften, die mit diesen Gottheiten verbunden werden bewusst. Ich glaube an das alte Sprichwort, das Götter erst dann sterben, wenn niemand mehr an sie glaubt und ich glaube weiter an die Möglichkeit, dass sich Wesensheiten manifestieren können, wenn genügend Menschen glauben, dass es sie gibt, weil Glauben eine ganz eigene Form der Energie ist, die vieles bewegen und erschaffen kann. Müsste ich eine Annäherung machen, würde ich sagen meine persönlichen Ideen und Vorstellungen harmonieren am ehesten mit den Systemen der Wicca, Paganisten oder dem der zeremoniellen Magie. Faszinierende geheimnisvolle Systeme, in denen die Persönlichkeit und die eigenen Fähigkeiten zählen und nicht das unwürdige Kriechen im Dreck vor irgendeinem Guru oder einem Gott. Ich halte absolut nichts von Glaubensgemeinschaften, da der Glaube etwas so persönliches, inneres ist, dass eine Einordnung in eine Gemeinschaft ohne Diktat oder Kompromisse niemals möglich sein kann.
Ich glaube an andere Welten, andere Dimensionen und die Verbindungen zu ihnen. Ich glaube an die Seelenwanderung und den Übergang in etwas Neues nach dem Tod. Ich glaube daran, das alles in Zyklen abläuft, ich verehre die Prinzipien von Chaos und Ordnung, gut und böse, alt und neu, Liebe und Hass, Erschaffung und Zerstörung im Kreislauf von allem was ist, nicht ist, war, sein wird, nicht war und nicht sein wird und ...
... ich glaube an Magie.

1.6.2000

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Big bekloppt

Eigentlich wollte ich es nicht, ich wollte es wirklich nicht, ich wollte es einfach ignorieren, so tun als würde ich darüber stehen und es einfach an mir vorbeigehen lassen, aber ich schaffe es nicht, nein es geht nicht, so sehr ich es auch versuche, also schreibe ich halt auch darüber. Die Rede ist von Big Brother. Ich sass gestern vor dem Fernseher und wollte irgendwas blutiges sehen, irgendwas mit Raumschiffen, dreiköpfigen Invasoren, die die Erde in Schutt und Asche legen, die Menschheit versklaven und dem Helden eine Kugel in den Kopf verpassen, ja etwas wo am Ende das Böse gewinnt. Aber wer denkt, dass einem heutzutage solch einfache Unterhaltungswünsche noch erfüllt werden irrt gewaltig. Ich zappte den ganzen Abend vor mich hin nur um auf jedem verfluchten Kanal etwas über die "Helden" von Big Brother zu sehen. Wie kann das nur sein?

Als ich zum ersten mal von der Idee hörte, dass sich ein paar Menschen einschliessen lassen, um 100 Tage isoliert zu leben, dachte ich noch "hmm lustige Idee" als ich dann die Leute und die Umgebung sah dachte ich noch "hmm wie langweilig, das ist ja wie Ferien, zumindest war aber Kerstin doch ziemlich niedlich, also etwas zum gelegentlich einschalten." Nun ja, also ich gestehe es, ich habe auch hin und wieder reingezappt, und meine voyeuristischen Triebe zu besänftigen gesucht aber auch weil einfach nichts anderes kam. Das Problem, das ich mit dieser Sendung habe liegt eigentlich da drin, dass das Marketing da drum sowas von penetrant und oberfaul ist, dass einem die Galle hochkommen muss. Ich frage mich echt, wie es so weit kommen konnte, dass diese paar Figuren, die aus arbeitlosen, verschuldeten, geistig wirklich unterbelichteten Hohlbirnen und Leuten, die es einfach brauchen, im Fernsehen gezeigt zu werden, zu solch einem Ruhm kommen. Wie kann das sein?! Wo liegt denn die Leistung dieser Leute? Wo liegt der erbrachte Mehrwert? Es ist ja nicht gerade so, dass sie irgendwelche Menschen vor dem Verhungern gerettet hätten, sie haben auch keine Rätsel der Menschheit gelöst oder einen Thermonuklear-Sprengkopf in letzter Sekunde entschärft, sie haben niemanden aus einem brennenden Auto gerettet, keine bahnbrechenden Lösungen zur Rettung des Regenwaldes oder der Ozonschicht gebracht, nein sie haben noch nicht einmal irgendwas gearbeitet. Für mich ist einer, der jeden Tag seiner Arbeit nachgeht ein wesentlich grösser Held und verdient Respekt, weil er für das was er tut niemals im Rampenlicht steht und trotzdem tut er es in der Regel über mehr als 40 Jahre durch jedes Hoch und jedes Tief. Der ganze Verdienst der Big Bekloppten war es 100 Tage lang in einer sehr komfortablen Wohnung zu sitzen ein bisschen zu diskutieren und die Menschheit an ihrer Kloreinigung, Selbstbefriedigung und an ihren peinlichen Diskussionen Teil haben zu lassen, wow, wie uneträglich es sein musste in dieser gemütlichen Vollpension mit den ganzen Fitnessgeräten am Leben zu bleiben, eine wahre Herausforderung. Ok, wenn es natürlich als unglaubliche Leistung angesehen wird, 100 Tage mit anderen Menschen in einem Raum zu sitzen, dann frage ich mich, wieso ich nicht schon den Nobelpreis für das "Raumsitzen" gekriegt habe. Ich war jetzt schliesslich zusammengerechnet schon mehr als 14 Monate mit mehreren hundert wildfremden Menschen zusammengepfercht, wir hatten idiotische, sinnlose Aufgaben zu lösen, wir mussten hirnrissige Dialoge sprechen und es hatte noch nicht mal Frauen da und dann wurden wir auch noch angeschrien und musste blöde Gewänder tragen. Ja ich rede vom Militär und niemand fand es eine tolle Leistung ... hmm auch sonst sitze ich eigentlich relativ häufig alleine in der Gegend rum, völlig isoliert von der Aussenwelt. Nach diesem BigBrother Prinzip, müssten mir eigentlich nach jedem Wochenende eine Menschenmenge vor der Wohnung auflauern und ich müsste Platten- und Werbeverträge kriegen. Hmm, ein kleiner Kontrollblick durchs Fenster bestätigt meine Ahnung - Niemand da, keine Fans....

Ich kann es schlicht nicht verstehen, dass Leute, die nichts tun ausser sich beobachten lassen und auch noch den Durchschnitt-IQ einer Durchschnitts-Amöbe haben so gefeiert werden, während andere, die wirklich etwas für uns alle tun völlig leer ausgehen. Wie viele wirklich gute Bands gibts die alles für einen Plattenvertrag geben würden, aber nein stattdessen müssen wir jetzt täglich Slatko im Radio hören. Es ist unerträglich. Ich halte jeden der vor diesem Big Brother Haus sein Zelt aufgebaut hat und diesen Leuten zugejubelt hat für bedenklich geistesgestört und einfach mental zurückgeblieben.

Eigentlich ist es ja offensichtlich, dass das nur mit einer knallhart kalkulierten Marketingmaschine zu machen war und die eingeschlossenen Nasenbären nur die lächerlichen Marionetten waren, völlig austauschbar. Aber wie geht es nun weiter? Schon wollen x-Sender das gleiche machen, aber wie wollen sie die Zuschauer bei der Stange halten? Der Zuschauer ist in seiner Abstumpfung schnell gelangweilt, wenn ihm nicht immer etwas neues geboten wird. Medien sind wie Drogen, es braucht immer höhere, stärkere Dosen, also wird sich wohl die Medienlandschaft entsprechend entwickeln müssen. Wie lange wird es wohl gehen, bis wir den ersten Toten in so einer Sendung sehen werden? Das ist übertrieben glaubt Ihr? Vielleicht jetzt, aber in ein paar Jahren? Man wird vielleicht einen psychopathischen Serienmörder in so eine Sendung einschleusen und irgendwo ein paar Hackbeile, Würgeschlingen und Kettensägen verstecken. Jeder weiss, dass er da ist aber, aber keiner weiss, wer es ist.Whooa, das wär lustig, stellt Euch die Dialoge dann vor und seht Ihr auch schon wie die Gemeinschschaft in einem Raum versammelt dasitzt, in panischer Angst, jeder belauert und verdächtigt den anderen, keiner hat in den letzten fünf Wochen mehr als 1 Stunde geschlafen, jeder blickt nervös auf die Uhr, weil um 22.00 die Lichter automatisch gelöscht werden und auf der Nahrungsmittelliste stehen nur noch Kaffee und Aufputschmittel und Zündhölzer. Der Psychokiller müsste vielleicht gar nicht in Aktion treten, weil sich die Gemeinschaft aufgrund ihres Verfolgungswahns selber dezimiert. Man müsste sich auch keine blöden Aufgaben überlegen, die einzige Aufgabe bestünde darin, am Leben zu bleiben. Ja das wär wirklich lustig, da würd ich auch zuschauen, 24 Stunden am Tag.
Alles zu utopisch? Nachdem ich gestern in der Sonntagszeitung gelesen habe, dass offensichtlich ein paar Reiseanbieter über Adventure-Ferien in Krisengebiete nachdenken, finde ich meine Idee gar nicht so abwegig und wenn man auch sieht, was es in Japan für Sendungen gibt. Ich frage mich echt, wie weit wir noch vom alten Rom entfernt sind. Vor einigen Jahren lernte man noch in der Schule, dass es eine unmenschliche Zeit gewesen war, weil da Menchen im Zirkus den Löwen oder Gladiatoren vorgeworfen wurden und manchmal durfte die Masse darüber bestimmen ob die Unterlegenen leben oder sterben mussten, was für eine blutrünstige Gesellschaft. Es leuchtete uns irgendwo ein, dass es unmenschlich war, es verstiess einfach gegen moralische Werte. Aber heute? Dank der Überbevölkerung, der Globalisierung, der Medien und der kapitalistischen Gesellschaft in der nur die finanziellen Kennzahlen bestimmen, was und wer einen Wert hat, liegt der Wert eines Menschen ca. bei dem Materialwert seiner Bestandteile und das waren glaub' ich knapp 100 Franken (Kalk, Wasser etc ..). Tja und leider, leider kann man mit 100 Franken heute auch nicht mehr viel kaufen. Und was machts schon, wir sind schliesslich so viele, was bedeutet da schon einer mehr oder weniger. Klar, wenn man das Opfer kennt, ist es vielleicht schon anders, man kann dann noch herumprahlen, das man mit ihn gekannt hatte und hat somit die Chance in einer Nachmittags-Talk-Show aufzutreten.

Werfen wir vielleicht noch ein kritisches Auge auf einen Fussball-Match. Die "Fans" hauen sich vor- und nachher die Nase blutig, das Spiel interessiert gar nicht. Fussball ist nur die Ausrede dafür. Und warum schauen wir überhaupt die Nachrichten? Wir hoffen, dass irgendwo etwas passiert ist, irgendwelche Infos von furchtbaren Katastrophen, Mord- und Totschlag oder vielleicht mal wieder ein Amokläufern, etwas dass unsere Langeweile unterbricht. Dann können wir nachher wieder sagen ohjeohje wie konnte das nur passieren, das ist ja furchtbar. Was würden wir bloss tun, wenn es in den Nachrichten hiesse "heute ist nix passiert, Wetter gibt auch keins, schönen Abend". Was ich damit sagen will, ist dass ich davon überzeugt bin, dass wir alle diese Saat in uns tragen, diese Blutlust und dieses Verlangen das Leid anderer zu beobachten. Der Mensch hat halt noch seine barbarischen Gene auch wenn wir das sehr gerne leugen. Ja wir haben sich noch, jedoch mit dem Unterschied, dass man seine Triebe früher ausleben konnte, ja musste, sei es durch die Jagd oder Krieg oder einfach in der Natur, ja das Leben als solches war überhaupt so, dass es immer relativ einfach war zu sterben, deshalb musste man sich gar nicht gross darum kümmern, während heute so einfältiger Quatsch wie die Extrem-Sportarten oder eben Schlägereien herhalten müssen um die Triebe der Menschen zu besänftigen. Das schaffen sie aber natürlich nur bedingt, weil leider die einzige Weiterentwicklung der Psyche des Menschen in den letzten 5000 Jahren, die war, dass nur sein Ego wichtig ist und in seinem Hirn nur das zählt was besser, stärker, höher, schneller und schöner als das vorherige war. Eine Spirale auf der man seine Hemmschwellen und irgendwann seinen Verstand verliert. Würde man im Fussball-Spiel beispielsweise ein interaktives Element einbauen, würde das bestimmt schon viel bringen. Es sollte aber äusserst grausam sein, weil es sonst seinen Zweck nicht erfüllt. Z.B. könnte das Publikum eine versteckte Fallgrube mit Stahlspitzen bedienen oder ab und zu den Ball explodieren lassen oder jeder kriegt eine Handgranate, die er beliebig ins Feld werfen darf. Schon die Maya hatten doch so ein fantastisches Ballspiel, wo dann anschliessend ein paar Spielern das Herz aus der Brust geschnitten wurde, das ist die Art Unterhaltung, die garantiert, die besten Einschaltquoten bringt. Man könnte z.B. auch mit einer Ted-Abstimmung am Ende eines Spieles Fussballer der Verlierermannschaft ermitteln, die dann ausgepeitscht würden oder die man sonst irgendwie berufsunfähig machen würde oder stellt Euch einen elektrischen Stuhl vor, wo die Zuschauer mit ihrer Stimme die Stromstärke bestimmen könnten. Ihr glaubt, es würde niemand drücken? hmmmm, ich würde mich jedenfalls nicht der Blutlust des gemeinen Pöbels aussetzen wollen. Aber es wär doch lustig, da als Zuschauer dabeizusein und stellt Euch nur vor wie fest sich die Mannschaften anstrengen würden und das auch noch für weniger Geld. Ich bin überzeugt, die Gewalt auf den Strassen würde extrem zurückgehen, man hätte es gar nicht mehr nötig.

Ich sage Euch, das alte Rom ist nahe, bloss dass die noch kluge Philosophen, hübsche Kunst- und Bauwerke hatten und sie wussten, wie sie das Volk davon abhalten konnte auf dumme Ideen zu kommen. Unsere Moral ist einfach irgendwie verschroben, wenn man etwas lange genug tut wird es normal. Nehmen wir die Hooligangs, sie fahren zu jedem Spiel um sich zu prügeln, es ist für sie normal geworden, etwa so wie zur Toilette zu gehen und sie denken wohl nicht mehr gross darüber nach. Gerät jetzt aber einer in so ein Schlachtfest, der noch nie sowas gesehen oder davon gehört hat, wird er sich im Krieg glauben. Wie soll man aber von Menschen, die in so eine Normalität gefallen sind, ja die man so lange gewähren liess, erwarten, dass sie sich ob ihrer Taten schuldig fühlen? Die Kids, die in den Schulen massenhaft Leute erschossen, wollten auch bloss mal schauen, wie es ist. Ich glaube kaum, dass man solche Verhaltensmuster kurzfristig oder überhaupt ändern kann.

Also ich fasse meine Theorie, bzw. meine Vision so zusammen: Entweder die moralischen Massstäbe unserer Gesellschaft und derer die uns regieren und über uns bestimmen werden wieder halbwegs sinnvoll oder in den nächsten paar Jahren werden uns die grossen Sender reales Blut zeigen müssen um die Masse bei Laune halten zu können. Und jeder, der ein bisschen eine sadistische Ader hat wird noch sehr viel Spass haben.

12.6.2000

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... und wann heiratest Du?

wer kennt sie nicht, diese obligaten Verwandtentreffen, wie Geburtstage, Hochzeiten oder Todesfälle? Man durchläuft dort in der Regel irgend ein Pflichtprogramm und kriegt was Leckeres zu essen. Aber wie bei allem im Leben ist es auch hier so, dass es diese Leckereien und Animationsprogramme selbstverständlich nicht umsonst gibt. Der Preis, den man zu zahlen hat ist, dass man Menschen trifft. Ja, man trifft Menschen wieder, die man schon Jahre nicht mehr gesehen hat, was aber natürlich kein Unglück war, sondern einem das gute aber trügerische Gefühl gab, dass manche einen endlich vergessen hätten oder man sich zu einem Meister der Tarnung und des Abtauchens entwickelt hätte. Doch eben, an diesen Anlässen scheitern die besten Tarnvorrichtungen und es gibt kein Entrinnen vor ihnen, darum fürchte ich mich jeweils auch schon Wochen vorher. Ist der Tag schliesslich gekommen, sieht man sich plötzlich wieder diesen Tanten und Onkels gegenüber, die einen hartnäckig mit den Brüdern verwechseln, diejenigen, die darüber staunen, wie gross man geworden ist, obwohl man nun schon seit 15 Jahren keine nennenswerten Wachstumsschübe mehr erfahren hat. Man trifft die, die finden, man hätte enorm abgenommen obwohl man gerade wieder voll im Frust über das eigene Übergewicht ist. Und schliesslich trifft man auf die ganz inquisitorischen Verwandten und Bekannten, die nicht müde werden einen über den eigenen Zivilstand auszufragen. Dies ist meine absolute Lieblingskategorie, ehrlich. Solche fragen wie "Und wann heiratest Du?" oder "Bist Du immer noch alleine?" oder "Wann legst Du Dir eine Freundin zu?" sind das Salz in meinem Schokopudding, wirklich.

Aufgrund meiner eher grossen Verwandtschaft kommt es leider immer wieder vor, dass sich solche unvermeidbaren Anlässe in meinen Kalender schleichen, deshalb habe ich mir auch gewisse Anti-Verwandtschafts-Massnahmen (A.V.M.) zurecht gelegt, die zumindest oberflächlich das Unausweichliche etwas erträglicher machen. Die billigste Möglichkeit ist, sich sofort vollaufen zu lassen, so dass einen die Leute meiden und man eh nicht mehr fähig ist Fragen zu beantworten. Billig und effizient aber mit Kopfweh verbunden. Dann gibts sicher immer Möglichkeiten den Diskussionen zu entgehen, indem man selbst den fragenden Part übernimmt, also direkt in die Offensive geht und die üble Sippschaft mit Belanglosigkeiten volllabert, bevor sie zum Angriff übergehen kann. Eine höchst bemerkenswerte, unwahrscheinlich effiziente Taktik, wie ich sagen muss. Es gilt die Formel:
Je langweiliger die Themen desto kürzer die Gesprächsdauer. Und mit einer ausserordentlich langweiligen Diskussion, kann man zudem einen viele Jahre anhaltenden Abwehrschutz aufbauen.

Eine weitere A.V.M. ist selbstverständlich das Ausweichen. Eine ebenfalls billige aber nichtsdestotrotz eine wirkungsvolle Möglichkeit ("oh kuck mal ist das Wetter nicht hüüüübsch?.. oh ist das nicht Onkel X da drüben, dem muss ich gleich hallo sagen ....").
Noch wenig erprobt aber sicherlich hoch effizient ist es, die Personen, die einen eh verwechseln in ihrem Glauben zu lassen und bereitwillig Auskunft über den Gesundsheitzustand der Ehegattin und der Kinder zu geben. Zudem erspart es die Peinlichlikeit ihnen zu sagen, dass sie einen verwechselt haben und sie sparen das Gespräch mit einer Person, also ein effektiver Zeitgewinn für den Gesprächspartner.
Leider schaffen es aber immer wieder Leute die Abwehrmassnahmen auszutricksen und einem diese vermaledeiten Fragen zu stellen, die man auf gar keinen Fall hören wollte. Hier hilft es nur noch die geübten Gesichtsmuskel zu animieren, ein cooles Lächeln aufzusetzen und ähnlich einer Aikido-Abwehr dem Gegner die Kraft abzunehmen und ihn ins Nichts laufen zu lassen. Was dann in der Praxis so aussieht, dass man einige Statistiken hervorzaubert, die ganz klar beweisen, dass aufgrund der Altersdifferenzen zu den Geschwistern die nächste Ehe erst in 3 Jahren, 11 Monaten und 25 Tagen anliegen würde, man selbst also durchaus noch innerhalb der Zeitparamenter liegt und das Fortbestehen des familiären Gen-Stammes aufgrund der bereits vorhanden Stammhalter sowieso keineswegs gefährdet sei. Oder man behauptet, dass man das eigene Leben in den Dienst einer höheren Aufgabe wie der Erlangung des definitiven Wissens oder der Suche nach dem heiligen Gral oder der Frage nach "life, the universe and everything" gestellt hat und man somit keine Zeit für die tierischen Urinstikte der rituellen Paarung mit einer weiblichen humanoiden Lebensform habe. Wichtig dabei ist, dass man dies in einem Ton sagt, als hätte man den Nobelpreis für diese Aufgabe schon in der Tasche oder dass es sich zumindest um um eine Aufgabe handle, die das Fortbestehen der Menschheit als solches garantiere. Auf jeden Fall sollte die Antwort dem Fragenden unmissverständlich das Gefühl geben, er hätte eine wirklich peinliche, dumme Frage gestellt, sonst wird man ihn niemals los und es folgen weitere Fragen.

Eine interessante Technik, die ebenfalls noch wenig erprobt ist, ist die der gezielten Falschinformation. Wenn man weiss, dass man die selbe Frage an einem Tag bestimmt 17 mal gestellt kriegt, sollte man sich entsprechend viele völlig verschiedene Antworten bereitlegen. Warum man noch nicht verheiratet ist, könnte man so beispielsweise beantworten mit "Nein, ich lag die letzten 20 Jahre im Koma und hole jetzt gerade die Grundschule nach" oder "ich habe nur noch 5 Monate zu leben und habe deshalb mit meiner Freundin Schluss gemacht, damit sie ein neues Leben beginnen kann, selbstverständlich ohne sie aufzuklären, damit sie kein schlechtes Gewissen hat" oder "ja, ich lebe seit 10 Jahren in einer glückliche Beziehung, leider konnte sie aber heute nicht kommen" oder "nein, ich überlege noch ob ich schwul werden will" oder "nein, ich habe die Ausbildung zum Priester angefangen" oder "nein, meine bisherigen Freundinnen haben meine perversen Sexspiele einfach nicht mehr ertragen" oder "nein, ich war in einem Sanatorium" oder "nein ich gehöre nicht zur Festgesellschaft, ich suche nur das Klo". Man sieht, die Auswahl an Ausreden ist schier unerschöpflich und verkauft man jedem Anwesenden eine andere Antwort, hat man garantiert auf Jahre hinaus Spass wegen der Missverständnisse und Gerüchte.

Nachdem das, was ich hier geschrieben habe, vielleicht dem einen oder anderen eher lustig erscheinen mag, möchte ich jetzt aber dazu erklären, dass mich solche Anlässe jedesmal völlig fertig machen, mich richtig treffen, mir weh tun und in meinem Kopf noch Wochen nachhallen. Und zwar einfach dieser blöden Fragerei und den Pflichtritualen wegen. Am einfachsten zu ertragen sind die Beerdigungen, weil dann sowieso alle niedergeschlagen tun, statt die Erlösung des Verstorbenen zu feiern und der Anlass meist eh nicht allzulange dauert. Hochzeiten dagegen sind völlig unerträglich, weil sie die Fragen bezüglich Ehe, Beziehung, Mann & Frau jedermann ins Hirn drängen und alle dazu geneigt sind die parterschaftlichen Erfolgslisten der anderen Leute querzuchecken.

Selbst wenn ich den Fragen nach Partnerin und Beziehung wie oben beschrieben ausweichen kann, setzt sich dennoch meine allesvernichtende Gedankenmaschine in Gang. Ich sehe mich um und erkenne, dass ich mich inmitten normaler Menschen befinde, sie alle haben Beziehungen, Ehen, Kinder, alles, sie haben die einzige Aufgabe, die die Natur an jedes Leben stellt erfüllt und dürfen sich nun bis zu ihrem Tode ihr eigenes Leben noch gestalten, wie sie es wünschen. Ich habe nichts, ich stehe da mit der Erkenntnis minderwertig zu sein, mein Puls beginnt zu rasen, die Schweissdrüsen verrichten ihre Aufgabe, der Hemdkragen wird zu eng. Überall Päarchen und nur ich stehe allein da und man hat mein Geheimnis entdeckt, ich bin entlarvt und ich kann nicht flüchten. Ich suche meinen Communicator um mich wegbeamen zu lassen, wünschte mir ich würde aufhören zu existieren oder zumindest im Erdboden verschwinden. Ich sehe vor meinem geistigen Auge einen japanischen Manager der sich weinend vor der Presse erniedrigt, weil man ihn bei einer schlimmen Tat erwischt hat, ich sehe Scheinwerfer, die mich anblenden und einen grossen blinkenden Pfeil, der auf mich zeigt und wie zu einer auf- und abschwellenden Sirene das Wort "Versager" erscheint. Ich höre den Hammer des Richters, wie er aufschlägt und das gefällte Urteil unwiederruflich bestätigt. Und wieder wird mir bewusst, dass ich nicht dazu und auch nirgends sonst dazugehöre, dass ich nicht Teil dieser Gesellschaft bin, in der ich mich die meiste Zeit verstecken kann, nicht Teil der normalen Menschen bin. Ich entdecke, dass ich allein bin und immer allein sein werde. Ich bin gefangen in meiner Welt aus inneren Blockaden, Ängsten und meinem verhassten Selbstbild und so sehr ich mich auch bemühe diese Blockaden und Ängste zu entdecken, sie zu erklären und ihre Entstehung zu verstehen, so sehr versage ich darin sie zu umgehen oder zu sprengen. Selbst wenn ich eine Blockade scheinbar erklären und begründen kann, selbst dann fehlt mir das Wissen und der Mut sie zu brechen - Lethargie und Handlungsunfähigkeit kommen auf und die Sinnlosigkeit meiner ganzen Existenz werden einmal mehr present. Es mag eine Sache des Willens und der inneren Einstellung sein, aber auf meine innere Einstellung ist schon lange kein Verlass mehr und Wollen kann ich nicht. Sicherlich, es sind nur blöde Fragen von blöden Leuten, die mir null und nichts bedeuten, an blöden Anlässen aber schliesslich braucht es für jede noch so grosse Maschine in der Regel auch nur einen winzig kleinen Knopf - wer den Knopf drückt ist letzten Endes nicht relevant.

22.7.2000

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Wir sind ich

Das Durchleben eines inneren Konfliktes und des Gefühls, der inneren Gespaltenheit ist ein wundersames Erlebnis. Das Gefühl, dass der Kopf etwas vorschreibt, aber das Herz etwas ganz anderes begehrt. Dass man etwas unbedingt tun will, tun muss, aber einen etwas tief im Inneren, eine grosse Angst davon abhält, ja einen geradezu lähmt. Oder dass man etwas tut, obwohl es der blanke Irrsinn ist.
Diese Konflikte und inneren Kämpfe empfinde ich meist als sehr unangenehm, sie hinterlassen stets das Gefühl, dass die Sache für die man sich letztenendes entscheidet möglicherweise doch die Falsche gewesen sein könnte, oder dass man mit seinem Entscheid sich selbst oder jemand anders enttäuscht oder zurückstellt. Wie man es auch macht, man macht es falsch. Man müsste dementsprechend doch annehmen, dass das innere Zerwürfnis etwas Schlechtes darstellt und das Einssein, die innere Harmonie das Höchste ist. Aber ist das wirklich so?

Fast jeder Mensch verhält sich doch in verschiedenen Situationen, zu verschiedenen Zeiten, an verschiedenen Orten oder im Umgang mit verschiedenen Menschen ganz unterschiedlich. Beobachtet man einen Menschen im Kreis seiner Familie oder mit seinen Arbeitskollegen oder für sich allein scheint es fast so, als wäre er nicht eine sondern mehrere Personen, ebenso wenn er in einer Lebenskrise steckt oder wenn er subjektiv glaubt Herr seines gegenwärtigen Lebens zu sein und jedes Hindernis meistern zu können. Man ist dann völlig erstaunt, weil man glaubt an einem Menschen eine neue Seite entdeckt zu haben, oder man ist am Boden zerstört, wenn ein Mensch plötzlich etwas tut, was man von ihm niemals erwartet hätte. Es mag sein, dass mir viele Menschen in dieser Ansicht wiedersprechen, aber ich glaube, dass es kaum einen Menschen gibt, der innerlich eine völlige Einheit ist, vielmehr glaube ich, dass die meisten Menschen wohl ein bisschen schizophren sind. Das ist aber nicht abwertend gemeint, im Gegenteil, ich glaube das ist ein ganz wichtiger unendlich spannender Teil jedes Menschen, vielleicht ist es ja gerade der Teil, der uns zu Menschen macht.

Ich möchte diese Idee noch etwas weiter spinnen. Ich glaube, dass in fast jedem Menschen eine fast unendliche Zahl von Personen wohnen. So stell ich mir vor, dass es in fast jedem Menschen einen Streber gibt, genauso wie einen Faulpelz, einen Liebenden, einen Lüstling, ein Rudeltier, einen einsamen Wolf, einen Intrigantan, einen Verräter, ein Kind, einen alten Mann, einen Narren, einen Weisen, einen Waghalsigen, einen Angsthasen, einen Selbsthasser, einen Künstler, einen Anarchisten, einen Beamten, einen Langweiler, ein Tier, einen Gentleman aber auch ein verabscheuungswürdiges Monster, einen Selbstmörder, einen Realist wie auch einen Magier und einen Fantasten etc.etc.etc.
Geprägt durch die Aussenwelt, das Aussehen, das Sozialgeflecht, die subjektive Wahrnehmung, die Erlebnisse, die Bildung, das Verständnis von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft etc. werden während des Aufwachsens verschiedene Persönlichkeiten stärker gefördert und geprägt, während sich andere fast gar nicht entwickeln, schlafen oder verleugnet werden. Verschiedene Einflüsse oder Erlebnisse können ganz unterschiedlich auf die Persönlichkeiten wirken und provozieren, vielleicht sogar die Schlafenden wecken. In einer Situation wie einem Krieg sieht man sehr offensichtlich, welche Geschöpfe in einem Menschen plötzlich wach werden können. Es wird auch deutlich, wenn man Menschen über ihre Ex-Partner reden hört. Seltsam, wieviele "wahre Lieben" sich plötzlich zu den grössten Irrtümern, Enttäuschungen und A..löchern entwickelt haben. Ich behaupte diese hassenswerten, falschen Seiten waren immer da, bloss musste erst der richtige Knopf gedrückt werden, um die Käfigtüren der Monster zu öffnen.
Manchmal entscheidet nicht ein einziger Charakter allein, sondern verschiedene zusammen, während sich viele andere dagegen wehren. So scheint es mir beispielsweise, dass ich nur schreiben kann, wenn ich mich elend fühle, also will mein kreativer Teil nur mit meinem selbstmitleidigen Trauerkloss zusammenarbeiten.
Ich glaube, dass es diese unterschiedlich ausgeprägten Persönlichkeiten in einem Menschen, diese Synergien zwischen diesen Persönlichkeiten sind, die einen Menschen schliesslich zu dem machen, was er in seiner Gesamtheit ist. Er ist nicht das, was er einzelnen Menschen, Freunden, Verwandten Partnern oder sich selbst zu sein scheint, sondern die Gesamtheit aller seiner Charaktere. Dementsprechend halte ich es für so gut wie ausgeschlossen, dass ein Mensch sich selbst jemals in seinem gesamten Spektrum in seiner ganzen Wesensheit vollkommen und objektiv zu erfassen und zu verstehen vermag und noch weniger kann dies einem Aussenstehenden gelingen.

Was passiert nun, wenn ein Teil eines Menschen so dominant und so stark ausgeprägt ist, dass er es vermag einen Menschen allein zu beherrschen? Es mag gegen Aussen gut erscheinen, wenn diese Persönlichkeit, der Liebende oder der Streber ist und den Menschen zu einem Gewinner machen und die von der gegenwärtigen Welt gerade als wünschenswert erachteten Eigenschaften aufweist. Doch was, wenn es sich um die Persönlichkeit des Hoffnungslosen, des Verängstigten oder des Depressiven handelt, was dann? Wenn ein Mensch die Teile in sich vergessen hat oder sogar tot glaubt, die ihm Freude und Erfolg im Leben bescherren könnten, dann führt dieser Mann ein sehr einsames trauriges Leben voller Selbstvorwürfe, Selbsthass und Selbstvernichtung. Seine dominanten Persönlichkeiten werden verhindern, dass alles was ihre Machtstellung gefährden könnte nach Innen vordringt und sie werden bereit sein alles zu empfangen was sie stärkt und ihnen wohlgesonnen ist. Wohl spürt der Mensch manchmal die Dinge, die ihm helfen würden, doch er vermag es nicht sich gegen das Dominante, gegen das Gewohnte in sich aufzulehnen. Es geht hier auch um Kontrolle, es geht darum die Teile in sich, die hungern mit der richtigen Nahrung zu füttern.

Meine Hoffnung ist, dass diese anderen Teile des Menschen, die Erfüllung versprechen, niemals wirklich sterben können, auch wenn sie noch so sehr unterentwickelt und verkümmert sein mögen. Dass es einen Weg gibt sie zu befreien, zur Oberfläche zu bringen und ihnen Stärke zu verleihen. Doch bleibt die Frage, was man mit diesen Teilen anfängt und wie man ihnen helfen kann die Dominanz der "dunklen Mächte" zu brechen. Wie auf die meisten Fragen hier, habe ich auch auf diese keine Antwort. Aber die Anschauung, dass es diese verschiedenen Teile in einem Menschen gibt, ist für mich eine grosse Hoffnung. Ich glaube, dass es möglich sein muss, die unterdrückten, blockierten Teile wieder zu beleben. Vielleicht passiert es durch die Begegnung mit einem speziellen Menschen oder mit dem Erleben eines speziellen Momentes, mit dem Erleben von Erfolgen. Meine Suche gilt diesem unbekannten Etwas.

Und was ist nun mit dem Streben nach der inneren Einheit, das Verlangen nach dem Einssein? Ich glaube dass dieser Zustand weniger bedeutet eine Persönlichkeit zu sein, sondern dass es bedeutet seine inneren Persönlichkeiten anzuerkennen, seien sie noch so dunkel geprägt. Es bedeutet sie zuzulassen und mit ihnen Frieden zu schliessen. Die Persönlichkeiten zu harmonierenden, schöpferischen Gruppen zu vereinen, ihnen den Stellenwert zuzuweisen, der ihnen gebührt und der für die Gesamtheit des Seins der Beste ist und die Kontrolle ausüben zu können, welche Person in welcher Situation wie zu handeln hat und somit in der Lage zu sein ein erfülltes, befriedigendes Leben zu führen, ja diese Persönlichkeiten als ein Werkzeug, eine Quelle der Macht zu nützen. Einen Teil in sich selbst zu verleugnen oder zu hassen bedeutet wohl am Ende nur sich selbst zu quälen, sich selbst etwas vorzuenthalten und einen Teil des eigenen Gefühlsspektrums niemals zuzulassen.

30.7.2000

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.. und alles zieht vorbei

Du bleibst stehen im Strom des Lebens, bleibst stehen und siehst für einmal nicht Dich sondern all das was um Dich herum passiert und Du siehst, wie alles an Dir vorbeizieht auf der niemals enden wollenden Strasse vom Nichts ins Nichts. Die Welt zieht an Dir vorbei, Deine Freunde, Verwandten, Dein Beruf, Deine Wünsche, Deine Interessen, Deine Welt, Deine Existenz und Du hast Angst. Verzweifelt eilst Du erst hinterher, doch nur um zu scheitern. Du bist allein, fühlst Dich kalt und leer und Du erkennst, dass alles egal geworden ist. Du lachst über all die Menschen, die im Strom gefangen sind, Dir weh tun wollen oder Dir in den Belanglosigkeiten des Lebens überlegen sind und auf Dich herabsehen. Du hast verstanden woher die Dinge kommen und hast verstanden wohin die Dinge gehen. Nur was dazwischen passiert, ist Dir fremd geworden und im Moment in dem Du das erkannt hast, wird es Dir nur noch fremder. Du begreifst, dass Du von nun an allein unterwegs bist, Dir niemand seine Hand reichen wird und dass ein Teil Deiner Seele als Preis für das Wissen sterben musste. Du beneidest die Menschen, die ihre Erfüllung im Strom gefunden haben und sehnst Dich nach dem Vergessen. Du bist stehengeblieben weil es sich falsch anfühlte, weil es für Dich keinen Sinn mehr machte. Alles zieht an Dir vorbei und Du weisst, dass Dein Leben nie wieder so sein kann, wie zuvor und dass es niemals wieder einen Sinn haben wird. Du hast es gesehen und verstehst nicht, warum Du dennoch mit den anderen weiterziehen sollst. Doch Du bist Mensch, Deine Seele ist im Menschen gefangen und der Schatten Deines früheren Ichs wird vom Strom mitgerissen wie sehr Du Dich auch wehrst. Du bist Mensch und musst all die Dinge tun, die Mensch tun muss, doch alles andere bleibt Dir fortan versagt, so will es die Natur und im Strom ist ihr Wille Gesetz. Du hast verstanden woher alles kommt und wohin alles geht und Deine Sehnsucht nach dem Ziel und dem Vergessen ist alles was Dich noch antreibt.
18.8.2000

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Hast Du eigentlich eine Freundin?

Diese Frage wurde mir kürzlich von einem Kollegen gestellt. Die Direktheit der Frage hat mich etwas erstaunt, obwohl es doch eigentlich eine normale Frage ist. Es ist ja schliesslich keine Tabufrage, ob man nun liiert ist oder nicht. Jedenfalls war meine Antwort auf diese Frage natürlich nein. Natürlich? Ja, natürlich natürlich, weil ich eigentlich schon immer alleine war und etwas tief in mir drin sagt, dass dies auch immer so bleiben wird. Nun, mein Kollege war etwas erstaunt was wiederum mich erstaunte und die Frage war mir irgendwo auch nicht recht, eigentlich wollte ich von diesem Thema wieder weg. Ganz einfach war das aber nicht, fragte mein Kollege doch gleich darauf, ob das schon lange so sei. Vermutlich war ich jetzt tatsächlich etwas verlegen, erkannte ich doch, dass es durchaus kein Problem war allein zu sein, ja es mag je nach Jahreszeit und Luftdruck sogar trendy sein. Schon länger alleine zu sein hingegen, dürfte bei den meisten Menschen so ankommen als hätte man eine ansteckende Krankheit, einen lahmen Fuss oder ein verstümmeltes Gesicht. Wirklich ich schäme mich dafür, ich gebe es offen zu. Es ist wahr, ich bin gänzlich unfähig Kontakte der richtigen Art zu einer Frau herzustellen. Es ist für mich ein Mysterium, wie es Menschen schaffen alle zwei Wochen eine neue Beziehung zu haben, eine Beziehung über längere Zeit am Leben zu erhalten oder überhaupt zu einer Beziehung zu kommen. Vielleicht liegt es daran, dass ich sehr hohe Erwartungen an mich selbst stelle, vielleicht stelle ich auch zu hohe Erwartungen an eine Partnerin, bewusst ist mir dies aber nicht wirklich. Ich denke es ist vielmehr ein Problem, dass ich allen Menschen gegenüber ein grosses Misstrauen hege, nicht die Art Misstrauen, dass ich ihnen nicht den Rücken zudrehen würde oder dass ich Paranoid wäre, nein, mein Misstrauen geht in die Richtung, dass ich von allen Menschen erwarte, dass sie mich enttäuschen, früher oder später, in der einen oder anderen Weise, ob sie es wollen oder nicht. Darum erwarte ich von den Menschen nichts, absolut nichts, von niemandem. Die einzige Frau in meinem Leben, die mir gesagt hatte, sie hätte mich lieb, hat irgendwann einen neuen Freund gefunden, sie hat mir niemals auch nur gesagt, wo das Problem lag, es war einfach vorbei. Das einzig bittere daran, war für mich, dass ich mich darüber nicht mal aufgeregt habe, ich war ihr nicht böse, es war für mich eine normale Reaktion. Es entsprach meinen Erwartungen, dass niemand mit mir wirklich zusammen sein möchte. Die meisten Menschen haben die Tendenz Dinge zu versprechen, die sie irgendwann nicht halten können, oder etwas leichtfertig versprechen, was sie dann vergessen, ich rede von Kleinigkeiten, die nicht relevant sind und trotzdem sind es die Dinge, die mir auffallen und mir im Gedächtnis bleiben, es sind die Dinge, die meinen Erwartungen entsprechen und meine Haltung gegenüber der Menschheit bestätigen. Ich verhalte mich genau gleich und darum sage ich auch oft und gerne, dass ich niemandem Traue, und mir selbst erst recht nicht. Doch zurück zu den Frauen.

Wie gesagt, ich bin schon immer alleine und es gibt keine Aussicht auf Besserung. Durch mein Eigenbrödlertum habe ich nur ein begrenztes soziales Umfeld, ein paar Freunde sind verheiratet, die meisten aber sind selbst einsame Seelen, es gibt kaum "Vakanzen" in diesem Umfeld, niemand kennt nette Kolleginnen oder so. Die Körpersprache der Frauen ist mir ebenfalls unverständlich, ich würde vermutlich eine, bös ausgedruckt, "willige Singelfrau" nur dann erkennen, wenn sie es auf einem T-Shirt aufgedruckt hätte und sich mir an den Hals würfe. Das tun sie aber natürlich nicht, weil es da einfach bessere Adressen und Typen gibt, denen man sich an den Hals werfen könnte. Dazu kommt leider auch mein seltsames Moralgefühl, das mir verbietet, eine Frau anzugehen, die schon vergeben ist oder die ein Freund im Visier hat oder die noch mit einer vergangenen Beziehung kämpft, was wiederum böse gesagt ca. 99.9 % aller Frauen direkt betrifft. Also was soll man in so einer Situation machen? Ich weiss es nicht, ehrlich nicht. Es ist die Hölle auf Erden. Wirklich und wenn man dann gefragt wird, wo die Freundin ist oder wann man heiratet, dann habe ich ein Problem. Für solche Gelegenheiten habe ich meist meine offizielle Antwort zur Verfügung, in der es heisst, dass ich durch meine berufliche Tätigkeit und meine ständigen Weiterbildungen einfach keine Zeit habe, aber die Wahrheit ist neben den bereits erwähnten Punkten, dass ich einfach auch davon überzeugt bin, dass ich einer Frau nichts zu bieten habe. Nun, meine materielle Welt mag zwar besser aussehen, als die anderer Menschen, aber jemand der nur darauf fixiert ist, käme für mich eh nicht in Frage. Meine Gefühlskälte als solches, mein kaputtes Weltbild, meine ewig anhaltende Einsamkeit und meine fast völlige Erfahrungslosigkeit dürften hingegen viel ausmachen. Also was muss man einer Frau bieten, damit sie sich angezogen fühlt? Ich hätte darauf gerne eine Antwort, die nicht etwas mit "Innerer Schönheit" und "besonderer Ausstrahlung" zu tun hat, weil ich das schlicht für billiges Gequake halte, in der Regel von Menschen, die alle zwei Wochen irgendwo eine tolle Ausstrahlung und wahre Lieben finden. Ich mag dieses kitschige Allerweltsgequassel nicht, es tönt so nach Bravo-Sexberatung. Ich für meinen Teil habe herausgefunden, dass ich mich prinzipiell in Frauen vergucke, die einen hohen Grad an Intellekt, Witz und einem guten Sinn für Musik, Film und Literatur aufweisen. Ich stehe auf Frauen, die meist wissen, wohin sie im Leben wollen und die für sich selbst eine Karriere aufbauen möchten. Den Gedanken eine Legehenne oder noch böser ausgedrückt eine wandelnde Gebärmutter abzukriegen, könnte ich nicht ertragen. Das Aussehen? Hm, ja klar natürlich sehe ich mir auch gern schöne Frauen an. Anschauen und Verlieben sind aber unterschiedliche Dinge. In einer kürzlich geführten Diskussion wollte man mir just nicht abnehmen, dass ich bei einer Frau nicht zuerst auf die Kurven und Rundungen schaue, sondern den Blick aufs Gesicht, die Haare und vorallem auf das was sie sagt, bevorzuge. Wiederum sehr erstaunlich für mich, dass das Klischee der Frau als Objekt noch immer so viel Wahrheit hat. Vielleicht ist es dieser Aspekt der mir abgeht. Ich meine den Aspekt der die Hasen dazu bringt, sich zu vermehren, also der tierische Trieb, das Animalische. Auch funktionieren offensichtlich Dinge, wie Auftreten und Statussymbole immer noch besser als alles andere. Andererseits muss ich dann auch wieder sagen, dass mir nicht klar ist, warum fortschrittliche Frauen noch immer auf Maschen aus der letzten Eiszeit oder vom Discovery Channel reinfallen, ich dachte sie selbst möchten es anders, wären subtiler, doch was die meisten Frauen betreiben, scheint mir auch nur allzuoft Selbstbetrug zu sein. Es ist unglaublich.

Was mich immer ein bisschen Traurig macht, ist dass ich diese grosse Sehnsucht nach Zweisamkeit habe. Obwohl sich ein Teil von mir davon abgefunden hat, alleine zu bleiben, kann ich dieses Gefühl und Verlangen nur bedingt unterdrücken. Ich empfinde es als unendlich belastend, den Alltag zu bestreiten. Die Menschen sehen einen blöd an, wenn man eine Ewigkeit hat seine Wohnung einzurichten, weil man sich für die Möbel nicht entscheiden kann, wenn man keine Vernüftigen Ferien bucht, wenn man nicht zum Skifahren geht oder überhaupt in Passivität versinkt, doch die Wahrheit ist, dass das Leben alleine einfach keinen Sinn macht, dass Aktivitäten, die anderen Menschen grosses Vergnügen bereiten abschreckend sind und einem Angst machen. In der Phase wo die Arbeit das wichtigste ist, mag man es überdecken können, doch wenn der Blick voraus in die Zukunft geht und man sich vorstellt was man später tut oder was man im nächsten Jahr, über die Weihnachten oder in den Ferien tun möchte, dann ist es sehr hart. Vieles macht einfach keinen Sinn alleine. Wofür soll man sich schöne Dinge kaufen oder sich hübsch einrichten, wenn man es nicht teilen kann? Wofür soll man überhaupt Leben? Um zu arbeiten? Nein, dass kann es nicht sein. Ich weiss, dass mein Leben bis zum nächsten Mai halbwegs in Ordnung sein wird, weil ich zur Zeit wegen Ausbildungen ziemlich Land unter habe, doch ich weiss auch, dass egal wie diese Ausbildung enden wird die Zeit danach eine grosse Krise bedeuten wird. Ich werde viel Zeit haben, um Nachzudenken und ich werde mir die ganze Sinnlosigkeit meiner Existenz immer und immer wieder vor Augen führen. Doch was werde ich damit anfangen? Vielleicht eine weitere Ausbildung beginnen um meine Gedanken zu töten? Ich sage mir selbst, dass ich meinen Blick dann auf mein Privatleben richten möchte, um diese Dinge in Ordnung zu bringen, aber die Wahrheit ist, dass ich dazu unfähig bin. Ich schaffe diese Dinge nicht alleine, mir fehlt die Anleitung, die Checkliste, die Erfahrung dazu.

10.12.2000

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Weihnachten ist tot 

Weihnachten ist das Fest der Besinnung, das Fest des Friedens und der Liebe. Weihnachten ist das Fest der grössten Anhäufung von Heuchelei, vorgetäuschter Nächstenliebe und schmalztriefender, ekelerregender und verlogener Prozeduren. Eigentlich schade, denn ich kann mich noch erinnern, was dieses Fest früher für mich bedeutet hat. Ein ganz seltsames Gefühl der Feierlichkeit überkam mich jeweils kurz vor Weihnachten, draussen lag manchmal Schnee und am Abend bekam man Geschenke, Tage vorher konnte man nicht mehr schlafen, weil man sich fragte, was einem wohl bescherrt wurde. Vermutlich war das das Schönste an diesem Fest, diese Erwartung und Vorfreude, dazu kam natürlich noch, das man frei hatte, das Fernsehprogramm ganz ausgezeichnet schien und es jeden Tag was ganz Edles zu futtern gab. Nun, die Zeiten ändern sich und vermutlich liegt es am Erwachsenwerden, dass die Bedeutung für dieses Fest schwindet, für mich jedenfalls ist die Magie dieses Festes wohl für immer vergangen. Mag sein, dass es daran liegt, dass ich zwischen Weihnacht und Neujahr arbeiten muss, mag sein, dass es daran liegt, dass ich keine grossartigen Geschenke mehr kriege, dass ich wegen dem feinen Essen ein schlechtes Gewissen kriege und das Fernsehprogramm einfach nur noch schlimm ist. Aber ich glaube es liegt eher daran, dass dieses Fest, von einem Fest der Menschen zu einem Fest der Industrie und der Medien degeneriert ist. Seit ca. zwei Monaten versuchen mich, die Medien und die Industrie in eine Zwangsweihnachtsstimmung zu bringen. Man redet mir täglich ein, dass ich alle beschenken muss, um bei Weihnachten so richtig mitmachen zu dürfen und mit sülzigen, moralin-triefenden Filmen versucht man mir einzureden, dass wenn ich gütig und lieb zu allen bin, dass ich dann auch nächstes Jahr alle Wiederholungen über die Heldentaten der biblischen Stammväter im Fernsehen schauen darf. In jeder Sendung wünschen sie uns von ganzem Herzen fröhliche Festtage, als ob sie uns persönlich kennen würden und es nie wieder Weihnachten gäbe. Nun eine Art Abschluss, bildet dieses Fest natürlich schon, denn sobald die letzten Weihnachtsmänner von den Mattscheiben verschwunden sind, wird es schliesslich Zeit dass die Industrie die Schokohasen in die Regale stellt und uns einredet, dass es Spass macht, auch im Januar schon Hasennester im Garten zu verstecken. Schliesslich muss der Rubel rollen und solche Gelegenheiten darf man sich nicht entgehen lassen, was wäre also idealer als das Annektieren von Festern, die den Menschen irgendwann vor langer Zeit etwas bedeutet haben, das zwingt die Leute schliesslich zum mitmachen. Weihnachten dürfte wohl als die beste Cash-Cow aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Der jüngste Spross der festiven Geldgeneratoren in unseren Gefilden ist ja nun Helloween. Falls einer glaubt, dass es dieses Fest zu uns geschafft hätte, ohne Mithilfe der Industrie und der Medien, dann soll er bitte diese Seite verlassen und zu www.teletubby.com oder www.naivelebengluecklicher.com gehen. Für mich als Sympathisanten der Wicca und Paganisten hat Helloween, bzw. Samhain eine etwas differenzierterte, bodenständigere Bedeutung als für die Hersteller von Kürbis-Kitsch und die Archivare der Horrorfilm-Abteilungen der Fernsehsender. Aber das ist wieder ein ein anderes Thema.

Ich habe heute Morgen noch in eine Weihnachtsmesse reingezappt und musste erschreckt feststellen, wie kalt und lieblos diese Prozeduren ablaufen. Ein Pfarrer liest irgendeine Bibelstelle vor, wahrscheinlich dieselbe wie im letzten Jahr und das Publikum sitzt da, bohrt in der Nase, gähnt, blättert im Gesangsbuch oder döst vor sich hin, die Worte leer und bedeutungslos hallen durch die dekadenten, pompösen Hallen. Ein paar wenigen Besuchern glitzern die Augen und sie grinsen still vor sich hin, als würde ihnen jemand gerade einen herunterholen oder man hätte ihnen mit etwas wirklich Hartem aufs Gesicht geschlagen. Der offizielle Ausdruck für diesen höheren Bewusstseinsgrad wäre wohl, dass sie erfüllt sind vom Geist Gottes. Was auch immer das für ein Geist ist, ich weiss es nicht, ich kann auch nicht nachvollziehen, was die Anhänger dieses Glaubens bewegt. Ab und zu müssen die armen Anwesenden dann noch eines dieser seltsamen Kirchenlieder singen. Die Melodien scheinen immer gleich und die Texte handeln von irgendwelchen Lobpreisungen und wie irre cool und superlieb doch dieser Gott ist. Was für ein hirnverbrannter Unsinn. Nicht dass man wirklich auf die Texte achten würde. Ich schätze man könnte dort auch irgendwelche Hetztiraden, menschenverachtende Wortergüsse oder üble Beschimpfungen in diese Bücher reinschreiben und die geistig suboptimal beleuchteten Lämmer würden es trotzdem lauthals mitsingen. Nach dem nicht enden wollenden Gesinge (... wir singen jetzt Lied 537, 1 - 98 ...) müssen die Kirchengänger ab und zu beten. Was mir bei der Beterei nie klar wurde war die Sache mit dem Aufstehen, manchmal muss man aufstehen zum beten, manchmal kann man sitzen bleiben. Was hat es damit auf sich? Steht man zu den wichtigen Gebeten auf? Aber wie erkennt man dann ein wichtiges Gebet? Bedeutet das Aufstehen, dass man irgendwie einen besseren Connect zu Gott hat? Ist das ein Bandbreiten-Problem oder ist es einfach ein Joke unter den Pfarrern, die Leute aufstehen und niedersitzen zu lassen, so ähnlich wie beim Ententanz? Oder ist es vielleicht noch banaler und es geht einfach darum, dass den Leuten die Füsse nicht einschlafen und während der Messe die letzten Lebensfunktionen verschwinden und ein bisschen Bewegung einfach gut tut? Ich hab echt keine Ahnung, erleuchtet mich!

In den Nachrichten war heute auch noch der Papst zu sehen. Es ist schon traurig, dass man diesem Mann nicht erlaubt zurück zu treten und in Ruhe die letzten Tage zu verbringen. Wobei ich mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher bin, ob er noch am Leben ist. Wenn man einen Auftritt von ihm sieht, könnte man glauben, er bewege sich auf einem kleinen ferngesteuerten Wägelchen und wenn er die Hände hebt, könnte es sich auch um einen kleinen Roboter-Arm handeln. Probiert einfach mal wenn ihr ihn seht bei jeder Bewegung ein hydraulisches Zischen oder ein kleines Surren wie von einem Motor von Euch zu geben, dann werdet Ihr sehen, was ich meine. Dennoch, was für ein trauriges Armutszeugnis, für so eine riesige Organisation, dass sie einen kranken, alten Mann so zur Schau stellen müssen.

Doch zurück zur Weihnacht. Als Kind habe ich den Film "Scrooge" immer völlig geliebt, es war eine Geschichte, die in mir etwas bewegte, es ist die Geschichte eines geldgierigen, verbitterten Menschenschinders, der von einem alten Partner besucht wird, den er betrogen hat und der ihm ankündigt, dass ihn 3 Geister besuchen werden, der Weihnachtsgeist der Vergangenheit, der der Gegenwart und der der Zukunft. Der Mann sieht in der Folge all seine Taten und wohin sie ihn bringen werden. Eine wunderbare Geschichte, die für sich genommen in jedem Menschen etwas bewegen und ihn zum Nachdenken bringen sollte über sein Leben, wie es war, ist und sein wird. Es ist eine Geschichte, die die Sinne für das Zeitgefüge, in dem wir uns befinden schärft. Schade, dass die Geschichte nicht mehr mit Weihnachten zu identifizieren ist. Zum einen, weil die Menschen heute nur noch in der Gegenwart leben und Wäre die Geschichte heute noch aktuell, ginge es wohl darum, dass man Besuche erhielte von kapitalistischen Ökonomen-Geistern, die einem vorwerfen in der vergangenen Weihnacht zu wenig Geld ausgegeben zu haben und in der nächsten wiederum zu wenig auszugeben und man deshalb unmissverständlich und direkt schuldig wäre am zu kleinen Bruttosozialprodukt. Selbstverständlich würde nach dem Besuch jedes Geistes ein kurzer Werbeblock eingeblendet werden, mit Werbung für Kaufvideos von "Die Bibel", "Moses", "Ben Hur" und "Quo Vadis".
Tja, darum frage ich mich, wo ist er geblieben der Geist der Weihnacht, was wurde aus der Magie, die diesen Tag einst umgab, warum hat die Kirche zugelassen, dass ihr heiligster Tag zu einer skurilen Karikatur seiner selbst degenerierte und wohin wird der momentane Trend in Zukunft gehen? Wird man uns eines Tages zwingen Weihnachtsgeschenke zu kaufen? werden wir das ganze Jahr Weihnacht haben, damit die Geschäfte genügend Umsatz machen? Wird in der Kirche demnächst von der Vierfaltigkeit geredet? Vom Vater, vom Sohn, vom heiligen Geist und vom Finanzanalysten? Leute, ich habe kein Interesse an diesem Trend, er ist so plump und offensichtlich und mir scheint, dass mehr und mehr Menschen dahinter kommen, was es mit diesem Tag wirklich an sich hat und sich damit für immer verabschieden vom Vorweihnächtlichen Konsum-Stress. Auch wenn ich die Kirche definitiv nicht mag und nicht hinter dem stehe was sie verbreitet würde ich ihr trotzdem gönnen, wenn sie ihr Fest zurück erhielte und man den Rest der Menschheit um diese Jahreszeit einfach in Ruhe liesse.
Aber ich fürchte es wird noch einige Zeit dauern und solange werden wir jedes Jahr von neuem dem Kaufrausch verfallen, werden wie die Irren durch die Geschäfte rennen und Geschenke kaufen, die niemand wirklich gebrauchen kann, aber unser Gewissen etwas beruhigen, uns das Gefühl geben unsere Pflicht erfüllt zu haben.

Bei mir hinterlässt dieses Fest eigentlich nur noch ein Gefühl der Gleichgültigkeit, vielleicht ein wenig Bitterkeit, weil es ein Fest der Gemeinschaft ist und man als Einzelgänger ausgeschlossen ist, sich in die Enge und Vergessenheit gedrängt fühlt und sich vielleicht noch ein Spürchen einsamer als sonst vorkommt.

24.12.2000

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Berührung der Ewigkeit

Eine Idee verfolgt mich seit einiger Zeit, schwierig zu umschreiben, aber ich versuche es. An manchen Tagen gehe ich durchs Leben und empfinde meinen Geist und meinen Körper als eine Einheit. Eine gewisse Harmonie scheint vorhanden zu sein und die Dinge scheinen zu funktionieren. Doch an anderen Tagen kommt es mir vor als wäre mein Geist nahe und mein Körper fern, dann erscheint es mir, als würde ich durch die Augen eines Fremden in die Welt blicken, ich fühle mich unwohl und meist bedrückt. Meine Hülle scheint mir so fremd, so unbedeutend und fern, ich kann keinen Bezug und keine Verbindung dazu herstellen. Dann gibt es noch diese anderen Tage an denen es mir scheint als könnte ich meine Empfindungen wesentlich vergrössern, es scheint mir als würde alles in meiner Umgebung dazu gehören, ich fahre im Auto und es kommt mir vor als würde ich mit dem Auto eine Einheit bilden, als könnte ich die Berührung der Räder mit dem Boden spüren, als könnte ich das Fahrzeug steuern wie einen Arm oder ein Bein. Blicke ich an diesen Tagen in das Gesicht von Menschen habe ich  das Gefühl als wäre es mir ein leichtes mich in ihre Situation zu versetzen. Stehe ich beispielsweise neben einem Lastwagen habe ich das Gefühl, ich könnte wahrnehmen wie das Leben eines Lastwagenfahrers verläuft, wie es ist den Tag hindurch über die Strassen zu donnern, die Lust auf die Freiheit der Landstrasse und den Kummer mit dem Verkehr. An diesen Tagen kann ich mich viel leichter in andere Menschen versetzen, ihre Situation und ihre Empfindungen nachvollziehen und verstehen wie sie denken und fühlen, schlicht eine  sensiblere Wahrnehmung. Ein seltsames Gefühl und ich frage mich, was das genau für ein Sinn ist, der manchmal so schwach ist, dass er meinen Körper kaum zu erfassen vermag und an anderen Tagen so stark ist, dass er sich über meinen Körper hinaus zu erstrecken scheint.  Vielleicht wäre es möglich diesen Sinn zu trainieren so dass er stabil bleibt oder vielleicht wäre es gar möglich diesen Sinn zu stärken. Vielleicht ist es dieser Sinn, der manche Menschen zu Hellsehern macht, vielleicht ist es aber auch einfach der Sinn, der manche Staubsaugervertreter mehr Ware absetzen lässt als ihre Kollegen. Ich weiss es nicht und trotzdem habe ich die Idee, dass es sich bei diesem Sinn um etwas grosses, wichtiges handelt. Ich möchte die Idee also noch etwas weiterspinnen auch auf die Gefahr hin in die Nähe des Wahnsinns zu kommen. Angenommen man könnte diesen Sinn schir unendlich erweitern. Wäre es dann möglich die Ewigkeit zu berühren und sie zu verstehen oder würde man den Verstand verlieren? Würde man Fühlen wie alles zusammenhängt und funktioniert. Vielleicht ist es der Sinn, der bei Propheten ausgeprägt ist und sie glauben sie erhielten Wissen von ihrem Gott oder vielleicht ist es das was Rupert Sheldrake mit seinen "morphogenetischen Feldern" und der "morphischen Resonanz" zu umschreiben versucht. Auf jeden Fall ist es ein Geheimnis, dass mich nicht mehr loslässt.

31.12.2000

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WEF - oder wie ich glaubte BSE mache wahnsinnig

Wir schreiben das Jahr 2001. Ort: die Schweiz, das Land wo Gold und Käse fliesst, oder so ähnlich. Und Standort für das World Economic Forum in Davos. Eine Treffen der Wirtschaftskapitäne und Mächtigen dieser Welt, für sie ein Ort der Begegnung und des Austauschs. Was für ein bedeutender Anlass für unsere kleine Schweiz, schliesslich interessieren sich doch die wenigsten für unser kleines, viel zu kompliziertes aber dennoch irgendwie liebenswertes Land und sicherlich glauben einige der teilnehmenden Amerikaner, sie seien derzeit in Schweden. Nun ja, der Anlass findet seit einigen Jahren statt und stellt in meinen Augen durchaus eine Bereicherung dar. Sicherlich ist es auch ein Anlass, der zurecht auch einige kritische Stimmen weckt und sicherlich gibt es auch zurecht ein Gegenforum. Für mich nicht ganz verständlich in dem Zusammenhang ist allerdings dass der Anlass als solches, eine Messe für die Wirtschafter, kritische Stimmen erhebt und offensichtlich nicht die Themen die dort beredet werden Ziel des Unmutes sind.

Vorallem von linker Seite scheint man bemüht, Aufsehen zu erregen und auf sich aufmerksam zu machen. Dass die Veranstalter Angst vor Übergriffen und Anschlägen haben und verschiedene Teilnehmer dementsprechend Schutz verlangen ist in meinen Augen einleuchtend und offensichtlich berechtigt, dass deshalb Davos zugeschlossen wird wie eine Ebola verseuchte Region dagegen weniger. Das Tragische und für mich so gänzlich Unverständliche ist indes, dass die linke Seite, die sich ständig so schleimig scheinheilig bemüht die Liebe auf Erden zu predigen und für alle Gerechtigkeit, Nahrung, Ausbildung, Arbeit, Kleider, Handies etc. fordert, so kreuzdämlich ist und diese Anlässe dazu nützt um in Schweizer Städten für hunderttausende von Franken Schäden anzurichten, Unschuldigen Leid anzutun, unser Land der Lächerlichkeit preiszugeben und nebenbei auch noch gleich die eigene Glaubwürdigkeit in Schutt und Asche zu legen. Jemand der gegen Ausnützung und für Gleichberechtigung eintritt und seine Interessen mit steinzeitlichen Methoden vertritt, verdient nicht beachtet oder angehört zu werden, hat sein Anrecht auf Respekt verloren und hat meine höchste Verachtung. Ich als pazifistischer Anarchist, Extremistenhasser und Politikerverachter finde es nun einfach extrem schade, dass ich am Fernsehen nichts von den spannenden Diskussion mitkriege, die mir vielleicht ein wenig Einblick in die Gedankenwelt und die Visionen der wahren Regenten dieser Welt verschafft hätten, mir ein Bild unserer bevorstehenden Zukunft gegeben hätten und ich stattdessen tagtäglich den Bodensatz der Schweiz am Fernsehen anschauen muss, wie sie vermummt irgendwelche Scheiben einwerfen, von Polizisten, die nun wirklich auch Besseres zu tun gehabt hätten mit Wasserwerfern beschossen werden. Nein, Leute so geht das einfach nicht! Wie will man Probleme lösen, wenn man Dialoge nicht zulässt? Wer Toleranz predigt, sie aber selbst nicht lebt ist einfach eine Amöbe, man kann es nicht anders sagen.

Ich glaube von mir, dass ich nach dem Prinzip "Know your enemy" lebe, wenn ich eine Seite nicht verstehe, dann informiere ich mich darüber, lese Bücher versuche zu verstehen wie sie denkt, wenn mich diese Seite dann immer noch nervt, dann weiss ich wenigstens warum. Ich habe durchaus meine Bedenken, was Globalisierung angeht, ich bin absolut gegen die Shareholder-Strategie der Unternehmen, weil sie kurzsichtig, selbstzerstörerisch ist und vor den falschen Anspruchsträgern auf die Knie geht. Weil die Stakeholder Strategie eine viel intelligentere Strategie ist, die die Ausrichtung der Unternehmensziele in einer wesentlich ganzheitlicheren Strategie verfolgt, und ganz einfach, weil ich Manager und Politiker einfach prinzipiell nicht ausstehen kann. Aber man kann gegen dieses System nur etwas tun, wenn man erkennt und versteht wie es funktioniert, wenn man weiss wie die Verfechter denken und welche Motivation sie haben. Mit Plakaten vor dem Kongresszentrum rumzulaufen, Scheiben einzuwerfen und die ewig gleichen linken Tiraden herunter zu chanten nützt indes absolut nichts. Es interessiert doch den Leiter eines Multinationalen Konzerns keinen feuchten Kehricht was die Linken hier bewegt, es ist ihm egal, er hat einen Kalender voll Termine mit halbschlauen Managern, die Last der Shareholder drückt ihm auf den Schultern, er will dass seine Firma Profite abwirft, er will dass seine Produkte besser verkauft und billiger produziert werden, als die der Konkurrenten, er kämpft gegen den Jetlag der Vielfliegerei, er will am Morgen etwas frühstücken, auf seinem Balkon die Aussicht geniessen, Sex mit seiner Frau oder Freundin haben und gemütlich die Zeitung auf dem Klo lesen, aber er will kein unqualifiziertes Gejammer irgenwelcher naiver Weltverbesserer und Proleten hören, er hat keine Zeit dafür und es bringt ihm nichts. Mann kann diese Leute nur abholen, indem man mit ihnen an einem Meetingtisch sitzt, ihre Sprache spricht und sie überzeugt, dass sie auch künftig ihre Kohle verdienen. Mit schlauen Argumenten und sachlichen Diskussionen wäre es vielleicht möglich diesen Menschen und noch wichtiger den geldgeilen Shareholdern sogar aufzuzeigen, dass der Stakeholder-Ansatz eine vernünftigere Strategie wäre. Doch stellt Euch vor, nach Davos werden die Mächtigen der Welt wohl eher Geld in Bodyguards stecken als in die Verbesserung der Welt und vielleicht haben sie auch gar keine Lust mehr mit irgendwem zu diskutieren und schon gar nicht mehr in der Schweiz. Vielen Dank, liebe Linke! Das habt Ihr einmal mehr ganz toll gemacht. Ihr Typen seid so Scheisse.

28.01.2001

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Vor der grossen Schlacht

Seit einem Jahr bereite ich mich nun auf die Prüfung zum Informatiker vor. Ein langes Jahr und doch ist die Zeit so schnell vorbeigegangen. Ich weiss nicht, wo meine Zeit geblieben ist. Ich habe das Ende herbeigesehnt und doch habe ich jetzt ein wenig Angst darvor. Mir scheint ich habe viel versäumt in diesem Jahr und doch, wäre ich ehrlich, müsste ich mir eingestehen, dass ich doch eh nichts mit meiner Zeit anzufangen gewusst hätte. In einer Woche wird alles vorbei sein. Es endet auf die eine oder andere Weise ... oh, das tönt doch wie aus einem Spaghetti-Western, wo der Held dem Bösewicht auf offener Strasse gegenüber treten muss, die Bewohner schliessen ihre Läden, die Mütter tragen ihre Kinder rein und ein dürrer Busch rollt durch die staubige Strasse ... nun ja, eine Konfrontation ist es natürlich schon und wenn ich so genau überlege, wäre es mir auch irgendwie recht, wenn ich einfach hinstehen könnte, Auge in Auge mit dem Experten und es darauf ankäme, wer schneller zieht. Aber, herrje, die Dinge sind leider nicht mehr so einfach und so ist mein Gegner kein staubiger, verschlagener nach Pferdeschweiss stinkender, billige Zigarren rauchender Gauner sondern ein angsteinflössender Stapel Papier, über staubigig trockene Materie, bestehend aus verschlagenen Fragen von nach Management riechenden Experten erstellt, denen jeglicher Sinn für Logik, klare Ausdrucksweise und Sinn für Rechtschreibung fehlt. Diese Tage vor den Prüfungen sind immer die Tage an denen ich mich Frage, ob ich eigentlich das richtige tue, ob ich nicht vielleicht etwas ganz anderes tun sollte, wie ich überhaupt auf die Idee komme, mir solche Dinge immer wieder anzutun. Es liegt vermutlich daran, dass ich den Wert meiner Existenz einzig und allein über meinen Beruf bewerte. In meinem Beruf zu versagen, bedeutet im Leben zu versagen. So wie mein Leben verläuft glaube ich auch irgendwo, dass meine einzigen Fähigkeiten im Beruf liegen und dann scheint es mir wieder, als wären sie nicht mal dort vorhanden. Natürlich frage ich mich jetzt, ob ich den Anforderungen gerecht werde und ich zweifle daran, dass ich genügend vorbereitet bin. Ich weiss, wenn ich bestehe, werde ich ein paar Tage lang ziemlich stolz sein, doch dann wird wieder die Normalität einkehren. Ich werde mich fragen, was als nächtes kommt, was ich tun kann, um meine Gedanken zu beschäftigen und zu verhindern, dass sie sich um die Bereiche in mir zu drehen beginnen, die das Tor zur Dunkelheit öffnen und meine Gefühle in den Abgrund zerren. Diese Gefühle sind jetzt nicht da, jetzt ist da dieses ganz kleine Flackern von Aufbruchstimmung. Die Idee nach so einer überstandenen Prüfung endlich ein Leben anfangen zu können, endlich so etwas, wie ein Privatleben zu entwickeln, Dinge zu erleben, die Welt zu sehen, einfach zu sein und glücklich zu werden. Doch dieses Aufflackern war schon oft da und jedesmal war es eine Enttäuschung, ja wirklich, die Hoffnung auf das Licht hat sich in meine Leben immer nur als Enttäuschung erwiesen, niemals war Erfüllung da. Vielleicht hat das dazu beigetragen, dass ich mich nach der Dunkelheit sehne, dass Schwarz das Symbol für mein Leben, mein Denken und mein Sinnen geworden ist. Vielleicht kommen daher auch die seltsamen Ideen, dass die eigentliche Chance nicht im Bestehen sondern im Scheitern von Prüfungen besteht. Wo das Überstehen zum Normalen, zur Ordnung führt, führt doch das Scheitern zur Veränderung, zum Chaos. Vielleicht will ich ja gar nicht Erfolg haben, vielleicht ist es ja der Misserfolg, der mich anzieht, die Chance zu scheitern und mir zu beweisen, dass meine Meinung über mich stimmt. Eine interessante Theorie, nicht wahr? Sicher, ich bin zu feige, um bewusst zu scheitern und die Theorie zu beweisen. Nur, es ist einfach so, dass ich vor der Zeit nachher Angst habe. Es ist dieses Gefühl, ohne Ziel dahinzutreiben, hiflos den Unwettern und Hindernissen da draussen ausgeliefert zu sein und bloss dorthin zu treiben wo es mich hinzwingt, nicht dort wo ich hin möchte. Und so zeigt es sich mir, dass meine wahre bevorstehende Prüfung nicht darin besteht 3 Tage lang stumpfsinnige Aufgaben zu lösen, sondern den Rest meines Lebens vor einer Aufgabe zu sitzen, die nicht gelöst werden kann.

08.04.2001

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Nach der grossen Schlacht

Die Schlacht ist geschlagen, wie der Krieg ausgegangen ist verbleibt noch für eine Weile im Dunkeln. Es war ziemlich hart und ich merke erst jetzt wie diese Zeit des Lernens und das schlechte Gewissen, etwas lernen zu müssen, an mir und meinen Kräften gezerrt haben. Ich habe an dieser Webmaster und Wirtschaftsinformatiker-Prüfung aber gemerkt, dass meine Nerven äusserst stark sind, doch habe ich vor den Prüfungen und vorallem jetzt danach, einmal mehr gemerkt, dass meine emotionale Seite sehr sehr schwach ist. Es hat eine Weile gedauert, bis ich mich vom Druck und Drang lösen konnte, in meiner freien Zeit ein Buch über Projektmanagement oder Systemengineering hervorzuzerren. Die Erleichterung am Tag nach der Prüfung war gross doch nun merke ich, wie sich über meinem Geist und meiner Seele langsam wieder dieser Schleier senkt, die Hoffnung in mir wieder verblasst und ich fühle, wie mein Leben wieder eine unkontrollierte, ziellose Odyssee ins Nichts beginnt. Es ist die Freiheit, die mir zu schaffen macht. In mein Bewusstsein dringt wieder die Einsicht, dass ich allein bin, dass ich in meinem Leben noch nichts wirkliches erreicht habe, auf das ich stolz sein könnte aber auch nichts wofür ich mich schämen könnte. Vielleicht ist es ja diese Normalität und Langweiligkeit, die diese Gefühle in mir produzieren. Die vergangene Woche war dementsprechend eine einzige emotionale Katastrophe, ein Wechselbad der dunklen Gefühle und inneren Leere.

Jedenfalls stehe ich nun da mit dem Rest meines Lebens und weiss einfach nicht was ich damit anfangen könnte. Ich empfinde eine grosse Angst vor diesem gewaltigen Nichts, vor diesem grossen Abgrund, vor dem ich so ratlos stehe. Was soll ich tun, was soll ich denken? Was soll ich bloss tun, damit die schwarzen Löcher nicht wieder zurückkommen. Habe ich den Mut vielleicht einfach vorwärts zu schreiten in das Nichts und zu schauen was passiert? Oder werde ich mir eine weitere Alibi-Tätigkeit suchen, die mir als Brücke dient, um ein paar weitere Meter durch das Nichts in der schützenden Gewissheit einer Verpflichtung zu überwinden? Etwas das meinem Leben eine Bahn, einen Kurs gibt, nur um das eigentliche Problem ein wenig weiter hinaus zu schieben. Vielleicht tigere ich auch einfach am Abgrund hin und her und tue aus lauter Angst einfach nichts während ich immer älter werde und meine Chancen etwas zu ändern immer kleiner werden. Nun, während ich mir immer gewünscht habe, dass jemand in mein Leben tritt, der mir die Hand reicht und mir hilft das Nichts zu beschreiten, sehe ich langsam ein, dass ich in dieser Beziehung allein bin, dass ich diese Reise nur allein tun kann. Aber worin besteht die Reise? Wohin soll ich wie gehen und warum? Wo fange ich an? Ist es die Suche nach Antworten? Oder ist es die Suche nach Fragen? Ich glaube, ich habe schon viele Antworten in meinem Leben gefunden, aber wahrscheinlich wusste ich nie was die Frage war oder aber es waren Antworten auf die Fragen anderer Menschen. Vielleicht sollte ich wirklich zuerst die Fragen in meinem Leben finden, bevor ich die Antworten suche. Meine Gedanken gehen aber auch in eine andere Richtung. Vielleicht beruht mein Suchen, die Rastlosigkeit meines Geistes und diese unendliche Dunkelheit, Kälte und Hoffnungslosigkeit in meiner Gefühlswelt darauf, dass ich mich darvor fürchte, mir selbst gegenüber zu treten und herauszufinden, was ich bin. Die Angst mich selbst mit mir zu beschäftigen und mich mit mir zu konfrontieren. Ich hatte ständig Mühe in mir selbst irgendetwas zu erkennen, was Wert hätte und was vielleicht von anderen Menschen geschätzt und anerkannt werden könnte, so habe ich mich ständig auf Dinge gestürzt, die mir vielleicht von aussen etwas geben könnten. Doch kaum sind diese Dinge erreicht, kommt die Unzufriedenheit, Rastlosigkeit und die Verachtung gegenüber meinem Leben zurück. Dies lässt doch wirklich nur den Schluss zu, dass all das was ich tue, einfach der falsche Ansatz ist und war und dass ich darüber mein Leben verschwendet habe. Ich glaube, dass viele Menschen heute nur in den Scheinwelten leben, die ihnen die Gesellschaft, Medien und all die anderen äusseren Einflüsse vorgaukeln. Diese Menschen vermögen sich selbst niemals zu erkennen, glauben sie seien das, was man ihnen weismacht oder ihnen aufzwingt, doch über sich selbst wissen sie nichts, haben Bedürfnisse, die gar nicht die ihren sind, sie folgen Idealen, die es nicht gibt oder die so künstlich und übertrieben sind, dass die Menschen in ihrem Streben sie zu erfüllen einfach nur zerbrechen. Doch es fragt sich nun, was einfacher zu ertragen ist, die glückliche Dummheit in dieser SoapOpera des Lebens mitzuspielen und das nicht zu erkennen oder die Trugwelt zu entdecken und sich damit von ihr und den Menschen darin zu trennen.

Die Dinge nach denen ich mich sehne, sind im Prinzip sehr rudimentär. Sicherheit, Liebe, Glück und Sinnhaftigkeit sind nur einige Begriffe. Doch ich sehe nicht, was ich tun muss, um zu diesen Dingen zu finden. Ich sehe in diese Welt und die Gesellschaft und sehe sie und auf der anderen Seite mich. Zwei Dinge, die ich nicht zu vereinbaren vermag und ehrlich gesagt weiss ich nicht, wie lange ich dieses Leben emotional ertragen kann.

22.04.2001

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Zurück und müde

Lange habe ich hier nichts mehr von mir hören lassen. Warum? Ich weiss es nicht genau. Es gab Momente in denen ich dachte, es hätte sich etwas geändert, es gab Momente in denen ich dachte, dass alles gesagt wurde und dass alles, was ich noch schriebe nur das wiederholen würde, was schon früher gesagt worden war. Und doch, meine Seite hier, ist das was ich zu einer Zeit dachte und fühlte und somit ein Teil von mir. Aus dieser Sicht möchte ich hier weitermachen. Viel Zeit ist vergangen seit meine Gedanken rotierten und es liegen einige Wochen hinter mir, in denen ich keine Zeit zum Denken erhielt. Vielleicht war das gut, vielleicht auch nicht, meine Zeit ohne meine Gedanken hat mir gefehlt, doch nun, da ich die Zeit wieder habe und meine Gedanken in den alten Trott zurück finden ist es auch Zeit, das was gewesen ist weiterzuführen.
Ich durchlebe im Moment eine Phase, in der ich mir noch weiter entfernt scheine als früher. Es ist als hätte sich ein weiterer Teil meines Menschseins aufgelöst. Der Inhalt dieses Lebens hat sich weiter in etwas mehr und mehr fremdes und sinnlos scheinendes verwandelt. Selten hatte ich so sehr das Gefühl, dass mein Geist etwas so völlig fremdes und unbekanntes wie diesen Körper bewohnt, diese Kälte und Gefühlslosigkeit ist so entsetzlich belastend. Es ist lange her, dass ich am Morgen aufgestanden bin und derart wenig Sinn darin sah dorthin zu gehen, wo ich arbeite und wo die Menschen sind, mit denen ich noch die grössten Gemeinsamkeiten habe, ich fühle mich an diesem Ort fremder als früher und ständig umgibt mich das Gefühl, meine Pflichten nicht erfüllen zu können, den Aufgaben nicht gewachsen zu sein. Ich bin so müde, nicht, weil ich eh ständig zu wenig schlafe, nein, ich bin tief in meinem Inneren all das müde, was mich umgibt, was mein Leben bestimmt und die Leute, die mein Leben bestimmen. Vielleicht ist es, weil ich den Punkt meines Lebens bedroht sehe, der mir bisjetzt am meisten bedeutete, vielleicht ist es, weil mir klar wurde, dass ich nicht dafür geboren wurde, für die parasitären Kunden zu arbeiten, die nicht das Material wert sind, dass ich in meinem Lieblingslesezimmer zu entsorgen pflege. Oh, ich kenne diese Müdigkeit und Lethargie zur Genüge und ich weiss inzwischen, wenn meine Gefühlswelt in das graue Reich abdriftet. Jedesmal, wenn ich am Morgen aufwache und mein erster Gedanke gilt der Arbeit und der letzte Gedanke am Abend gilt der Arbeit und das ganze Wochenende ist mein Kopf derart mit dem beschäftigt, was ich nicht zum fliegen bringe, dass ich bei der Arbeit selbst, dann an alles andere denke, nur nicht mehr an die Arbeit... spassig nicht wahr? Ja es ist so, im Moment saugt dieser Job an mir, wie eine bakterienverseuchte 3 Meter Monster-Zecke aus einem Genlabor. Ständig überlege ich, wie ich diese Dinge geregelt kriege, aber ich scheine damit allein dazusitzen. Ich fühle mich alleingelassen. Zu den wenigen Menschen, mit denen ich reden konnte, weiss ich im Moment nicht was ich sagen soll, komm mir blöd in deren Gegenwart vor und habe das Gefühl, sie zu langweilen und zu enttäuschen. Ich wünschte mir so sehr einfach wegzugehen, irgendwohin für immer ... doch wo kann man schon hingehen, wohin einem die Gedanken nicht folgen? Wohin ist bloss die Energie, mit der ich es bisher geschafft habe, den Dingen zu begegnen? Ich dachte, ein paar Tage Ferien könnten vielleicht den Energie-Haushalt wieder auffrischen, aber nicht diesmal, die letzten Jahre waren vermutlich einfach zu viel. Ich ertrage diese Welt nicht, in der man niemandem vertrauen kann, nichts sicher ist, alles im Wandel ist und es nichts zu geben scheint, an dem man sich festhalten kann. Konstanten verwandeln sich in Variablen, Werte in Unbekannte. Nicht zu existieren wäre die Lösung, die Sehnsucht nach dem ewigen Vergessen ist so stark.

17.07.2001

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Cube - Gefangen im Geist

Cube ist eine kleine Perle unter den Filmen der letzten Jahre. Eine Gruppe von unterschiedlichen, normalen Menschen erwacht in einem Labyrinth. Gefangen und ohne Erinnerung, wie sie hier her kamen und warum sie hier sein könnten, versuchen sich die Menschen ihr Schicksal zu erklären. Das Labyrinth besteht aus quadratischen Räumen mit Ausgängen zu allen Seiten, sowie oben und unten. Doch jeder Durchgang scheint nur wieder in einen anderen Raum zu führen. Manche Räume enthalten Fallen, die mit absolut fatalen Folgen jeden Fehltritt bestrafen und so schrumpft die Gruppe so nach und nach.

Auf den ersten Blick scheinbar bunt zusammengewürfelt, entpuppen sich die Charaktere nach und nach als Personen mit speziellen Fähigkeiten, Stärken aber auch Schwächen. Die Gruppe sucht nach einem Ausweg, sie suchen nach einem Grund und einem Sinn, warum es gerade sie getroffen hat. Die Suche nach dem Ausgang gerät immer mehr zur persönlichen Konfrontation mit sich selbst und dem persönlichen Alptraum jedes Charakters mit sich und den Schwächen der anderen.
Wo am Anfang noch Hoffnung auf einen Ausweg und auf eine Erklärung besteht, schwindet diese bald der totalen Hoffnungslosigkeit, es scheint kein Entrinnen zu geben. Wo der Glaube war, dass dies ein perverses Experiment der Regierung oder eines exzentrischen Reichen sein könnte, wird irgendwann zur Gewissheit, dass niemand zuschaut, dass es niemand interessiert. Völlige Resignation entsteht, scheinbar normale, rational denkende Menschen beginnen zu brechen. Nicht nur scheint kein System hinter den Räumen und der Anordnung der Fallen zu sein, nein auch jede Hypothese, die dieses grauenvolle System erklären könnte, entpuppt sich als falsch. Die Menschen durchleben eine schleichende Veränderung und bald scheint die Gefährlichkeit nicht mehr primär vom Gefängnis auszugehen, sondern von dem was im Kopf der Menschen geschieht. Am Ende entrinnt nur eine Person. Ein authistischer Mann mit einer Gabe für Mathematik schafft es, das Gefängnis hinter sich zu lassen, während die normalen Menschen entweder durch die Fallen oder durch den Wahnsinn von Gruppenmitgliedern ums Leben kommen.
Warum mich dieser Film so beindruckt? Nun, für mich entlarvt dieser Film gnadenlos, wie der Mensch als Individuum und in der Gruppe funktioniert. Eine faszinierende Studie der Abgründe des Menschen. Er zeigt, wie sich Menschen selbst beurteilen und wie sie von anderen gesehen werden. Er deutet daraufhin, dass jeder Mensch eine Funktion hat, selbst wenn ihm diese nicht bewusst ist. Man stellt sich während dieses Films wohl die Frage, wie man selbst reagieren würde in solch einer Situation, was man selbst ob der absoluten Hoffnungslosigkeit tun würde. Würde man versuchen weiterzugehen, würde man sitzen bleiben, wäre man der Anführer oder wäre man wie ein verängstigtes Kind, dass sich von der Gruppe leiten liesse. Wäre man der, der Spekulationen losliesse und versuchte man andere zu überzeugen oder liesse man sich von noch so abstrusen Behauptungen anderer leiten?

Warum mir dieser Film aber auch gefällt, ist weil darin diese kleine feine Ironie mitschwingt. Der Gipfel davon ist, dass nur dieser eine Mensch überlebt, der in seinen Gedanken in einem Gefängnis sitzt, der einzige Mensch, für den der Aufenthalt im Gefängnis keinen Unterschied zum Aufenthalt in der Freiheit macht, dem es nichts nützt herauszukommen.
Er entkommt, dem es nichts nützt, während all diese anderen normalen Menschen, für die die körperliche Freiheit das einzige Ziel ist, durch ihre Konfrontation mit den eigenen Gedanken, durch ihren eigenen Kopf, ums Leben kommen und für immer im Gefängnis bleiben. Was für eine herrlich bitterböse Idee, all die Menschen am Ende zu töten, die die finsteren Orte in ihrem Kopf nicht zu verkraften vermögen. Vielleicht soll es auch eine Einladung sein, sich diesen Orten zu stellen, bevor sie sich zu einem schlechten Zeitpunkt selbst offenbaren und die Kontrolle übernehmen?

29.07.2001

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WTC - Und das Chaos kam über die Welt

Dienstag, der 11.9.2001, Nachmittag: Seit einer Stunde sitze ich an einem Meeting, ich weiss nicht mehr worüber, scheint demnach auch nicht so wichtig zu sein. Ich komme heraus und höre von einem Kollegen, dass irgendwas mit dem World-Trade-Center los ist.... keine Zeit, muss ans nächste Meeting. Es geht um Entlassungen in unserer Firma. Mühsam, viel Phrasendrescherei, einziger interessanter Punkt, wir werden nicht entlassen - noch nicht, meine Loyalität ist auf dem Tiefstpunkt. Ich komme aus diesem Meeting und versuche im Internet Informationen zu finden. Was die Leute um mich herum erzählen, tönt zu unglaublich. Keine Chance, alle Kanäle verstopft, keine News-Seite scheint mehr erreichbar. Es muss schlimm sein. Wir hören das Ausmass im Radio. Das World Trace Center von zwei Flugzeugen gerammt, ein anderer Flieger ist auf das Pentagon abgestürzt, eine vierte Maschine ist in Pennsylvania abgestürzt. Ich kann es nicht glauben, was wird als nächstes passieren? ich brauche Bilder. Warum funktioniert dieses Sch..-Internet nicht. Ich mache Feierabend und hetze nach Hause. Werfe mich aufs Sofa, noch im Sprung CNN aktivierend und tauche in das Chaos ein. Diese Bilder sind unfassbar. Ich kann nicht sagen, was mich mehr erschreckt, wie das zweite Flugzeug auf den zweiten Turm zufliegt und gleich darauf ein Flammenmeer aus dem Turm herausschiesst, ähnlich dem Blut einer zerfetzten Arterie oder wie die Türme des World Trade Centers eine Stunde später in sich zusammenfallen. Tausende von Menschen werden in einem Moment ausgelöscht, Existenzen zerstört, Pläne, Wünsche, Karrieren für immer vernichtet. Wo lebendige Menschen sich wegen belangloser Kleinigkeiten das Leben schwer machten, wegen Geld stritten und glaubten, sie würden untergehen, wenn sie Jobs nicht erledigen könnten, wo Menschen gelacht haben, plauderten oder zornig waren, ist jetzt nur noch Tod. Ob die Himmel so viele Seelen in einem Moment aufnehmen können? Das World Trade Center, die Grundfeste des Kapitalismus, das Symbol der Unzerstörbarkeit und der absoluten Macht des westlichen Systems wurde für immer ausgelöscht.

Ein schrecklicher Tag für Amerika, ein schrecklicher Tag für die ganze westliche Welt. Wie lange wird es wohl dauern, bis man weiss wieviele Opfer diese eiskalte Tat gefordert hat? Ich schaue den ganzen Abend Fernsehen, immer und immer wieder die gleichen Bilder. Mir wird klar, dass irgendwer für diese Tat büssen wird, irgendein Land, irgendein Volk wird bezahlen. Die westliche Welt schreit nach Rache. Dort wo die Täter herkommen, wird bald die Erde mit Blut getränkt sein und nichts wird dort jemals wieder wachsen. Auch ich spüre Hass in mir und möchte die Bilder der Vergeltung am Fersehen sehen, so wie ich nun die Bilder des Grauens sehe.

Einen Tag später im Büro gibt es nur ein Thema. Niemand kann das Geschehene begreifen, niemand kann sich ausmalen, was das für die Welt bedeuten wird. Ich denke darüber nach und versuche mir vorzustellen, wie die Bilder der Vergeltung wohl aussehen werden. Satelliten-Filme von rauchenden, zerbombten Gebäuden, Infrarot-Aufnahmen von Raketen, wie sie Gebäude dem Erdboden gleich machen. Generäle in sauberen Uniformen und glänzender Lametta, die auf irgendwelchen Karten die Bewegung ihrer Truppen zeigen und nüchtern über Operationen reden, als ginge es ums Brotbacken. Vielleicht sollte man sich trotz der ganzen Wut fragen, was diese Gegenschläge nützen werden? Die Opfer werden zwar fanatische Idioten sein, aber es werden auch unzählige normale Menschen sein, die niemals jemandem was getan haben. Menschen die schon in früheren Kriegen grosses Leid erfahren haben. Ob sie wohl wissen, was bald über sie kommen wird? Dass ihre Träume und Pläne ausgelöscht werden, wie die der unschuldigen Opfer in New York? Ich frage mich wirklich, ob die richtige Antwort auf den Tod so vieler unschuldiger Menschen, der Tod weiterer unschuldiger Menschen sein kann. Kann das eine das andere rechtfertigen oder sogar wieder gut machen? Nein, bestimmt nicht. Aber wenn nicht, was ist die richtige Reaktion auf solch eine Tat? Reagieren die Amis nicht, wird es weiter gehen, werden weitere Hirntote weitere Menschenleben zerstören. Soll man reden? Soll man diplomatische Kanäle auftun? Nein, hier haben zwei Kulturen ein Problem miteinander, die auch in 1000 Jahren niemals miteinander klar kommen werden, weil sie all das, wofür die andere Kultur einsteht von Grund auf verachten. Die eine Kultur, oberflächlich, dem Kapitalismus hoffnungslos verfallen, dekadent und arrogant, nur den Kapitalismus, ihre eigene Kultur und ihre abstossende Doppelmoral verehrend und an ihre überlege Allmacht glaubend. Die andere Kultur, vom religiösen Fanatismus verblendet, eine Steinzeit-Kultur praktizierend, ehrenhafte islamische Lehren pervertierend und für ihre eigenen Wahngelüste missbrauchend. Arme Irre halten das Geschick eines unterdrückten, armen, schlecht gebildeten Volkes in ihrer einen und ein Waffenarsenal in der anderen Hand. Wie wollen diese Kulturen miteinander reden? Der einzige Weg für sie wäre, sich zu ignorieren, ihre Schnittstellen aufs nötigste zu beschränken. Zu schade, dass beide Kulturen diesen einfachen Punkt nicht erfasst haben und sich gegenseitig ins Gehege treten. Sie sind einen Schritt zu weit gegangen und nun müssen sie den Preis bezahlen. Vielleicht wäre eine Möglichkeit, die fanatischen Fadenzieher in ihren eigenen Ländern zu diskreditieren. Vielleicht sollten Bomber über diesen Ländern Fotos der Opfer und ihren Familien abwerfen. Würde dies den Leuten nicht zeigen, dass die Opfer unschuldige kleine Menschen, wie sie selbst waren, dass es nicht der böse grosse Dämon Amerika war, der getroffen wurde, sondern nur Menschen und würde es nicht auch zeigen, dass die Bomber auch hätten Bomben abwerfen können? Würde nicht die Welt davon profitieren, wenn die Menschen begreifen würden, wie sinnlos Gewalt ist und dass die, die sie predigen nicht die richtigen Lehrmeister sind?

Wir mussten mit Schrecken erleben, wie Geschichte geschrieben wurde und mehr davon wird folgen. Doch liegt es nur selten in der Macht der Ordnung Geschichte zu schreiben. Einmal mehr sind es die Herren des Chaos, die die Feder schwingen und ihren Tribut fordern. Es wird grosse Zerstörung folgen, viel Blut wird fliessen, viel Leid wird heraufbeschworen, Vernunft wird zu Wahnsinn, bevor die Ordnung wieder die Oberhand gewinnen wird. Dies ist der unendliche Zyklus, dies ist der Preis. Es wird unmöglich sein, zu sagen, wie hoch er sein wird und welchen Lauf dieses Kapitel nehmen wird. Einmal heraufbeschworen, lassen sich die entfesselten Mächte des Chaos nicht mehr kontrollieren. Dies sind die Regeln. Doch vergessen wird nicht, dass im Chaos nicht nur der Keim des Hasses und und der Zerstörung gedeiht, sondern darin auch das Potential für Neues, Kreativität, das Aussergewöhnliche, Liebe und Hoffnung lebt. Chaos und Ordnung sind nicht gut oder schlecht, sie sind einfach. Nicht mehr und nicht weniger. Die Wertung der Dinge ist in den Köpfen der Menschen.

Mögen uns die Herren des Chaos gnädig sein. Möge Göttin und Gott die verlorenen Seelen geleiten und denen, die zurückbleiben beistehen.

15.09.2001

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Gothic - Wenn die Dimensionen verschwimmen

Ein dunkler Raum, erfüllt von Rauchschwaden, umhertanzendem Licht rastloser Scheinwerfer und den Klängen zeitloser Musik. Ich stehe in der Mitte des Raumes und bewege mich zu den Rhythmen der Musik mit ihren dunklen Bässen. Mal stampfen sie die monotonen Lieder kalter, bedrohlicher Maschinen, dann hallen sie, wie Echos aus längst vergessenen Zeiten und dann brechen sie über mich herein, wie gewaltige Gewitterstürme. Die Stimmen der Sänger und Sängerinnen berichten von vergangenen Zeiten, preisen längst verblasste Reiche und Götter, klagen von unerträglichem Leid, erzählen von verlorenen Liebschaften, vergöttern die Ästhetik des Anderseins, des Augestossenseins und der Hässlichkeit, protestieren gegen die Falschheit und Doppelmoral dieser Welt und beschwören das Chaos, sie preisen die Schönheit der Melancholie, erzählen vom Ende der Zeit, von fantastischen Welten und entführen den Geist zur Grenze von allem, zum Nexus von der Existenz zum Nichts.

Ich bewege mich zu Klängen, die auf so wundersame Weise mein Inneres berühren, meine Seele streicheln und in mir unausgesprochene Wünsche und Sehnsüchte zu erfüllen scheinen. Tiefe Gefühle des Glückes und der Zufriedenheit durchströmen mich und speisen die Lebensenergien meiner hungrigen Seele. Meine Augen sind geschlossen. Es ist, als wäre die Zeit aufgehoben, als hörte die Welt mit all ihren Problemen und Forderungen auf zu existieren. Nichts, was um mich herum passiert ist wichtig, nichts kann das Gefühl der Verbundenheit mit etwas Höherem stören. Nicht ich bewege mich, sondern es bewegt mich.

Ich öffne die Augen und nehme im Nebel schemenhaft die dunklen Gestalten um mich herum wahr, Schönheiten mit langen schwarzen Kleidern wirbeln durch die Dunkelheit, als huldigten sie Göttern früherer Zeiten, als gehörten sie zum Feenvolk des Midsommernachtstraums, als wären sie Hexen, die ein Ritual vollziehen. Andere scheinen einem End-Zeit-Film entsprungen, tragen zerrissene Kleider, schwere Stiefel und bewegen sich, als wären sie mit den Maschinen verschmolzen, deren Klänge durch den Raum donnern. In manchen Momenten erscheint es mir, als befänden wir uns in "Die Maske des roten Totes", als wirbelten wir herum im ekstatischen Tanz der das Ende bedeutet.

Irgendwann ist alles zu Ende, das Zeitgefüge wird wieder hergestellt, der Geist wird zurückkatapultiert in die Begrenzung der Existenz und es wird Zeit zu gehen.

14.10.2001

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Portale

Es war am vergangenen Wochenende, als in meinem Kopf mal wieder Fragen auftauchten, die mir vorkamen, wie der Besuch eines alten Bekannten. Ein Bekannter, der zwar durchaus ein Teil meines Lebens ist, aber nicht wirklich ein Bekannter, über dessen Besuch ich mich freuen würde. Ein Bekannter, der schon immer völlig unangemeldet erschien. Es waren wieder einmal diese Fragen nach dem Sinn meines Lebens, nach dem Sinn hinter meiner Existenz. Es sind diese Fragen, auf die ich keine Antwort finde, die mich immer wieder überfallen, wie ein Poltergeist, der einfach keine Ruhe geben will und meinen Geist in eine dunkle Welt reissen. Sie beherrschen mein Denken und mein Fühlen. Wieso existiere ich? Wieso? Wieso empfinde ich nichts? Wieso bin ich unfähig mich gut zu fühlen? Immer wieder diese Frage, auf die ich keine Antwort finde, es scheint einfach keinen Sinn für mich zu geben, es gibt kaum etwas, was mich interessiert, nichts was mich erfüllt, kaum etwas, woran ich glaube, ich habe nichts von Wert geschaffen, bin in allen lebensbelangen ersetzlich und es gibt keine Frau, die auf mich wartet oder die in mir etwas erkennen könnte, was es zu lieben lohnte.

Obwohl ich an diesem Wochenende viele Menschen gesehen habe, habe ich mich sehr einsam gefühlt. Einsam mit meinen Gedanken, die ich trotz der langen Zeit, in der sie mich begleiten, noch immer nicht zu erklären vermag. Die meisten Menschen um mich haben mich praktisch nur genervt. Wie soll das alles weitergehen, frage ich mich immer wieder. Wie alt soll ich werden mit diesen Gefühlen, mit diesen Stimmungen? Es ist unerträglich sich immer nur schlecht oder gar nicht zu fühlen, einfach unerträglich. Ich frage mich, ist es die Mühe wert, zu warten und es herauszufinden, wenn das Warten zur Qual wird, wenn der Preis für das Warten so gering und ungewiss erscheint? Könnte es da draussen irgendjemanden oder irgendetwas geben, was jemals die Gedanken in mir verändern könnte, jemals igendwelche Begeisterung für dieses Leben wecken könnten? Etwas, dass diesen Schalter in mir umschaltet? Darf man sich überhaupt der Hoffnung hingeben, dass jemand oder etwas kommt und einen von dem befreit, was einen peinigt? Ich bin schon so lange allein, ich glaube es ist ein Fehler auf andere Menschen zu hoffen. Damit andere Menschen für einen da sind braucht es Eigenschaften, die ich nicht habe.

Ich glaube, diese Welt ist ein dunkler Ort, in der Hoffnung nur dazu dient, die Menschen zum weitermachen anzutreiben, aber was weitermachen? Was ist der Plan, der Sinn? Man müsste sich aus eigener Kraft von den dunklen Schatten befreien können, die sich wie eine eisige Kralle um den Geist und das Herz legen und das Leben zu einer nicht enden wollenden Verkettung aus schmerzhaften Gefühlen, Entäuschungen und Lethargie werden lassen. Doch wie soll das möglich sein, wenn man in dem Strudel gefangen und von den Gefühlen beherrscht wird? Wenn die Wahrnehmung auf das Dunkel reduziert wird. Nein, mir fehlt der Glaube, dass ich mich von gewissen Gefühlen jemals befreien kann. Sie werden immer da sein, sie werden immer ein Teil von mir sein und immer wieder die Kontrolle an sich reissen. Immer wenn ich etwas sehe, an das ich glauben möchte, erweist es sich als Enttäuschung. Inzwischen habe ich es auch aufgegeben, an diese lockenden Fatamorganas zu glauben. Ich misstraue den kleinen Lichtblicken im Leben. Ich misstraue den meisten Menschen und ihren Motiven. Wahrscheinlich bin ich ein Narr, ich suche nach etwas, von dem ich nicht weiss, was es ist und verzweifle daran, dass ich es niemals finden werde. Währenddessen werde ich nur älter, aber nicht klüger.

Ich frage mich, was ist das Leben? Ist es eine Abfolge biologischer Reaktionen? Ist es vielleicht nichts weiter als eine Zustandsform der Existenz? Gibt es vielleicht andere Zustände, so ähnlich wie Stoffe flüssig, gasförmig, fest etc. sein können. Vielleicht ist das Leben also nur ein Zustand der vorbeigeht, einer von vielen. Doch wie mögen dann die anderen Zustände der Existenz sein? Und welche Rolle spielt der Tod? Ist der Tod ein anderer Zustand dieser Existenz oder ist er der Stillstand, das Ende? Ist der Tod vielleicht gar der für Menschen wahrnehmbare Übergang, das Portal zu einem anderen Zustand? Wie reizvoll erscheint dann der Gedanke, dass es vielleicht nicht nur dieses eine Portal gibt, dass es vielleicht andere Übergänge zu anderen Formen der Existenz geben könnte. Vielleicht ist ja beispielsweise der Glaube ein solches Portal. Möglicherweise würde es sich lohnen, all diese Gedanken weiterzuspinnen, auszuziehen und nach den Portalen des Daseins zu forschen.

Ich weiss eins, die Art und Weise, wie ich mich in den letzten Monaten fühle erscheint mir, wie das Equilibrium zwischen Existenz und Nicht-Existenz. Beide Zustände ziehen mich an und stossen mich ab zugleich, ich fühle mich bewegungsunfähig im Zentrum, unfähig und ohne Motivation mich in die eine oder andere Richtung zu bewegen. Es fällt mir sehr schwer, anderen Menschen zu erklären, weshalb sich meine Motivation, meine Begeisterungsfähigkeit zu was auch immer in Grenzen hält, wieso mir bei allem was ich tue, der letzte Rest Begeisterung fehlt, warum ich manchmal regelrecht in Lethargie verfalle und zu keinen Gefühlen fähig bin, warum Ehrgeiz etwas ist zu dem ich nicht fähig bin, weil Ehrgeiz ein Ziel braucht, um zu erblühen. Es ist der Zweifel an allem, es ist das Gefühl der absoluten Bedeutungslosigkeit im Vergleich zur Grösse von allem und die Gewissheit des Scheiterns im Wettstreit mit jedem. Es scheint mir wie ein schlechter Witz, dass man durch das Chaos in sich, durch extreme Gefühlsschwankungen, durch schwarze Löcher an einen Punkt gelangen kann, an dem man zu einer Konstante im Universum wird.

10.11.2001

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Sinnlos

Gelegentlich, wenn es mir nicht sehr gut geht, besuche ich ein Internetforum über Depressionen. Ich geh dorthin, weil es dort Menschen gibt, die wie ich fühlen, also nur negatives oder eben gar nichts mehr. Ich habe in den letzten Wochen häufiger reingeschaut, denn es tut irgendwo gut, die Gedanken von diesen Menschen zu lesen und das Gefühl zu haben, nicht allein zu sein, wenigstens ab und zu nicht allein zu sein. Es tut gut, die eigene Hoffnungslosigkeit einen Moment bei Seite zu legen und nicht der Einzelgänger zu sein. Es tut gut, vielleicht jemandem zu erzählen, dass er oder sie nicht allein ist und ihr vielleicht so etwas, wie Hoffnung zu geben.

Diese Woche hat sich eine 15 jährige Person anonym in dem Forum eingetragen und von ihren Gefühlen erzählt, von Gefühlen der Verzweiflung, von Gefühlen der Angst, der Ohmacht und völligen Trauer. Sie hat davon erzählt, welche Gedanken ihr immer und immer wieder durch den Kopf gehen, der Wunsch nicht mehr zu existieren, die Fantasien darüber, wie wohl die eigene Beerdigung aussähe, wer wohl kommen würde und wie sich die Menschen verhalten würden. Diese Person klang so verängstigt, sie sagte, sie wisse nicht, was sie tun solle. Ich glaube, sie hatte diese Gefühle, diese kreisenden Gedanken schon eine Weile, aber noch nicht lange genug, um sie verstehen zu können, um verstehen zu können, was sie in ihrem Kopf bald anrichten werden. Es war wie ein Hilfeschrei auf dem Forum, aber ohne dass sie wirklich um Hilfe bat, es schien ihr zu genügen, diese Gedanken aus sich herauszulassen und sie hat sich nicht mehr gemeldet, obwohl doch einige Betroffene ihr ihren Rat anboten und von ihren Erfahrungen erzählten. Es hat mir zu denken gegeben, denn es war, als würde ich in meine eigenen Gefühle blicken, als hätte ich diese Worte in meiner Jugend geschrieben. Mein Gedächtnis arbeitet sehr langsam und sehr schlecht, ich kann mich quasi an überhaupt nichts von meiner Kindheit erinnern und meine Jugend verblasst zunehmends, nur an schlechtes kann ich mich erinnern, nur bruchstückhaft, wie sich diese Gedanken und Gefühle in meinem Kopf langsam manifestierten, immer stärker wurden, immer häufiger kamen, diese ersten Gefühle des Versagens, des Alleinseins, des anderseins als ich noch im Progym war, so mit 11, 12... Ich kann mich erinnern, wie ich immer häufiger und immer länger in der Nacht wach in meinem Bett lag und nicht wusste, was ich da fühlte, wie diese Gedanken immer stärker in meinem Kopf rotierten. Ich weiss noch, wie allein ich mich in meiner Jugend gefühlt habe, Tag und Nacht, egal wieviele Menschen um mich herum waren.. längst hatten sich in diesem Alter diese Gedanken manifestiert, gefestigt, waren zu meinem ständigen Begleiter geworden. Es gab eine Zeit, als es normal war, dass ich ins Bett stieg und mir wünschte, niemals wieder aufzuwachen, alles was nicht auf Anhieb klappte in meinem Leben, alles was auch nur Ansatzweise nach Ablehnung, nach Versagen aussah, genügte, um mich über die Klippe zu werfen. Es mag für einen normalen Menschen absurd klingen, aber diese Gefühle wurden damals zu so etwas wie Streicheleinheiten, ich konnte mich darauf verlassen, dass wenn ich allein war, dass wenn etwas nicht klappte, dass wenn ich versagt hatte, dass wenn ich jemanden enttäuscht hatte, dass wenn niemand da war, der mich verstehen konnte, dass dann diese Gedanken da waren, ich sie einfach herunterspulen konnte wie ein Tape und alles damit erklärt wurde. Alles konnte erklärt werden, wenn ich in meinen Gedanken nur immer wieder all meine Schwächen, all meine Fehler, all meine Mängel vor mir herunterleierte, mich schuldig fühlte und mir damit selbst weh tat.
Wieso ging es so lange, bis ich auch nur ansatzweise begriff, dass diese Gefühle nicht normal waren, bevor ich auch nur den Ansatz einer Idee hatte, was diese Gedanken, diese Gefühle sein könnten? Wieso musste ich so alt werden, bevor ich es verstehen konnte? Vielleicht weil ich immer in meinem Leben von anderen abhängig war, immer auf Hilfe wartete, immer dachte, dass jemand kommt, der alles schon vor mir gemacht hat und mir hilft und weil es all die Menschen, um mich herum irgendwie geschafft haben und weil ich dachte, das sei nur eine Phase? Wie dumm ich war, wie dumm ich immer noch bin. An meiner Abhängigkeit von anderen hat sich noch immer nichts geändert. Irgendwo in mir gibt es dieses etwas immer noch, das denkt, es kämme irgendwann jemand, der mir alles erklärt und mir zeigt, wo es lang geht und mir erklärt, was ich tun muss, um glücklich zu sein. Wie dumm allein dieser Gedanke ist. Wie absurd, das alles überhaupt ist. Ich spüre diese Passivität, ich lebe sie und ich kann nichts gegen sie tun. Ich hasse sie, sie verhindert alles. Ich bringe nichts zu stande, wenn mir nicht jemand einen Tritt gibt und mir ab und zu ein paar Entscheidungen abnimmt. Aber ich habe auch irgendwie keine Kraft mehr übrig, um etwas zu tun, ich schaue um mich herum, wofür sich all meine Kollegen, Freunde und Bekannte interessieren und ich kann an nichts Gefallen finden, nichts interessiert mich, nichts gefällt mir, nichts reizt mich, nichts scheint mir einen Ansporn zu geben.
In manchen Momenten glaube ich, dass ich irgendwann ausbrechen und diese Gefühle durchbrechen kann. Es gab in diesem Jahr ein-zwei Dinge, die ich versucht habe, versucht habe, um weiterzukommen, nicht mehr allein zu sein ... nun ja Versuche, die für mich wohl enorm waren und an meinen Kräften zerrten, aber für andere Menschen wohl nichts besonderes gewesen wären. Die Anstrengungen haben sich nicht gelohnt, ich habe versagt, das Erreichte oder eben nicht Erreichte hat nur alte Gefühle heraufbeschworen, nichts gebracht, altes Wissen bestätigt und der Hoffnungslosigkeit beigetragen.

Es gab diese Woche noch einen anderen Menschen auf diesem Forum - ich weiss schon nicht mehr, ob es ein er oder eine sie war... verdammtes Gedächtnis .. - aber die Person ist 45 Jahre alt und schrieb über ihr kaltes Inneres, ihre Gefühlslosigkeit über die Art, wie sie ihre Gefühle wahrnimmt, so als wären sie unter 5 Meter Watte begraben. Warum kommt mir auch das nur so bekannt vor?! Diese Person schrieb, dass sich diese Empfindungen auch in ihrem jugendlichen Alter entwickelten. Sie erzählte von ihrem Weg über Pillen, Therapien etc. bis zum heutigen Tag. Normalerweise kann ich aus diesem Forum wirklich positive Dinge mitnehmen, meine Stimmung normalisieren, aber diese zwei Postings waren für mich sehr schlimm, denn sie zeigen mir, dass es niemals anders sein wird. Dass ich immer allein sein werde. Es gibt keine Flucht von diesen Gefühlen. Es gibt keine Chance für mich, jemals innerlich zu einem Glücksgefühl fähig zu sein, einen Sinn hinter diesem Leben zu sehen. Ich stehe quasi zwischen diesen beiden Menschen, hatte plötzlich einen Flashback auf Gefühle, die ich fast vergessen hatte und ich habe eine Vision, wohin es geht, wo ich in ein paar Jahren sein werde. Ich habe Angst und ich weiss im Moment einfach nicht was ich tun soll, ich sehe nichts was ich tun kann. Mit welcher Motivation soll ich am Morgen aufstehen, wenn alles nichts bringt, wenn dieses Leben keinen Sinn hat? Ich frage mich jeden Morgen, wie ich den Tag möglichst schnell hinter mich bringe. Diese Lethargie, dieses lähmende Gefühl der Hoffnungslosigkeit blockiert alles in mir, ich fühle mich kaum noch irgendwie produktiv, alles macht Mühe, alles! Wie lange kann die Kulisse für andere aufrecht erhalten? Ich kann mich zu nichts entscheiden, ich kann diese Passivität nicht abschütteln. Ich weiss nicht, wie ich mein Leben planen soll.. interessiert es mich überhaupt? Oder habe ich dieses Leben innerlich nicht schon längst gekündet? Wie einen langweilig gewordenen Partner verlassen und im Stich gelassen? Ist es nicht das, was man heute mit allem tut, das einen abstösst, einem unsympathisch ist, womit man nicht weiterkommt, was nicht genehm ist, vielleicht von Mängeln behaftet? Einfach aufgeben? Davonlaufen? Wieso kann ich das nicht?

21.11.2001

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Die Hand in der Kloschüssel - Meine Neujahrsansprache

Schon wieder stehen wir am Ende eines Jahres und vor dem Beginn eines Neuen. Mir scheint, das ablaufende Jahr 2001 war ein Jahr grosser Unruhe, Hektik, der Veränderungen, der Abschiede und Neubeginne.

Eigentlich blöde aber doch nicht weiter verwunderlich, dass man immer erst zum Ende eines Jahres dazu kommt, ein wenig darüber zu reflektieren, wohin sich die Welt weitergedreht hat. Wohin hat sich meine gedreht? Gerade war doch noch Frühling, ich musste mich auf Prüfungen vorbereiten, dann war Militärdienst, Ferien, dazwischen einige stressige, nervenaufreibende Projekte, die mich ausgesaugt haben, wie es eine zwei-Meter Monster Mücke tun würde und schon ist das Jahr vorbei. Läuft die Zeit tatsächlich immer schneller oder scheint es nur mir so?

Wurde nicht eben in Amerika die grösste menschliche Katastrophe zum Präsidenten gewählt? War nicht eben noch die Rede von einer BSE-Krise? Sind nicht gerade eben die WTC-Türme zusammengstürzt, ist nicht die nationale Schweizer Airline bankrott gegangen und wurde nicht gerade eben Afghanistan zerbombt? Schon beginnen diese Erinnerungen in unseren Köpfen wieder zu verblassen, verlieren ihre Relevanz und Bedeutung. Man möchte sich ein wenig dagegen wehren. Der Ratio sagt, dass einen diese Situationen doch prägen, verändern und in einem etwas bewegen sollten, aber nur für Momente, denn die Welt hält nicht an und so verblasst auch das schlechte Gewissen. Auch im nächsten Jahr werden uns Katastrophen begegnen. Vielleicht ist es Abstumpfung, vielleicht einfach ein Schutzmechanismus im Kopf, der uns davor schützt zu lange an den Widrigkeiten der Welt herumzustudieren und sie uns zu nahe gehen zu lassen. Vielleicht ist es auch die blosse Menge der Informationen, mit denen wir zugebombt werden, die es uns verunmöglicht uns längere Zeit mit einem Thema zu befassen. Wir werden wohl die Geschichten dieses Jahres so hinter uns lassen, wie man ein zu Ende gelesenes Buch zuklappt und ins Regal stellt. Ich schätze, es ist wichtig mit diesen Ereignissen abzuschliessen, eine kleine Feier zu Ehren des Jahres abzuhalten und somit die innere Bereitschaft für einen Neubeginn zu schaffen. Dazu gehören wohl auch ein paar kleine Rituale. Ich meinerseits habe heute meine Bude geschruppt, Lebensmittel entsorgt, bevor sie den nächsten Evolutionssprung vollziehen, den Müll weggetragen und mal wieder einen genaueren Blick ins Klo gewagt und festgestellt, dass sich dort, wie auch in meinem Leben ein paar Ablagerungen gebildet haben, die etwas Aufmerksamkeit bedürfen. Nicht gerade angenehm, aber es scheint wohl nötig zu sein, ab und zu diesen Ablagerungen ein wenig mehr Augenmerk zu schenken, statt immer nur weiterzurennen und vielleicht sollte man dies auch nicht nur zum Abschluss eines Jahres tun, sondern einfach mal stehenbleiben und mal schauen, was man da so alles hat. Ja und da sind sie doch auch schon wieder, die berühmten Vorsätze, die sich jeder macht und niemand hält.

Rückwirkend betrachtet gab es in diesem Jahr doch auch viel Erfreuliches. Ich habe Menschen kennengelernt, die mir heute sehr viel bedeuten. Ich habe ein paar Grenzen in mir gefunden. Ich habe durch Begegnungen mit Menschen Dinge über mich herausgefunden, auch wenn am Ende einige dieser Begegnungen nicht so herauskamen, wie ich es mir gewünscht hätte. Wertvoll waren sie allemal. Auch viele kleine wunderschöne Dinge gab es in diesem Jahr, ich denke da an ein paar grossartige neue CDs, Filme, Bücher, Partybesuche und Konzerte, die das Leben lebenswerter machten. Nicht zu vergessen, die Ferien in Irland, ein Familientreffen der besonderen Art, der Besuch einer Hackermesse in Enschede oder das M'era Luna Gothic Festival in Hildesheim.

Was wird wohl das nächste Jahr bringen? Vermutlich weitere Kriege, Krisen, Katastrophen, lügende Politiker, Fusions-Wahnsinn grössenwahnsinniger Manager, Angst und Schrecken. Doch im Moment mag ich mich dafür nicht interessieren. Ich hoffe für mich, dass ich meine Gedanken- und Gefühlswelt in den Griff kriege, ich hoffe, dass ich die nötige Motivation für mein Leben finde, dass ich beruflich Erfüllung finde. Dass ich die eine oder andere Weiterbildung schaffe. Dass die Menschen um mich herum, meine Launen ertragen, dass ich mit den Menschen, die ich mag eine gute Zeit habe, gaaanz viele Gothic-Parties besuchen kann und dass das neue Jahr vielleicht nicht ganz so schnell vorbeihuscht.

Ich wünsche all meinen Besuchern einen guten Rutsch hoffe, dass all Eure innigsten Wünsche Wahrheit werden und vergesst nicht, ab und zu in Eure Kloschüssel zu schauen.

31.12.2001

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Faszination Technik

In der vergangenen Woche besuchte ich wieder einmal eine meiner liebsten Konsumstätten, einen Tempel der Elektronik, der Innovation, die Spielwaren-Abteilung für den erwachsenen Mann - ich besuchte den Mediamarkt. Ich liebe es, durch die Regale zu streifen, all die nützlichen und weniger nützlichen Entwicklungen anzuschauen und zu versuchen in mich hereinzuhören, ob mein inneres Verlangen beim einen oder anderen Produkt so stark wird, dass ich es kaufen muss. In dieser Woche schaffte es ein ganz spezielles Produkt meine Begeisterung zu entfachen: Ein selbständiger automatischer Roboter-Staubsauger. Ein wahrhafter Meilenstein in der menschlichen Entwicklung. Dieses Gerät rauscht tapfer und unablässig durch die Wohnung, findet jedes Stäubchen und saugt es dorthin, wo es hin gehört. Falls sich die Batterleistung dem Ende zu neigt, kein Problem, das tapfere Roboterlein kennt den Weg zur energiespendenden Ladestation, dockt an und holt sich das, was er zum Leben braucht. Ja, ich gebe es zu, ich bin begeistert und würde das Teil kaufen, wenn es nicht so viel kosten würde, wie 20 Billigstaubsauger oder 2 Jahre Putzfrau.
Ich bin überzeugt, ein leidender Single-Computerfach-Mann hat dieses Gerät entwickelt. Des Staubwischens müde und weil sich selbst die Milben schon über den Schmutz und den ewig gleichen Dosenfrass beschwert haben, hat er es wohl in endlosen Nächten konstruiert. Vermutlich hat er dem Gerät sogar einen Namen gegeben, wie HAL oder Deepthought oder Saugi.
Ich nehme an, dass dieses Gerät noch nicht den Höhepunkt und die Spitze der Entwicklung darstellt und wohl noch den einen oder anderen Bug hat, aber was solls. Rom wurde auch nicht an einem Tag niedergebrannt, wie ich immer sage. Viele der Bugs mögen sogar sehr interessant zu beobachten sein. Ich stelle mir vor, wie sich das Gerät wohl verhält, wenn man ihm Dinge in den Weg stellt. Wird es seinen Weg finden? Kann es sich vielleicht Dinge merken? Könnte es einem raffinierten Labyrinth entfliehen. Wie lange würde es wohl dauern? Hat es wohl überhaupt so etwas wie Intelligenz? Was passiert, wenn ich nach einem langen Arbeitstag müde und schweissig heimkomme, unterwegs vielleicht noch in ein Hundehäufchen trete. Wird sich der Staubsauger wohl auf mich stürzen? Wird er mich als Dreck identifizieren und durch die ganze Wohnung verfolgen? Vielleicht würde er mich in der Nacht hinterrücks angreifen und einzusaugen versuchen. Man kann sich ja denken, wohin sich solche Dinge entwickeln: Ehe man sich versieht, ist die ganze Welt versklavt, die Menschen werden von agressiven Monsterstaubsaugern unterjocht. Muckt man auf, wird auch schon abgesaugt. Jaja diese Dinge passieren jeden Tag.

In seinem Buch "Age of Access" beschreibt Jeremy Rifkin die Entwicklung des Besitztums in den nächsten Jahren. Er ist überzeugt, dass der einzelne Mensch immer weniger Eigentum haben wird und man sich statt Produkte immer mehr einfach die Benutzung, die Leistung kauft. Sprich, man besitzt ein Auto nicht mehr, sondern bezahlt einfach für die Benützung des Solchen. Solche Dinge regen meine Fantasie an. Irgendwann kommt man wohl Abends in die Wohnung, für deren Benützung man bezahlt. Man zieht sich müde die Schuhe aus, die man bei einer Beanspruchung von weniger als 5 Kilometern im Monat zu einem Schnäppchen-Preis benutzen darf. Man legt sich in die Badewanne, die man mit einem Basisangebot bestellt hat, in welchem 3 Bäder vorgesehen sind und die ersten 10 Liter Wasserfüllung gratis sind. Anschliessend geht man zum Kühlschrank, der natürlich nur zu öffnen ist, wenn die monatlichen Gebühren pünktlich bezahlt wurden und nimmt ein Yoghurt heraus, welches auch hier noch aus dem Grundangebot übriggeblieben ist. Danach hat man Sex mit der Frau, mit der man einen 5-Jahres-Vertrag abgeschlossen hat. Während dem Sex wird vermutlich die Tür aufgehen und der Mediamarkt Staubsauger wird mit lautem Getöse durchs Zimmer kreuzen. Jaja herrliche neue Welt. Aber vielleicht wird man ja selbst als Mensch mehr oder Minderung nur noch eine Leistung sein, die sich jemand für einen bestimmten Zweck bestellt hat. Ein Prostituierter des Fortschritts? Es gibt ja auch heute schon diese Freelancer, die nach diesem Prinzip arbeiten. Nun, natürlich ist eine Prozess- und Zweckorientierte Welt eine hochgradig effiziente Welt. Nix zu viel, nix zu wenig, alles hat seinen Preis und wird entsprechend verrechnet. Aber ich frage mich, ob Menschen, die eine Entwicklung in diese Richtung für erstrebenswert halten und dafür arbeiten, wirklich nicht eine winzige Kleinigkeit vergessen haben. Den Menschen und dass er sich in keine Schublade reinquetschen lässt?

16.06.2002

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Möllemann

Mit wechselndem Mass an Interesse habe ich in den letzten Tagen die Diskussion um Möllemann im deutschen Fernsehen verfolgt. Wenn ich das so richtig verstanden habe, ging es bei dem ganzen Debakel darum, dass Möllemann den Vize des jüdischen Zentralrat einen arroganten Fatzke nannte, der mit seiner Art selbst Vorurteile gegen die Anhänger seiner Religion schüre. In der Folge geriet die FDP und ihre Führung in eine Krise und Menschen verschiedenster politischer Lager, Ansichten und religiöser Zugehörigkeiten stiegen auf die Barrikaden. Irgendwie habe ich auch nach Tagen der dauernden Beschallung mit News zu diesem Thema das Gefühl, irgendwas verpasst zu haben. Ich konnte eigentlich keine antisemitischen Aussagen in Möllemanns Äusserungen hören. Ich habe eigentlich nur die Äusserung einer Kritik eines Menschen an einem anderen Menschen gehört. Es erstaunt mich eigentlich schon ein wenig, wie sehr bei dieser Diskussion die Emotionen hochkochen. Sicherlich ist der Genozid im letzten Jahrhundert, die vielen Verfolgungen im letzten Jahrtausend unverzeihbar, darf nicht vergessen, nicht geschmälert und vorallem niemals wieder wiederholt werden, aber gibt das den Menschen einer Glaubensgemeinschaft oder Menschen bestimmter Herkunft, Menschen bestimmter Gesinnung, Geschlecht oder Meinung das Recht, sich auf alle Ewigkeit jeglicher Kritik von aussen zu entziehen und alles um ihre eigene Existenz herum zu einem unantastbaren Tabu werden zu lassen? Sich selbst Privilegien gegenüber anderen Menschen zuzugestehen? Was ich im Fernsehen gesehen habe, war doch eigentlich nur, dass jemand einen anderen einen Pisser nannte und dieser daraus eine Staatskrise werden liess. Ich hatte in vielen Interviews auch das Gefühl, dass dieser Mann ein arroganter, aufgeblasener Ballon ist, muss ich wegen dieses Eindrucks nun mit einer Ächtung rechnen?

In den ganzen Diskussionen der letzten Jahre frage ich mich, ob das Thema WW II korrekt aufgearbeitet wird. Wurde es überhaupt aufgearbeitet? Sicher, man schwafelt unablässig darüber, stellt tolle Grundsätze und moralische Thesen auf, man eröffnet eine Gedenkstätte nach dem anderen und überweist Geld, an wen ist gar nicht so wichtig, Hauptsache man überweist es. Und doch, es gibt noch immer Kriege, Menschen werden noch immer verfolgt, in Klassen aufgeteilt und unterschiedlich behandelt. Sollte uns das nicht lernen, dass der Mensch generell ein unbelehrbares, blödes Vieh ist, dass dazu verdammt ist, alles zu wiederholen? Ich glaube, man tut den Nachkommen verfolgter Gruppen keinen wirklichen Gefallen, wenn man sie bis in alle Ewigkeit wie rohe Eier behandelt und ihnen in der Gesellschaft für immer einen Sonderstatus einräumt und gar versucht Schuldgefühle finanziell aus der Welt zu schaffen. Ein solches Verhalten beschwört doch nur wieder den Hass und die Missgunst der Menschen herauf, denen es in der heutigen Zeit gerade nicht so gut geht und die heute verfolgt werden, die nicht das schlechte Gewissen der Menschheit für alle Zeit gepachtet haben und keine Lobby hinter sich wissen. Ich glaube, die Aufarbeitung müsste auf einer anderen Basis stattfinden. Bis jetzt hat die Politik auf jeden Fall versagt. Wo Menschen unterschiedlich behandelt werden, wird es stets Hass und Neid geben, daran sollte man arbeiten.
Kritik an ungeschickten Formulierungen oder eine paranoide Überreaktion auf Andeutungen hin, sehe ich indes als nichts weiter als Primadonnen-Gehabe aus verletztem egoistischem Stolz heraus, eine Alibi-Übung, die nichts mit Hautfarbe und nichts mit Religion zu tun hat.

Dass um diese Angelegenheit so ein Drama gemacht wird, finde ich als solches mehr beänstigend. Ich frage mich wirklich, will ich in einer Demokratie leben, in der ich einen anderen Menschen nicht spontan, im Affekt, aus Verägerung oder reiner Lust heraus einen Pisser, eine Amöbe, einen Armleuchter, eine Penntüte, einen Nasenbären, einen Blöddödel oder einen Tschumpelhund nennen darf? Muss ich die Worte wirklich so umformulieren, dass sie immer noch das gleiche aussagen, mein Gegenüber das aber einfach nicht merkt? Ich nenne das pure Verlogenheit und schleimiges Geheuchel.

Für Möllemann und Friedmann hätte ich die perfekte Lösung: Am besten treffen sie sich bei Sonnenaufgang unter einer alten Eiche und duellieren sie sich. Das hat Styl, es löst das Problem und die Ehre von beiden bleibt erhalten.

16.06.2002

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Zufriedenheit

Zufriedenheit ist ein einfaches kleines Wort. Doch wenn man es zu umschreiben versucht, wenn man auszudrücken versucht, was alles damit zusammenhängt und was es alles braucht, um diesen Zustand zu erreichen, dann wird es plötzlich extrem schwer. Das finde ich zumindest.

Ich musste erkennen, dass Zufriedenheit etwas ist, was ich eigentlich niemals bewusst gesucht und vermutlich darum auch nie wirklich gefunden habe. Das ist im Grunde genommen seltsam, denn im Prinzip war mir immer vollends bewusst, dass ich ein zutiefst unzufriedener Mensch bin.

Doch wie lässt sich der Begriff Zufriedenheit eigentlich erklären? Man könnte wohl sagen, es bedeutet soviel, wie mit sich im Reinen sein, mit dem was man hat und noch wichtiger mit dem was man ist einverstanden zu sein, es zu schätzen und gar nicht so sehr nach mehr zu streben und vorallem, es nicht zu hinterfragen.

Für mich drückt der Begriff aber auch irgendsowas wie Stillstand aus. Man anerkennt das, was einen ausmacht und sucht gar nicht so arg nach Veränderung, nach Verbesserung und nach etwas höherem. Oder wenn man dem ganzen noch einen negativeren Touch geben will, dann wäre es wohl so, dass man sich schlicht mit dem abfindet, was man ist. Ich schätze diese Akzeptanz des Ist-Zustandes ist für mich eine zu bittere Pille, um sie wirklich zu schlucken, denn sie bedeutet eine 180 Grad Kehrung all dessen, woran ich glaubte. In meinem Denken sind Begriffe wie Veränderung, Selbsthinterfragung und der Wunsch mehr zu sein und weiterzukommen sehr idealisierte Begriffe. Ich vermute mal, dass ich da auch nicht so ganz allein bin in der Welt, ich meine, darf man sich denn heute eigentlich mit so etwas wie Zufriedenheit zufrieden geben? Es sind schlechte Zeiten, ehe man sich versieht, wird einem der Stuhl und dem Hinterteil wegrationalisiert und man muss dafür nicht mal was negatives getan haben. Wir sind eine Leistungsgesellschaft mit Leistungslöhnen und sogar im Privatleben scheint Leistung immer wichtiger zu sein. Heute wird schliesslich alles operationalisiert, alles ist messbar. Was nicht dem 08:15 Massstab entspricht ist schlecht. Ist man in so einer Welt nicht automatisch verpflichtet, danach zu streben, all das was man ist weiterzutreiben und sich innerhalb der Parameter zu bewegen, die einem die Gesellschaft aufzwingt?

Wenn ich es mir richtig überlege, dann ist es wohl auch hier, wie überall, wieder eine Frage des richtigen Masses. Der Begriff ‚weitertreiben' verführt im Grunde ja auch zu der Frage, wohin man strebt und was man genau weitertreiben will. Vielleicht könnte man daraus den Begriff Zufriedenheit so ableiten, dass man mit sich im Reinen darüber ist, was man, wohin und wie weitertreiben will. Ja ich schätze, das wäre für mich eine akzeptable Form der Zufriedenheit und ich glaube die Erkenntnis ist eine gute Basis für weitere Überlegungen. Ich glaube weiter, dass wohl auch das Zermürben darüber, was in der Gesellschaft gerade die gültigen Parameter sind, im Grunde genommen zu nichts weiter führt als die Feststellung wie weit man selbst von dieser Norm abweicht. Und diese Norm kann ja eigentlich auch nichts weiter sein als ein abstraktes Gebilde, eine Ausgeburt purer Fantasie, pervertiert durch Medien und künstliche Zwänge. Vermutlich fängt die wahre Individualität an einem ganz anderen Ort an, nämlich an dem Punkt wo man sich einen Teufel darum schert, was einem die Gesellschaft, die Welt, die Medien und die ganzen anderen Stakeholder als Requirements für die endgültige Zufriedenheit aufzwingen wollen und einzureden versuchen.

25.10.2002

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God@earth?

Vor einer Weile schrieb ich aus einer Laune heraus einen Text über die Christenheit dieser Welt. Seit damals ergab es sich, dass ich durch einen guten Freund auf ein christliches Forum aufmerksam wurde und dort ein wenig reinschaute. Ich wollte herausfinden, was sich dort für Menschen rumtreiben und was sie zu sagen haben. Ich war offen, wollte Toleranz zeigen und etwas über die Motivation der Christen herausfinden. Der Suchtfaktor dieses Boards erwies sich als phänomenal. Einerseits war das Board aus technischer Sicht ganz hervorragend umgesetzt, andererseits bestand die Schar der Besucher aus einem kunterbunten Haufen unterschiedlichster Leute.
Über die nächsten Tage und Nächte zog es mich immer wieder auf das Board, die Themen waren spannend, die Meinungen der Menschen reichten über das ganze Spektrum, von lustig, sachlich, über paranoid, bis zu psychopathisch und vom religiösen Wahn verblendet. Nach einer Weile gelegentlicher Besuche und der einen oder anderen hitzigen Diskussion, denke ich, dass die Zeit für ein Fazit gekommen ist:

Mein erster Text über die Christen war zu sehr verallgemeinert, zu wenig differenziert. Betrachtete ich die Christen mehr oder weniger stets als Einheitsbrei, wurde mir klar, dass es sich wirklich um eine ziemlich heterogene Masse von Menschen und Typen von Christen handelt - jedoch bleibt mein Urteil über die Christen als solches unterm Strich noch immer das Gleiche. Warum das so ist? Nun, das Bild das ich über Christen habe, ist vermutlich ein bisschen breiter und ein bisschen tiefer geworden. So ist mir aufgefallen, dass es einige Kategorien von Christen zu geben scheint. Da waren zuerst die, die einfach generell an Glaubensfragen interessiert waren, irgendwelche Fragen in ihrem Glaubensgebilde geklärt haben wollten. Sachliche Antworten auf ganz alltägliche Fragen wurden gesucht. Dann gab es die Christen, die ein normales Leben zu führen schienen, der Glaube war jedoch ein fester Bestandteil davon. Dann gab es die Katholiken, die zu meinem grössten Erstaunen auf dem Board etwas verpöhnt schienen. Erst hier wurde mir bewusst, wie sehr sich manche modernen Christen von den Katholiken in Rom und dem alten scheinbar fernstgesteuerten Mann mit den lustigen Hüten, distanzierten. Warum das? Ich glaube, man schämte sich offensichtlich für all die Dinge, die die Katholiken über die letzten 2000 Jahre anrichteten. Selbstverständlich gab das niemand zu, aber es war offensichtlich und wann immer man die Hexenverfolgung, Inquisition oder solch geschichtliche Heldentaten, wie die Missionierung von Südamerika erwähnte, brach das Gewitter über einen los.
Manche Aussagen gläubiger Zeitgenossen liess mich fast schon vermuten, dass die katholische Kirche vom Antichristen persönlich geleitet würde. in diesen Situationen konnte ich mir ein gewisses hämisches Grinsen wirklich nicht verkneifen und ich fragte mich wirklich, ob ich diese lustigen Leute für ernst nehmen sollte - immer wieder beschloss ich, dass die Antwort nur "Nein" sein kann. Ich wagte es ein zwei mal die Frage in den Raum zu stellen, ob sie denn wirklich glaubten, dass es den christlichen Glauben heute geben würde, wenn die katholische Kirche nicht existieren würde. Sinnvolle Antworten bekam ich darauf nicht wirklich. Und ich meinte diese Frage wirklich ernst, denn wenn man sich die Entwicklung des Glaubens anschaut, ist es denn nicht so, dass der christliche Glaube den dummen kleinen Menschlein von ihrem jeweiligen Herrscher aufgezwungen wurde? Und ist es nicht so, dass es eine Zeit gab, in der man als Sohn aus adligem Hause entweder der Thronfolger, bzw. Stammhalter wurde oder aber einen Job in der Kirche übernahm? Und sich daraus ein ganz praktischer Filz aus Adel und Kirche ergab? Und ist es nicht auch so, dass die Kirche wohlweislich überall present war und den Leuten durch Drohungen und Angstmacherei vor dem bösen Teufel und dem grossen Gott den Glauben einhämmerte? Und man könnte auch böswillig unterstellen, dass die frommen Brüder die kleinen Menschlein künstlich dumm gehalten haben, während sie hinter verschlossenen Mauern ihr Wissen um die Schrift kultivierten - aber das wäre eine wirklich böse Unterstellung.

Ich habe wirklich so den leisen Verdacht, dass heute kein Hahn nach der Bibel krähen würde, wenn die katholische Kirche niemals existiert hätte. Vermutlich würden wir heute alle regelmässig unseren Gebetsteppich ausrollen und gen Mekka beten oder wir würden die Götter des alten Weges des Mithras Kults oder irgendwelcher alter Mythologien anbeten. Ich glaub wirklich, dass die Existenz des Christentums heute nur dem katholischen Netz aus Korruption und Unterdrückung zu verdanken ist, das wohl in der Geschichte der letzten 2000 Jahre einzigartig ist.

Nun ja, doch zurück zum Board. Besonderes Interesse, bzw. besondere Abneigung entwickelte ich, was die ganz bibeltreuen Christen anging. Im Gespräch mit diesen Leuten hatte ich oft den Eindruck, ich hätte einen dieser Amish-People vor mir, wie sie heute noch in Ohio, Amerika leben. Einen derartig abschreckenden, ekelerregenden Fanatismus hatte ich bei den islamistischen Selbstmördern vom 11. September 2001 vermutet, aber doch nicht bei den Anhängern der selbsternannten Religion der Nächstenliebe - was ich übrigens für nichts anderes als Heuchlerei halte.
Mehr als einmal kriegte ich auf eine Frage oder auf ein Argument hin keine persönliche Meinung mehr, sondern nur noch ein automisch heruntergeleiertes, auswendig gelerntes Bibelzitat. Wenn ich jeweils selbst auf die Frage hin, ob mein Gegenüber denn keine eigene Meinung hätte, nur ein dahinrezitiertes Bibelzitat zur Antwort erhielt gab ich die Diskussion kopfschüttelnd auf. Sagt selbst, wie soll man mit einem Menschen diskutieren, wenn er keine eigene Meinung hat sondern nur Zeugs herunterleiert, als hätte man ihm die Scheuklappen mit hunderter-Nägel an die Schläfen geschlagen? Dafür war mir meine Zeit wirklich zu schade.

Es mag für einige meiner Leser seltsam, ja unglaublich wirken, aber es ist wirklich so, dass dort draussen Leute existieren, die strikte nach der Bibel leben. Ich sag nicht, dass das prinzipiell schlecht sein muss, aber womit ich ein Problem habe, ist, dass alles was ausserhalb der Bibel in dieser Welt existiert, was nicht ihren ganz persönlichen subjektiven Bibelvorstellungen entspricht, ganz offensichtlich das Werk des Teufels ist und eigentlich nur da ist, um die treuen Schäfchen in Versuchung zu führen. Was mir auch irgendwie die Galle hochtrieb, war das regelmässige Geheuchel, das von diesen Leuten ausging, wenn sie nicht müde wurden, sich gegenseitig auf die Schulter zu klopfen und sich ihres tollen Glaubens zu versichern. So brauchte nur einer ein Bibelzitat zitieren und schon dankten ihm links und recht die Schleimer dafür, dass man sie wieder einmal an die Güte Gottes oder die Fehler des Menschen aufmerksam machte und die leidige Lobpreiserei ging wieder los. In diesem Momenten versicherte ich mich stets, dass mein Firewall uptodate ist und hoffentlich nichts von dem Schleim auf meinem PC kleben bleibt.
Oh ja und da gab es von dieser Gruppierung noch eine Steigerung - nein, das ist nicht das richtige Wort - nennen wir es eher eine Wucherung oder Mutation, nämlich die charismatischen Christen. Also die Typen, die Gott und Jesus als ihre Superstars verstehen und ihren Gott feiern und über ihn reden, als wär er ein Popstar. Gute Güte sind diese Leute peinlich. Wo die bibeltreuen aggressiv, rechthaberisch, fanatisch schienen, kam bei dieser Gattung das Attribut lächerlich und dämlich hinzu.

Es gab da aber auch noch eine andere Gruppe von Christen, nämlich die, die unabhängig von Bibel und katholischer Kirche an einen Gott glaubten, also irgendwie wurzellose Christen, die durch ihr Leben und ihre Erlebnisse zu Gott gefunden haben. Sie brauchen scheinbar für ihren Glauben kein Buch und keine kriechenden Schulterklopfer, keine Priester, die mit dem Zeigfinger die biblischen Verbote rezitieren. Und nun das Interessante: Mit diesen Menschen konnte man argumentieren, diskutieren und Ansichten austauschen. Die die auf einem "alternativen" Weg zu Gott gefunden hatten, schienen sinnigerweise die einzigen, die die christliche Toleranz zu verstehen und zu leben schienen. Das bewies wiedermal, dass Hirntätigkeit nicht prinzipiell falsch sein muss. Das spannende für mich war, dass vorallem diese Gruppe von Christen auf dem Board von ihren christlichen Brüdern und Schwestern in Grund und Boden gestampft wurden, denn es war Blasphemie an Gott zu glauben, ohne das Handbuch dafür zu lesen.

Jaja und so lagen die, sich so liebenden Christen, im Dauerstreit untereinander. Es war ein Fest, zu beobachten, wie sie sich gegenseitig zerfleischten. Ich fragte mich einmal mehr, wie ich diese Kreaturen und vorallem ihren Glauben wohl jemals für ernst nehmen könnte, wenn sie es schon untereinander nicht schaffen, einen gemeinsamen Nenner zu finden und den rudimentärsten ihrer ach so idealisierten Gebote nachzuleben. Und so bleibt mein Fazit über die heutige Christenheit leider nach wie vor das Gleiche: NEIN DANKE!!! Ich werde in einer meiner nächsten Reinkarnationen wiedermal genauer hinschauen, sagen wir so in 2 oder 3 tausend Jahren?

26.10.2002

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Das Wort zur Weihnacht 2002

Wiedereinmal neigt sich ein mühsames Jahr dem Ende zu und die Phase der künstlichen Fröhlichkeit hat begonnen. An Orten der Begegnung treffen sich die Menschen - damit meine ich vorallem Einkaufszentren, wo man die Pflicht-Geschenke auf die Schnelle beschafft und all die anderen Leute verflucht, die einem im Weg stehen. Die Feststimmung wird auf die Strasse getragen, d.h. im Berufsverkehr wünscht man jeden Tag Dutzende von Menschen auf einen anderen Planeten. Die Tannenwäldchen werden leergeholzt, damit man auch im kommenden Jahr überall Tannenadeln im Teppich findet und man das eigene Allergieverhalten gegen die neusten Pflanzenspritzmittel direkt in der kitschbestückten Stube überprüfen kann. Überall platziert man herrlich romantische Kerzlein, denn nichts erhöht den Nervenkitzel eines möglichen Wohnungsbrandes so sehr, wie Kerzlein.
Ja die bedrohlichen Zeichen der bevorstehenden Festtage sind unverkennbar.

Vermutlich wird sich just in diesem Moment ein Faltblatt von einer nächstenliebenden, selbstlosen Organisation in meinem Briefkasten befinden. Wenn ich es später überfliege, werde ich plötzlich ein völlig schlechtes Gewissen haben. Man wird mir all das Elend der Welt vor Augen führen, an mein Gewissen appelieren und mir versichern, dass ich mit nur 5 Franken die Welt in einen optimal geleverageten Ort der allgemeinen Fröhlichkeit verwandeln kann. Nun, ich spende oftmals etwas an Tier- und Umweltorganisationen. Ich spende aber nie für Menschen-Belange. Menschen sind doof, Menschen lernen nie etwas dazu und Menschen verhalten sich wie Parasiten in dieser Welt, sie sind es nicht wert, dass man dafür etwas spendet. Tiere und Pflanzen hingegen tut mir unendlich leid. Ich finde es überhaupt tragisch, dass wir soviel Geld und Energie dafür aufwenden diese Welt systematisch zu zerstören und den Aufwisch danach ein paar wenigen Organisationen und Menschen überlassen. Aus den Augen aus dem Sinn - Sorge zur Welt ist höchstens alle paar Jahre ein Theman, wenn das verlogene Politikerpack mal wieder eine Wahl gewinnen muss.
Es ist interessant: Wenn ich in der Zeitung lese, dass irgendwo ein paar hundert Menschen umgekommen sind, spüre ich in mir überhaupt nichts, auch die grossen Kulleraugen hungernder Menschen in Afrika prallen an mir ab und fördern keinerlei Regungen zu Tage, abgesehen vom Zucken meines Zeigefingers auf der Fernbedienung. Doch wenn ich mal wieder an einem zerquetschten Igel auf der Strasse vorbeifahren muss, könnte ich losheulen, bin absolut traurig, am Boden zerstört, ich bitte die Götter, um Geleit für diese Seele und eine glücklichere Existenz im kommenden Leben, dieses unschuldigen kleinen Wesens.

Ich habe mir schon oft überlegt, wie die Werte waren, als ich zur Schule ging, ob ich damals auch schon so völlig gefühls-immun gegenüber gewissen Themen war. Die 80er waren eine sehr innovative Zeit, aber es waren Zeiten mit grossem Angstpotential. Wir haben noch voll den kalten Krieg erlebt, die Balance-of-Power zwischen den grossen Atom-Mächten. Man stelle sich nur vor, ich habe tatsächlich mal gedacht, dass es einen Sinn hätte, dass die Schweiz eine Armee hat - was für ein absurder Gedanke, wenn ich zurückblicke. In den 80er Jahren stiegen die Erkenntnisse über die fortschreitende Zerstörung der Natur - die Wissenschaft behauptete noch mit Händen und Füssen, dass die Klimaerwärmung nur Panikmache wirrer Umweltschützer sei. Wir haben das Ende des Glaubens an das Unaufhaltsame Fortschreiten der Weltraumfahrt erlebt, als 1986 die Challenger explodierte. Im gleichen Jahr ging Chernobyl hoch und als die Strahlenwolken auch Richtung Europa wehten, wurde mir erstmals bewusst, was Globalisierung bedeutet - ich kann mich noch erinnern, wie wir zuhause darüber sprachen, ob es ratsam wäre, überhaupt das Haus zu verlassen.
Im Schulunterricht wurden wir mit den Sorgen der Welt und dem Impact auf die Zukunft konfrontiert und zugeschüttet. Ja wir hatten eine Gewissen, naja ich zumindest. Ich glaube es war diese Zeit, als ich meinen Pessimismus entwickelte. Die Welt war einfach zu schlecht, um es noch in die nächste Woche zu schaffen - ich staune jetzt noch manchmal wieso es uns immer nocht gibt. Vermutlich erwuchs aus dieser Vorstellung auch die Null-Bock-Generation. Eine Generation die sich sorgte, aber vor dieser Welt resigniert und den Glauben daran verloren hatte. Im Gegensatz zur gegenwärtigen Generation, die sich nicht mal mehr interessiert und fortlaufend verblödet.

Hoffnung war in meinem Schulunterricht leider nie ein Thema. Und so verfolgt mich auch heute stets das ungute Gefühl, dass irgendwann jemand dahinterkommt, dass ich ganz allein für die Weltkriege im letzten Jahrhundert verantwortlich bin, für die Hungersnöte in Afrika, die Vulkanausbrüche, Heuschreckenschwärme, Grippe-Epidemien, Sturmfluten, die Zündung der ersten Atombombe und die verstopften Klo-Schüsseln der letzten 1000 Jahre. So trifft mich auch die momentane Werbekampane für die Patenschaft für irgendwelche Kinder irgendwo in der Welt sehr hart, denn dass sie von ihren hungrigen, kriegsführenden, schlecht gebildeten Eltern, während ihren Dauerrammeleien gezüchtet wurden ist einzig und allein meine Schuld. Ich fühle mich wirklich schlecht deswegen und ich schwöre, wenn ich nicht dafür geradestehen müsste, dass ich in den letzten Jahrzehnten den Regenwald in Brasilien systematisch zerstört habe, für die fortschreitende Ausbreitung der Wüste in Afrika, die Polareis-Schmelze verantwortlich bin und persönlich die Vergrösserung des Ozonlochs steuere, dann würde ich mich jetzt gerade um diese Kinder kümmern, ehrlich.
Ja, ich fühle mich wirklich schlecht, dass ich soviel Unglück über die Welt gebracht habe und wenn man mir Einzahlungsscheine schickt, dann bin ich nur zu glücklich ein Teil meiner Schuld zumindest finanziell zurückzuzahlen - allerdings wär ich froh, wenn ich das alles im nächsten Jahr bezahlen dürfte, denn die lokalen Steuerbehörden wollen gerade meinen ganzen flüssigen Zaster haben.

Ich wünsche fröhliche Festtage und ein schlechtes Gewissen, wofür auch immer.

14.12.2002

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Vertrauen

Wisst Ihr was das Hauptproblem ist? Vertrauen, ja Vertrauen. Worauf ich das genau beziehe? Auf alles. Es mangelt überall in dieser Welt an Vertrauen. Mir scheint, dass alles da draussen auf Vermutungen, Verdächtigungen und Befürchtungen basiert.

Nehmen wir die Wirtschaft: Jetzt mal ehrlich, wer von uns hat auch nur noch einen Funken von Vertrauen in den Arbeitgeber? Noch hat man irgendwie das Echo von "der Mitarbeiter ist unsers höchstes Gut" im Kopf und schon wurde es durch Wellen von Entlassungen, dem ewigen Mantra der Kosteneinsparungen, dem Einfrieren der Löhne und der Kürzungen von Goodies zum Schweigen gebracht. Die Topmanager der Wirtschaft gehören für mich auf eine Liste der potentiellen Verbrecher. Ein Arbeitnehmer, der heute glaubt, seinem Arbeitgeber vertrauen zu können ist gleich naiv, wie ein Arbeitgeber, der darauf zählt, dass er auf so etwas wie Loyalität hoffen darf. Die Arbeitgebergilde hat zu viele Verbrechen am kleinen Fussvolk begangen, als dass sie noch einen Anspruch auf Loyalität hätte. Dieser Bruch wird in der nächsten Konjunktur teuer bezahlt werden.

Solche Entwicklungen tun weh, ja wirklich. Ich z.B. bin ein höchst loyaler Arbeitnehmer. Schafft man mir ein Umfeld mit Luft zum atmen, wird man mich vor lauter Loyalität und Verbundenheit nicht mehr los. Aber was ist das heute wert? Nichts, absolut nichts. Eigentlich ist doch ein Arbeitsverhältnis heute soetwas wie ein gegenseitiges Belaueren, Tarnen, in der Masse untertauchen, sich ruhig verhalten, den richtigen Moment abwarten. Man lässt den Arbeitgeber bluten, wenn man die Gelegenheit dazu hat, man verhält sich still, wenn es nötig ist. Und der Arbeitgeber? Tja er entlässt, wenn er kalte Füsse kriegt. Kürzt, wenn ihm nichts schlaueres einfällt und schleimt den Arbeitnehmer ein, wenn er mal wieder etwas will. Eigentlich müsste man das heute wohl so akzeptieren, aber mir missfallen diese Dinge. Ich hasse diese verlogenen Spielchen und Intrigen.

Die Politik: Beweist mir, dass auch nur ein einziger Politiker ehrenwerte Beweggründe hat und seinem Namen als Volksvertreter gerecht wird. Ich halte jeden einzelnen von ihn für einen dreckigen Lügner, der für nichts anderes als seine eigene Tasche und seine Profilierungssucht arbeitet. Die "Volksvertreter" von heute sind der beste Beweis dafür, dass die Tage der Demokratie gezählt sind.

Die Kirchen: Lächerliche, überholte Institutionen, die glauben, sie könnten ihre Schäfchen immer noch mit so drittklassigen Marketingmassnahmen wie der Erbsünde kontrollieren und ihnen vom lieben Gott erzählen. Sie sind wie böse Dämonen, die von der Angst der Menschen leben. Wie lange wollen diese Witzfiguren noch von der Rückkehr ihres Messiahs erzählen und denen, die den Glauben längst verloren haben mit dem Fegefeuer drohen?

Der Liebespartner: Sex wird heute als Leistungssport praktiziert, Liebe wird vom Ego kontrolliert, der Partner ist austauschbar, die Hälfte aller Ehen wird geschieden und jedes 10te Kind stammt nicht von dem Mann, der ihm als Vater verkauft wird.

Die Leute um einen herum: Es ist schön Freunde zu haben, doch auch Freunde sind für gewöhnlich nur Begleiter auf einem Teil des Weges durch das Leben. Wie weit kann man ihnen vertrauen, wenn man weiss, dass sie irgendwann nicht mehr den gleichen Weg gehen? Ich bin mir nicht sicher. Wahrscheinlich ist der Anspruch auf ewiges Vertrauen wohl ein unrealistisches Fantasiegebilde.

Was bleibt ist man selbst. Vorallem in diesen schlechter werdenden Zeiten ist die eigene Person wohl noch das einzige worauf man vertrauen kann. Ich weiss nicht, wie es Euch geht, aber mir fällt gerade das manchmal extrem schwer. Wie bringt man die Sonne dazu, dass sie sich um einen dreht? Wie vertraut man dem, was nicht statisch und manchmal so schwer zu begreifen ist? Eine knifflige Aufgabe. Vermutlich hat es wohl auch mit dem Grundverständnis für das Leben zu tun. Man könnte das Leben als Film sehen, der an dem statisch plazierten Zuschauer vorbeizieht. Man könnte das Leben aber auch als statisches Band von Ereignissen sehen in denen der Zuschauen als Akteur unterwegs ist und von Szene zu Szene hüpft. Oder ist vielleicht gar nichts flexibel, ist alles vorgeschrieben und läuft nach einem fixen Drehbuch? Ist das Leben und wir selbst nichts anderes als Teil eines ablaufenden Programmes? Man könnte die eigene Existenz aber auch als etwas höchst Veränderliches innerhalb eines höchst veränderlichen Ablaufes verstehen. Nichts ist statisch, alles kann sich verändern, auch man selbst.

Im Moment glaube ich, dass die letzte Variante die Wahrscheinlichste ist. Sie ist aber wohl auch die Anspruchsvollste. Sie verlangt Aktivität auf unbekanntem, sich veränderndem Terrain. Ein Spiel aus lauter Unbekannten. Um in dieser Welt zu bestehen, braucht es das Vetrauen auf die eigene Fähigkeit sich zu verändern. Es braucht den Mut und die Kraft Veränderungen einzuleiten, die Fähigkeit sich abzeichnende Veränderungen zu erkennen und das Gespür welches die richtige Reaktion darauf ist.

Ich wünschte, ich hätte den Mut und die Fähigkeiten das Spiel unter diesen Bedingungen zu spielen, ich wünschte, ich müsste dieses Spiel nicht alleine spielen.

02.02.2003

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Selbstvertrauen

Fähigkeiten, Wissen, Werte, Überzeugungen, Qualitäten und Eigenschaften sind wie eine unendlich wertvolle Ressource in einem grossen Tank. Selbstvertrauen ist wie der Hahn, um die Ressource zu nutzen.

Ich fürchte, es gibt heute zu viele Menschen, die ihren Hahn den ganzen Tag offen stehen haben und keine Ressourcen in ihrem Tank haben und ich fürchte es gibt ebenso viele Menschen, die den Hahn zu ihrem Tank niemals finden werden.

15.03.2003

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Hier und jetzt

Die Magie der Zeit ist ein wundersames Rätsel. Die Materie in der sich meine Existenz manifestiert lebt im hier und jetzt. Fest verankert und untrennbar verbunden mit der Welt und den Gesetzen der Physik unterworfen. Doch mein Geist ist Lichtjahre entfernt. Nicht im heute, aber im Gestern und Morgen daheim. Stetig im Fluss, niemals ruhig, niemals zufrieden, niemals dort, wo er sein sollte. Nur für die Dauer eines Lidschlages in der Gegenwart, um die dunklen Wolken der Zeit zu blicken, die eigenen Schwächen zu bestätigen und sogleich in der Vergangenheit die Gründe zu suchen und das Scheitern in der Zukunft zu heraufzubeschwören. Ich frage mich, wann das Band zwischen Geist und Körper getrennt wurde, wann die beiden beschlossen nicht am gleichen Ort und zur gleichen Zeit zu existieren, nicht miteinander klar zu kommen und nicht gemeinsam die wichtigen Dinge des Lebens zu fokussieren. Wie kann die Seele Frieden finden, wenn die Gegenwart für sie nicht zählt oder nur die Quelle von Schrecken und Furcht ist? Das was vorbei ist, kann nicht verändert werden, das was erst kommt kann nicht in der Zukunft korrigiert werden. Jetzt ist der Zeitpunkt zu vergessen, jetzt ist der Ort, wo die Weichen gestellt werden müssen, doch jetzt ist auch der Ort wo Sinn, Hoffnung, Mut und Selbstvertrauen fehlen, wo Angst, Schwäche, Agonie und Lethargie das Ruder übernommen haben. All die Hindernisse und Sorgen stehen wie unbezwingbare Giganten vor mir. Der Versuch all das zu verstehen hat Jahre aufgezehrt und doch keine Antworten gezeugt, nur Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit geschürt. Wie weiter, wie weiter, wie weiter, ewig nur diese Frage, die mich beherrscht und nirgends eine Antwort, nirgends ein Signal. Ist nicht die Wahrheit, dass es zu spät ist für alles?

15.03.2003

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Krieg

Man könnte sich fragen, wieso hier noch nichts über den Krieg im Irak steht. Der Krieg hat mich zuerst mal einfach sprachlos gemacht und die Menschen haben schon so viel darüber gesagt. Aus allen möglichen Löchern kriechen dieser Tage die Experten und beurteilen die Ereignisse, wie sie sonst das Wetter oder die Börsen bewerten. Man täuscht Betroffenheit vor und hat ja eh alles schon immer gewusst. Was könnte ich da hinzufügen? Vielleicht ein paar Überlegungen, die man im Moment zu übersehen scheint?

Ich glaube, dass niemand die Wahrheit über diesen Krieg weiss und ich glaube, dass wir uns wohl erst in 20 Jahren - wenn wir in den Geschichtsbüchern lesen - wirklich ein Bild über die Dinge machen können, die da passiert sind. Doch ich fürchte bis dahin wird es noch andere Kriege gegeben haben und die Fakten, die uns schockieren sollten, werden uns längst nicht mehr berühren. Meine Gedanken zu diesem Kriegen gehen weg von den Propaganda-Geschichten der Kriegsparteien. Ich überlege mir, was dieser Krieg in dieser Welt anrichten wird oder schon angerichtet hat. Waren die Amerikaner nicht einst die Guten? Die freiste Nation dieser Welt? Das Land in dem die Träume wahr werden? Das Land, aus dem die Trends kamen und alles von dort einfach cool war? Für mich jedenfalls ist das alles Geschichte. Amerika hat die Gerechtigkeit mit Füssen getreten, sich über die Entscheidung der Welt hinweggesetzt und ein schlimmes Paradigma geschaffen. Ein Paradigma, welches wir - wie die Poken-Bakterien - für ausgestorben hielten. Der Angriffskrieg auf ein Land ohne vorherige Aggression. In meiner Naivität dachte ich, dass unter den zivilisierten Nationen diese Praxis geächtet und längst aus den Handbüchern der Kriegsherren gestrichen worden war. Vielleicht waren wir Menschen der "zivilisierten Welt" wirklich zu naiv, zu bequem und haben unsere Augen vor der Wahrheit verschlossen. Wir dachten, dass die Menschheit einen Evolutionssprung gemacht hätte und sich langsam auf einen immerwährenden Frieden hinbewegen würden, eine Welt in der alle Konflikte friedlich gelöst werden können, die Friedenstauben fliegen und sich alle lieb haben. Verflucht seien wir. Ich habe es wohl in anderem Zusammenhang schon erwähnt und ich bedauere, dass ich offensichtlich recht habe, aber die Menschheit ist eben noch immer genau so dämlich, wie in der Steinzeit. Man möge mir wiedersprechen, aber ich sage, wenn noch immer Angst, Paranoia, Rachsucht und Habgier ausreichen um Krieg, Tod und Vernichtung über die Ozeane hinaus zu tragen, dann haben wir das noch nicht erreicht, was auf einen Sprung in der Evolution hinweisen könnte.

Und was tut der Rest der Welt während Menschen sterben? Sie schauen weg oder diskutieren. Die UNO hört man überhaupt nicht mehr. Die Europäischen Nationen streiten untereinander, und die nationalen Politiker streiten untereinander, aber gestritten wird nur darüber, wie man an Aufträge zum Wiederaufbau des Iraks kommen könnten und man streitet darüber, wie man diesen Krieg möglichst wirkungsvoll gegen die Partei-Konkurrenz einsetzen könnte. Und man streitet darüber, wie man das Verhältnis zu Amerika wieder normalisieren könnte. Es ist schlicht unglaublich, wie sehr man den Schrecken des Krieges ignorieren kann, indem man unablässig darüber redet.

Ich überlege gerade, was eigentlich die richtige Reaktion auf diesen Krieg sein müsste und sie gefällt mir nicht. Ich vermute, die Uno müsste die Vereinigten Staaten ächten, Embargos gegen sie erlassen. Die Nato müsste die USA aus ihren Reihen ausschliessen und ihnen ein Ultimatum zur Beendigung dieses Krieges setzen und danach .... Angriff - Krieg ... Es ist klar, ein Weltkrieg wäre die Folge. Wir Menschen haben also die Wahl zwischen Vernichtung oder einem Leben ohne Ehre. Das Leben ohne Ehre? Die Entwertung, all dessen was in den letzten Jahren zur Sicherung des Friedens aufgebaut wurde. All das hat sich als nutzloser Beamten-Apparat herausgestellt. Das Eingeständnis, dass die UNO wertlos ist und die europäischen Nationen von schwachen Politikern geführt werden und keinen Einfluss mehr auf das Weltgeschehen haben. Ich frage mich, ob nicht all dies zwangsläufig in ein paar Jahren auch zu Kriegen führen muss.

Fast ein Jahrhundert hat man Amerika als grossen Bruder verstanden, zu dem man heulend rennen konnte, wenn man bedroht wurde und der grosse Bruder war da. Aber der grosse Bruder hat sich langsam zu einem psychopathischen, verlogenen, paranoiden, grössenwahnsinnigen Monster entwickelt. Während die Welt unter dem Schutz Amerikas ihre eigenen Armeen abgebaut haben, hat Amerika immer weitergerüstet. Die Sowjetunion hat aufgehört zu existieren, die verbliebenen Nationen haben Ihr Vernichtungspotential zerstört. Amerika hat weitergerüstet. Die Welt hat ABC-Waffen geächtet. Amerika hat sie weitergebaut. Und als die ebenbürtigen Gegner verschwunden waren - und damit die Rechtfertigung zum Weiterrüsten - da mussten neue Bedrohungen her. Und nun trennen sich die Wege des grossen Bruders und der kleinen Schützlinge und sie drohen sich auf dem Schlachtfeld als Feinde wieder zu begegnen. Wir haben ihnen zu lange blind vertraut. Wir haben das getan was richtig war, wurden borniert, überheblich und dekadent. Und wir haben die Rechnung ohne die Realität und ohne Einsicht über die menschliche Natur gemacht. Was soll man dem Moloch Amerika - dem Monster, das wir mitschufen - noch entgegenhalten?

Was passiert, wenn man so gross, allmächtig und unbesiegbar wurde, dass niemand mehr eine Gefahr darstellt? Man wird paranoid, arrogant, bricht alte Bündnisse, herrscht über die Schwächeren, sieht überall Feuer, wo es noch nicht einmal funkt, man lässt keine Kritik zu und formt die Wahrheit, wie es gerade gefällt. Es gilt nur noch das halten der Position um jeden Preis.

Ich sehe das so: Entweder rüsten die europäischen Nationen auf und streben nach wirtschaftlicher und militärischer Loslösung von Amerika oder sie werden bedingungslos unter dem Diktat von Amerika weiter existieren, vielleicht irgendwann verschluckt. Doch würde Amerika eine Loslösung akzeptieren? Würden die europäischen Nationen das wirtschaftlich in den Griff kriegen? Würden die europäischen Nationen überhaupt untereinander einen entsprechenden Konsens finden? Nein, nein und nein, ich glaube nicht. Müssten die europäischen Nationen wieder alleine funktionieren, würden wir rasch wieder Krieg untereinander haben, die Totgeburt Globalisierung würde wie ein Kartenhaus nur noch schneller in sich zusammenfallen. Oh ja, ich glaube Amerika erreicht seine Ziele. Die Hoheit über die weltweite Ölförderung garantiert Reichtum in der Zukunft. Die Schwächung der UNO und Europa garantiert die absolute politische Macht. Der Schlag mit der eisernen Faust in das Wespennest der arabischen Welt, sichert auf die nächsten Jahrzehnte hinaus den Hass gegen Amerika und bietet somit die Rechtfertigung für die Weiterrüstung. Wäre ich ein Kriegsgott, würde ich mir unter diesen Vorgaben hämisch die Hände reiben und den Geruch des Todes gierig in mich aufziehen. Wir Menschen sind nicht dafür bestimmt in Frieden zu leben. Was wuchert, wie ein Krebsgeschwür, muss töten, um zu überleben.

06.04.2003

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Älterwerden

Über 30 Jahre alt sein ist wirklich seltsam. Gedacht habe ich sowas Ähnliches natürlich auch schon, als ich über 20 Jahre alt war. Aber irgendwie war das trotzdem anders. Seien wir mal ehrlich: Als Teenager läuft man mehr oder weniger verwirrt durch die Welt. Man glaubt, die Zukunft gehöre einem, aber eigentlich weiss man noch nicht so genau, was das alles soll. In den 20ern hat man irgendwas gelernt, eine bestimmte Richtung eingeschlagen, ein paar Weichen gestellt, man hält sich irgendwie für unsterblich und glaubt, man hätte eine grossartige Zukunft vor sich. Man glaubt man hätte das Zeug alles zu ändern und dieser Welt den eigenen Stempel aufzudrücken... irgendwann, irgendwie .... Ja.. ich glaube, es ist dieses unkonkrete irgendwann, irgendwie, dass das eigentliche Geheimnis der Jugend darstellt.

Und dann wird man 30 und es fangen neue Überlegungen an. Jetzt geht es plötzlich um Sicherheit, Beständigkeit, Stabilität. Man hält es für ein untragbares Risiko, keine Lebensversicherung zu haben. Viele haben sich schon längst eine schicke Hypothek angelacht, die sie mit 70 auch schon wieder abgezahlt haben werden. Plötzlich dauert es nur noch 35 Jahre bis man sich zum letzten mal über ein betriebliches Zeiterfassungssystem ärgert. Noch mal 20 Jährchen drauf und man ist statistisch gesehen Mause-Tod. Jaja, ich weiss 55 Jahre sind eine lange Zeit, alles kann sich ändern. Irgendwelche naiven Zeitgenossen glauben sogar, man hätte immer noch alle Möglichkeiten etc.etc.
Aber der Punkt ist, dass man sich mit dem Thema des Älterwerdens überhaupt beschäftigt, nicht wirklich dass es noch so lange dauert. Ja und das ist auch der Punkt wo meine Probleme anfangen ... ok ich bin nicht ganz ehrlich, ich müsste wohl sagen, das ist der Punkt, wo meine Probleme weitergehen. Wisst Ihr Leute, ich habe diese wirklich kitschige, angestaubte Sehnsucht nach Harmonie, Sicherheit und Geborgehenheit und dieses Alter macht mir wirklich zu schaffen, weil mir all diese Dinge fehlen. In diesem Alter weicht die Unsterblichkeit, die vermeintliche Fähigkeit irgendwann die Welt zu verändern der Realität, dem Erkennen der eigenen Fähigkeiten und der eigenen Grenzen. Ja, vermutlich ist das Älterwerden das Kryptonit, dass dem Superman in uns die Strumphosen endgültig runterrollt. Vieles wird mühsamer, man nimmt Dinge schwerer. Man denkt eher über Folgen nach und die Jahre des Ausprobierens und des Entdeckens sind irgendwie gezählt. Man darf jetzt nicht mehr entdecken, man muss jetzt können und anwenden.

Ich glaube auch hier ist mal wieder die Frage aller Fragen, wie man mit dieser Problematik umgeht. Offensichtlich gibt es verschiedene Ansätze dafür:
Man kann alles ignorieren und quasi den Analphabeten gegenüber den Zeichen der Zeit spielen. Das sind die Leute, die auch heute immer noch herumlaufen, als wären sie in den 80ern eingefroren worden.
Andererseits kann man sich aber auch hoffnungsloser Frustration hingeben, mit seinem Leben abschliessen und in Standby Position bis zum letzten Atemzug gehen. Mit dieser Einstellung ist man quasi schon tod und ich glaube, ich habe gewisse Tendenzen in diese Richtung.
Möglich ist auch, dass man die Krise erkennt, alles was man bisher aufgebaut hat und mit dem man sich identifiziert hat als Irrweg sieht, alles hinwirft und ein ganz neues Leben anfängt. Das scheint diesertags die bevorzugte Vorgehensweise zu sein. Plötzlich und aus heiterem Himmel verlässt man alle, die einen lieb haben, schmeisst seinen Job hin, wandert an einen haarsträubenden Ort aus. Man glaubt, dass einen eine neue Frisur und ein abrupter Modewechsel auch innerlich zu neuen Ufern führt.
Und letztens kann man versuchen, all das, was man hat, all das was man ist, all das was man kann weiterzuentwickeln. Das alles mit sich reifen zu lassen und auf eine neue Ebene zu bringen. Ich schätze, das wäre der richtige Ansatz.

Ich glaube einfach nicht, dass man sich plötzlich in eine ganz neue Person verwandeln kann. Ich glaube auch nicht, dass man ewig an der Vergangenheit hängen bleiben kann. Das dumme an der Vergangenheit ist, dass sie nicht mehr existiert. Für mich ist an der Sache natürlich wiedermal die Knacknuss, wie ich diese Dinge alleine gebacken kriege. Ich komme mir häufig vor, als wäre ich in einer Zeitanomalie gefangen und ich kämpfe etwas damit, wirklich genau einzukreisen, was ich habe, wer ich bin und was ich kann, darum klappt das mit dem Weiterentwicklen auch nicht so richtig. Der chronische Mangel an Selbstbewusstsein ist auch nur bedingt eine Stütze in dieser Sache. Vermutlich werde ich bis Mitte 40 brauchen, bis ich mir im Klaren darüber bin, was ich mit Anfang 30 wirklich alles hätte machen müssen.

Aber generell vermute ich einfach, dass den meisten Menschen heute schlicht die Fähigkeit zur Beständigkeit und Weiterentwicklung abgeht. Und mit Beständigkeit meine ich nicht das Stehenbleiben, sondern vielmehr das Durchhalten, selbst in einer Situation, die einem ganz und gar nicht beliebt. Und mit Weiterentwicklung meine ich nicht, alle Trendsportarten, alle Modetrends, Reisedestination und alle Sexualpraktiken einmal ausgetestet zu haben sondern sich basierend auf der eigenen Persönlichkeit qualitativ zu verbessern und sich selbst auf eine neue Ebene zu hiefen.

Das Thema bleibt ungelöst aber interessant - ich schätze ich werde Mitte 40 darauf zurück kommen.

18.05.2003

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Die Gilde der IT

Oh goldige Zeiten, wieso mussten sie nur dieses unrühmliche Ende finden? Die allmächtige, allgegenwärtige und grossartige IT! Vor nicht zu geraumer Zeit war ich mir so sicher, dass dies meine Bestimmung, meine Berufung, meine Zukunft sei. Ich war überzeugt, mein Job wäre sicher, so lange es auch nur einen einzigen Knopf, einen Knopfbenutzer und regelmässige Knopf-Updates gäbe. Doch nun liegt alles im Staube darnieder. Welch Bitterkeit doch nur in der Erkenntnis der Wahrheit liegt.

Die Zeiten haben sich geändert. Ich - einst stolzer Priester der unheimlichen, geheimnisvollen, omnipotenten, omnipräsenten IT-Kaste - komme mir vor, wie der Anhänger einer sterbenden Religion. Trauer und Verzweiflung. Noch vor kurzer Zeit hätten wir Götter sein können, wir hätten die Welt beherrschen können. Hätten wir uns weltweit vereinigt, hätten wir den Mächtigen dieser Welt den Fehde-Power-Glove ins Gesicht geschlagen, ihnen unsere Regeln aufgezwungen und sie auf unseren elektronischen Schlachtfeldern in die Knie gezwungen. Wir hätten das kontrollieren und sie dessen berauben können, nach dem sie am meisten lechzen - Information und Vernetzung. Wir sind es schliesslich, die heute Energie, Finanzen, Sicherheit, Kommunikation, Medien und Wissen kontrollieren und den Wichtigtuern erst zur Verfügung stellen. Dennoch haben wir zugelassen, dass Politiker, Manager, Berater, Organisatoren, Prozessoptimierer und Qualitätsmanager wie wuchernde Krankheiten in unser Heiligstes eingedrungen sind und sich breit gemacht haben. Sie schreiben uns vor, was wir zu tun haben, langweilen uns mit ihren stupiden Kostensenkungs-Mantras, quälen uns mit ihren sinnlosen Visionen und Strategien, schwafeln nutzlosen Unfug über Kundenorientierung und Kernkompetenzen - und wir in unserer blinden Liebe zur Technik lassen sie gewähren. Natürlich hören wir ihrem Unsinn nicht zu, aber wir haben auch nichts gegen sie unternommen.

Zu viele unserer Gilde mussten in jüngster Zeit ihre Stätten räumen, wurden Opfer des wahnsinnigen Jobozids der Geld- & Prestigesüchtigen, der menschenverachtenden Wirtschaftsopportunisten und wir haben uns nicht gewehrt. Ich glaube, mehr als in anderen Jobs sind wir Anhänger der IT mit unserem Job verbunden, viele von uns sehen unseren Job mehr als Berufung, denn als Arbeit. Mehr als in anderen Jobs wurde das Hobby zum Beruf und der Beruf zum Hobby. Uns unserer Jobs zu berauben ist mehr als uns zu entlassen. Die Augen der Brüder und Schwestern haben im Angesicht des Schreck-Gespenstes der Rezession aufgehört zu funkeln. Ihre Kreativität ist der Angst gewichen. Man hat uns unserer Ränge beraubt und uns zum Wartungspersonal der Maschinenräume degradiert - eine unbedeutende Funktion in einer bedeutungslosen Hierarchie eines nebensächlichen Unterstützungsprozesses.

Was wird uns die Zukunft bringen? Werden wir auferstehen oder wird man die vergangenen 20 Jahre dereinst in den Geschichtsbüchern finden? Vergessen wir nicht: Die Macht liegt noch immer vor uns, wir müssten sie nur ergreifen ....

(Hinweis für Erstbesucher: Nein, dies ist kein Aufruf an IT-Fachleute, die Weltherrschaft an sich zu reissen und durch unkonventionelle Massnahmen, die Weltwirtschaft und Politik zum Erliegen zu bringen, selbst wenn die Idee die Fantasie beflügelt und die Umsetzung sicherlich einen interessanten Effekt auf die Weiterentwicklung der Welt hätte)

18.05.2003

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Nur ein paar Gedanken

Es ist sonnig, es ist heiss, es ist Samstag und ich sitze hier am Beginn vom Rest meines Lebens. Ich sitze drinnen, weil der WaveLan-Anschluss meines Laptops auf dem Balkon versagt, also hab ich nichts von der Sonne, aber das ist ja auch egal, denn von der Sonne kriegt man eh Hautkrebs und sie lässt die Haut vorzeitig altern.

Es war mal wieder eine absolut berauschende Woche. Die Leute im Büro hingen apathisch und lethargisch an ihren Pulten, gebeutelt von der Hitze und erschöpft vom Weg zum Wasserspender und zurück. Wären Mitte Woche nicht ein paar meiner Kollegen entlassen worden, dann wäre es wohl wieder eine relativ ereignislose Woche gewesen.
Logisch, dass mich im Moment mal wieder Zukunftsängste plagen. Verdammte Zukunft. Ich schätze, ich werde diese Eigenheit wohl immer mit mir rumtragen. Das Positive daran ist, dass die Zeit, wegen der man sich so sorgt mit den Jahren immer weniger wird. Ok, ich schätze, es ist ein wenig seltsam, aber ich bin wohl einer der wenigen Menschen, der bei einer globalen Katastrophe eine gewisse Freude empfinden würde und den Pferden der apokalyptischen Reiter ein paar Zückerchen hinhalten würde.

Diese Entlassungen haben mir zu denken gegeben. Vermutlich geht es in so einer Situation jedem genau gleich. Man fragt sich automatisch, wann man selbst dran ist und man fragt sich, wie man sich verhalten wird, wenn es soweit ist. Wie soll man nach so einem Erlebnis normal zur Arbeit kommen? Soll man so tun, als wäre es gar nicht passiert oder soll man sich betroffen und nachdenklich geben? Wie wird es wohl weitergehen? Werden weitere folgen? Ich frage mich, ob es richtig ist, sich so an einen Arbeitgeber zu binden. Wieviel Loyalität kann man einem Arbeitgeber gegenüber aufbringen, der innert 2 Stunden ein Meeting anberaumt und eine Anzahl Mitarbeiter nach Hause schickt? Ist es überhaupt noch ein Anliegen eines Arbeitgebers, dass die Mitarbeiter loyal sind oder beschränkt sich das Verhältnis auf das Erbringen einer Leistung und die Bezahlung dafür? Wofür braucht dann eine Firma noch Arbeitnehmer? Der Arbeitgeber könnte doch einfach jeden Morgen mit einem Lastwagen zu einer Sammelstelle fahren und die Leute, die er gerade braucht aufladen. Am Abend wäre das Jobverhältnis wieder aufgelöst, keine langen Ansprachen, kein Geheuchel von Betroffenheit.

Es ist schon erstaunlich was in den letzten Jahren alles auf der Strecke geblieben ist. Vielleicht wäre die jetztige Situation einfacher zu verarbeiten, wenn ich in schlechten Zeiten in diesen Job gekommen wäre. Aber so war es nicht, ich habe die Höhe, die Dekadenz, die hohen Werte von Ehre, Moral und Loyalität erlebt und sehe jetzt, wie das alles zerfällt, wie wenig die schönen Sprüche der Manager in den guten Zeiten wert waren. Es scheint einfach zu sein, in guten Zeiten hohe moralische Vorstellungen zu haben. Ich schätze es ist gut, jetzt zu sehen woran man genau ist. Ich schätze wir werden uns daran erinnern, wenn die Zeiten wieder besser werden.

Aber werden die Zeiten wieder besser? Der Boom der IT war praktisch ohne Vergleich. Die Aufbruchstimmung, die rasante Entwicklung, die Goldgräberstimmung. Das Gefühl, sich in einer elitären Umgebung zu bewegen und sich unaufhaltsam auf den Olymp zu zu bewegen. Eigentlich ein einfaches Muster: Niemand hatte IT, alle wollten IT, jetzt haben alle IT. Was jetzt noch folgt, ist die gelegentliche Erneuerung der IT, aber das ist nicht wirklich dasselbe oder? Es fehlt der nächste Quantensprung. Ich habe keine Angst, dass dieser Quantensprung kommen wird, aber wann kommt er und werden wir Teil davon sein? Oder werden die Hohepriester der IT von der neuen Religion überrollt werden, wenn es soweit ist? Ich fürchte so wird es sein und ich fürchte, wir werden nur noch die Scotties in den Maschinen-Räumen sein. Sicher, die IT hätte eigentlich immer das Mittel zum Zweck sein sollen und nicht der Zweck als solches. War es falsch sich der süssen Illusion hin zu geben?

14.06.2003

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Gut

Was ist gut? Das Ziel meines Lebens ist es gut zu werden, gut zu sein und gut zu bleiben. Aber was ist gut? Wie definiert man diese Eigenschaft, wie erlangt man diese Fähigkeit? Und wie weiss man, wenn es soweit ist? Knifflige Sache. Frage 1000 Leute und die Chance ist gross, dass Du 2000 Antworten kriegst.
Ist gut, wenn man gut aussieht? Ist gut, wenn man klug ist? Ist gut, wenn man in Sachen Nächstenliebe Mutter Theresa blass aussehen lässt? Ist gut, wenn man die 100 Meter so schnell läuft, als hätte man einen Ort-zu-Ort-Teleporter benützt? Ist gut, wenn man im Bett abgeht, als hätte man eine Familienpackung Viagra weggeknabbert und das mit einer Schusskadenz, wie ein Comanche-Bordgeschütz? Oder ist gut wenn einem im Job ständig mit dem Nobelpreis gedroht wird?
Ja das ist eben so die Frage. Ich weiss es nicht und jeder sieht das anders. Die Chance ist gross, dass wenn ich mich auf einen Bereich versteife, dass ich dann den Respekt der Menschheit auf anderen Gebieten verliere. Und schon steht es wieder vor einem - gross, wie das Matterhorn - das Problem, dass man es nicht allen recht machen kann und wenn man es doch versucht, das man dann darüber in tiefsten Frust und Kummer gerät und zum Scheitern verdammt ist.

Ich für meinen Teil habe versucht über die Anhäufung von Wissen gut zu werden. Eine Weiterbildung nach der anderen und stets mit dem Versprechen, dass danach die Welt ein besserer Ort sein würde und ich dann etwas mit Wert in der Tasche hätte, aber nein. Jede Weiterbildung öffnet nur wieder die Türe zu einem Korridor mit vielen neuen Türen. Es ist auch wie verhext, kaum hat man die ultimative Ausbildung abgeschlossen, wird einem sofort bewusst, dass man mit dieser Ausbildung eigentlich nur wieder eine Basis hat und dass diese Ausbildung ja eigentlich doch nicht so der Weisheit letzter Schluss ist. Nun steh ich also wieder mal hier, bin immer noch nicht gut, meine Aura hat noch immer keinen goldenen Schimmer und es ärgert mich.
Gut an der ganzen Sache ist aber, dass so ein Abschluss immer wieder ein Moment ist, an dem man überlegen muss, ob alles, was man tut das Richtige ist und ob man überhaupt am richtigen Ort ist.
Ideal wäre ja eigentlich, wenn alles vorher bestimmt wäre und einem schon bei der Geburt der genaue Ablaufplan ins Outlook eigentragen würde. Aber nein, der grosse Plan offenbart sich als eine nicht enden wollende Odyssee durch ein Labyrinth mit vielen Abzweigungen und Sackgassen.

Betrachtet man aus dieser Überlegung heraus das Leben als Ganzes, dann frage ich mich, wie ein normales Leben denn eigentlich aussieht oder aussehen soll. Muss man zu irgendeinem Zeitpunkt den richtigen Weg durch das Labyrinth gefunden haben oder kann man über die ganze Lebensspanne hinweg herumirren und Richtungsänderungen wie ein flüchtender Hase durchführen? Und welches wäre denn überhaupt die bessere Variante?
Vermutlich kann man den Lebensweg vor sich sehen, wie die Beleuchtung eines Flugfeldes. Man kann diesem Weg diszipliniert folgen und am Ende seines Lebens plötzlich herausfinden, dass man das ganze Leben auf dem falschen Pfad gewandert ist. Man kann aber wohl auch das ganze Leben frustriert herumirren und am Ende zur Einsicht gelangen, dass man ausser Zufriedenheit alles andere gefunden hat. Naja, wenn man nicht ein völliger Ignorant ist, hat man zumindest in beiden Fällen die Chance einen Moment der Erleuchtung zu erfahren. Aber es scheint, als laufe alles wieder darauf hinaus, dass man nur weiss, dass man nichts weiss und das ganze Leben kompliziert und undurchschaubar bleibt.

Und mein Ziel, irgendwann gut zu werden? Ich schätze, es bleibt nach meinen Masstäben unerreichbar. Aber ich denke, dass ich zur Einsicht gelange, dass man nicht gut werden kann, wenn man seinen Fokus zu sehr in eine Richtung beschränkt und darüber allem anderen keinen Wert mehr beimisst. Zu schnell kann das, was heute wertvoll erscheint im Kurs sinken. Und zu schnell verschwinden die Leute aus dem eigenen Leben, die einem als Vorbild für den einzig wahren Weg dienen.

22.07.2003

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Rückkehr

Seit ein paar Wochen sind die Schatten wieder da. Kaum aus den Ferien zurück, hatte ich eine Zeit der Motivation, eine Zeit der Hoffnung. Doch nun ist alles wieder beim Alten. Gewisse Gedanken und Gefühle kamen, wie der unerwartete Anruf eines alten Verwandten. Völlige Hoffnungslosigkeit, Sinnesleere, das Gefühl, dass meine Seele zu Granit geworden ist. Kalt und Schwer. Die ganze Last der Existenz, diese verdammte Existenz, dieser unendliche Weg ohne Abkürzung. Die Enttäuschung über all die verpassten Gelegenheiten der Vergangenheit und die Angst vor der langen Zukunft. Dieses Unverständnis für die Gegenwart. All das ist zurück und ich weiss noch nicht einmal warum. Was habe ich getan, dass das alles wieder da ist?
Die Einsamkeit in mir quält mich. Ich kann nicht ohne sie leben und mit ihr schon gar nicht. Ich wünschte, ich könnte jemandem für all das die Schuld geben, aber es ist niemand da ausser mir selbst.
Ich könnte das Schicksal oder den höheren Plan beschuldigen. Was sind wir Menschen schliesslich schon? Hundert Kilo Staub vergangener Sonnen? Welcher einfältige Gott, welche einfältige Laune der Natur hat sich erlaubt aus diesem Sonnendreck etwas Lebendiges hervorzurufen und ihm eine Seele zu geben?! Wunder des Lebens, nennen sie es gelegentlich, für mich ist es nichts als ein Albtraum, tagtäglich. Ich stehe am Morgen auf, tue alles, was ich tun muss, was man von mir verlangt. Ich tue das ganze Jahr hindurch, das was irgendwer von mir verlangt. Ich tue es mein ganzes Leben lang und was kriege ich dafür? Nichts. Ich habe meine Schulzeit gemacht, ich habe meine Lehre gemacht, ich habe meinen Militärdienst gemacht, einen Beruf erlernt und ich habe meine Steuern bezahlt. Eigentlich war es das doch oder? Darf ich jetzt endlich gehen oder braucht noch jemand etwas von mir? Dieses Scheissleben hat nichts für mich übrig, ausser den Anforderungen anderer Leute und Institutionen. Aber nein, es kann nicht einfach zu Ende sein, aus irgendeinem Grund läuft das verdammte Spiel noch ein paar Jahrzehnte. Vermutlich habe ich einfach noch nicht alle getroffen, die auch noch Ihren Obulus von mir einfordern .... Ich erinnere mich an all das, was man von mir verlangte, aber ich kann mich nicht daran erinnern, was ich jemals gewählt hätte, was ich jemals für mich gewollt hätte. Vielleicht weil ich niemals etwas für mich wollte? Vielleicht ist das das ganze Problem. Ich bin nicht ich, ich bin bloss die Summe all dessen, was andere an Ansprüchen und Erwartungen an mich hatten. Wie soll das genügen für alles was kommt? Ich habe Angst an alle dem zu zerbrechen, all die Anforderungen nicht erfüllen zu können.

Vorallem habe ich dieses Alleinsein so satt, diese Wochenenden an denen ich mit keinem Menschen spreche, diese Nächte allein mit meinen Gedanken. Was würde ich nicht tun, für die Berührung eines anderen Menschen, für diesen Blick, den nur verliebte Frauen einem schenken können, für Worte der Zuneigung und für das Gefühl vereint und Teil von jemandem zu sein? Aber warum sollte ich glauben, dass ich jetzt oder später noch das erfahre, auf das ich schon so viele Jahre warte? Lächerlich, nein der Glaube ist dahin, die Illusion geschwunden, der Selbstbetrug alles längst vergangen. Diese Einsamkeit wird den Rest meiner Existenz dauern und das, was ich vielleicht zu einem Zeitpunkt hätte geben können ist längst verkümmert. Neid auf andere Leute und die Verbitterung über mein Anderssein ist alles zu dem ich fähig bin. Schüchterne Blicke auf das, was ich niemals haben kann sind alles, was bleibt. Zu lange ist die Seele in mir verkümmert, als dass ich noch die Fähigkeit besässe, die Anforderungen einer Partnerin zu erkennen und ihren Ansprüchen gerecht zu werden. Nichts von alledem, was ich zu geben hätte wäre gut genug, um von jemandem gewollt zu werden. Ich verstehe dieses verdammte Leben einfach nicht. Was muss ich denn tun??

Ich bin traurig, müde und enttäuscht. Ich schätze, diese Seele war eh nie dafür gedacht, soweit zu kommen.

03.09.2003

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Wer bin ich?

Wer bin ich? Ich bin André, aber das ist ja nur ein Name. Die Frage ist, wer ich bin. Der Sohn meiner Eltern? Ja schon, aber das ist ja nur, von wem ich abstamme. Wer ich bin, ist die Frage, die mich interessiert. Ich bin Wirtschaftsinformatiker und arbeite für einen Computerkonzern. Aber auch das ist nicht relevant, denn es ist nur ein Titel und eine Aussage darüber, wer mich bezahlt. Wie sehr man doch geneigt ist, sich selbst über die kleinen Kästchen zu definieren, in die man während des Lebens hineingeworfen wird. Faszinierend, wirklich, aber das beantwortet meine Frage nicht. Ich weiss immer noch nicht wer ich bin. Eine einfache Frage und doch starre ich aufs Keyboard und den leeren Bildschirm. Ich weiss nicht, wer ich bin. Über 30 Jahre latsche ich nun durch die Welt und hab immer noch keine Ahnung, wer ich bin. Wisst Ihr vielleicht, wer Ihr wirklich seid?

Lustig, gerade diese Woche habe ich wiedermal den Spruch gehört "Sei nur Du selbst, dann klappt das schon..." Wie oft mir doch diese Worte schon begegnet sind. Sei Du selbst - aber wie ist man das und wann ist man das? Und muss man dazu nicht ganz genau wissen, wer man eigentlich ist? Es hängt wohl von den Leuten ab, mit denen man gerade zusammen ist. Ich weiss natürlich, dass ich nicht für alle 8 Milliarden Leute dieser Welt sprechen kann, aber ich glaube, dass niemand sich gleich verhält, wenn er oder sie mit den Eltern zusammen ist oder mit den Freunden, mit seiner grossen Liebe oder bei der Arbeit oder wenn die Person kopfüber, nackt aus einem Flugzeug ohne Fallschirm in eine mit Fangspiessen bestückte Fallgrube fällt. Ich glaube, man passt sich schlicht den Umständen an, in denen man sich befindet und ist jedesmal ein anderes "selbst". Vielleicht lässt sich das "Selbst" also nicht als einzelnes beschreiben, sondern hängt immer mit der aktuellen Situation zusammen. Man übernimmt eine Rolle und hätte somit viele "selbst".

Oder ist es vielleicht nochmal anders? Es treten in jeder neuen Situation, in die man gerät, neue Seiten vom Selbst zu Tage. Wie die Seiten einer Münze. Und all die Eigenschaften bilden vereint das, was das Selbst am Schluss ausmacht. Das würde es allerdings auch nicht erleichtern, sich selbst zu sein. Wie wollte man schliesslich in einer Situation alle Seiten der Münze gleichzeitig aktivieren, um wirklich sich selbst zu sein? Und könnte man überhaupt den "Zustand" des "sich selbst sein" jemals erreichen, solange man nicht alle möglichen Situation und somit alle eigenen Seiten jemals erfahren hat?
Nein ich glaube, man spielt einfach seine Rollen je nachdem wo man grad drin steckt und das Selbst und die eigene Kenntnis darüber sind nichts weiter als Selbstbetrug und Illusion, Wunschdenken.
Ich glaube, das Maximum an "ich selbst" bin ich, wenn ich gerade vor meinem Bildschirm sitze und über solches Zeug nachdenke. Schweigend, allein, melancholisch. In allen anderen Fällen spiele ich wohl Rollen.

Also wer bin ich? Ich überlege immer noch - und es ist kaum zu fassen, wie lange ich jetzt schon darüber sinniere. Ich komme so zum Schluss, dass ich diese Frage für mich selbst gar nicht beantworten kann. Aber wie soll ich dann jemals herausfinden, wer ich bin und wie ich bin, wenn ich ich selbst bin? Kann man es gar nicht selbst wissen, einfach weil man zu sehr ein eigenes Bild von sich selbst hat? Dann müsste man andere fragen. Aber würde ich 10 Leute fragen, würde ich 10 Antworten kriegen. Und überhaupt, was wissen denn andere schon über mich? Oder ist diese Frage am Ende gar die völlig falsche Frage? Muss die Frage gar nicht heissen "Wer bin ich?" sondern "Wer will ich sein?". Die Antwort auf diese Frage wäre aber nurmehr ein Wunschgebilde. Man will etwas sein, was man niemals sein kann, weil einem wichtige Attribute fehlen. Also wer ist man? Der der man ist oder der der man sein will?

09.09.2003

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Veränderungen

Ich spüre die Veränderungen um mich herum und sie erfüllen mich mit Angst. Zukunftsangst, Sorgen vor jedem neuen Schritt. Manchmal komme ich mir vor, wie das Reh, das in die Scheinwerfer des ankommenden Lastwagens schaut und nichts kann die lähmende Angst lösen. Aber das ist nicht die einzige Reaktion. Manchmal möchte ich mir selbst ins Gesicht schlagen, wenn ich merke, dass ich auf Themen reagiere, wie ein angeschossenes Raubtier und um ich beisse.
Doch sind das sind nicht uralte Instinkte, die da plötzlich aus dem Schlaf gerissen werden? Instinkte, von denen ich mich vielleicht sogar leiten lassen sollte? Wieso sollte ich mich nicht wehren, wenn die Dinge, an denen ich hänge in Gefahr sind? Wieso sollte ich mich nicht gegen die erheben, die das wenige zerstören, das für mich von Bedeutung ist. Wenn sie mich dessen berauben wollen, woran ich mich festhalten konnte. Wenn sich in einem Widerstand regt, sollte man doch versuchen dessen Wurzeln zu ergründen und nicht versuchen den inneren Aufschrei zu unterdrücken, oder?

Alles um mich herum verändert sich und wiedereinmal habe ich das Gefühl, dass ich die letzte Konstante im Universum bin. Wo einst Loyalität sich selbst und anderen gegenüber, Vertrauen in die Zukunft, Solidarität, Selbstsicherheit und Optimismus zuhause waren, findet sich jetzt nur noch Resignation, die Erinnerung an das Gewesene, Frustration, Ohnmacht und purer Hass über die Versager, die die Änderungen über uns gebracht haben, wie die Plagen über Ägypten. Die Leute, die das zerstören, für das wir uns eingesetzt haben.

Aber müsste ich mich nicht selbst dafür hassen, dass ich so Mühe habe mit den Veränderungen um mich herum umzugehen? Ja, natürlich. Und ich tue es ja auch, aber ich hasse mich schon für so vieles. Viel wichtiger scheint mir die Frage, ob man sich wirklich mit jeder Veränderung einfach stillschweigend abfinden muss? Muss man wirklich zuschauen, wie all das, worauf man vertrauen konnte und all die Werte von einst von dummen, kleinen, kurzfristig gedachten Absurditäten unter dem Deckmantel der Neuorientierung und Reorganisation ausgelöscht werden? Sind es brillante Strategen, die da am Werk sind und alles falsch nennen, was bisher richtig war oder sind es einfach dumme Emporkömmlinge mit Machtgelüsten und Profilierungsdrang? Wird heute nicht all zu leicht von Flexibilität gesprochen, wenn man eigentlich blinden Gehorsam und Ja-Sagerei vom dummen kleinen Fussvolk haben will?

Ich halte Veränderungen an sich für positiv. Veränderungen bergen das Potential für Verbesserungen, sie geben die Chance mit starrem, altem zu brechen und neues herbeizuführen. Sie öffnen die Türe zu neuem, zu Evolution und Fortschritt. Aber das, was ich heute um mich herum erlebe, hat mit all diesen hehren Zielen nichts, aber auch gar nichts zu tun. Die Veränderungen, die jetzt vor sich gehen bestehen aus Zerfall, Rückschritt, Verrohung, Angst und Ausbeutung. Geier, die um die sterbenden Goldesel von einst kreisen und sich einen kleinen Happen davon sichern wollen. Wie soll man damit umgehen? Ich könnte mit Flucht reagieren. Aber wohin flüchten? Die ganze Welt macht die gleichen Änderungen durch. Die letzten Hafen der Zuflucht sind dabei unterzugehen.

Möglicherweise ist es auch hier wieder eine Frage des Vertrauens. Vertrauen wir wirklich noch den Leuten, die uns führen? Haben wir es jemals getan oder war man in den guten Zeiten zufälligerweise Weggefährten mit ähnlichen Zielen und Vertrauen war niemals nötig, noch Teil der Überlegungen. Nun, da nichts nötiger wäre als Vertrauen wird dessen Absenz erst offensichtlich und die die führen sollten können auf nichts weiter zurückgreifen als auf die Organigramme in ihren Schubladen und ihre Titel. Wie sollte sich mit diesem minderen Rüstzeug der Weg aus der Krise finden lassen?

Ja, eigentlich bin ich davon überzeugt, dass der ganzen westlichen Welt einmal mehr ein dunkles Zeitalter bevorsteht. Wir stehen einfach da und sehen zu, wie Dinge achtlos weggeworfen werden, für die frühere Generationen gekämpft haben. Sicher, Chaos und Anarchie üben eine nicht mindere Faszination auf mich aus, aber wenn wir sie schon durchleben müssen, dann wäre es mir bedeutend lieber, wenn sie einfach über uns hereinbrechen würden und sich nicht in unsere Leben schleichen, wie ein tödliches Krebsgeschwür. Aber vielleicht besteht ja darin Hoffnung, dass sich Menschen nur ungern längerfristig in eine Ecke drängen lassen.

19.10.2003

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Marktwirtschaft

Wir sind zu teuer, wir arbeiten zu wenig, unsere Sozialabgaben sind zu hoch, unsere Gesetze sind marktfeindlich, wir sind zu bürokratisch, überaltert, unflexibel und unsere Strukturen sind zu starr. Das Einzigste was die Firmen noch an Europa schätzen, sind die unverschämt hohen Preise, die man hier für die Produkte zusammenfantasieren und von den Leuten abzocken kann. Alles andere scheint nur noch schlecht zu sein. Die Konsequenzen davon sind jetzt überall zu sehen. Wir stecken in einer Wirtschaftskrise, aber noch schlimmer, wir stecken in einer Krise der Menschlichkeit.

Meiner Meinung nach befinden wir uns an einem Scheideweg. Werden wir zu einer Gesellschaft werden, in der die Menschen sich gegenseitig mit Respekt behandeln, in der es Wärme, Kompromissbereitschaft, ein gemeinsames Streben nach Weiterentwicklung gibt oder werden wir zu einer Gesellschaft, die von Firmen regiert wird und in der die Menschen nichts anderes als Manövriermasse und Leibeigene sind? So wie es jetzt aussieht, geht die Menschheit zum Teufel und alles wofür man in den letzten Jahrhunderten gearbeitet hat, war für nichts und wieder nichts. Wiedereinmal haben sich Macht und Gier durchgesetzt und nichts als Dominanz zählt. In wenigen Jahren wird nichts mehr von den Menschenrechten und Sozialinstitutionen übrig sein. Man wird sich als einzelner Mensch von Job zu Job hangeln, vielleicht mehrere Jobs gleichzeitig haben und dies nur, um sich irgendwie über Wasser zu halten. So etwas wie Festanstellung und Kündigungsfristen wird es nicht mehr geben. Erst wenn Europa zur Dritten Welt herunter-ökonomisiert und kaputt-globalisiert wurde, wird man wohl erwachen. Unsere Politiker sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt und es gibt keine Leitfiguren und Idole mehr, die für die Menschen eintreten und sie auf den Weg zu einem gemeinsamen Ziel einen und antreiben.

Mein eigener Arbeitgeber - einst Gallionsfigur für die Art und Weise, wie Arbeitnehmer fair behandelt werden - hat sich zu einem menschenverachtenden Monster entwickelt. Die Chefetage besteht nur noch aus diesen Habicht-äugigen, Gier-getriebenen Kreaturen in deren Adern nicht Blut sondern ätzende Säure zu fliessen scheint. Alle hehren Ziele wurden weggewischt, die Masken sind gefallen und man hat die wahren Gesichter gezeigt. Wo man einst kühne Strategen vermutete, haben sich Zahlenfetischisten ohne Spur von Weitsicht oder Menschlichkeit aber meiner Meinung nach mit deutlichen Defiziten in gewissen Hirnregionen manifestiert.

Alles was heute in den Firmen abläuft ist nur noch darauf ausgerichtet Jobs systematisch zu vernichten. Aber wen wunderts, wenn man sich mal ansieht, was die Führer von Morgen auf ihren Stundenplänen zu stehen haben. Ich betrachte beispielsweise Prozessorientierung als das grösste Verbrechen an der Menschheit. Man schafft es damit elegant, alles was eine Firma ausmacht ohne irgendeinen Menschen darzustellen. Nur das Produkt und der Weg zur Erstellung der Leistung zählt. Dass nach der schönen Darstellung auf Papier im Hintergrund noch ein paar Menschlein nötig sind, die wirklich etwas arbeiten und erschaffen, ist eine unbedeutende Nebensache. Aber das sehen die Ökonomen nicht. Für sie sind doch Menschen primär Kostenfaktoren. Sie glauben den Zusammenhang zwischen allen möglichen Faktoren zu kennen und in Zahlen fassen zu können, aber dass sie den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen, das erkennen sie nicht. Sie interessieren nur die wirtschaftlichen Zusammenhänge aber über die wahre Natur der Menschen wissen sie gar nichts. Selbst die Sache mit dem Produkt ist doch hoffnungslos verlogen, denn die meisten Firmen existieren doch nur noch zum Zwecke des Geldvermehrens. Es ist den Leuten in den Führungsetagen doch sowas von scheissegal, was sie eigentlich herstellen und für wen. Hauptsache am Ende des Jahres ist man ein bisschen reicher und man kann sich von den Shareholders bejubeln lassen.
Vermutlich hat jeder, der das liest in seinem Job auch schon mal hören müssen, dass der Dienst am Kunden das Wichtigste ist. Ich sage, dass das nur Geheuchel und leeres Geschwafel ist. Seit man diesen Satz in den Betrieben hört, ist es doch in Tat und Wahrheit mit dem Kundendienst nur noch bachab gegangen. Man glaubt auch hier, dass man menschliche Nähe und eine Atmosphäre des Vertrauens durch Tooleinsatz und automatisierte Auswertung und Bewirtschaftung von Kundenstämmen dem Kunden einen Mehrwert bringt. Was für einen Unsinn. Alles was man als Kunde noch erhält, ist automatisiert, kostenpflichtig oder darauf ausgerichtet einem noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen. Ehrlich ist daran gar nichts. Die Unternehmen sind nicht an Kunden interessiert, sondern am Geld der Kunden, das ist ein wesentlicher Unterschied.
Also fassen wir das nochmals zusammen: Den Firmen sind die Mitarbeiter, die Produkte und die Kunden egal. Der Fokus ist Geld und Macht. Ich sage das ist falsch und ich sage, dass wir uns mit dieser Strategie demnächst wieder in der Steinzeit befinden werden.

Was können wir dagegen tun? Fragt Ihr. Nichts, absolut nichts. Die richtige Reaktion wäre wohl, dass die Megakonzerne zerschlagen werden, dass die Globalisierung verboten wird. Dass das Gesindel der Chefetagen aus ihren Sesseln geprügelt wird, auf öffentlichen Plätzen an die Pranger gestellt und mit faulem Gemüse beworfen wird. Dass man die Bücher der Wirtschafts-Experten auf den Index setzt und dass man so Orte wie eine St. Galler Wirtschaftsuniversität schliesst und zu einem Museum für Irrlehren umfunktioniert und den hochnäsigen Besserwisser-Professoren dieser menschenverachtenden Institutionen den Prozess macht. Ja, das wäre wohl ein Weg, aber bleiben wir realistisch. Wir haben keine Chance, die Weichen sind längst gestellt. Bevor es mit der Menschheit wieder aufwärts gehen kann, muss sie zuerst in Chaos und Leid versinken.

5.12.2003

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Abgehakt

Heute ist der 25.12.2003. Das Fest der Heuchler und des schnöden Mammons. Schon wieder ist ein Jahr praktisch vergangen. Zurückblickenderweise schnell, wie es scheint. Doch reflektiert man darüber und zählt die Schatten zusammen, dann war dieses Jahr eine Verkettung von nicht enden wollenden Unannehmlichkeiten. Mühsam und doch vorbei. Das weckt irgendwo den tröstlichen Gedanken, dass selbst die übelste Pein ein Ende hat.

Natürlich ist das nur so, wenn man ein Kalenderdatum wie den 31.12. auch tatsächlich als Abschluss von etwas ansieht. Wenn man glaubt, dass sei die Ziellinie, mit jubelnden Menschen, den süssen Mädels und der güldnen Medaille.
Aber ist ein Jahresende wirklich ein Abschluss? Eigentlich nicht. Die meisten Menschen beschäftigen sich ja kaum mit der Bewegung der Erde um die Sonne und sie richten ihr Leben auch kaum mehr auf die Wintersonnenwende und den Einfluss der Jahreszeiten aus. Bei meinem Arbeitgeber endet das Jahr schon Ende Oktober. Auch die wirtschaftliche Situation lässt es schwerlich zu, dass man einen Abschluss findet, abschaltet, sich Gedanken macht und etwas neu beginnt. Die meisten von uns quält doch übergangsfrei die Frage, wie es nächstes Jahr weitergehen soll und ob man auch am Ende dieses Jahres dann noch einen Job haben wird.

Nein, ein Abschluss ist am wolkenverhangenen Horizont nirgends zu erkennen. Es geht weiter und die Hamster rennen im Rad, einfach noch ein bisschen ängstlicher als sonst.
Mich irritiert, dass sich die meisten Menschen trotz dieser Einsicht hartnäckig nicht erschiessen, nicht ein einzges mal. Ja, es gibt sie gar immer noch, diese Typen, die so gänzlich umgekehrt, wie ich funktionieren. Die, die das alles sehr schön finden, die täglichen Herausforderungen als solche brauchen und stets aufs neue geniessen. Haben diese Leute einen Antikörper gegen die Realität? Oder sind diese Leute einfach blöd, Ignoranten oder schlicht Lebenskünstler?

Für mich kristallisiert sich aber immer mehr heraus, dass mich nur Enden wirklich reizen, die meisten Tätigkeiten per se geben mir kaum jemals etwas positives von bleibendem Wert. Ja, eigentlich ist es so, dass die meisten Tätigkeiten an meiner Batterie zerren, mich innerlich auffressen und zermürben. Aber nichts lädt die Dinger je auf. Etwas was vorbei ist hingegen, kann man abhaken und sich etwas anderem zu wenden.
Man könnte entgegenhalten, dass ich wohl das Falsche tue oder die falschen Erwartungen habe oder zu hohe Erwartungen habe. Aber wenn ich genau drüber nachdenke, dann muss ich sagen, dass ich noch nicht mal mehr Erwartungen habe. Ja wirklich. Wir Menschen sind eh nichts weiter als mutierte Resten explodierter Sterne, mit dem Ziel sich zu vermehren und dann wieder zu vergehen. Sternenstaub zu Sternenstaub, nicht einmal ein Wimpernschlag in der Ewigkeit. Woher sollte da ein legitimer Anspruch auf Sinn und Perspektiven kommen? Wer sind wir, dass wir glauben, wir wären etwas Spezielles? Und so lasse ich mich die meiste Zeit treiben. Jemand will, dass ich irgendwas tue, also tue ich es, jemand will, dass ich etwas nicht tue, also tue ich es nicht. Ein Sklave der äusseren Zwänge und Pseudo-Pflichten. Ja, ich habe es wirklich erfolgreich geschafft, die Lust an allem zu verlieren, jegliche Sehnsucht zu unterdrücken, alles nur mühsam zu finden und frei von Wünschen und Illusionen zu werden. Mein eigener Wille ist verschwunden. Und so hätte ich auch mein Leben lieber heute als morgen abgehakt. Kann man sich mit diesem seelischen Zustand eigentlich noch Mensch nennen?

Zu schaffen macht mir besonders, dass ich in dieser Existenz keine Inseln vor mir sehe, auf die ich mich freuen kann, auf die ich mich retten könnte und auf denen meine Seele wieder einmal atmen könnte. Ich sehe einfach keine Etappen-Ziele mehr. Ich sehe nur noch, dass ich bis zum Herzinfarkt oder bis 75 arbeite und in all den Jahren Resignation und Hoffnungslosigkeit meine einzigen Begleiter sein werden. Ich wünschte, ich wüsste was ich tun soll, wie ich damit umgehen oder es ändern könnte. Es geht einfach nicht. Der Weg ist die Qual. Das Ziel ist das Ziel und die Befreiung. Aber es ist ja schon wieder Abend und somit ein Tag weniger .....

25.12.2003

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Ausgebrannt

Wie ausgebrannt muss man eigentlich sein, um wirklich endgültig ausgebrannt zu sein? Die letzten Monate waren eine einzige Katastrophe. Ich stehe am morgen auf, bin erschöpft, gehe zur Arbeit und spüre wie sich vor der Eingangstüre mein Magen verkrampft und jede Faser in mir zu schreien scheint "ich will da nicht rein". Dann verbringe ich für gewöhnlich einen Tag in Hektik, kümmere mich alle zwei Minuten um ein gänzlich anders gelagertes Problem, scheinbar ohne jemals wirklich etwas hin- oder fertigzukriegen. Ich quäle mich durch Meetings, von denen jedes Einzelne, wie eine endlose Tortur erscheint. Ich muss mit Leuten diskutieren, denen ich am liebsten die Eingeweide durch die Nasenlöcher herausreissen und sie damit strangulieren würde. Irgendwann fahre ich wieder nach Hause, werfe mich völlig erledigt auf mein Sofa, warte bis Zeit fürs Bett und der Tag endlich zu Ende ist.

Ich glaube, ich kann wirklich sagen, dass mich mein Job über die Jahre gänzlich ausgebrannt hat. Er hat mich völlig vereinnahmt, kontrolliert alles in meinem Leben und nimmt mir jede Luft zum Atmen. Ich habe schlicht keine Ideen mehr, was ich mit mir selbst anfangen kann, wenn ich mal nicht arbeite. Aber es ist nicht allein die Schuld des Jobs, ich habe es zugelassen. Ich habe den Job als Zuflucht benutzt, um mich nicht mit meinen seelischen Defiziten befassen zu müssen.
Und nun? Wenn ich zuhause bin, liege ich rum, stehe ich rum, fahre zum Einkaufen oder wälze irgendwelche IT-Literatur, weil ich in der dauernden Panik lebe, nicht uptodate zu sein. Ich habe keine Hobbies, kaum Freunde (dafür zumindest gute), keine Pläne, keine Perspektive, keine Hoffnung, dass sich jemals etwas ändern wird und keine Ideen, wie ich irgendwas ändern könnte. Wann habe ich eigentlich das letzte mal einen neuen Menschen kennengelernt, mit dem ich heute noch Kontakt habe? Das muss vor sechs oder sieben oder acht Jahren gewesen sein.
Ich weiss, wenn sich etwas ändern soll, muss es von mir kommen. Aber wo soll ich beginnen, wenn es keine Illusionen mehr gibt, nichts mehr erstrebenswert scheint und das, was erreichbar ist, keine Lust oder Befriedigung verspricht? Die kleinen Versuche immer nur scheitern? Meine Welt ist extrem klein geworden. Mein Sinn des Lebens ist ein einziges grosses Vakuum. Ich existiere nur noch, um das zu tun, was von mir verlangt wird und selbst dafür bringe ich einfach keine Energie mehr auf. Ich will so nicht die nächsten 50 Jahre verbringen und ich sehe einfach keine Optionen, so sehr ich auch darüber nachgrüble.

Wie schafft man es, auf Dinge Lust zu haben? Wie schafft man es, irgendetwas mit Freude zu tun, was einem keinen persönlichen Vorteil verschafft, einen nicht weiterbringt und nicht das Überleben sichert? Wie schafft man es, sich selber etwas Gutes zu tun, diesen Akt zu geniessen und kein schlechtes Gewissen dabei zu haben? Wie schafft man es, die Vergangenheit nicht zu hassen, die Zukunft nicht zu fürchten und von der Gegenwart nicht angewidert zu sein? Wann war ich das letzte mal glücklich? Ich weiss es nicht.

Ich schätze, ich werde auch heute Abend auf dem Sofa rumliegen, irgendwann ins Bett steigen und mir wie in jeder Nacht bis zum Einschlafen wünschen, nicht mehr aufzuwachen.

26.02.2004

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Wahlschlappe

Wiedereinmal wurden wir Eidgenossen an die Wahlurne gerufen, um unsere Meinung kundzutun. Wir folgten dem Ruf und bescherrten unseren Volksvertretern eine verherrende Schlappe, eine Ohrfeige mit dem Vorschlaghammer, um es anders zu sagen. Vorlagen zu Steuern, Mehrwersteuer und AHV wurden gleich durch Volk und Stände deutlich zerschmettert. Besonders brisant ist dabei, dass es sich ja nicht um Initiativen sondern Behördenvorlagen handelte. Diese hatten zumindest in der Vergangenheit manchmal noch einen kleinen Bonus, weil sie ja schon durch das Parlament gingen. Diesmal nicht. Die Debatten, die diesem Massaker vorangingen, waren wieder einmal typisch für unsere glorreiche Demokratie. Es wurde typisch parlamentarisch hin und her gezündet, man versuchte es mit Angst und Beschuldigungen. Es ging um Themen, die ewig und drei Tage von unserem Parlament zerredet, verwässert, relativiert und am Schluss zu ohnmächtigen, undurchschaubaren Gesetzespaketen zusammengeschnürrt wurden. Es ist für mich ganz offensichtlich, dass die Pausenclowns in Bern schon längst keine Ahnung mehr von den eigentlichen Problemen und Anliegen des Volkes haben. Dass ein Bundesrat gleich zweimal hintereinander mit einer Reihe von Vorlagen am Volk scheitert ist ein Armutszeugnis und ein Beweis für die Unfähigkeit dieser Instanz. Ich fordere daher den Rücktritt des Bundesrates und die Auflösung des Parlaments. Oh, ich vergass, dieses Instrument ist in unserer Demokratie nicht vorgesehen, aber vielleicht wäre es mal eine Überlegung wert, ob man nicht ein Gesetz schaffen will, dass es erlaubt die parlamentarischen Versager aus dem Bundehaus zu prügeln oder vielleicht könnte man ja ihre Sitzungsgelder direkt von ihren politischen Erfolgen abhängig machen. Muss ein Land wirklich eine Regierung erdulden, die nichts Produktives mehr hervorbringt und schon gar nichts, was auch noch den Grundanliegen der Bevölkerung entspricht? Wo bleiben die Konsequenzen?

Ich schätze, dass die Vorlagen diesmal so deutlich zum Teufel geschickt wurden, begründet sich auf einer Mischung aus Trotz, Angst, Unverständnis und natürlich einem zusammengebündelten Gesetzespaket, was es so einfach nicht geben darf. Trotz, weil so nach und nach auch die langsamsten Schweizer draufkommen, dass unsere Regierung nur noch aus profilierungsgeilen Industriemarionetten und verklärten, weltfremden Birkenstockträgern besteht. Angst, weil AHV und Steuern bei uns natürlich traditionell die Themen sind, die auch die Abstimmungs-Faulsten zum denken bringen. Unverständnis, weil sich ein historischer Text in verwaschenem Sanskrit, verschlüsselt mit einem 4096 Bit Schlüssel inzwischen leichter lesen und verstehen lässt, als unser Steuergesetz.
Was soll man sagen? Heute hat das Volk gesiegt.

16.05.2004

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Wertlos

Ich bin 33 und erfülle in jedem einzelnen Depressions-Selbsttest das Resultat "Suchen Sie umgehend Ihren Hausarzt auf". Wenigstens ein Bereich im Leben, wo ich mächtig Punkte sammle und mir keiner so schnell etwas vormacht.
Meine Gefühlswelt sieht aus, wie die Mars-Oberfläche, nur dass keiner dieser Nasa-Roboter hartnäckig versucht, Leben zu finden. Ich mache mir immer mal wieder Gedanken darüber, was der Begriff Liebe für mich bedeutet und ende jedesmal mit dem Resultat, dass ich in mir eine stille kleine Sehnsucht nach dieser abstrakten Worthülse habe. Aber ich traue diesem Wunsch überhaupt nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich wirklich Liebe möchte oder ob es nur der Wunsch ist so zu sein, wie alle anderen.
Gerade hatte ich einen seltsamen Gedanken. Ich habe mir versucht vorzustellen, dass mich eine Frau lieben würde und der Gedanke hat sich angefühlt, wie das Absurdeste, was ich je gehört habe und ich höre schon von Berufswegen verdammt viel albernes Zeug. Aber diese Empfindung tut mir jetzt gerade ziemlich weh und löst in mir den Wunsch aus nicht zu existieren. Vielleicht habe ich es ja darauf abgesehen mir selbst weh zu tun. Mich zu verletzen und schlecht zu fühlen hilft ein bisschen meine Unzulänglichkeiten und mein dauerndes Versagen zu entschuldigen.

Wie konnte es soweit kommen, dass der Gedanke, dass jemand etwas für mich empfinden könnte so dermassen falsch und unwahrscheinlich wirkt? Was bin ich? Ein Monster? Ein Verbrecher? Ich habe kein Selbstvertrauen, das ist ein entscheidender Punkt. Aber es ist auch Erfahrung. Gerade erst hatte ich so ein Blinddate. Ein unglaublicher Kraftakt für mich. Eine Verzweiflungstat. Hätte ich die Wahl in einen Vulkan zu springen oder zu einem Date zu gehen, ich würde den Vulkan wählen. So ein Anlass saugt aus mir die letzte Energie heraus. Natürlich war das Date nichts als ein netter Abend. Ich bin keiner Frau ihr Traumtyp. Und es gibt ja auch nichts hinter meiner lausigen Fassade. Ich habe keine wirklichen Qualitäten. Meine Ausstrahlung ist die eines schwarzen Lochs, aber ohne dessen Anziehungskraft. Ich bin die schlechte Nachricht ohne das Aber. Ich bin die Münze mit nur einer Seite. Ich bin der Anti-Mensch.

Was würde ich für ein paar Eigenschaften, ein bisschen Selbstvertrauen nicht alles tun? Was würde ich nicht für das Gefühl geben, jemandes Interesse geweckt zu haben, einen Blick auf mir zu spüren oder einen Blick erwidert zu kriegen. Ich habe das Gefühl, dass sich meine Seele auflöst.

17.07.2004

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Die Hand im Po

Woher wissen wir eigentlich, dass wir das, was wir tun richtig tun?

- Weil es irgendwo steht
- weil man es uns gesagt hat
- weil es alle so tun
- Intuition
- ein Lichtwesen ist uns des Nachts erschienen und hat uns geheissen, es zu tun
- oder weil jemand explodiert ist, der es falsch gemacht hat und der wurde zufällig beobachtet

Aber tun wir tagtäglich nicht so vieles ohne darüber nachzudenken, warum wir es genau so machen und nicht anders?
Ich glaube, das ultimative Beispiel ist die Art und Weise, wie wir unseren A.. nach dem Sch.. sauber machen. Woher wissen wir, dass wir genau diesen Akt absolut korrekt vollziehen? wieviel Papier muss man nehmen? Okok, zu wenig hinterlässt Stinkefinger und zu viel führt vermutlich zu unagenehmen Erweiterungen oder aber zu Verstopfungen. Ja aber woher wissen wir, ob wir beim Saubermachen mit der/dem Hand/Faust/Finger/Fuss/Taschenmesser kreisen, rubbeln oder greifen müssen. Ja und wie weit fasst man überhaupt hinein, ohne dass man lebenswichtige Organe beschädigt. Und müsste man nicht vielleicht beide Hände nehmen? Im Stehen oder im Sitzen? Und dann ist da immer diese ominöse Bürste in den Klos. Ich will gar nicht wissen, wieviele Missverständnisse und Verstümmelungen dieses Teil schon verursacht hat.

Es ist mir ja auch klar, dass das eine absolut blödsinnige Frage und ein noch dümmeres Beispiel ist, aber im Ernst: Als wir das gelernt haben, war das vermutlich eine relativ kurze Instruktion unserer Mutter in sehr frühen Jahren "Das nächste mal nimmst Du aber Papier" oder "oh nein, dafür haben wir doch ein Klo". Könnt Ihr Euch an den genauen Wortlaut Eures Trainings erinnern oder habt Ihr damals eine Broschüre mit Fotos erhalten? Es gab im Kindergarten auch kein lustiges Märchen über die Klo-Prinzessin oder so. Also ich zumindest habe keine solche Erinnerung. Nur, dass ich irgendwann auf mich selbst gestellt war, jawohl: Einsam im Klo, der Druck ist weg, was nun?
Und es ist ja nun auch nicht so, dass man diese Fragen einfach so jemandem stellen könnte oder habt Ihr im Klo schon mal erlebt, dass Euch jemand gefragt hat? "Tschuldige Nachbar, wie war das noch gleich: Rubbeln oder kreisen?". Ja und just als man glaubte, man hätten den Bogen (äh die Scheisse) raus, dann kam Hakle und erfand irgendwelche nassen, glibbrigen Feuchtpapiere und die ganze Konfusion fing wieder von vorne an (vorher oder nachher, auffalten oder ganz hineinschieben? Drin lassen oder rausnehmen?)

Das tragische oder das Gute daran ist, dass man genau bei diesem Beispiel wohl niemals im ganzen Leben herauskriegen wird, ob man es falsch oder richtig gemacht hat. Ja, es sei denn, man hätte es so unglaublich falsch gemacht, dass es (das Hinterteil) zum Himmel stinkt oder dass das Papier aus den Hosenbeinen baumelt. Ich denke, ich überlasse es dem Leser diese Ausführungen jetzt auf andere Bereiche des Lebens zu übertragen, die Symbolik dahinter zu erkennen und über die Tragweite für das eigene Leben nachzudenken. Sie ist da, ehrlich.

26.08.2004

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Erkenntnisse

Ich lebe nicht um zu leben, sondern um zu sterben.

Zehn Worte, ein Komma und ein Punkt beschreiben all das, was ich eigentlich auf dieser Page schon all die Jahre schreibe und noch längere Jahre fühle. Es erklärt alles. Mein Desinteresse an den Menschen, das Desinteresse der Menschen an mir, mein Unvermögen, am blossen Dasein Gefallen zu finden oder die kleinen Momente zu geniessen. Das fortschreitende Unvermögen Gefühle und Lust zu empfinden. Die ständige Müdigkeit und Resignation. Die Empfindung, dass alles bedeutungslos, nur Last und Qual ist. Nur das, was mich aufhält und mir im Weg steht ist von Bedeutung. Es behindert mich auf meinem Weg zum Ziel. Es sind klar die negativen Aspekte des Lebens. Alles andere ist ausgeblendet. Das Leben ist ein Hürdenlauf und jede Hürde bedeutet Sturz, Schmerz, Scheitern und Verzweiflung. Ich verstehe das Leben nicht als Herausforderung. Ich wünsche mir einfach wegzugehen und nicht zurückzukommen. Ich steige jede Nacht ins Bett und wünsche mir nicht mehr wieder zu erwachen. Ich stelle mir vor, wie es ist und es fühlt sich so gut an. Als sähe man sich über die ultimative Ziellinie laufen, am Ende des Films ankommen. Das Ende des Alleinseins, das Vestummen der Gedanken, der Sorgen und aller Unzulänglichkeiten. Es ist das Nichts. Welchen vergleichbaren Reiz und Sinn hat da das Leben? Ich sehe ihn nicht.

Das Leben hat wohl einfach irgendwann aufgehört mich zu interessieren. Nicht weil es keine Herausforderung böte, nein, sondern weil ich nicht besonders gut darin bin, die Herausforderungen zu meistern. Die meisten Dinge überfordern mich schon, bevor ich sie überhaupt anpacke. Alles was ich dieser Tage tue, tue ich in der tiefsten Überzeugung dabei kläglich zu scheitern. Die kleinste Kleinigkeit kommt mir wie ein gewaltiger Kraftakt vor. Und es gibt so verdammt viele Kleinigkeiten, die ich letzthin erledigen soll. Ich empfinde dieses dauernde Gefühl der Überforderung und Ohnmacht. Es ist ein wenig, wie ein Schiff, was im Sturm auf einer Klippe gelandet ist und jetzt gegen die Felsen geworfen wird. Mit jedem Schlag bricht es mehr ausseinander, bis es endgültig sinkt. Ich sehe nur noch diese übermächtigen Felsen und weiss nicht, was ich tun soll.

Wenn ich so überlege .... vielleicht hat das Leben gar nicht aufgehört mich zu interessieren, vielleicht enttäuscht es mich einfach nur dauernd und ich habe eine regelrechte Abneigung und Furcht davor entwickelt. Ja, vermutlich ist es das. Das Leben ist ein Spiel an dem ich nicht teilnehmen möchte. Ich verstehe die Regeln nicht und ich bin nicht gut genug, um mit den anderen Spielern mithalten zu können. So ähnlich, wie im Sportunterricht in der Schule. Etwas nicht zu beherrschen war für mich immer mehr als Grund genug, es einfach zu lassen und Angst davor zu entwickeln. Ich mag einfach nicht immer nur verlieren. Ich will nicht der sein, der am Rand sitzt und zusieht, weil er nicht gut genug ist. Ich mag nicht der sein, der anderen das Spiel versaut und böse Blicke erntet oder anderen im Weg steht. Meine Wahl in dieser Situation ist immer schlicht nicht da zu sein, unsichtbar zu sein. Und doch, wenn ich das lese, sehe ich im Grunde selbst, dass es längst nicht mehr um das Spiel geht, sondern nur um all das, was mich davon abhält. All das, was zwischen mir und dem Leben steht. Ja, ich habe längst die Fähigkeit verloren, das Leben als solches und ohne Wertung zu sehen.

Was nützt mir diese Erkenntnis? Nichts, ausser dass ich weiss, dass ich nicht lebe um zu leben.

22.09.2004

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2056

Das Jahr 2056. Mit 85 Jahren begebe ich mich endlich in den Ruhestand. Vorzeitig natürlich. Oh mein Körper hätte es noch länger gemacht, dank der verjüngenden Medikamente, den diversen nanotechnologischen Implantaten und den künstlichen Organen. Die künstliche Niere, die dem Urin gleich einen Zitronenduft und einen Kloreiniger hinzufügt war 2047 der Renner. Aber eben .. der Ruhestand... die Seele und der Arbeitsmarkt habens ausgemacht. Beide spielen nicht mit. Der ganze Markt für organische Betriebssysteme wurde auf den Mond ausgelagert. Die Kosten sagten sie. Wer hätte gedacht, dass Indien den Mond aufkauft und darauf das "Luna Support- & Entwicklungszenter" eröffnet. Naja, ist ja auch egal, Manager waren schon vor 40 Jahren verdammte Blutsauger und Lügner. Und sie sind es auch heute noch, auch wenn die meisten von ihnen durch Management-Systeme der Firma Cravatine Inc. ersetzt wurden.

Ich drifte ab, wo war ich? Ach ja die Seele, trotz implantierten Serotonin Nano-Steuerelementen hat sich nicht viel geändert. Diese Neuro-Interpreten, alles Quaksalber. Sie werden nie begreifen, was Depression wirklich ist. Sie glauben, es reiche ein Analysegerät ans Neurointerface hängen und dann wüssten sie alles. Ich hab ein bisschen Angst, wie ich es in den nächsten Jahren schaffen soll. Immer noch Zukunftsangst, ist das nicht lustig? Längst ist die Zukunft von früher Vergangenheit geworden und noch immer beschäftigt mich nichts anderes. Aber was soll man sagen, seit die Lohngelder direkt an die Steuerämter bezahlt werden und man aufgrund der inviduell berechneten Bedürfnis-Kurve Rück-Zahlungen erhält, ist das haushalten ziemlich schwierig geworden. Ich weiss auch noch nicht, wie ich die nächste Schutzgeldzahlung an die Krankenkasse bezahlen soll.

Morgen muss ich zum regionalen Partneramt. Ja, so ist das, seit es auf einen arbeitenden Menschen 5 Rentner gibt. Zum Glück hat man angefangen, auch für Künstliche Intelligenzen Rentenabgaben von den Firmen zu verlangen, aber natürlich verstecken und vertuschen sie das oder machen von gesetzlichen Schlupflöchern Gebrauch, wie sie es immer taten. Wo war ich noch gleich? Ah ja beim Partneramt. Bin ja immer noch Single, verdammtes Leben, ich habe jede Minute davon gehasst, ich wollte nie allein sein, aber ich habe es nicht geschafft, ich bin das ganze Leben noch nicht einmal nahe dran gekommen. Oh ja, ich wollte, glaube ich zumindest. Die Sehnsucht war da, ich habe an nichts anderes gedacht. Da war diese Frau, wenn ich jemals wirklich für jemanden etwas empfunden habe, dann für sie, aber ich hatte ihr nichts zu bieten. Es hätte nichts gebracht. Sie verdiente jemanden, der ihr so viel mehr geben konnte, als ich es jemals vermocht hätte. Liebe, hmmmm, was ist die Ewigkeit wert ohne das Gefühl geliebt zu werden? Nichts.

Ja eben, das Partneramt. Vor 15 Jahren wurde das Gesetz eingeführt, dass man als alleinstehender Ruheständler jeden Monat 15 Bestätigungen für Treffen mit potentiellen Partnern vorweisen muss, sonst erhält man nur noch eine winzige Rente. Weiss der Teufel, was das bringen soll. Es hatte irgendwas mit dem Pflegeaufwand und den Wohnquadrametern zu tun.

In gewissen Ländern, gibt es ja diese Befruchtungslager. Haben wir nicht immer gesagt, dieser Elektrosmog killt unser Mojo? Geglaubt haben sie es nicht und jetzt müssen die, bei denen noch was geht im Akkord für den Erhalt der bedrohten Rassen sorgen. Es tue angeblich ziemlich weh - in den ersten Monaten. Gewisse Parteien wollen das auch bei uns. Verdammte Liberale, jeden Mist von Eurasien wollen sie bei uns einführen.

Vielleicht hätte ich vor einigen Jahren doch nach MS Land Corp. auswandern sollen. Kann mich noch erinnern, als beschlossen wurde den Weltkonzernen das Recht Staaten zu gründen zugesprochen wurden. Die Vereinte Nationen AG, bestand ja sowieso nur noch aus diesen Pseudo-Aristokratischen Konzern-Lobbyisten. Ich weiss noch, der amerikanische Präsident, Graf Bush der 7te, begann damals seine Rede vor den Vereinten Nationen AG mit einer Werbenachricht für eine Ölfirma und endete sie mit dem Hinweis, dass er von seinem Amt zurücktrete und neu CIO derselben Firma sei. Was für ein Trottel. Schon zwei Jahre später gabs kein Öl mehr und der Begriff "Exodus aus Exxonien" war in aller Munde.

Aber sonst war die Entscheidung wohl richtig. Wenn wir ehrlich sein wollen, regierten die Konzerne die Staaten doch schon die letzten 60 Jahre. Neinein, so ist es ehrlicher. Es war halt eine Umstellung, als die Weltkarten neu gezeichnet wurden und Panasony-Land, das Siemensmanische Reich, Neunovartien, Aldistan, die Kikomanische Volksrepublik, Ikeanien und all die anderen Staaten ausgerufen wurden. Und natürlich kam der darauffolgende Atomschlag von Novartien auf Rocheitzien nicht ganz unerwartet. Ja der Begriff "feindliche Übernahme" stand früher mal für etwas anderes. Aber das dumme Geschwafel der früheren Politiker hat zumindest nahezu ein Ende gefunden. Ausser bei uns natürlich. Die Genossenschaft "Eidgenössisches Helvetien" blieb ja nahezu unangetastet. Der Kurs für den Partizipationsschein steht aber schon lange verdammt schlecht.

Gerade gestern habe ich über mein kostenpflichtiges Neuro-News-Implantant den Gedanken-Flash erhalten, dass wohl in gewissen Ländern laut über ein Alterslimit diskutiert wird. Man stellt sich vor, dass bei 100 Schluss sein soll und wenn das nichts bringt, gedenke man die Grenze weiter zu senken. Ich hab dann den Gedanken-Channel gewechselt. Ist ja eigentlich illegal, aber in unserer Branche hat man seine Möglichkeiten. Ja diese verfluchte Werbung. Früher musste man sie nur sehen, aber heute riecht man sie, hört sie, schmeckt sie. So, ich muss mich bei meiner anderen Arbeit einloggen. Schliesslich kann man nicht bei allen 3 Jobs gleichzeitig in Rente, aber die 5 Jahre schaff ich doch auch noch und nur noch 40 Stunden pro Woche ist doch eine Erleichterung.

22.09.2004

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Eiszeit

Ich wurde kürzlich gefragt, welche Ziele ich denn für die nächsten zwei Jahre hätte. Es war eine Frage, die ich nicht zu beantworten vermochte. Ich überlegte wohl einen Moment, aber ich konnte die Antwort nicht sehen. Ich habe seither ein paar mal überlegt, was die Antwort sein müsste, doch auch jetzt fällt mir dazu nichts ein. Mein Job erlaubt mir nicht, irgendetwas zu planen, irgendeine mittelfristige Perspektive zu entwickeln. Doch so gern ich diesen Grund auch nach vorne schiebe, so ist es doch nicht der Einzige. Es ist dieser absolute Stillstand in meinem Leben. Ich irre verloren in einem Labyrinth herum und finde nicht mehr heraus. Ich finde die Antworten nicht, die ich bräuchte und ich bin nahezu sicher, dass ich sie alleine nicht finden kann. Ich verzweifle daran und ich bin so unglaublich müde. Ich habe die Hoffnung verloren. Die Hoffnung in alles, in die Menschen und am meisten in mich selbst. Und ist Hoffnung nicht der Treibstoff der Seele?

Was ist in zwei Jahren? Vermutlich das gleiche, was in den letzten 33 Jahren war. Ich werde immer noch allein sein, werde es noch weniger ertragen. Ich werde versuchen meinen Lebensinhalt in einem Job zu sehen, der mich völlig überfordert, der es aber auch nicht wert ist. Ich werde auch weiterhin keinen Glauben an diese Welt noch Vertrauen in sie gefunden haben. Ich kann einfach keinen Gefallen in den Banalitäten finden, denen die normalen Menschen so gerne nachhängen. Das Leben der meisten Menschen ist nichts anderes als Selbstbetrug, als Ablenkung von den Tatsachen. Ich möchte sie allesamt schütteln und ihnen ins Gesicht schreien, ob sie denn nicht sehen, wie das alles wirklich ist, dass nichts einen Sinn hat.

Ich spüre ständig diese Sehnsucht in mir nicht zu existieren. Dieser Wunsch ist so stark, dass alles um mich herum bedeutungslos ist. Und diese Sehnsucht ist schon so lange da. Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, dass irgendwas jemals dieses Gefühl wieder auflösen kann. Ich weiss selbst nur zu gut, was ständige Enttäuschung über sich selbst und der Wunsch keine Gefühle mehr zu empfinden in einem zerstören kann. Vielleicht ist der Wunsch nach dem Ende der Existenz nur die logische Konsequenz. Es scheint so viel besser zu sein, als die nächsten 50 Jahre allein zu sein, sich jeden Tag schlecht zu fühlen, ungreifbare Ängste zu haben. Wie lange muss man es sich wünschen, bis es in Erfüllung geht?

Welche Ziele habe ich für die nächsten zwei Jahre? Ich möchte, dass die Sonne explodiert, dass die Erde sich allen als die Hölle zeigt, die sie wirklich ist, bevor sie untergeht. Ich möchte dass die Menschen verstehen und endlich alles zuende ist.

14.02.2004

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Dienstleistungsrichtlinie

Hinter diesem schönen Ausdruck verbirgt sich wieder mal etwas, was mir die Galle aus sämtlichen Körperöffnungen drückt. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben doch tatsächlich in Erwägung gezogen, dass Dienstleister ihre Arbeit im EU-Ausland nach den Vorschriften ihres Heimatlandes anbieten dürften. Ich mag ja politisch nicht der Überstratege sein, aber jetzt mal ehrlich: Wie kann man über so einen Unsinn auch nur eine Sekunde nachdenken. Was ist mit diesen EU-Träumern bloss los? Wollen sie ums Verrecken jeden der in Europa einen Job hat oder ein Geschäft betreibt in Arbeitslosigkeit und Konkurs treiben? Und alles nur um des vermeintlichen Wachtsums Willen? Denken die Leute überhaupt nicht über ihre Handlungen nach? Glauben die denn tatsächlich, dass wenn auch die letzte Firma nach Asien gezogen ist und wenn auch der letzte qualifizierte Mensch hier seinen Job verloren hat, dass dann noch irgendetwas Profit erwirtschaftet, dass dann noch irgendwas irgendwohin wächst? Dass es dann noch eine Zukunft für Europa gibt? Nein, wir steuern geradewegs darauf zu unseren Weg als untergegangene Hochkultur in die Geschichtsbücher zu finden.

Oh, wir haben nochmal Glück gehabt, das Gesetz wurde abgelehnt. Und warum? Nein, es wurde nicht abgelehnt, weil es schwachsinnig und ruinös ist. Es wurde abgelehnt, weil Chirac Angst hat, dass sein Volk die Europa-Verfassung ablehnen würde und Schröder, dass er dann die nächsten Wiederwahlen garantiert vergessen kann. Es ist einfach nur widerlich, von was für Gesindel die Welt regiert wird.

Es wär ja wirklich nett, wenn die ganze Welt offen wär und man überall Arbeit und Produkte zu ähnlichen Konditionen finden könnte, wenn überall die Standards und Lebensgrundlagen gleich wären. Aber soweit sind wir noch nicht. Und es kann doch nicht sein, dass man die Lebensgrundlage der Einwohner eines Landes systematisch zerstört, um sich Billiglohnländern anzugleichen, in denen die Rechte der Menschen mit Füssen getreten werden. Statt diesen Osterweiterungsblödsinn durchzuziehen hätte Europa besser zuerst versucht ein einheitliches Preisniveau herzustellen. Und dann hätte man über eine Erweiterung diskutieren können. Natürlich sind wir hier zu teuer und natürlich könnte man uns hier die Löhne streichen und ich hätte nicht mal etwas dagegen, aber nur wenn auch unsere Lebenshaltungskosten im gleichen Masse sinken. Alles andere ist nicht akzeptabel. Man kann nicht alle Jobs killen, alles ins Ausland verlagern und die Produkte hier zu Höchstpreisen verkaufen wollen und dann jammern, dass der Konsum zurückgeht. Wie blöd oder ökonomisch-studiert muss man eigentlich sein, dass man das nicht begreift?

Und dann blickt man nach Kirgisien, wo sie just heute ihren Präsidenten zum Teufel gejagt haben und man wünscht sich ganz still und heimlich, dass auch die Schröders, Chiracs, Blairs, Bushs etc. dieser Welt bei Nacht und Nebel aus ihren Häusern flüchten müssen, weil der Mob nicht länger gewillt ist, ihre Spielchen hinzunehmen.

24.03.2005

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Ewigkeit

In dieser herbstlichen Zeit sieht man überall den Wandel der Zeit, man sieht die Vergänglichkeit von allem und spürt die Ewigkeit. Vielleicht ist es die Jahreszeit, vielleicht ist es mein Alter, vielleicht sind es die Veränderungen in meinem Leben, aber ich bin im Moment in einer sehr seltsamen Stimmung. Ich nehme Dinge anders wahr. Ich fahre durch das Dorf, wo ich aufgewachsen bin und ich nehme Veränderungen wahr. Ich sehe neue Gebäude entstehen, Leben einziehen. Ich sehe am anderen Ende Häuser, wie sie abegrissen werden, wo vor Kurzem noch das Leben blühte. Ich sehe die Veränderungen in der Natur. Und im Geiste verschmelzen diese Bilder und es wird alles zu Einem. Entstehung, Zerstörung, Altes weicht neuem, Leben und Tod und das alles wird zu einem Abbild der Ewigkeit. Das ist, was alles ist.

Was wäre, wenn wir diese Veränderung, diesen ewigen Zyklus nicht wahrnehmen könnten, wenn alles statisch wäre? Würde dann die Zeit als solches aufhören zu existieren? Wie würde unser Geist auf diese Realtität reagieren? Angenommen, wir könnten ewig leben, würden wir mit dem Wandel zu recht kommen? Würden wir daran verzweifeln, weil wir irgendwann die Fähigkeit zur Adaption, oder auch nur die Lust oder das Interesse an der Adaption verlören? Würde nicht alles gleichgültig? Oder würde uns gerade der andauernde Wandel am Leben erhalten und uns zum Weitermachen bewegen? Welchen Stellenwert hätten noch Besitztümer und Statussymbole? Was würden uns Gefühle und Emotionen bedeuten? Ewigkeit und Wandel, sind das Begriffe, die sich ausschliessen oder sich brauchen und die Grundlage für die Existenz des jeweils anderen erst begründen?

Als junger Mensch fehlen einem die Konzepte zur Ewigkeit und doch vermittelt doch gerade das Bild der Jugend und die kaum objektiv erfassbare lange Zeitdauer das Bild der Ewigkeit. Und ist es nicht so, dass man als junger Mensch das Gefühl hat man könnte ewig leben? Aber diese Perspektive für die Ewigkeit ist sicherlich die Falsche, weil man sich in der Ewigkeit als unveränderlich sieht. Man glaubt, der derzeitige Standpunkt, das Aussehen, der Glauben, die Kraft und Dynamik, ja die ganze Welt um einen herum bleibt statisch und es fehlt einem die Erkenntnis und die Erfahrung zu sehen, was Leben ist. Ja, es fehlt das Verständnis, dass Ewigkeit Wandel bedeutet. Währenddessen haben die Alten eine kleine Ewigkeit hinter sich. Sie haben wohl Wandel gesehen und erlebt. Wie sie diese wohl verstehen? Haben sie gesehen, dass schon eine kleine Ewigkeit den Menschen aufzehrt und am Ende nur durch die Endlichkeit im Kleinen, die Ewigkeit im Grossen möglich ist? Vielleicht verstehen sie durch ihre kleine Ewigkeit ihre eigene Endlichkeit und Vergänglichkeit. Ob ihre Warnehmung von Zeit und Wandel denn die Richtige ist? Man sollte es meinen und doch stell ich mir vor, dass auch sie wiederum verzehrt ist von der kurzen verbleibenden Dauer, von Ängsten und von den Erinnerungen an die Vergangenheit geprägt ist.

Nun ich jedenfalls stehe scheinbar irgendwo in der Mitte dieser verschiedenen Wahrnehmungen. Ich sehne mich nach der Fähigkeit zur Ewigkeit mit dem Verständnis und Erfahrung von langem Leben. Was den ewigen Wandel angeht, bin ich unschlüssig. Die Sehnsucht nach Statik wird vom Wunsch nach Abwechslung verdrängt, um sofort danach in die Angst vor Veränderung überzugehen und den Wunsch zum Stillstand heraufzubeschwören. Auch das ein ewiger Zyklus, statisch und veränderlich zugleich.

22.10.2005

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Vertrauen

Ich habe letzthin wiedermal angefangen meinen Lebenslauf auf Vordermann zu bringen. Jaja, ich spiele schon seit Jahren mit dem Gedanken aus meiner Unzufriedenheit auszubrechen und meine Dienste einem anderen Blutsauger anzubidern. Nun ja, allein der Akt den Lebenslauf zu öffnen und darin herumzuklicken stellt schon eine kleine Rebellion dar, einen Beweis der Absicht und es tut wirklich gut. Wahrscheinlich wird wie immer nichts weiter damit passieren. Jedenfalls stecke ich grade mal wieder in einer tiefen Krise, was meinen Job angeht. Ich glaube, um derzeit nicht an dieser Aufgabe zu verzweifeln, bräuchte es ein sehr gefühlloses Zombie.

Was ist denn schon so schlimm daran? Es ist ein Job. Manche wären froh, einen Job zu haben und mir fällt nichts anderes dazu ein, als Tag für Tag darüber zu schimpfen. Ich weiss und dennoch gehöre ich zu der Gattung Menschen, die glauben, dass ein Job mehr ist als ein Job. Arbeit soll befriedigen, soll einem das Gefühl geben gebraucht zu werden und etwas bewirken zu können. Man sollte in seiner Arbeit die Möglichkeit haben zu wachsen und dazuzulernen. Man verbringt doch so viel Zeit an diesem Ort, dass die Kollegen so etwas wie Familie, der Arbeitgeber sowas wie Eltern und der Arbeitsort so etwas wie Heimat sein sollte. Das ist natürlich sehr übertrieben ausgedrückt und dennoch sollte es nicht wirklich zumindest ein bisschen so sein? Wer identifiziert sich nicht so stark mit seiner Arbeit, dass er sich nicht schlecht fühlt, wenn es auf der Arbeit mal wieder so richtig zum Kotzen lief? Mir geht es so und darum geht es mir besonders schlecht, wenn ich in einem Job stecke, der mich nicht weiterbringt. Wenn ich mich dauernd überfordert fühle, wenn ich von keiner Seite die Hilfe kriege, die ich brauche. Wenn ich für einen Arbeitgeber arbeite, der seiner Workforce die Loyalität gekündigt hat, die Notwendigkeit von Perspektiven und Weiterbildung negiert und Menschen nur noch als Kostenfaktoren sieht. Sobald jemand in einem Projekt nicht mehr genügend Stunden rapportiert, wird er einfach entlassen. Manchmal werden die Leute auch einfach entlassen, weil halt grade von oben her angeordnet im Giesskannenprinzip überall 10 % entlassen werden müssen. Sinnigerweise ist es in diesen Fällen egal, ob man gute Qualifikationen hat, in Arbeit schwimmt oder ob man ein langjähriger Mitarbeiter ist. Interessant, in unserer Firma hatten die Entlassungsprogramme in den letzten 5 Jahren stehts hochtrabende Projektnamen und jetzt ist man doch tatsächlich dazu übergegangen sie nur noch zu numerieren. Ich schätze, sie haben den Typen entlassen, der für die Namen verantwortlich war oder vielleicht waren die Namen zu teuer.

Ich weiss meine Branche steckt in einer tiefen Krise. Der Preisdruck ist gewaltig. Die Kundenanforderungen sind noch grösser. Wir müssen unsere Jobs im alten Europa killen und sie in Billiglohn-Ländern erledigen lassen, weil sonst gewisse Aufträge überhaupt nicht zu kriegen sind. Ich weiss, dass wir unter Problemen leiden, die vorher andere Branchenzweige mit der Automatisation erlebt haben. Ich weiss es, aber ich will nicht dass es so ist. Ich will nicht dass knopf-äugige, geiergesichtige, erbsenzählende, schleimige Managerparasiten all das Schöne in meinem Job und in meiner kleinen Welt kontrollieren und zerstören. Ich will nicht, dass unsere interessanten Jobs in billige Ländern abwandern, wo andere Werte und Ansichten zu Menschenrechten gelten. Ich will nicht, dass wir hier über die Kosten von einem Menschen streiten müssen, aber in Indien Tausende eingestellt werden. Ich will nicht, dass die Menschen nicht verstehen, dass die ökonomischen Prinzipien nur ein kleines Spektrum der Welt erklären und somit einfach nur falsch und verhängnisvoll für die Welt, für die Menschen, für unsere Zukunft sind. Ich will nicht, dass wir von globalisierungsverblendeten Naivlingen regiert werden.

Jedenfalls haben die letzten Jahre, in denen ich unter den oben beschrieben Problemen gelitten habe, ihre Spuren hinterlassen. Es fällt mir wirklich extrem schwer jemandem zu vertrauen. In meinem Kopf hat es sich festgesetzt, dass es so etwas wie Loyalität und ethische Werte von seiten Arbeitgeber nicht mehr gibt. Ich traue niemandem mehr. Entweder man wird belogen oder hat es mit schlecht informierten Zeitgenossen zu tun. Ich schätze, auch das macht einen Neuanfang schwer. Was, wenn ich mich irgendwo vorstelle und die erzählen mir in bester neunziger Manier, dass die Mitarbeiter das höchste Gut seien und das grosser Wert auf Sozialkompetenz und SoftSkills gelegt wird. Würde ich diese Person mit seiner eigenen Kravatte strangulieren, ihn auslachen oder einfach anfangen zu heulen. Ich weiss nicht. Es wäre schön, eine ehrliche Arbeit zu tun, in einem Umfeld, dass noch nicht von diesem Globalisierungsgeschwür zerfressen ist. In einem Umfeld, wo nicht die eigentliche Arbeit durch Beiwohnen in Meetings und Telefonkonferenzen und regulatorischem Unsinn ersetzt wurde. Ich sehne mich danach, dass Vernunft, Einsicht und Werte in diese Welt zurückkommen. Ich sehne mich danach, Hoffnung und Perspektiven haben zu dürfen, den Menschen glauben zu können und nicht ständig nur in Sorge zu leben.

08.04.2006

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Papst vs. Islam

Am Thema Islam kommt man ja dieser Tage nicht vorbei und das geht nicht nur mir so, auch dem Papst scheint das Thema ganz schön auf Agenda und Magen zu liegen. Naja, der Gute sollte sich wahrscheinlich auch eher damit beschäftigen, als ich.
Da lässt er in einer Rede so nebenbei einen vermeintlich unbedachten Spruch fallen und die halbe islamische Welt ist ausser sich und fühlt sich auf die eigene Heiligkeit getrampelt. Sie drohen dem heiligen Vater mit Gewalt, weil er eine Diskussion aus längst vergangener Zeit zitiert, wo einer meinte, dass der Islam mit dem Schwert verbreitet würde. Man droht ihm also in der Art: Wenn Du nicht aufhörst zu behaupten, ich sei gewalttätig, dann hau ich Dir aufs Maul. Tja, was soll man dazu sagen?

Sehr amüsant, doch mitnichten unerwartet, kommen diese Drohungen aus der Windrichtung, aus der sonst Hetztiraden dröhnen, Rauch von verbrannten Fahnen herüberqualmt und Steine geflogen kommen. Geradezu dramatisch mutet dieser vorgetragene Akt dieses Gefühls des Verletzseins im eigenen Glauben und dieses kollektive Tränendrüsen-Gedrücke schon an. Man könnte auch sagen, es sei ziemlich vermessen angesichts deren Umgang mit anderen Konfessionen. Man ereifert sich zwar, dass da wieder Islam und Islamismus in einen Topf geworfen wird, aber wo bleiben denn eigentlich die Aktionen der islamischen Glaubensführer, ihre extremen Kreise in Zaum zu halten, sie auszugrenzen und ihnen Einhalt zu gebieten?? Ich lese davon nichts.

Aber wie auch immer, man wirft dem katholisch konfigurierten Voice-Interface Gottes vor, er sei arrogant gewesen und würde anderen Glaubensrichtungen nicht die Wertschätzung entgegen bringen, die man in unserer so liebenswerten und politisch korrekten Gesellschaft heute aufbringen sollte.
Ich meine, man muss das aus einer anderen Richtung sehen: Was ist denn ein Glauben anderes als ein Produkt? Ja, ein Produkt und der Papst ist der CEO der Firma, die das Recht drauf hat. Für jeden Geschmack gibts irgendwelche Produkte und jede Firma versucht ihre Zielgruppe bei der Stange zu halten und mit geschickten Marketingmassnahmen im Markt Anteile zu gewinnen. The Sky oder hier eher the Heaven is the limit. Dass da der Firmenpräsident halt hin und wieder auch mal den einen oder anderen verbalen Hieb auf die Konkurrenz loslässt kann doch wirklich nicht erstaunen. Ich würde das sogar erwarten und noch weiter gehen. Die katholische Kirche und ihre pro-Thesen behaftete Light-Version - die Protestanten - sollten vielleicht mal wieder die Hosen runterlassen und ihre Botschaften, ihre Ansichten und vorallem ihre Ziele klar offenlegen. Die Protestanten können sie von mir aus auch an irgendwens Haustür nageln.
Dass die Christenheit die Sache mit der Nächstenliebe seit der Existenz ihrer weltlichen Machtinstanzen noch niemals im Griff hatte, braucht man hier auch wirklich nicht mit Beispielen zu unterlegen. Und dass sämtliche monotheistischen Religionen in ihrem Pflichtenheft die Missionierung (Kundenaquisition) stehen haben, ist ebenfalls zur Genüge bekannt.

Der Punkt ist, dass doch schliesslich auch die Christen und ihre diversen Schattierungen, genau wie jede andere Glaubensrichtung felsenfest davon überzeugt sind, dass sie die einzig korrekt ausgeleuchteten sind oder schöner ausgedrückt: Sie haben einen Exklusivitätsanspruch. Den Anspruch der absoluten Wahrheit. Sie posaunen das nur nicht ganz so offen heraus wie die Muslime.
Was man dann bei den Muslimen anprangert, vertuschen wir in unserer Gesellschaft sehr gern mit geheuchelter Nächstenliebe, vorgegaukeltem Verständnis und Versuchen der Annäherung. Und was soll Annhäherung bringen? Was soll Ökumene bringen? Das soll doch nichts anderes sein, als eine Chance zu schaffen, vielleicht dem anderen ein paar Kunden, sorry Anhänger abzuluchsen und ihnen auf dem Herausweg ein paar Heilsbotschaften auf den Rücken zu heften ... "Okily-dokily Nachbar".
Verschiedene Glaubensrichtungen können einfach nicht miteinander, das geht vom Inhalt schlicht nicht. Also wieso tun sie so, als wollten sie es probieren, als wäre es ihnen tatsächlich ein Anliegen? Sollte man wirklich glauben, dass nach einer Annäherung die obersten Instanzen hingehen und den Kern ihrer Religion modifizieren, weil sie im gemeinsamen Gespräch erleuchtet wurden? "whoooa, der Muslim hatte eine fantastische Idee, wie wir die Offenbarung auslegen sollten, lass uns das ganze nochmal überdenken" ...

In den grossen monotheistischen Religionen ist doch seit 2000 Jahren keine neue Erkenntnis mehr irgendwohin geflossen, nichts hat sich irgendwohin entwickelt. Sie befinden sich in einer geistig und geschichtlich zementierten Starre und würden am liebsten immer noch in Sandalen durch die Wüste latschen und mit brennenden Dornenbüschen reden. Hätten es in dieser Region der Welt nicht ein paar Individuen durch Nachdenken (das schreibt sich N-A-C-H-D-E-N-K-E-N) und handfeste Beweise geschafft, die Welt wissenschaftlich zu erklären, dann würden auch heute noch Hexen verbrannt, bzw. ich wäre längst abgefakelt worden (Ich sage nur 2. Mose 22,17. Selbst Luther fand diese Stelle so klasse, dass er sie in seine Cover-Version der Bibel übernommen hat).

Sollten wir denn wirklich akzeptieren, dass wir uns in der westlichen Welt unsere Kultur, unsere Wissenschaftlichkeit, unsere Redefreiheit, unsere Demokratie, unsere Art des Lebens von irgendeiner Ausprägung des Glaubens verbieten lassen, weil sie evtl. eine künstliche inszenierte religiöse Massenhysterie und ein kollektives "sich-im-Glauben-verletzt-fühlen" auslöst? Nein. Sollen wir uns irgendetwas verbieten lassen, weil irgendjemand, irgendetwas glaubt? dreifaches Nein! Indem man jetzt nicht der ganzen - wie auch immer religiösen Welt - klare Grenzen aufzeigt, bis zu der der Goodwill unserer Kultur und das Verständnis für religiöse Aufdringlichkeit reicht, schafft man eine Situation, in der man sich in die Defensive und in den Erklärungsnotstand drängen lässt. Das gilt genauso für die islamischen Steinewerfer, wie für die zurückgebliebenen christlichen Kreationisten und jede andere wie auch immer extremistische Ausprägung von verblendetem Glaubenswahn. Freunde Ihr dürft glauben, was ihr wollt, aber wenn ihr mir damit irgendwie kommt, dann ist fertig lustig!
Ihr könnt dann wieder an meiner Haustür klingeln, wenn Ihr mit jedem Menschen dieser Welt geredet habt, wenn Ihr jedes Buch dieser Welt gelesen habt, jedes Objekt und jedes Wesen dieser Welt gesehen habt, jede Frage gestellt und jede davon beantwortet bekommen habt. Vorher ist alles, was zwischen Euren verblendeten Scheuklappen steckt Glaube, nicht Wissen, nicht Weisheit und nicht Wahrheit und ihr habt keinerlei Grundlage, so zu tun als wäre es irgendwie anders. Und Ihr habt auch kein Recht anderen Leuten damit das Leben schwer zu machen oder ihnen Euren Glauben aufzudrängen.

Also, wie weiter oben gesagt, es wär mir lieber, wenn die Religionen ihren Anspruch auf einzige Wahrheit klipp und klar deklarieren müssten. Genauso wie auf dem Fleisch die Herkunft steht "Schweineschnitzel, aus Bulgarien", "Mein Glaube toll, Dein Glaube doof." "Warnung, dieser Glaube ist nicht kompatibel zu anderen Glauben" "Wir sind die einzigen, ihr anderen seid Ketzer und gehört verbrannt".
Auf so einer Ebene kann man dann arbeiten, beziehungsweise ehrlich und konsequent gegeneinander arbeiten. Im besten Fall erreicht man einen Konsens, der es erlaubt, dass man sich nicht gegenseitig die Schädel einschlägt und das nervige herummissionieren einfach mal sein lässt.

Vielleicht sollte die UNO oder sonst wer ein paar Gebiete in der Welt zu DeSpiritualisierten Zonen (DSZs) erklären. So könnten Leute, wie ich, die dieses infantile Getue einfach nur satt haben, in Ruhe leben.

Gerade diese Woche sah ich im Fernsehen Bilder von diesen "Jesus-Camps" in Amerika, wo die hellst-erleuchteten Superchristen kleinen Kindern mit Hirnwäschen die unendliche Liebe zu ihrem Gott in den Kopf gehämmert wird. Es hat mich angewidert, diese weltfremde Dummheit, diese Arroganz, diese Ignoranz, diese ekelerregende, abartige, degenierte Heuchlerei. Doch zumindest bekennen sie Farbe. Zumindest stellen sie sich endlich auf die gleiche Ebene, wie die extremen Kreise im Islam. Sie lassen die künstlichen Fassaden der Gefühle der Nächstenliebe fallen und machen die Fronten klar. Ja, eigentlich müsste es mir eine Freude sein zuzuschauen, wie sie sich gegenseitig immer mehr aufstacheln, sich für den grossen Endkampf bereit machen. Und wenn sie dann ihre heiligen Legionen auf die Schlachtfelder führen und gegeneinander im Namen ihrer Götter streiten, dann sollte ich mir einen Logenplatz sichern und zuschauen. Zuschauen, wie sich wegen der dummen kleinen Differenzchen in der 2000 Jahre alten Auslegung ihres Glaubens gegenseitig den Garaus machen "mein Prophet ist der richtige, deiner ist blöd" "stimmt gar nicht, mein Prophet kann übers Wasser gehen, Deiner nicht" ... ich könnte mich am Boden rollen vor lachen. Ein grandioses Schauspiel, von göttlicher Qualität. Eines Loki würdig.

Vielleicht finden sich für die religiösen Wirren auch andere Lösungen, vielleicht kommt ja die Zeit, wo der Vatikan die Ökonomie entdeckt und zur Aktiengesellschaft wird. Dann werden auch feindliche Übernahmen an der Börse möglich sein. "Börsenbericht 2053: Die Vatikan AG hat heute die Idiotology Empire AG übernommen und so einen Marktanteil von 47 % erreicht. In der Folge haben die Aktien der Jerusalem Jews AG deutlich an Terrain verloren. Gerüchte über ein Merger von Urinella Badewasser GmbH mit den Zeugen Yoghurts konnten derzeit nicht bestätigt werden. Die Vorletzen der übernächsten Tage der Kirche Hormon prüfen, ob sie eine Wettbewerbsklage einreichen wollen. Traditionell heidnische Einzelunternehmer rechnen nach ersten Umfragen nicht mit Einbussen. Kunden sollten jedoch von günstigen Tauf- und Ablassangeboten profitieren können. Die EU Wettbewerbsbehörde verklagt die Microsoft Church und verlangt, dass sämtliche religiösen Symbole aus Windows 3000 entfernt werden, sowie die bisher geheimen Schnittstellen zu Gott offengelegt werden, da sich Open-Source Religionen benachteiligt fühlen"

Ja, lacht mich aus, aber die Zeit wird kommen.

Was wollte ich eigentlich sagen? Ja eben, mein Punkt ist: Was soll die künstliche Entrüstung und das Geheuchel wenn der Papst sein Produkt an den Mann und an die Frau bringen will. Der Markt ist derzeit 7.5 Millarden Menschen. Davon sind mehr als 2 Mrd christlich, 1.3 Mrd islamisch und der Rest verteilt sich sonst wie. Also ist durchaus einiges an Potential zum Guten, wie zu Schlechten da. Wer am Ende gewinnt, tja das wissen die Götter ...

05.10.2006

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Zum neuen Jahr

Diesen Text habe ich zum Ende von 2006 an meine Freunde gesandt und möchte ihn auch den gelegentlichen Besuchern auf meiner Homepage nicht vorenthalten:

Die Tage von 2006 sind gezählt. Die Erde eiert auf ihren Bahnen mal wieder im verkehrten Winkel zur Sonne. Es ist trüb und kalt. Der Geist von Weihnachten fordert seinen Tribut an Nerven, Geld und Toleranz. Es ist mal wieder Zeit für Andre's Jahresend-Grüsse.

Die (h)eilige Zeit hat dieses ganz seltsame Potential des zwiespältigen Eindrucks. Sicherlich bedingt durch einen Urinstikt. Irgendwelche Synapsen im frühmenschlichen Teil meines Hirns signalisieren, dass die Mammutschenkel im Gefrierteil der Höhle einsortiert sind, dass die Lagerbestände an Beeren und Nüssen bis Frühling reichen und wir uns eigentlich gemütlich grunzend mit der Liebsten auf dem Bärenfell vor dem Lagerfeuer zusammenrollen dürften. Doch, oh Fluch, die Zeiten haben sich geändert und so sind meine modernen Gedanken erfüllt von diesem ständigen diffusen, schlechten Gewissen des Getriebenseins. Ich hätte noch Leute besuchen, anrufen oder schreiben sollen, ich hätte noch Geschenke kaufen und Arbeiten in Wohnung und Geschäft beenden sollen. Ich hätte noch dies, müsste noch das und sollte noch anderes und jenes. Und so verflüchtigt sich die ersehnte Besinnlichkeit und die mentale Verfassung ähnelt der eines angeschossenen Wolfes auf der Flucht vor einer Meute blutlechzender, heulender Hunde.

Ja, an manchen dieser heiligen Tagen wünscht man sich in die Gummizelle mit der "ich-hab-mich-lieb-Weste" und ein paar Medis, die einem ein bisschen Qualitäts-Zeit im Lala-Land bescheren. Statt Weihnachtswünsche möchte man Notsignale verschicken. Aber nächstes Jahr wird ja alles anders, nicht wahr? Nächstes Jahr machen wir uns nicht mehr diesen Stress, NICHT WAHR?!

Woran liegt das bloss? Was ist falsch, was fehlt? Warum ist alles zu diesem surrealen Einerlei geworden? Schlafen, arbeiten, schlafen, arbeiten und alles links und rechts geht verloren und vergessen. Die Batterien sind leer und das ganze Leben wird im Panikmodus gefahren. Freunde und Familie werden vernachlässigt, Leidenschaften und Rituale gehen verloren. Ja zu oft fehlt selbst die Zeit zum Notwendigsten und wir hängen uns an ein paar schöne Erinnerungen aus vergangenen Zeiten, träumen davon was war und was sein sollte. Was genau wollen wir damit eigentlich erreichen? Haben wir uns durch diese ständige Rennerei nicht längst verrannt? Haben wir nach dem ewigen Streben nach irgendwas nicht längst vergessen, was es überhaupt war was wir wollten? Worin liegt noch wahre Qualität in dieser Zeit, in der alles in Bedeutungslosigkeit abgedriftet zu sein scheint? Ein Zeichen der Zeit oder ein Zeichen des Älterwerdens? Geht es nur mir so?

Wenn ich mir zu Weihnachten eine Sache wünschen könnte, dann wäre es Zeit. Sie ist ständig knapp und scheint dieser Tage das kostbarste Gut zu sein.

Darum wünsche ich Euch für das neue Jahr nebst genügend Mammutschenkeln vorallem viel Zeit für Euch und die wichtigen Dinge des Lebens.
Und falls Euch - wie mir - manchmal die Fähigkeit fehlt die richtigen Prioritäten zu sehen, dann schaut Euch einfach dieses Bild an und fragt Euch wie gross und dringend das Problem wirklich sein kann.

Frohe Festage, einen guten Rutsch, viel Erfolg und ein spannendes neues Jahr.

31.12.2006

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Bobo vs. Christen

Dieser Tage gibt es wieder einmal Grund zur Erheiterung. Verursacher dieser Störung meiner emotionalen Gleichgültigkeit sind christliche Fraktionen in der Schweiz. Unsere monotheistischen Freunde haben es diesmal auf unseren guten alten DJ Bobo abgesehen. Als Freund und Verehrer gothischer Klangeskunst kann ich Angriffe auf Bobo natürlich verstehen. Er ist ja wirklich nicht gut und selbst dem hartnäckigsten Fan sollte doch irgendwann auffallen, dass jeder Song einfach genau gleich klingt. Sein selbst kreiertes Bühnen-Gezappel lässt einen anfänglich zuschauen, animiert aber schon einen Lidschlag später bestenfalls noch die Gesichtsmuskeln zur Faltenwerfung.

Bei aller Abneigung gegen seine Musik und sein Getanze scheint er trotzdem ein ganz netter Kerl und tut sicher keiner Fliege was zu leide. Nein, Gegenstand dieses Geschreibes hier sollen seine neusten Gegner sein, die selbsterhobenen Vertreter christlicher Moralwerte auf Erden.
Aber mal von ganz vorne: Unser Bobo gewinnt also die Ausscheidung für die Eurovision und darf unsere Flagge nach Helsinki tragen, voll Hoffnung in die haarigen Monsterstapfen von Lordi zu treten. Ach, was hab ich hämisch gelacht, als Lordi letztes Jahr gewonnen haben. Nun, statt sich für unseren Bobo zu freuen, nimmt die hiesige Christenheit Anstoss am Inhalt seines Songs "Vampires are alive". In den Medien muss ich lesen, dass der Song eine - Zitat -
"Verniedlichung von Vampiren, Teufel und Hölle" ist.
"Der Spass höre auf, wenn es um Satanismus und Okkultismus gehe".
"Der Vampir-Song ermutige die Hörer ihre Seele zu verkaufen und das Leben aufzugeben."
"Wer dem Teufel die Seele verkauft, verspielt sein ewiges Leben".
Es gibt gar eine Petition gegen Bobo. 50'000 christliche Stimmen wurden von der EDU gesammelt und nun muss sich der Bundesrat damit beschäftigen. Man sagt, der European Song Contest werde immer mehr zu einem Tummelfeld von Okkultisten und Satanisten. Sapperlot aber auch, sag ich da.
Ich meine, diese neuerliche christliche Ungeheuerlichkeit schlägt dem Weihwasser-Fass den Boden raus. Es ist ein Affront gegen die freie Meinungsäusserung, Religionsfreiheit und Trennung von Kirche & Staat in unserem Land. Was masst sich diese heuchlerische Bande eigentlich an, uns vorzuschreiben, was wir hören und sehen dürfen? Die EDU fühlt sich in ihrem Glauben verletzt?! Ich fühle mich durch diesen Quatsch in meinem Intellekt verletzt. Reiche ich deswegen eine Petition ein? Wir dürfen uns das nicht gefallen lassen und ich kann nur zu meinen Entitäten beten, dass im Bundeshaus noch ein paar Mauern der Vernuft stehen, die dem albernen Getröte dieser Jericho-Trompeten trotzen können.

Es ist schon unglaublich, wie es christliche Organisationen immer wieder schaffen, sich der kompletten Lächerlichkeit preiszugeben. Anschliessend ist natürlich das Geheule gross, wenn die Kirchen leer sind und man die Botschaft nirgends mehr los wird. Man jammert dafür umso mehr über die wertefreie Zeit und die Abkehr vom christlichen Geist. Vielleicht müsste man statt auf den Verfall von Wertesystemen, mal auf den Verfall von Leichtgläubgikeit und blindem Schäfchentum als Ursache für den kirchlichen Exodus prüfen.
Offensichtlich haben diese Organisationen überhaupt nichts aus der Schreckensherrschaft der Kirche der letzten paar tausend Jahre, der Entstehung und Verbreitung des Christentums gelernt. Sie glauben immer noch, dass sie Menschen einschüchtern und ihnen das Denken abnehmen müssen und erhoffen sich wohl, dass sie dadurch die Machtinstitutionen der Kirche wieder installieren können.

Es ist mir wirklich und wahrhaftig ein Rätsel woher diese christlichen Redelsführer den Anspruch nehmen, dass ihr Wertesystem das Mass aller Dinge ist. Muss ich wirklich einmal mehr auf das endlose Blutbad in der Bibel hinweisen? Statt Liebe und Werte zieht sich eine Blutspur von Kapitel zu Kapitel. Nix da von Liebe, wer aufmuckt wird platt gemacht, das ist die einzige Botschaft, die konsistent vorallem im alten Testament vorhanden ist. Die restlichen Stories hätte man sich im Grunde genommen sparen können. Fortwährend werden Völker ausgelöscht, Leute erschlagen und Menschen wegen anderer Meinungen gestraft. Das ganze Wertesystem der Bibel besteht aus Angstmacherei und Drohungen: "Entweder Du glaubst ODER!!". Diese Masche zieht doch einfach nicht mehr.

Um es nochmal deutlich zu machen:

Als vor ein paar Jahren in Jugoslawien Krieg war und die ethnischen Säuberungen durchgeführt wurden, war man in aller Welt schockiert über diese unglaublichen Grausamkeiten. Nun, blicken wir ein wenig zurück:

Gehen wir zu Freund Mose, Wüstenpfadfinder mit einer Standleitung zu Gott und Führer der 4M - "Moses Marodierende Meuchel Mörder" . Lesen wir doch bei 5. Mose 7:
"Wenn dich der Herr, dein Gott, ins Land bringt, in das du kommen wirst, es einzunehmen, und er ausrottet viele Völker vor dir her, die Hetiter, Girgaschiter, Amoriter, Kanaaniter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter, sieben Völker, die grösser und stärker sind als du, und wenn sie der Herr, dein Gott vor dir dahingibt, dass du sie schlägst, so sollst du an ihnen den Bann vollstrecken. Du sollst keinen Bund mit ihnen schliessen und keine Gande gegen sie üben und sollst dich mit ihnen nicht verschwärgern; eure Töchter sollt ihr nicht geben ihren Söhnen und ihre Töchter sollt ihr nicht nehmen für eure Söhne. Denn sie werden eure Söhne mir abtrünnig machen, dass sie andern Göttern dienen; so wird dann des Herrn Zorn entbrennen über euch und euch bald vertilgen. Sondern so sollt ihr mit ihnen tun: Ihre Altäre sollt ihr einreissen, ihre Steinmale zerbrechen, ihre heiligen Pfähle abhauen und ihre Götzenbilder mit Feuer verbrennen" ... blabla ihr seid die Tollsten und Besten blablabla ausserwählt, laberlaber .... "und vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen, und bringt sie um und säumt nicht, zu vergelten ins Angesicht denen, die ihn hassen"

Anderes Beispiel: die Babylonier. Meiner Meinung nach eine phantastische Hochkultur. Andere mochten sie nicht ganz so arg gern: Psalm 137.8: "Tochter Babel, du Verwüsterin, wohl dem, der dir vergilt, was du uns angetan hast! Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt und sie am Felsen zerschmettert"

Ok, anderes Beispiel: die Midianiter. Kennt irgendwer die Midianiter? Ich nicht, egal. Hier was unsere auserwählten Freunde in ihrer unendlichen Nächstenliebe mit ihnen anfangen:
4. Mose 25.17: "Und der Herr redete mit Mose und sprach: Tut den Midianitern Schaden und schlagt sie". Mose scheint da noch ein wenig mehr detaillierte Instruktionen zu brauchen, darum meint der Herr in 4. Mose 31.2 "Übe Rache für die Israeliten an den Midianitern, und danach sollst Du versammelt werden zu deinen Vätern. Da redete Mose mit dem Volk und sprach: Rüstet unter euch Leute zum Kampf gegen die Midaniter, die die Rache des Herrn an den Midianitern vollstrecken "... .."Und sie zogen aus zum Kampfe gegen die Midianiter, wie der Herr es Mose geboten hatte, und töteten alles, was männlich war. Samt diesen Erschlagenen töteten sie auch die Könige der Midianiter ...." ".. und die Israeliten nahmen gefangen die Frauen der Midianiter und ihre Kinder, all ihr Vieh, alle ihre Güter raubten sie und verbrannten mit Feuer alle ihre Städte, wo sie wohnten und alle ihre Zeltdörfer..." ..."Und Mose wurde zornig über die Hauptleute des Heeres, die Hauptleute über tausend und über hundert, die aus dem Feldzug kamen und sprach zu ihnen: Warum habt ihr alle Frauen leben lassen?" .... " So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Frauen, die nicht mehr Jungfrauen sind, aber alle Mädchen, die unberührt sind, die lasst für Euch leben".

Ok, wir sehen auch hier die unendliche Gnade Gottes, wir schlachten nicht nur alles darnieder, sondern wir kennen auch keine Gnade und gönnen uns dann für die Strapazen noch ein paar Sklaven.

Warum haben sie das bloss getan? Lesen wir ein paar Zeilen vorher:

4. Mose 25.1: "Und Israel lagerte in Schittim. Da fing das Volk an zu huren mit den Töchtern der Moabiter; die luden das Volk zu den Opfern ihrer Götter. Und das Volk ass und betete ihre Götter an. Und Israel hängte sich an den Baal-Peor. Da entbrannte des Herrn Zorn über Israel und er sprach zu Mose: Nimm alle Oberen des Volks und hänge sie vor dem Herrn auf im Angesicht der Sonne, damit sich der grimmige Zorn des Herrn von Israel wende"
4. Mose 25.6: "Und siehe, ein Mann aus Israel kam und brachte unter seine Brüder eine Midianiterin vor den Augen des Mose und der ganzen Gemeinde der Israeliten, die da weinten vor der Tür der Stiftshütte. Als das Pinhas sah, der Sohn Eleasars, des Sohnes des Priesters Aaron, stand er auf aus der Gemeinde und nahm einen Spiess in seine Hand und ging dem israelitischen Mann nach in die Kammer und durchstach sie beide, den israelitischen Mann und die Frau, durch ihren Leib."

Ok, also hier nochmal in Kurzform: Unsere Wüstenlatscher machen Päuschen in Schittim. Das Volk da veranstaltet zu ihren Ehren eine Begrüssungsparty, mit Wein, Weib und Gesang. Am nächsten Morgen ist der Kater gross und der Chef macht nicht nur einen Aufstand, nein er ordnet auch gleich das grosse Köpferollen an. Und so ein armes Schwein, was sein Herz grad an eine Ortsansässige verloren hat, wird mit samt seinem Schatz durchbohrt.

Also nicht nur ethnische Säuberung, sondern auch heimtückischer Mord Unschuldiger. War das Motiv Fremdenhass? War Moses sauer, weil seine Freunde sich nach dem Gelatsche im Sand eine Auszeit gönnten oder interkulturellen Austausch pflegten? Aber aber, Nächstenliebe und Toleranz sind doch die Grundfesten des christlichen Glaubens oder?

Ah, hier noch ein anderes Thema: Gott mag ja nicht, dass die Gene seines herzallerliebsten Volkes irgendwie vom Matsch des nicht-auserwählten Strassenpöbels beschmutzt wird, darum: 4. Mose 36.6.: "Dies ist's was der Herr gebietet über die Töchter Zelofhads: Lass sie heiraten, wie es ihnen gefällt, nur sollen sie heiraten in ein Geschlecht aus dem Stamm ihres Vaters ".... "Wie der Herr es Mose geboten hatte, so taten die Töchter Zelofhads, Machla, Tirza, Hogla, Milka und Noa, und heirateten die Söhne ihre Oheime" ... ich bin ja kein Genetiker oder Anwalt, aber das mit dem Inzest ist so eine Sache ....

Der Beispiele viele gäbe es noch, eigentlich kann man ja jede beliebige Seite aufschlagen und findet Gemetzel, Geschlage, Getöte, Genozid, Rassismus, Intoleranz, Willkür, Menschenhass, Quälerei und andere Monstrositäten. Wieso hört man davon eigentlich nichts im Wort zum Sonntag, in der Kirche und in der Petition der EDU?
Wie auch immer, ich überlege also, welche dieser herausragenden Werte ich an meine Nachkommen weitergeben möchte ... hmhm-hmmmm .... gar nichts! Bei Star Trek habe ich mehr über Ehre, Moral und Ethik gelernt.
Mir ist schon klar, wieso Christen an ihrem Erbschuld-Trauma leiden. Einerseits eine geschickte Marketingstrategie ihrer weltlichen Organe, andererseits schwimmt ihre ganze Religion auf dem Blut Unschuldiger. Oh man kann natürlich sagen, dass die Typen, die durch die Wüste gelatscht waren ja nicht die Christen waren. Sorry Freunde, die Bibel ist eine Einheit, Ihr könnt Euch nicht damit rausreden, dass das was Euch nicht in den Kram passt nicht so gemeint war. Freund Mose hat Euch Eure Steintafeln mitgebracht, und die ganze Bibel reitet ständig auf Ahnenlinien rum und alles was Ihr glaubt, hat seinen Ursprung im AT. It's a simple as that ...

Meiner Meinung nach kann die Christenheit ihre Glaubwürdigkeit einzig dadurch rehabilitieren, indem sie sich deutlich von ganzen Teilen der Bibel und ihrer weltlichen Institutionen distanziert, andere Teile der Schrift revidiert, sowie ihre Grundregeln auf die Gegenwart ausrichtet (Oh und natürlich Gutes tun, statt blöd rummissionieren und moralieren). Jedenfalls würden diese Änderungen bedeuten, dass die Unfehlbarkeit von Gott nicht mehr gegeben wäre, denn man darf ja dem Buch nichts hinzufügen oder wegnehmen, nicht wahr? Ist ja alles von Gott, gel. Und somit beisst sich die Schlange in den Schwanz und die Christenheit bleibt in ihrem Blutbad und auf ihrer geschichtlichen Erbschuld sitzen. Göttliche Fügung oder eine geschickte List des Teufels?

Ja und um dem ganzen noch eins draufzusetzen und den Dreh zu Bobo zu kriegen, sag ich jetzt was ganz ketzerisches: Ich finde beim Geblätter viele Hinweise über die unendliche Grausamkeit Gottes, aber wo stehen eigentlich die Schandtaten des Teufels, der Vampire und der Hölle? Jaja der Teufel verführt, aber dem göttlichen Gesetze getreu erschlagen und steinigen, metzeln und schlachten tun mehrheitlich die "Guten". Ich lese nichts davon, dass der Teufel ganze Völker ausgelöscht hätte.

Aber zu Bobo: Ehrlich gesagt kotzt mich die künstliche Entrüstung über diesen Bobo Song an. Ich bin die Sprachrohre dieser Zeigefinger-Religion so etwas von leid und kann das Moralingesäusel dieser Gnadenheuchler nicht mehr ertragen. Kirche und Christentum haben ihre moralischen Ansprüche schon in ihrer Gründungszeit verloren. Zum Glück fand ihre Schreckensherrschaft durch die Trennung von Kirche und Staat endlich ein Ende. Nun wittern sie wieder Morgenluft. In einer Kultur der zunehmenden Verdummung, Terror-Angst, Ignoranz und Einsamkeit ist der Nährboden für religiösen Wahn und neuerliche kirchliche Unterdrückung fruchtbar. Sie kommen aus ihren Löchern gekrochen und machen sich über die führerlosen Seelen daher. Was nützen die grössten Erkenntnisse über unsere Erde und unsere Abhängigkeit im Zyklus des Lebens von den kleinsten Dingen? Was nützt das Wissen um den grossen Zusammenhang von allem zu allem, von der Notwendigkeit dies alles zu bewahren, wenn die Menschen in ihrer unendlichen Ignoranz und ihrem religiösen Wahn sich selbst immer noch für die Spitze der Schöpfung halten und sich Halleluja singend die Augen zu halten, während die westlichen, christlichen Staaten die "Schöpfung" zerstören.

Fast hätt ich es vergessen, die parteilich organisierten Christen fürchten sich ja auch noch vor Vampirismus und Okkultismus. Darum auch hierzu noch ein paar Worte. Ich habe mich auch hier bemüht und in der Bibel gelesen. Ich kann Entwarnung geben. Ich fand keinen Hinweis auf die Gefahren von Vampiren, Vampirismus, Untoten oder Blutsaugern.
Lediglich in der Offenbarung giesst ein Engel im Rahmen der letzten Party eine Schüssel ins Wasser aus. Alles wird zu Blut. Natürlich trinkt der eine oder andere davon und segnet das Zeitliche.
In den Chroniken las ich etwas von Davids Helden und dem Trinken von Blut. Ich kann aber auch nach mehrmaligem Lesen nicht sagen, ob jetzt irgendwer irgendjemandes Blut getrunken hat oder ob das alles eher metaphorisch gemeint ist.
Ich kann mich daran entsinnen, dass man ja zu Abendmal Brot futtert, was aber der Leib Jesu sein soll. Aber selbst in dieser Passage wird nicht gesagt, dass es grundsätzlich schlecht wäre anderer Leute Leib zu essen. Also - wie soll ich es sagen - die ganze Sache mit der Hetzerei gegen Vampire scheint mir ziemlich haltlos und unfundiert.
Vielleicht geht es ja im Allgemeinen um die historische Figur des Vlad Tepes. Der soll ja dokumentierterweise kein Philanthrop gewesen sein. Ich meine aber, es scheint einigermassen klar, das Bobo nicht Bezug darauf nimmt, sondern eher auf den romantischen Frauenliebling aus Bram Stokers Dracula. In der Eingangsszene entzweit sich ja Dracula mit der Kirche. Er zog für die Kirche in die Schlacht und seine Geliebte glaubte ihn Tod und nahm sich das Leben, woraufhin die Kirche ihr das christliche Begräbnis verwehrte. Also ich kann nicht sagen, dass der Vampir da im Unrecht wäre. Ich würde mir echt auch verarscht vorkommen, schliesslich bezahlt man weiss Gott genug Kirchensteuern.

Nun, bleibt die Frage, was soll die Kirche mit dem gefallenen Bobo tun: Ich überlasse für einmal der Bibel das letzte Wort:

"Führe den Flucher hinaus vor das Lager, und lass’ alle, die es gehört haben, ihre Hände auf sein Haupt legen, und lass die ganze Gemeinde ihn steinigen ..." (3. Mose 24, 14)

01.04.2007

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Ich Ehemann und Vater

Vieles hat sich verändert, vieles ist gleich geblieben. Seit meinem letzten Update habe ich mich verlobt, habe geheiratet, wir werden Eltern.
Habe ich auf meiner Webseite eigentlich jemals von "wir" geredet? Ich glaube nicht.
So viel neues in wenigen Sätzen ausgedrückt. Hätte man mir das vor 3 Jahren gesagt, hätte ich es für eine Wahnvorstellung gehalten. Bestenfalls zu einer Option für mein Ich aus einem Parallel-Universum erklärt.
Viele meiner Prioritäten haben sich geändert. Das Wissen, dass ein Mensch an meiner Seite ist und mich liebt, ist eine wunderbare Erfahrung. Etwas, was ich noch immer nicht richtig erfassen kann. Und dass ein kleiner Mensch unterwegs ist, ist zweifellos mit das Grösste, was in meinem Leben jemals passiert ist und passieren wird. Ich bin mir bewusst, dass da etwas in meinem Leben vor sich geht, was wirklich von Bedeutung ist, etwas was mich prägen und verändern wird.

Es geschehen so viele Ereignisse, die wichtig scheinen, Dinge die einem von anderen Leuten als oberste Prioriät eingeredet werden. Doch wie oft passiert in einem Menschleben etwas, was wirklich eine Weiche stellt? Für mich geschieht es jetzt gerade. Und es ist auch im Frühling 2007 geschehen, als ich meine Freundin gebeten habe, meine Frau zu werden. Und es ist passiert als ich mit Ihr zum Standesamt und zur Kirche ging und wir zu unserer Liebe und unserem gemeinsamen Weg ja gesagt haben.

So viele Gedanken gehen mir durch den Kopf, die Vorstellung, wie die Zukunft verlaufen wird. Wie werden wir es schaffen, dem eigenen Kind einen guten Start zu ermöglichen? Was müssen wir tun, um ihm alle Optionen offen zu halten, seine Fähigkeiten zu erkennen und zu fördern? Wie können wir ihm all das zeigen, was es noch nicht kennt und uns so selbstverständlich erscheint? Welche Werte können wir ihm mitgeben? Wie schaffen wir, dass das Kind einen offenen Geist haben wird und ohne Angst ins Leben geht, sich auf die Herausforderungen freut und sich nicht von Vorurteilen ablenken lässt? Wie wird das Kind wohl als Mensch werden? Welche Eigenschaften hat es von meiner Frau, welche von mir? Wie wird das Kind seine Kindheit und uns als Eltern erleben und welche Eindrücke und Rituale wird es in sein Leben übernehmen und sich daran erinnern?

Wie wird unsere Beziehung verlaufen? Wird sich unsere Zuneigung und Liebe füreinander verändern? Wird sie vielleicht irgendwann zur Routine? Werden wir uns an die kleinen Zärtlichkeiten erinnern, die Nähe und die gemeinsamen Stunden, die unsere Beziehung jetzt zu so etwas besonderem machen? Was müssen wir tun, damit wir immer als Team funktionieren? Wie kommen wir mit unserer Rollenteilung klar? Wie schafft es meine Frau trotz Mutterrolle weiter am Leben und an der Welt aktiv teilzunehmen ohne zuhause zur unglücklichen Zimmerpflanze zu vereinsamen? Wird sie damit klar kommen, wenn die Kinder einmal selbständig sind und nicht mehr unsere volle Aufmerksamkeit brauchen? Wird sie sich die - früher oder später kommende - wachsende Lücke in ihrem Leben mit einer anderen wachsenden Aufgabe füllen können? Ich wünsche mir, dass sie für sich ihre neue Rolle geniessen und darin aufgehen kann und trotzdem mit einem Fuss im Arbeitsleben bleiben wird oder in nicht zu ferner Zukunft dahin zurückkehrt. Meine Angst ist sehr gross, dass wir uns vielleicht irgendwann nichts mehr zu sagen haben, weil ich aus meinem Arbeitsleben wenig teilen kann und sie in ihrem Haushalts-Alltag nichts als die Routine erlebt. Auch dies eine Aufgabe, an der wir arbeiten werden müssen.
Wie werde ich selbst damit klar kommen, dass nun immer jemand um mich herum ist und es für mich keinen Rückzugsort mehr gibt, an dem ich ein paar Stunden alleine sein kann? Ich habe meine Einsamkeit immer gleich gehasst, wie geliebt. Ich kann nicht mit ihr und nicht ohne sie.

Und nun kommen all diese neuen Rollen auf mich zu. Ehemann, Vater. Werde ich dem gerecht werden können? Gerade zu Beginn der Schwangerschaft sind in mir sehr viele Sorgen hochgekommen. Schon wieder umziehen, noch mehr Miete zahlen. Alleinverdiener, wie soll das gehen? Die Ausgaben und Kosten der Frau und des Kindes auch noch tragen. Ja, es gibt Menschen, die schlechter verdienen als ich, doch der Wechsel von "Alles mein" zu "Kein Geld für gar nix" ist dennoch ein heftiger. Werde ich statt wöchentlich ins Kino und Ausgang gehen, nun nur noch Tütensuppe vom Aldi essen? Werde ich nun niemals mehr meine Sehnsüchte nach einsamen Gegenden in fernen Ländern befriedigen können und mir keine elektronischen Spielerein mehr leisten können? Was passiert, wenn ich meinen Job verliere? Ich merke, dass ich es nun mit ganz anderen Verpflichtungen zu tun habe. Ich bin nicht mehr nur mir selbst gegenüber verantwortlich, ich trage Verantwortung für eine Familie. Ich erkenne, dass ich damit extrem viel aufgebe. Dinge, die ich getan habe und noch hätte tun können, sind nun nahezu unmöglich geworden und erhalten in meinenm Kopf und meinem Herz eine neue Qualität. Ich sehe aber auch, dass ich wahnsinnig viel - vielleicht noch mehr - gewinne. Was ist mehr wert, etwas was man noch hätte tun können, eine unerfüllte Option im Kopf oder eine tatsächliche neue Entwicklung, die viele neue Türen aufstösst? Diese unterschiedlichen Leben auf eine Waage zu legen und sie zu vergleichen ist praktisch unmöglich. Es ist schlicht eine Gabelung auf dem Weg des Lebens. Alles ohne Einschränkung zu haben, ist definitiv unmöglich. Mit Sehnsüchten klar zu kommen, deren Verwirklichung in die Ferne gerückt ist und sie nicht über alles neu gewonnene zu stellen, das sehe ich als Teil der neuen Aufgabe.
Nun, ich weiss nicht, ob ich diesen Job gut machen werde, ob mein Nervenkostüm mit all dem klar kommt. Diese Überlegungen haben mich im wahrsten Sinne des Wortes einige schlaflose Nächte gekostet und ich weiss noch immer nicht, ob wir das hinkriegen. Das "Wir" in diesem Satz ist zweifellos mitentscheidend. Miteinander Dinge zu tun und sich gegenseitig aufzufangen, das ist eine grosse Bereicherung. Es ist so schön zu wissen, dass jemand da ist und auf mich wartet.

Glücklicherweise ist die Vaterolle eine Aufgabe in die man reinwächst - glaube ich zumindest. Mit der ersten Gewissheit der Schwangerschaft, über den ersten Ultraschall mit dem winzigen Zellhaufen, über die Bilder des wachsenden Babies. Dem süssen wachsenden Babybauch meiner Frau und den sachten stärkerwerdenden Tretern und Boxern des Kindes. Es passiert ständig etwas und Stück für Stück wächst die Nähe, Verbundenheit und Gewissheit. All das passiert und es ist unglaublich. Ein Kinderzimmer wird eingerichtet und man macht sich all die Gedanken, wie es sein wird. Ich bin froh, dass mir diese Zeit gegeben wird. Rückblickend muss ich sagen, die Information, dass meine Frau schwanger ist, ist zwar durchaus von der ersten Minute bei mir angekommen, aber primär war es erstmal eine Information und die volle Tragweite und Grösse dieses Ereignisses war bei mir sicherlich nicht ganz durchgesickert. Mein Hirn musste da wohl noch ein paar neue Synapsen bilden. So ein Schwangerschaftstest ist ja erstmal so ein Plastikteil mit einem lustigen blauen Kreuz drauf und auch das erste Ultraschall lässt sich eher als das Radarbild einer Sturmwarnung über Florida interpretieren, als das Zeugnis neuen Lebens. Die neue Funktion Vater scheint mir überhaupt so ein Mikromilieu zu sein, dem ich nun angehöre. Man beschäftigt sich mit Dingen, die einen nie interessiert haben, erkennt Gegenstände und Inhalte, die man zu vor komplett ignoriert hat. Einfaches Beispiel: Wann jemals zuvor hätten mich Sonderangebote von Windeln interessiert? Ich kann nun die sechs grössten Hersteller von Babybetten nennen und rege mich darüber auf, dass der Vater in allen Schwangerschaftslektüren immer erst auf Seite 790 auftaucht und ich habe eine Interesse daran, mich für die gerechte Sache des Vaters und seiner Stellung einzusetzen.

Nun ja, jetzt jedenfalls sorgen wir uns erstmal darüber, dass unser Kind zur rechten Zeit und gesund zur Welt kommt. Und ich habe so den Verdacht, dass einem so ein kleiner Mensch auch nach der Geburt stets irgendwelche Sorgen in den Kopf setzen wird. Zumindest in den ersten 30 Jahren, denke ich.

Ich stell mir vor, wie wir viel später mal durchs Familienalbum bättern werden und die Momente unseres Lebens betrachten, Erinnerungen wieder aufleben lassen. Unsere Ausflüge, unsere Hochzeit, unser Baby. Die Schnappschüsse unserers Lebens. Ich stelle mir vor, wie wir unser Baby-Album anlegen und unser Kind es dereinst von uns einverlangt, wenn es selbst herausfinden will, wie das alles damals war. So viele Gedanken.
Wie waren all diese Ereignisse für unsere eigenen Eltern, haben sie sich dieselben Sorgen gemacht, hatten sie dieselben Fragen, Ängste und Hoffnungen? Wie werden unsere Kinder uns sehen? Auch dies eine komplett neue zusätzliche Betrachtungsweise und Erkenntnis.

Es gibt nun Dinge in meiner Zukunft, die eine andere Qualität haben, als alles worüber ich bis anhin geschrieben habe. Ich glaube, es ist für mich als Mensch eine neue Stufe. Ein neuer Level im Spiel des Lebens. Ich frage mich, ob all diese Ereignisse mich als Menschen verändert haben. Ich denke, dass sich meine Prioriäten verschoben haben, dass sich meine Möglichkeiten zu grübeln verändert haben. Dass Dinge, die ich nicht für möglich gehalten habe, nun eingetroffen sind und dass ich eine Liebe gefunden habe, die meine erwiedert und auf einer Stufe mit mir steht. Dennoch spüre ich in mir das Schattenland nach wie vor. Es ist da, es kennt mich, ich kenn es, es steht mir offen und in mir ist manchmal diese bizarre Sehnsucht wieder darin zu wandern und mich dahin zurückzuziehen, wo ich mich auskenne. Ich habe mir gewünscht, nicht allein zu sein und doch wusste ich immer, dass die Erfüllung dieses Wunsches nicht die eine Lösung ist, die alles auflöst, was mich belastet und mir gefehlt hat. Auch die ständige Gemeinschaft kann nicht komplett das Gefühl der Einsamkeit in mir aufheben. Ich spüre oftmals diese komplette Leere und auch innere Einsamkeit, die ich hier so oft beschrieben habe. Es gibt diese Abgründe noch immer und es gibt viele Dinge, über die ich mir Sorgen mache und die an mir nagen. Es ist so, wie ich es immer wieder geschrieben habe, wenn man gewisse Abgründe in sich gesehen hat und gewisse Gefühle erlebt hat, dann bleiben sie für immer Teil von einem selbst.

Doch jetzt freue ich mich darauf diesen kleinen Menschen kennenzulernen und mit meiner Frau dieses neue Leben gemeinsam zu entdecken.

05.11.2007

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Papi

Am 6.12.2007 wurde ich Papa des wunderschönsten kleinen Mädchens. Sie war gerade mal 2130 gramm schwer und 44 cm gross. Nicht mehr als eine Handvoll, aber sicher das süsseste kleine Mädchen, was ich jemals gesehen habe. Es ist wohl, wie so häufig im Leben, wenn man es nicht erlebt hat, dann kann man es nur schwerlich nachvollziehen. All die Monate des bangen Wartens, die Angst, dass etwas schief gehen könnte und die Sorge ob es wohl gesund ist. Dann die plötzliche Notfallgeburt. Und endlich dieser Moment, als mir das Baby entgegen gehoben wurde. Der Moment, als ich das zarte kleine Baby in meine Arme schliessen durfte und nie mehr loslassen wollte. Es war überwältigend. Man schaut in diese kleinen erschöpften Augen und weiss, dass da ein Teil von einem selbst drinsteckt. Es ist wirklich ein Wunder. Ich werde die Zeit, als ich auf der Intensivstation neben meinem Baby gesessen habe niemals vergessen. Ich hatte und habe noch immer dieses Gefühl, dass ich für einmal etwas richtig gemacht habe und es einfach nur grossartig ist. Ja, ich bin sehr stolz auf mein Mädchen und liebe es wahnsinnig. Es war eine schwierige und schöne Zeit und die Geburt markiert den Beginn eines völlig neuen Abschnitts. In den ersten Tagen im Spital, wenn man dem Baby langsam näher kommt und sich kennen lernt. Wenn man es stets überängstlich in die Arme nimmt, aus Sorge, man könnte es verletzen. Und dann darf man es mit nach Hause nehmen. Auf einmal sind keine Krankenschwestern und Ärzte mehr da und man fragt sich, ob man wohl auch alles richtig macht. Man wird sich plötzlich bewusst, dass da ein kleiner Mensch ins Leben getreten ist und für viele Jahre bei einem bleibt.

Inzwischen ist über ein halbes Jahr vergangen (Juni 2008) und ich bin sehr froh, dass das Vatersein eine Aufgabe ist, in die man hineinwächst. Aus dem kleinen Häufchen Baby wurde ein properes, aufmerksames Mädchen mit riesigen, hübschen Augen und einer herzensbrechenden, niedlichen Babystimme.
Es ist wunderschön, wenn ich am Morgen (viel zu früh) aufwache, weil das Baby im Nebenzimmer fröhlich vor sich hinbrabelt. Es ist unbeschreiblich, wenn ich mich über das Bett beuge und mich dieses wunderhübsche Gesicht anstrahlt. Ein Lachen, was so völlig unschuldig, ehrlich und völlig frei von irgendwelchen Hintergedanken ist. Jeden Tag sehen wir Neues am Baby und in seinem Verhalten und immer mehr zeigt sich ihr ganz eigener Charakter. Mit einem Kind darf man wieder so viele "Erste Male" erleben, wie seit der eigenen Kindheit nicht mehr. Ein Kind, wie es die Welt entdeckt und noch nichts ahnt von all den Herausforderungen und Widrigkeiten in dieser Welt. Ich wünschte mir, dass ich die Welt noch einmal so auf diese Art betrachten dürfte. Ich weiss, dass nun etwas von mir weiterbestehen wird und dass sich später mal jemand an mich erinnern wird. Ich freue mich darauf, mitzuerleben, wie sie heranwächst und was aus ihr wird. Und ich bin froh, dass ich eine Frau an meiner Seite habe, die mit so viel Liebe, Geduld (und Schlafmangel) die meisten Fragen beantworten und Probleme lösen kann. Wie geht das mit dem ins Bett bringen, ab wann soll das Baby was und wie essen und was kriegt es angezogen etc.etc. Überhaupt frage ich mich bei allen möglichen Gelegenheiten, wie denn das früher bei mir war und wie das meine Eltern gemacht haben.

Seit ich den letzten Absatz geschrieben habe, ist schon wieder einige Zeit vergangen und bald ist mein kleines Mädchen ein Jahr alt. Sie krabbelt wie ein Weltmeister, zieht sich überall hoch. Und hin und wieder fällt sie hin und das tut dann meiner Frau und mir meist mehr weh als dem Kind. Sie entdeckt die Welt und all die Gegenstände, die die Grossen benützen und eigentlich in Baby-Händchen nichts verloren haben. Es ist so schön, wenn ich Abends heimkomme und sie mir schon entgegen krabbelt und mich anstrahlt.
Aus dem kleinen Baby wurde über die Monate schon ein kleines Mädchen, ihr Gesicht verändert sich, die Zähne wachsen. Sie brabelt fröhliche Kombinationen aus den Buchstaben A und D, wie ADA-ADA oder DADAAAAADA. Man kriegt es selbst kaum mit, wie schnell so ein Kind wächst, wäre da nicht die Tatsache, das Kleider die man zwei Wochen zuvor gekauft hatte schon wieder zu klein waren. Oder dass die Füsse, die aus dem Maxi-Cosi heraushingen klares Indiz für einen Kindersitz waren. Und schon bringt meine Frau auch schon das erste Klassenfoto mit heim, auch wenn es halt einfach aus der Krabbel-Gruppe ist.
Von Fläschen-Nahrung zu Brei in tausend Varianten und plötzlich sieht man die Kleine mit richtiger Nahrung in der Hand neben einem sitzen. Ja, so ein kleines Kind entwickelt sich auf so vielfältige Weise in so kurzer Zeit, dass man sich jeden Morgen fragt, was sie wohl bis am Abend wieder dazu lernt. So stellt man plötzlich fest, dass das Kind Becher aufeinander stapeln kann, wo sie vorher nur die Abriss-Birne gespielt hat. Jaja, das klingt banal aber in den Augen des stolzen Papi ist das einfach nur wunderschön. Es ist eine spannende Reise, die Zeit läuft dreimal so schnell und man möchte keinen Moment verpassen. Nun, das stimmt vielleicht nicht ganz, denn vorallem Nachts wäre man manchmal froh, wenn man einige Wachphasen des Babies verpassen und stattdessen weiterschlafen dürfte. Aber so in 20 Jahren können wir bestimmt wieder durch- und ausschlafen.
Dann gibt es die Zeiten, wo es dem Kind nicht so gut geht. Wenn die Kleine mit Schnupfen-Nase vor einem sitzt oder wegen der wachsenden Zähne weint. Dann blutet uns Eltern so richtig das Herz.

Ich liebe meinen kleinen Schatz von ganzem Herzen und möchte sie einfach nur beschützen vor dieser Welt. Ich wünsch mir so sehr, dass sie bei uns eine glückliche Kindheit erleben und zu einem gesunden, fröhlichen, neugierigen, selbstständigen und selbstbewussten Menschen aufwachsen darf.

Ich freue mich auf meine kleine Familie.

23.06.2008/19.11.2008

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© by Andre Iseli, 2000 - 2008