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Lena ( nicht ihr richtiger Name ) las den Mietvertrag gut durch, bevor sie ihn unterschrieb. Sie ist sehr stolz auf sich, dass sie niemanden mehr fragen musste, um so etwas wie einen Mietvertrag für sie zu lesen und zu übersetzen. Das war noch nicht lange so. Seit sie sich von ihrem Mann getrennt hatte, musste sie sich um alles kümmern. Verträge, Bank, Versicherungen, Krankenkasse, etc. Und es war so schwer, da sie die deutsche Sprache nie gelernt hatte. Sie merkte, wie sie von der Gutmütigkeit anderer Leute sehr abhängig war. Dann hörte sie vom Deutschunterricht für Migrantinnen, den das Balikatan durchführte. Er war günstig und sie hatte die Möglichkeit, andere Migrantinnen zu treffen. Sie sehnte sich so, sie zu treffen, mit ihnen Erfahrungen zu tauschen, und vielleicht Freundschaften zu schliessen. Und sie wollte endlich Deutsch lernen. Nur, ihr Problem waren ihre Kinder. Sie waren damals 3 und 5 Jahre alt. Sie gingen zwar 3 Vormittage in der Woche in eine Spielgruppe, aber der Deutschunterricht war am Abend. Es gibt nun mal keine Spielgruppe am Abend. Einen Babysitter zu suchen, kam für sie nicht in Frage, da dies eine zusätzliche Ausgabe bedeutet hätte. Ob das wahr ist, dass eine Spielgruppe und ein Kinderhütedienst für die Kinder der Kursteilnehmerinnen ebenfalls angeboten wird? Sie rief das Begegnungs- und Unterstützungszentrum für Filipinas, ihre Familien und Freundinnen an, und erkundigte sich. "Ja“, sagte die Frau am Telefon. Die Kursteilnehmerinnen dürfen ihre Kinder mitnehmen. Egal wie alt sie sind. Die Kinder werden während des Unterrichtes gehütet. Diese Dienstleistung kostet gerade mal Fr. 5.- für 2 Stunden - die Länge des Unterrichtes. Lena meldete sich sofort, und fing an, endlich Deutsch zu lernen. Lena ist nur eine von 12 MigrantInnen, die vom Projekt des Balikatan "Das Tor öffnen“,profitieren können. "Das Tor öffnen“ wird von der Eidgenössischen Kommission für Ausländerfragen und dem Kanton Graubünden finanziert. Die ersten Kurse fingen im April 2001 an und werden ende November fertig sein. Die nächsten Kurse werden im Januar 2002 anfangen.
Warum dieses Projekt Sogar ausgebildeten Migrantinnen, die gute berufliche Qualifikationen mitbringen, stehen in der Schweiz wenig Arbeitsmöglichkeiten offen, weil ausländische Diplome und Berufserfahrung in der Schweiz selten anerkannt werden. Migrantinnen ohne Berufsausbildung, die aber die Sprache sprechen, arbeiten in der Regel als Hilfskräfte in Fabriken, als Putzfrauen und in anderen unqualifizierten Sektoren. Migrantinnen, die die deutsche Sprache nicht beherrschen, haben überhaupt keine Chance, Arbeit zu finden. Diese Frauen sind gezwungen, in einer Welt zu leben, die sie überhaupt nicht verstehen. Deshalb sind sie auf die Hilfe ihrer Ehemänner und Umgebung angewiesen. Auch dann, wenn die eheliche Beziehung nicht mehr funktioniert, oder sie von ihren Ehemännern misshandelt werden, getrauen sie sich nicht, sich von ihrem Partner zu trennen. Das Balikatan, Begegnungs- und Unterstützungszentrum für Filipinas, ihre Familien und Freundinnen, möchte etwas unternehmen, um diesen Frauen zu helfen. Durch das Projekt „Das Tor öffnen“, möchte das Balikatan es diesen in Chur und Umgebung lebenden Migrantinnen ermöglichen, die deutsche Sprache zu erlernen. Da diese Frauen oft auch Mütter von Kleinkindern sind, und oft niemanden haben, um das Kind während ihrer Abwesenheit zu hüten, bietet das Balikatan auch einen Spielgruppen/Kinderhütedienst im gleichen Gebäude wo der Kurs stattfindet, an.
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Das Ziel Das Hauptziel von „Das Tor öffnen“ ist buchstäblich das Tor für Möglichkeiten für Migrantinnen zu öffnen. Die Sprache ist der einzige Schlüssel zu diesem Tor. Die Unterrichtsthemen: Einkaufen, Post/Bank- Einzahlungen, telefonieren, Bahn Billete kaufen, Fahrplan lesen, Arbeitsformulare ausfüllen, Gesundheit, Familie, Ehe und Sexualität, bieten den Teilnehmerinnen die Möglichkeit, mindestens zu versuchen, ihr Leben selbst zu bestimmen. Die Beherrschung der Sprache gibt jeder verstärktes Selbstbewusstsein. Sie ermöglicht ihnen auch, am Geschehen teilzunehmen. Die Sprache durchbricht jegliche Isolation, welche Depressionen und andere psychische Krankheiten herbeiführen kann. Wenn die Frauen beim Deutschkurs sind, findet nicht nur das Lernen, sondern auch eine Begegnung zwischen den Kulturen statt. Diese Begegnung ermöglicht den Teilnehmerinnen, ihre Umgebung wahrzunehmen und lernen dadurch viel voneinander.
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