8.1 Errichtung der Aktiengesellschaft
8.1.1 Motive für die Gründung einer AG
- Das Gesellschaftsvermögen haftet allein für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Ein Durchgriff auf die Gesellschafter ist nur erschwert möglich. Ebenso gilt auch im Konzern (Legaldefinition in Art. 663e OR) eine Haftungsbeschränkung.
- Die Haftungsbegrenzung ist speziell wichtig für kleinere und mittlere Unternehmungen (=KMU). Seit 1. Juli 1992 ist das neue Aktienrecht in Kraft, darin wird die das Mindestkapital der AG auf 100000 Franken festgelegt (Art. 621 OR), während früher nur 50000 Franken erforderlich waren.
- Beschränkung der Beitragspflicht: Eine Nachschusspflicht kann nicht vorgesehen werden.
- Die Mitwirkungsrechte sind abhängig von der Kapitalbeteiligung.
- Mobilisierung der Beteiligungsrechte: Diese werden in einem Wertpapier verurkundet, das handelbar ist, somit kann die Mitgliedschaft erleichtert übertragen werden.
- Firmenbindung: Über den Namen kann frei entschieden werden, zulässig sind auch Phantasie-bezeichnungen. Die Firma ist nur mit der Gesellschaft verbunden, d.h. diese bleibt erhalten unabhängig vom Mitgliederwechsel.
- Wichtig ist dies insbesondere für KMU.
- Die Regelung der Nachfolge bei der Familien-AG ist im Erbfalle leicht vorzunehmen.
- Die geringere Kreditwürdigkeit der AG (wegen der Haftungsbeschränkung auf das Aktienkapital (=AK)) ist in der Praxis nicht zu bedeutsam. Falls ein Gläubiger mehr Sicherheit verlangt für seine Forderung, besteht die Möglichkeit, diese mit einer Solidarbürgschaft der Gesellschafter zu leisten.
- Erleichtert ist auch die Mitarbeiterbeteiligung, d.h. die Möglichkeit die Angestellten der Gesellschaft als Gesellschafter aufzunehmen, was ein wichtiges Führungsinstrument (Motivationserhöhung) darstellt. Weiter ergeben sich auch arbeitsrechtliche und steuerrechtliche Vorteile.
8.1.2 Gründung und Gründungsvorgang
8.1.2.1 Rechtsnatur und Stadien des Gründungsvorhanges
Vorgespräche über eine allfällige Gründung einer AG sind unverbindlich. Die Gründung erfolgt in zwei Phasen:
- Errichtungsstadium: Dazu gehören alle Vorkehrungen, die erforderlich sind für die Entstehung der AG wie beispielsweise die Aufbringung des AK, die Abfassung der Statuten und die Bestellung der Organe. Die AG wird gemäss Art. 629 OR durch öffentliche Beurkundung errichtet. Rechtlich ist die Gesellschaft jedoch noch nicht entstanden.
- Entstehungsstadium: Dieses beinhaltet alle Vorgänge, die zum Persönlichkeitserwerb führen. Der Eintrag im Handelsregister hat konstitutive Wirkung (Art. 643 Abs. 1 OR). Das Handelsregister ist in Art. 927 ff OR geregelt. Detailausführungen zum Handelsregister befinden sich in der Handelsregister-verordnung. Im Rahmen der Gründung der AG kommt den Handelsregisterbehörden entscheidende Bedeutung zu.
Der Gründungsvertrag ist ein Vertrag sui generis, er wird auch als Organisationsvertrag bezeichnet.
8.1.2.2 Rechtsnatur der in Gründung befindlichen Gesellschaft
Das Gesellschaftsvermögen haftet erst mit der Entstehung, also dem Eintrag der AG im Handelsregister. Grundsätzlich gilt die AG vor Entstehung als einfache Gesellschaft (Art. 530 Abs. 1 OR). Dies hat insbesondere zur Folge, dass die Gesellschafter solidarisch haften für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Art. 645 OR beinhaltet eine entsprechende spezialgesetzliche Regelung. Nach Art. 645 Abs. 2 OR werden die Handelnden von den Verpflichtungen befreit, wenn diese im Namen der zu bildenden Gesellschaft eingegangen und innerhalb einer Frist von drei Monaten nach der Eintragung in das Handelsregister von der Gesellschaft übernommen wurden, und es haftet in der Folge nur die Gesellschaft.
8.1.2.3 Gründungsvorgang im Einzelnen: einfache Gründung
8.1.2.3.1 Hauptelemente
Diese wird auch als Bargründung bezeichnet, weil die Erfüllung der Einlageverpflichtung in Bargeld erfolgt.
Vier Hauptelemente (Art. 629 OR):
- Übereinstimmende Willensäusserungen: Konsens bezüglich Statuten und Kapital
- Verpflichtung zur Einzahlungsleistung: Zeichnung aller Aktien (Art. 629 Abs. 2 Ziff. 1)
- Leistung der versprochenen Einlage: Erfüllung = Liberierung
- Bestellung der ersten Organe: Verwaltungsrat und Revisionsstelle
Es erfolgt eine zweifache behördliche Kontrolle einerseits durch die notarielle Beurkundung, andererseits durch das Handelsregisteramt.
8.1.2.3.2 Zahl und Person der Gründer/-innen
Für die Gründung der AG sind nach Art. 625 Abs. 1 OR mindestens drei Gesellschafter nötig. Gemäss Art. 625 Abs. 2 OR kann die Aktionärszahl unter drei sinken, jedoch können diesfalls die Aktionäre oder die Gläubiger klagen auf Auflösung.
Möglich ist folglich auch die Einpersonen-AG. Die Haftungsbeschränkung ist auch bei dieser gegeben, jedoch besteht bei rechtsmissbräuchlicher Verwendung der AG eine Durchgriffsmöglichkeit.
Mögliche Gründer der AG sind neben natürlichen und juristischen Personen auch Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Bezüglich dem OR ist die Nationalität der Gesellschafter irrelevant.
8.1.2.3.3 Statutenfestlegung
Die Gründer entwerfen die Statuten und genehmigen diese einstimmig. Für den Statuteninhalt wird unterschieden zwischen absolut notwendigem, bedingt notwendigem und fakultativem Inhalt.
8.1.2.3.3.1 Absolut zwingender Statuteninhalt
Was zwingend in den Statuten geregelt werden muss ist in Art. 626 OR abschliessend (bis auf zusätzliches in der Wirtschaftsgesetzgebung) aufgezählt. Es dürfen bezüglich dieses geforderten Inhalts keine Verweisungen vorgenommen werden, sondern die Regelung muss materiell in den Statuten erfolgen. Gemäss Art. 940 Abs. 2 OR hat dies die Handelsregisterbehörde zu überprüfen. Zwingend zu regelnde Punkte:
- Firma (= Handelsnamen) (Art. 626 Ziff. 1 OR): Näheres ist unter dem Titel Geschäftsfirmen (Art. 944 ff OR) geregelt. Detailregelungen liefert die Handelsregisterverordnung, insbesondere Art. 46 HRegV. Nicht ohne Bewilligung zulässig sind geographische Bezeichnungen. Firmen wie die Zürich- oder die Winterthur-Versicherung wurden vor Einführung der Sonderbestimmung (1918) gegründet. Nicht möglich ist beispielsweise die Firma "Basel Management AG", möglich wäre aber "BM AG". Ausser dieser Beschränkung gilt nach Art. 950 Abs. 1 OR die freie Wahl der Firma. Wird nur ein Phantasiename oder nur eine Sachbezeichnung gewählt, so braucht
die Rechtsform, also der Zusatz "AG", nicht angegeben zu werden (Art. 950 Abs. 2 OR). Die Firma der AG muss von den bereits eingetragenen Firmen unterscheidbar sein. Kriterium ist die Verwechslungsgefahr (dazu BGE 98 II 57, BGE 98 II 67 und BGE 97 II 234). Oft wird mit der Wahl eines ähnlichen Namens einer bestehenden Firma versucht, von deren Goodwill zu profitieren. Gemäss Art. 944 Abs. 1 OR muss deshalb auch die Gefahr der Täuschung ausgeschlossen sein.
- Sitz der Unternehmung (Art. 626 Ziff. 1 OR): Ein mobiler Sitz ist unzulässig, also fester Sitz. Die Wahl des Ortes ist von Steuerfragen geprägt. Rechtsfolgen des Sitzes:
- Art. 640 Abs. 1 OR: Eintrag der AG im Handelsregister am Ort des Sitzes
- allgemeiner Gerichtsstand für Klagen gegen die Unternehmung
- Art. 761 OR: Der Ort des Sitzes ist auch der Gerichtsstand für die Verantwortlichkeitsklage gegen die Verwaltungsräte. Gemäss Art. 151 Abs. 1 IPRG [SR 291] gilt dies auch im internationalen Bereich.
- Betreibungsort
- Art. 154 Abs. 1 IPRG: Verwaltungssitz und Sitz können auseinanderfallen.
- Angabe des Zwecks (Art. 626 Ziff. 2 OR): Gemeint ist nicht der Endzweck (Gewinnstrebigkeit), sondern das vorgesehene Tätigkeitsfeld resp. Betätigungsgegenstand. Zulässig ist auch ein nicht wirtschaftlicher Zweck (Art. 620 Abs. 3 OR).
- Höhe des Aktienkapitals: Anzugeben ist das Nominalkapital. Gemäss Art. 621 OR ist ein Mindestkapital von 100000 Franken nötig. Eine allfällige Teilliberierung (Zulässigkeit in Art. 632 OR) oder die Volllieberierung ist festzuhalten.
- Anzahl, Nennwert, Art der Aktien (Art. 626 Ziff. 4 OR)
- Bedeutung der Aktie:
- Quote oder Anteil des AK (Art. 620 Abs. 1 OR)
- Anteils- oder Mitgliedschaftsrecht der Aktionäre
- Urkunde / Wertpapier: Art. 622 Abs. 1 regelt die Form des Wertpapiers Aktie:
- Inhaberaktie: lautend auf den anonymen Inhaber: Gemäss Art. 689 Abs. 2 OR handelt es sich dabei um ein echtes Inhaberpapier. Für die Übertragung des Mitgliedschaftsrechtes genügt die Übergabe des Aktientitels. Die Übertragung ist also sehr leicht vorzunehmen, namentlich erfolgt kein Eintrag im Aktienbuch der AG. Die Gesellschaft hat folglich keine Kontrollmöglichkeiten.
- Namenaktie: lautend auf den Namen des Aktionärs mit einem Eintrag im Aktienbuch: Es handelt sich um ein Ordrepapier (Art. 684 OR). Eine Übertragung ist nur mit Indossament möglich (Art. 967 ff und Art. 1001 ff OR).
- Echte Namenaktien: Bei diesen, auch genannt Rektaaktien, ist die Übertragung nur mir Zession (Art. 165 OR) möglich.
Bei den Namenaktien besteht eine Kontrollmöglichkeit der Gesellschaft über die berechtigten Aktionäre, denn um die Mitwirkungsrechte ausüben zu können, muss der Inhaber in das Aktienbuch der Gesellschaft eingetragen werden.
Heute besteht eine Tendenz zur Einheitsaktie, d.h. die Gesellschaften geben häufig nur noch eine Form von Aktien aus.
- Bestimmung der konkreten Nennwerts: Der Nennwert der Aktien muss mindestens 10 Franken betragen (Art. 622 Abs. 4 OR). Bsp. Novartis Nennwert 20 Franken.
- Art. 626 Ziff. 7 OR regelt den Publikationsweg. Eine Veröffentlichung erfolgt im schweizerischen Handelsamtsblatt.
- Als Inhalt der Statuten nicht mehr erforderlich sind Regelungen über die Pflichtaktien der Verwaltungsräte. Verwaltungsräte müssen jedoch nach wie vor Aktionäre der Gesellschaft sein (Art. 707 Abs. 1 OR).
8.1.2.3.3.2 Bedingt notwendiger Statuteninhalt
Solche Regelungen sind nur erforderlich wenn sie eine Abweichung vom dispositiven Aktienrecht des OR darstellen. Solche Abweichungen sind durch die Handelsregisterbehörde zu überprüfen. Für welche Fragen eine Eintragungspflicht besteht bei Abweichung von der gesetzlichen Regelung sagt Art. 627 und 628 OR. Die Eintragung ist Verbindlichkeitserfordernis. Ist in den Statuten nichts eingetragen, so gilt in jedem Fall das dispositive Gesetzesrecht.
- Nennenswert sind vor allem die Ziffern 2 (Ausrichtung von Tantiemen), 6 (genehmigte und bedingte AK-Erhöhung), 8 (Übertragbarkeitsbeschränkung der Namenaktien), 9 (Vorrechte einzelner Aktienkategorien), 10 (Stimmrechtsbeschränkung und Vertretung) des Art. 627 OR.
- Gemäss Art. 656e OR können die Statuten einen Vertreter der PS-Inhaber im Verwaltungsrat vorsehen (PS =Partizipationsschein).
8.1.2.3.4 Übernahme und Liberierung des AK
Damit die AG nicht nur eine lehre Hülse ohne Vermögen ist, sind Mechanismen nötig, die sicherstellen, dass das AK effektiv eingezahlt und nicht nur gezeichnet wird. Im Gesetz sind deshalb zwingend vorausgesetzt eine Mindestliberierung und die vollständige Zeichnung:
Gemäss Art 632 Abs. 1 OR sind mindestens 20 % der Nennwertes zu liberieren (einzuzahlen), in jedem Fall aber mindestens 50000 Franken (Art. 632 Abs. 2 OR). Es ist dies eine Voraussetzung der Errichtung der AG.
Die Einzahlung erfolgt auf eine Bank, die unter Bankenaufsicht stehen muss (Art. 633 Abs. 1 OR). Diese Bank als Depositenstelle bescheinigt, dass die erforderlichen Beträge tatsächlich eingezahlt wurden. Nach dem Handelsregistereintrag erfolgt die Freigabe des eingezahlten Geldes (Art. 633 Abs. 2 OR). In der Regel wird in den Statuten die Volllieberierung vorgesehen.
Für den Ausgabepreis der Aktie gilt, dass dieser höher als der Nennwert sein kann, jedoch nicht tiefer (Art. 624 Abs. 1 OR). Regelmässig ist er am Anfang gleich (Ausgabe zu pari). Erfolgt eine Ausgabe über pari, d.h. der Ausgabepreis ist höher als der Nennwert, so führt dies zu einem Mehrerlös. Dieser wird als AGIO bezeichnet. Das AGIO ist den gesetzlichen Reserven zuzuweisen (Art. 671 Abs. 2 Ziff. 1 OR).
8.1.2.3.5 Gründungsakt
Die Feststellung der erfüllten Voraussetzungen wird öffentlich beurkundet. Was Inhalt der öffentlichen Urkunde sein muss, regelt Art. 629 OR. Alle Gründungsmitglieder und der beurkundende Notar haben diese zu unterzeichnen.
8.1.2.3.6 Anmeldung und Handelsregistereintrag
Die Anmeldung hat im Registerkreis des statutarischen Sitzes zu erfolgen. Sie muss mit beglaubigten Unterschriften oder persönlich beim Handelsregisteramt erfolgen (Art. 640 Abs. 2 OR). Beizulegende Dokumente sind nach Art 640 Abs. 3 / 4 OR unter anderem die Statuten und der Errichtungsakt.
Die Handelsregisterbehörde prüft, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 940 Abs. 1 OR), ob der zwingend zu regelnde Statuteninhalt enthalten ist und ob keine zwingenden Vorschriften verletzt werden (Art. 940 Abs. 2 OR).
Zur Kognitionsbefugnis der Handelsregisterbehörde:
- formell: Es besteht diesbezüglich volle Kognitionsbefugnis. Es ist die Vollständigkeit der nach Art. 629 und 640 OR erforderlichen Dokumente zu prüfen.
- materiell: Es erfolgt eine Prüfung der Rechtmässigkeit. Die Prüfung ist zweifach begrenzt:
- Überprüfbar auf Gesetzeskonformität sind nur offensichtliche Mängel. Lehrstreite und Praxisunterschiede sind nicht offensichtlich.
- Beachtlich ist qualifiziert zwingendes Recht. In BGE 117 II 186 hiess das Bundesgericht eine Beschwerde der SBG gut.
8.1.2.3.7 Drehbuch für die Gründung einer AG
- interne Rahmendaten der Gründer, Einigung und Finanzierungsfragen
- Entwurf der Statuten
- Vorabbegrüssung des Notars und Formulierung der Gründungsurkunde
- Annahmeerklärung der Kontrollstelle
- Begrüssung etwaiger Aufsichtsbehörden (namentlich bei einer Bank die Bankenaufsicht), Ersuchen um eventuell erforderliche Spezialbewilligungen
- Einreichung der Unterlagen zur Vorprüfung (Eidg. Amt für Handelsregister in Bern)
- Vollmacht für den Gründungsakt
- Einzahlung des AK auf die Depositenstelle
- Gründung selbst, Unterlagen an die Notariatsperson
- definitive Eintragung im Handelsregister
- Ausgabe der Aktien
- Aufnahme der Geschäftstätigkeit
8.1.2.4 Qualifizierte Gründung im Einzelnen
8.1.2.4.1 Begriff
Bei der qualifizierten Gründung geht es um besondere Tatbestände, insbesondere solche bei denen die Liberierung nicht aus Bargeld besteht.
8.1.2.4.2 Sacheinlagegründung
Man spricht von Apportgründung, wenn die Liberierung ganz oder teilweise nicht aus Bargeld besteht. Art. 628 Abs. 1 OR lässt die Sacheinlagegründung grundsätzlich zu und regelt die Vorgehensweise. Jedes bilanzierungswürdige Vermögensobjekt kann eingebracht werden (Mobilien, Immobilien, Patente). Nicht einlagefähig sind: Arbeitsleistung, persönliches Wissen, künftige Rechte (Anwartschaften). Einlagefähigkeit besteht nur wo es sich um einen realistischen Vermögenswert handelt. Bsp.: Die Gründung von Novartis ist eine Sacheinlagegründung.
8.1.2.4.3 Sachübernahmegründung
Geregelt in Art. 628 Abs. 2 OR. Es geht um den Erwerb von Vermögenswerten, der vor dem Handelsregistereintrag abgemacht wird. Gegenüber dem Verkäufer wird die AG Schuldnerin. Dies stellt eine Belastung des AK dar, da eine Verpflichtung zum Erwerb besteht. Es erfolgt eine effektive Bargründung, doch faktisch handelt es sich um eine Sacheinlagegründung, da dieser Sacherwerb die gleiche Wirkung hat wie die Einlage einer Sache. Überbringer der Sache können auch echte Drittpersonen sein.
Die Schwächung des Haftungssubstrates darf nur unter qualifizierten Voraussetzungen erfolgen. Kriterien sind:
- Es muss sich im Verhältnis zum AK um eine wirtschaftlich bedeutende Anschaffung handeln.
- Diese Anschaffung muss ausserhalb des normalen Geschäftsganges sein.
- Es muss sich um einen Teil des Gründungsaktes handeln, ohne den die Gründung nicht durchgeführt worden wäre.
Durch eine Sachübernahmegründung können die gleichen Sachen eingebracht werden wie bei der Sacheinlagegründung.
8.1.2.4.4 Gewährung besonderer Vorteile für die Gründer
Es handelt sich hierbei um ein Abrücken vom Prinzip der Gleichbehandlung. Möglicher Grund einer solchen Bevorzugung können besondere Dienste für die Gesellschaft sein.
Besondere Vorteile können sein:
- besondere Bezugsrechte
- Bevorzugung bei der Liquidation oder bei der Gewinnverteilung
- Lohnzahlung oder Lieferung von Ware
Solche Sondervorteile sind zulässig, jedoch besteht eine Pflicht zur qualifizierten Offenlegung (Art. 628 Abs. 3 OR).
8.1.2.4.5 Sondervorschriften für die qualifizierte Gründung
Bei der Einlage von Sachen besteht die Gefahr, dass diese Sachen überbewertet werden. Die Folge wäre ein zu hoher Buchwert gegenüber dem Realwert. Deshalb besteht das Transparenzprinzip für entsprechende Einlagen (Offenlegungspflicht). Es bestehen folgende Sicherheitsbestimmungen:
- Formvorschriften für die Sacheinlage und für die Sachübernahme: Die entsprechenden Verein-barungen sind schriftlich vorzunehmen (bei Grundstücken öffentlich beurkundet) (Art. 634 Ziff. 1 OR). Gemäss Art. 631 Abs. 2 OR sind nur bereits vorhandene Verträge beizulegen. Für den Rest reicht eine Absichtserklärung in den Statuten aus.
- Offenlegung in den Statuten (Art. 628 Abs. 1 OR) und im Handelsregister (Art. 641 Ziff. 6 OR): Gemäss Art. 628 Abs. 2 OR sind in den Statuten zu nennen der Name des Veräusserers, der Gegenstand und die Gegenleistung der Gesellschaft. Gemäss Art. 628 Abs. 3 gilt analoges auch für Gründervorteile. Sind 10 Jahre vergangen, so kann die Generalversammlung durch einfaches Mehr die Bestimmungen über die Sacheinlage oder Sachübernahme in den Statuten aufheben (Art. 628 Abs. 4 OR).
- Gründungsbericht (Art. 635 / 634 Ziff. 3 OR): Dieser Bericht ist von allen Gründern zu unterzeichnen. Der Bericht gibt Rechenschaft über die Begründung und die Angemessenheit besonderer Vorteile zugunsten von Gründern oder anderen Personen. Eine Liberierung kann auch durch Verrechnung mit Forderungen erfolgen.
- Gründungsprüfung: Eine Prüfung des Revisionsberichts findet durch die Revisionsstelle statt (Art. 635a OR). Die Revisionsstelle hat die Vollständigkeit und die Richtigkeit des Gründungsberichts zu bestätigen. Das Ermessen bei der Prüfung ist relativ weit bei der entsprechenden Prüfung. Es genügt Plausibilität der Angaben. Der Bestätigungsvermerk ist Voraussetzung für den Eintrag ins Handelsregister. Im Falle der falschen Prüfungsbestätigung besteht ein erhöhtes Haftungsrisiko der Revisionsstelle.
8.1.3 Mängel anlässlich der Gründungsvorhanges
8.1.3.1 Rechtsfolgen von Gründungsmängeln
Werden die Mängel entdeckt, so verfügt die Handelsregisterbehörde, dass die Gesellschaft nicht eingetragen werden kann.
Falls die Mängel nicht entdeckt werden, so gilt der Grundsatz der Heilungswirkung des Handelsregistereintrags (Art. 643 Abs. 2 OR). Der Grundsatz bewirkt, dass die Persönlichkeit erworben wird, auch wenn die Voraussetzungen tatsächlich nicht gegeben sind. Es besteht aber eine Klagemöglichkeit der Gläubiger oder der Aktionäre bei einem qualifizierten Gesetzesverstoss (Art. 643 Abs. 3 OR). Für die Klage besteht nach Art. 643 Abs. 4 OR eine Verwirkungsfrist von 3 Monaten.
Möglich ist, dass die Gesellschaft nichtig ist. Es sind dies die Fälle der Widerrechtlichkeit und der Sittenwidrigkeit (Art. 52 Abs. 3 ZGB).
8.1.3.2 Haftung aus fehlerhafter Gründung
Die Gründer haften grundsätzlich nach der Haftungsregelung der einfachen Gesellschaft. Zusätzlich gelten Art. 752 und 753 OR. Danach haften nicht nur die Aktionäre, sondern alle Personen, die bei der Gründung mitwirken (Notare, Treuhänder u.s.w.). Verschulden (inkl. Fahrlässigkeit) ist Voraussetzung. Ausnahme bildet Art. 753 Ziff. 3 OR, wo Wissentlichkeit gefordert ist.