Beispielfall: Eine AG verkauft eine von ihr hergestellte Maschine. Aus einem Produktionsfehler wird sie haftpflichtig. Es wurde jedoch unterlassen, ein Haftpflichtversicherung abzuschliessen. Wer haftet für die Unterlassung?
Die Verantwortlichkeit innerhalb der AG ist eine Haftung sui generis. Die Haftung ist weitgehend ausservertraglich, jedoch ist sie nicht eine Deliktshaftung, da nicht rechtswidrig.
Primär verpflichtet sich die AG selber, nicht deren Organe oder Aktionäre. Dies gilt auch im Falle der Einpersonen-AG. Insbesondere ist das Vorsehen einer Nachschusspflicht für die Aktionäre nicht zulässig.
Ebenso gibt es nach der Trennungstheorie im Konzern keine Haftung der Konzernmutter für die Tochtergesellschaften (Art. 663e Abs. 1 OR).
BGE 120 II 331 SWISSAIR: Fall des Bonitätsvertrauensmissbrauchs. Die Konzernmutter muss haften, jedoch nicht gestützt auf einen Durchgriff, sondern gestützt auf eine solidarische Verpflichtung auf Grund einer Vertrauenshaftung.
In erster Linie haftet immer die AG, nicht deren Organe (Trennungsprinzip). Die Haftung ist zu differenzieren, danach ob der Verwaltungsrat selbst handelt oder ob er eine zulässige Delegation (Art. 716b OR) vorgenommen hat.
Handelt der VR selbst, so gilt für die Haftung Art. 754 Abs. 1 OR. Hat er seine Aufgaben delegiert, so gilt Art. 754 Abs. 2 OR. In diesem Fall haftet der VR sofern er nicht nachweist, dass er bei der Auswahl die nötige Sorgfalt angewendet hat. Der Sorgfaltsbeweis besteht aus den 3 CURAE wie bei der Geschäftsherrenhaftpflicht des Art. 55 OR.
Falls mehrere Personen für einen Schaden ersatzpflichtig sind, so besteht Solidarität nur insoweit sie am Eintritt des Schadens ein Verschulden trifft und der Eintritt ihnen den Umständen entsprechend persönlich zurechenbar ist (Art. 759 Abs. 1 OR).
Verschulden ist Voraussetzung der Haftung. Es handelt sich also nicht um eine Kausalhaftung. Es genügt leichte Fahrlässigkeit.
Für die Geltendmachung sind besondere Verfahrensvorschriften zu beachten. Die Aktivlegitimation ist in Art. 756 und 757 OR geregelt, je nach dem ob die Gesellschaft sich bereits im Konkurs befindet oder nicht.
Alle Mitglieder des VR haften nach Massgabe ihres persönlichen Verschuldens (Art. 754 OR). Ebenso haften auch Delegierte des VR oder Mitglieder eines Ausschusses des VR.
Für die Haftung nicht entscheidend ist die formelle Organschaft. Unter die aktienrechtliche Verantwortlichkeit fallen alle natürlichen und juristischen Personen, die mit der Geschäftsführung betraut sind. Entscheidend ist die faktische Organschaft (dazu BGE 117 II 442 und BGE 117 II 570).
Für Stabsstellen gilt, dass sie in der Regel nur eine beratende Funktion, nicht eine Entscheidungsfunktion innehaben, somit keine faktische Organschaft.
Es ist jeweils anhand des Einzelfalls zu untersuchen, ob faktische Organschaft vorliegt.
Die Haftung der Revisionsstelle ist in Art. 755 OR geregelt. Es erfolgt keine Differenzierung der Haftung wie in Art. 754 OR danach, ob eine Delegation vorgenommen wurde oder nicht.
Bei Verdunkelungsmanövern kann es sein, dass ein Verschulden sowohl bei der Geschäftsführung als auch bei der Revisionsstelle gegeben ist, was zu solidarischer Haftung führt (Art. 759 OR).
Für die Revisionsstelle ergibt sich also nicht nur eine subsidiäre Haftung (=Ausfallhaftung).
Die Organe oder sonstigen Personen, die die Liquidation vornehmen, haften insbesondere für die richtige Bewertung der Vermögenswerte und die Veräusserung zum richtigen Preis. Zum Verfahren bei Liquidation siehe Art. 739 ff OR. Geschädigter ist meist die Gesellschaft oder die Aktionäre.
Eine Verantwortlichkeit setzt notwendigerweise einen Schaden voraus. Der Schaden muss durch den Anspruchssteller bewiesen werden. Für die Schadensbemessung gilt Art. 42 Abs. 2 OR.
Zwischen Schaden und pflichtwidrigem Verhalten muss ein adäquater Kausalzusammenhang gegeben sein. Die Adäquanz ist durch den Anspruchssteller zu beweisen. In der Regel wird die Adäquanz vom Bundesgericht bejaht.
Voraussetzung ist Vorwerfbarkeit des Verhaltens. Im Vertrag in Art. 97 ff OR geregelt, ausservertraglich in Art. 41 ff OR geregelt.
Verschulden ist Voraussetzung der Haftung. Es handelt sich also nicht um eine Kausalhaftung. Für das Verschulden genügt Fahrlässigkeit.
Gemäss Art. 754 Abs. 2 OR erfolgt eine Umkehr der Beweislast für das Verschulden bei zulässiger Delegation. Der Entlastungsbeweis erfolgt gleich wie bei Art. 55 OR. Weist der Delegierende nach, dass er bei Auswahl, Instruktion und Überwachung (3 CURAE) die nötige Sorgfalt angewendet hat, so trifft ihn kein Verschulden. Jedoch besteht nicht die Möglichkeit der Entlastung mit der Begründung, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn die drei CURAE beachtet worden wären.
Es handelt sich um eine negative Voraussetzung. Die Verjährungsfrist regelt Art. 760 OR. Es besteht eine relative Verjährungsfrist von 5 Jahren und eine absolute Frist von 10 Jahren. Die relative Verjährungsfrist läuft von dem Tage an, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, während die absolute Verjährungsfrist seit dem Tag der schädigenden Handlung läuft.
Bricht ein Unternehmen zusammen, so gibt es meist mehrere Verantwortliche. Wird die Kausalität nicht unterbrochen, so führt jede Ursache zu einer Verantwortlichkeit. Bei einer Mehrheit von Verantwortlichen gilt:
Art. 754 OR regelt den Fall der direkten Geltendmachung des Schadens durch die Gesellschaft gegen das schädigende Organ. Da Schaden für die Gesellschaft auch immer zu einer mittelbaren Schädigung für die Aktionäre führt, kann nach Art. 756 OR ein Schaden der Gesellschaft auch durch die Aktionäre geltend gemacht werden. Der einzelne Aktionär klagt nicht auf Leistung an sich selbst, sondern auf Leistung an die Gesellschaft.
Für Ansprüche im Konkurs gilt Art. 757. Danach ist grundsätzlich die Konkursverwaltung zuständig für die Erhebung der Verantwortlichkeitsklage. Unterlässt sie die Klage, so können die Aktionäre oder die Gläubiger die Klage erheben (Art. 757 Abs. 2 OR). Das Ergebnis der Klage wird dreistufig verteilt: zuerst den Gläubigern, darauf den Aktionären, letztlich fällt das Ergebnis in die Konkursmasse. Im Übrigen ist das SchKG für die Verteilung anwendbar (insbesondere Art. 316a SchKG).
Bezüglich dem Entlastungsbeschluss (Décharge) gilt, dass dieser nur gegenüber der Gesellschaft sowie gegenüber den Aktionären, die dem Beschluss zugestimmt oder die Aktien seither in Kenntnis des Beschlusses erworben haben verbindlich ist. Von der Entlastung werden nur die bekanntgegebenen Tatsachen erfasst. Für von der Entlastung abgedeckte Tatsachen können die Organe nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden.
Die Klage ist am Sitz der Gesellschaft anzubringen (Art. 761 OR). Art. 59 BV (Klage am Wohnsitz des Schuldners) kommt nicht zur Geltung. International: Art. 151 Abs. 1 IPRG.
Geregelt in Art. 722 OR ist die Haftung der AG für Verhalten ihrer Organe, also eigentlich der umgekehrte Fall zu Art. 754 OR. Art. 722 OR ist die Geschäftsherrenhaftung der AG, es handelt sich um eine lex specialis zu Art. 55 Abs. 2 ZGB.