Der Verwaltungsrat ist das gesetzliche Geschäftsführungsorgan der AG. Eine Delegation seiner Aufgaben ist möglich (Art. 716 Abs. 2 OR), jedoch nur insoweit es sich nicht um unübertragbare Aufgaben handelt. Der Verwaltungsrat ist zwingend in den Statuten zu regeln (Art. 626 Ziff. 6 OR).
Für den Zeitpunkt der Konstitution des VR gilt Art. 640 Abs. 3 Ziff. 3 OR.
Der Verwaltungsrat schlägt der GV die Statutenänderungen vor. Ein erhebliches Gewicht liegt beim Verwaltungsratspräsidenten.
Art. 712 OR regelt die Wahl des Präsidenten und des Sekretärs.
Art. 754 OR regelt die Verantwortlichkeit des VR. Es handelt sich um eine Haftung eigener Art.
Die Stellung des VR wurde durch die Revision von ´92 erheblich verstärkt.
Der Verwaltungsrat ist das Bindeglied zwischen der Gesellschaft und der GV. Gemäss Art. 699 Abs. 1 OR hat der Verwaltungsrat die GV einzuberufen. Der VR stellt die Anträge an die GV (Art. 700 Abs. 2 OR).
Der VR ist auch das Bindeglied zur Geschäftsleitung, zur Direktion und zum Management. Es sind dies die Exekutivorgane unterhalb des VR.
Der VR ist der GV verantwortlich für die Gewinnverteilung. Ausserdem hat er eine gesamtunternehmerische Verantwortlichkeit gegenüber den Arbeitgebern und den Kapitalgebern.
Der VR stellt die Anträge zu Statutenänderungen an die GV. Er erlässt Ausführungsbestimmungen, wie beispielsweise Pflichtenhefte für Mitarbeiter.
Der VR wählt die Geschäftsleitung und kann diese auch wieder abberufen.
Der VR ist zur aktiven Überwachung der Geschäftsleitung verpflichtet, dabei muss er eigeninitiativ vorgehen (early warning system). Trifft der VR keine Vorkehrungen zur Überwachung, so handelt er fahrlässig und wird haftbar nach Art. 754 OR.
Art. 716a Abs. 1 OR zählt die unübertragbare und unentziehbaren Aufgaben auf. Die Unentziehbarkeit bezieht sich hierarchisch sowohl gegen oben bezüglich GV als auch gegen unten gegenüber der Generaldirektion. Art. 716b OR besagt welche Aufgaben übertragen werden können.
Elemente sind (Art. 716a Ziff. 1 OR):
Der Verwaltungsrat hat die oberste Organisationsverantwortung (Art. 716a Ziff. 2 OR). Dies beinhaltet die Festlegung der Hierarchie, der Weisungskanäle und der Weisungsbefugnisse. Dies geschieht mittels eines Organisationsreglementes, welches laufend den sich ändernden Umständen angepasst werden muss.
Nach Art. 716b OR kann die Geschäftsführung auf ein einzelnes Mitglied oder auf einen Dritten übertragen werden. Eine entsprechende Ermächtigung muss in den Statuten vorgesehen sein. Erfolgt keine Delegation nach Art. 716b OR, so steht die Geschäftsführung allen Mitgliedern des Verwaltungsrates gemeinsam zu (Art. 716b Abs. 3 OR).
Elemente sind:
Nicht delegiert werden kann die Kompetenz der Bestimmung der höchsten Leitung der Gesellschaft (Art. 716a Ziff. 4 OR). Möglich ist dagegen die Delegation der Kompetenz zur Einsetzung des subalternen Managements.
Für die Erteilung der Vertretungskompetenz ist zwingend der VR zuständig, wobei dies auch für das untergeordnete Kader gilt.
Die Vertretungsbefugnis folgt nicht automatisch aus der Mitgliedschaft in der Direktion.
Die Oberaufsicht ist eine Neuheit der Revision `92. Es handelt sich dabei um die Aufsicht über die gesellschaftsinternen Kontrollinstanzen und deren Koordinierung (Art. 716a Ziff. 5 OR). Die Aufsicht stellt die Beachtung der Gesetze und der Statuten sicher.
Die Erstellung des Geschäftsberichtes kann nicht delegiert werden (Art. 716a Ziff. 6 OR). Die Einberufung der GV folgt den Regeln der Art. 699 ff OR. Für die Erstellung des Geschäftsberichtes gelten die Art. 662 ff OR.
Überschuldung bedeutet, dass die Forderungen nicht mehr gedeckt sind (Art. 725 Abs. 2 OR). Es stellt sich dabei das Problem der Bewertung der Gesellschaft.
Die Pflicht zur Benachrichtigung des Gericht darf nicht delegiert werden (Art. 716a Ziff. 7 OR).
Wird die Situation der Überschuldung durch eine Rangrücktrittserklärung einzelner Gläubiger gelöst, so ist dies nicht zu melden.
Möglich einerseits ist die Delegation an einen einzelnen Verwaltungsrat, dieser wird Verwaltungsratsdelegierter genannt. Andererseits möglich ist die Delegation an ein eigenständiges Organ, die Direktion. Erfolgt eine Delegation an Drittpersonen, so spricht man von "einfacher Direktion".
Voraussetzung für die Delegation ist eine Ermächtigungsklausel in der Statuten und ein Organisationsreglement des VR, welches die Delegation vorsieht (Art. 716b Abs. 1 OR). Inhaltlich muss das Reglement Art. 716b Abs. 2 OR genügen.
Erfolgt keine Delegation der Geschäftsführung, so liegt die Geschäftsführung gesamthaft beim VR (Art. 716b Abs. 3 OR).
Bezüglich dem Verhältnis von Vertretung und Geschäftsführung gilt, dass das eine das andere nicht indiziert.
Gemäss Art. 718 muss nicht jeder Verwaltungsrat die Vertretungsbefugnis innehaben. Mindestens einer muss aber in jedem Fall vertretungsbefugt sein (Art. 718 Abs. 3 OR).
Die Vertretungsbefugnis ist in Art. 718a-720 OR geregelt. Für den Umfang gilt, dass dieser nur durch den Gesellschaftszweck beschränkt ist, wobei der Zweck weit interpretiert wird (BGE 111 II 284). Möglich ist die Vorsehung der Kollektivunterschrift für Vertretungswirkung.
Zur Überschreitung der Vertretungsbefugnis siehe BGE 116 II 320.
Interne Beschränkungen der Vertretungsbefugnis haben gegen aussen keine Wirkung bei gutgläubigen Dritten, es sei denn die Beschränkung ist im Handelsregister erkennbar.
Die Sorgfaltspflicht und Treuepflicht des Art. 717 OR gilt für den VR und auch für Dritte, die mit der Geschäftsführung befasst sind. Es handelt sich um eine Konkretisierung der Verantwortlichkeit.
Die Sorgfaltspflicht nimmt Bezug auf die unübertragbaren Kompetenzen des VR (Art. 716a OR).
Die Sorgfaltspflicht beginnt ab Annahme des Mandats zu wirken. Unsorgfältig kann es sein, wenn ein Mandat übernommen wird, obwohl der Übernehmende inkompetent ist. Die Sorgfalt kann also bereits bei der Übernahme verletzt werden.
Entscheidend für die Beurteilung der Sorgfalt sind objektive Kriterien. Wird die Sorgfalt verletzt, so sind Schadenersatzansprüche mit der Verantwortlichkeitsklage geltend zu machen.
Es geht um die Wahrung der Interessen der Gesellschaft in guten Treuen. Die Treuepflicht wurde durch die Revision ´92 neu im Gesetz verankert, sie war jedoch schon vorher durch die Rechtsprechung anerkannt. Elemente:
Wird die Treuepflicht verletzt, so ergibt sich aus dieser Verantwortlichkeit eine Schadenersatzpflicht (Art. 754 OR). Für die Haftbarmachung für verursachten Schaden genügt Fahrlässigkeit.
Diese ist in Art. 717 Abs. 2 OR statuiert. Die Durchsetzung ist relativ problematisch, da Verwaltungsratsbeschlüsse nicht anfechtbar sind im Gegensatz zu GV-Beschlüssen. Mittel der Durchsetzung sind folglich nur die Sonderprüfung (Art. 697a ff OR) oder eine Verantwortlichkeitsklage.
Wird durch einen Beschluss des VR eine krasse Ungleichbehandlung veranlasst, so kann dieser Beschluss nichtig sein.
Die Wahl des VR gehört gemäss Art. 698 OR zu den unübertragbaren Kompetenzen der GV. Die Wahl ist annahmebedürftig.
Nach Art. 710 OR ist die Amtsdauer in den Statuten zu regeln, sie darf höchsten 6 Jahre sein. Das Gesetz vermutet 3 Jahre.
Die Mitglieder des VR sind ins Handelsregister einzutragen (Art. 641 Ziff. 9 OR), ebenso wie die Art der Ausübung der Vertretung (Art. 641 Ziff. 8 OR).
Für die Ausscheidung aus dem VR gilt Art. 711 OR. Ein Rücktritt ist jederzeit möglich. Der Zeitpunkt des Rücktritts ist relevant bei der Haftung.
Das Ausscheiden ist sofort nach dem Rücktritt dem HR zu melden. Die Meldung kann durch den Ausgeschiedenen selbst erfolgen, wenn die Anmeldung nicht innert 30 Tagen vorgenommen wird durch die Gesellschaft. Dies ist wichtig, da die Haftung gegenüber gutgläubigen Dritten erst mit dem Eintrag im HR endet. Intern hingegen wird das Ausscheiden mit Eintritt des Beendigungsgrundes wirksam und damit endet auch die Haftung gegenüber der Gesellschaft und den Aktionären.
Treten alle Verwaltungsräte zurück, so findet eine Neuwahl statt. Hat die Gesellschaft keine Verwaltungsräte, kann sie verbeiständet werden (Art. 393 Ziff. 4 ZGB).
Der VR konstituiert sich selbst. Für die Beschlussfassung genügt das relative Mehr der Verwaltungsräte. Bei Stimmengleichheit hat der Präsident den Stichentscheid. Beschlüsse des VR können auch durch Zirkulation getroffen werden. Es ist diesfalls die schriftliche Zustimmung der Verwaltungsräte möglich.
Eine Vertretung eines Verwaltungsrates mittels Vollmacht ist nicht zulässig. Eine so abgegebene Stimme ist ungültig. Verwaltungsrat ist also ein höchstpersönliches Amt.
Art. 713 Abs. 3 regelt die Protokollführung. Das Protokoll ist vor allem in Verantwortlichkeitsprozessen äusserst wichtig als Beweismittel.
Der VR führt das Aktienbuch zur Erfassung der Namenaktionären (Art. 686 OR). IN PRAXI erfolgt die Führung durch den Verwaltungsratssekretär.
Für die Informationsrechte der Verwaltungsräte gilt Art. 715a OR. Das Informationsrecht ist wichtig bei der Verantwortlichkeit der Verwaltungsräte. Art. 715a Abs. 1 OR regelt den Auskunftsanspruch bei allen Geschäftsangelegenheiten. Eine Auskunftsverweigerung darf nur im Falle höherer Interessen der Gesellschaft erfolgen. Die Informationsbeschaffung erfolgt durch Verwaltungsratssitzungen, wobei Art. 715 OR die Einberufung regelt. Auch ausserhalb der Sitzungen hat der VR ein Auskunftsrecht (Art. 715a Abs. 3 OR). Der Dienstweg ist aber einzuhalten, deshalb ist in gewissen Fällen die Ermächtigung des Präsidenten nötig.
Der Gesamtverwaltungsrat ist die Rekursinstanz gegen verwaltungsratspräsidiale Entscheidungen bezüglich Auskunftserteilung (Art. 715a Abs. 5 OR).
Verwaltungsratsbeschlüsse sind nicht anfechtbar. Es besteht nur die Möglichkeit Verwaltungsräte abzuwählen oder eine Verantwortlichkeitsklage anzustrengen.
Jedoch kann auf Nichtigkeit des VR-Beschlusses geklagt werden. Für die Beurteilung der Nichtigkeit werden die Bestimmungen über die Nichtigkeit von GV-Beschlüssen (Art. 706b OR) sinngemäss angewendet (Art. 714 OR).
Klage auf Nichtigkeit ist etwa möglich, wo ein Beschluss eine Ungleichbehandlung der Aktionäre zur Folge hat, wo eine Delegation von nicht übertragbaren Kompetenzen beschlossen wird oder wenn ein Verwaltungsrat einer Aussenperson unterworfen ist (Strohperson). Dazu BGE 96 II 18.