Im Krieg gebaut – jedoch nie gebraucht. So könnte man die Existenz eines rund 600m langen Gleisstückes bezeichnen, das in Aarburg zwischen dem Berner und dem Luzerner Gleis liegt. Das Trassee wird jedoch mit der Realisierung von Bahn 2000 in ein landesweites Konzept integriert und ab 19. Dezember 2004 direkte Zugfahrten von Bern nach Luzern ermöglichen.
In den Kriegsjahren waren intakte Bahnstrecken für die Zivilbevölkerung und die Landesverteidigung von höchster Bedeutung. Die Angst vor ausländischer Bedrohung und Zerstörung wichtiger Verkehrswege sass damals tief. Schon kurz nach Kriegsausbruch wurde im Bereich der Zürcher Vororte Oerlikon und Seebach ein seit 1909 brachliegendes Gleis wieder hergerichtet, welches – gerade im Zusammenhang mit der Bahnlinie durch das Furttal – die Umfahrung des Zürcher Hauptbahnhofes erlaubte. Diese damals wieder hergestellte Verbindung wird übrigens heute von vielen Güterzügen nach dem Rangierbahnhof Limmattal benützt.
Ebenso befürchtete die Armeespitze einen Unterbruch im Bahnknotenpunkt Olten, welcher damals wie heute seine wichtige Bedeutung sowohl im Nord/Süd- wie auch im Ost/West-Verkehr hatte. So wurde in der ausserordentlich kurzen Zeit vom Februar bis September 1940 im Südwesten des Zentrums Olten/Aarburg vorsorglich eine eingleisige Verbindungsstrecke erstellt, welche man im Notfall rasch an die Streckengleise nach Rothrist bzw. Zofingen anschliessen wollte.
Vorsorgliche Massnahme
Aus strategischen Gründen wurde damals der Bau nicht gross publiziert und auch in der Fachliteratur nur spärlich vermerkt. Nachdem sich heute die Bedrohungslage in jeder Beziehung geändert hat, darf der Schleier gut 60 Jahre danach gelüftet werden. Die vorsorgliche Massnahme kostete damals etwas mehr als eine Viertelmillion Franken, umfasste ferner eine zusätzliche Verladerampe in Aarburg und wurde vom Bund übernommen (Gruppe für Rückwärtiges, Transportsektion). Weitere Investitionen wurden bei Kriegsbeginn ausgelöst für den Bau der Doppelspuren zwischen Pfäffikon SZ und Lachen sowie zwischen Brunnen und Flüelen. Mit diesen Massnahmen sollte die Kapazität der wichtigsten Achsen für den stark anwachsenden Güter- und Militärverkehr gesteigert werden.
Auf Zofinger Seite begann der südliche Schenkel des Gleisdreiecks ausserhalb des Plüss-Stauffer-Areals, durchquerte mit engem Radius eine Gärtnerei und näherte sich im Westen dem doppelspurigen Gleis nach Rothrist. Dort beendete ein Prellbock das Idyll. Die zum Einbau ins linke Streckengleis Olten – Bern notwendige Weiche lag jedoch am richtigen Ort bereit und wäre innerhalb von wenigen Stunden eingebaut worden. Der Zahn der Zeit liess dieses Kurisosum bald einmal unter Brombeerstauden und Gestrüpp verschwinden.
Am südlichen Ende mündete das Gleis in die Industriezone entlang der Strecke Zofingen – Aarburg. Diese ist heute zwar nur in Sägefahrt zu erreichen, doch wäre wohl auch hier der Einbau einer direkt befahrbaren Weiche innert nützlicher Frist möglich gewesen. Der Gleisbau erfolgte rasch und kostengünstig: Das verwendete Oberbaumaterial (Schienen und Schwellen) trug das Herstellungsjahr 1904 und dürfte somit im Krieg als Occasion eingesetzt worden sein. Das Trassee ist stellenweise überwuchert und – vor allem im westlichen Teil – von Bäumen, Büschen und Sträuchern verdeckt.
Eine elektrische Fahrleitung war ebenfalls vorhanden, jedoch ausgeschaltet. Signale wurden nicht aufgestellt. Das Verbindungsgleis, das in diesem Sinne nie durchgehend benützt wurde, diente von der Zofinger Seite her jahrelang zum Abstellen von Güterwagen.
Künftige Arbeiten
Das Konzept Bahn 2000 bringt ab 19. Dezember 2004 die direkten Züge von Bern nach Luzern über die Neubaustrecke Mattstetten – Rothrist und somit über die Verbindungslinie. Dadurch können die aufwändige Spitzkehre in Olten vermieden und die Reisezeit verkürzt werden. Um das Terrain für die Bauarbeiten der SBB im westlichen Abschnitt frei zu machen, hat die Gärtnerei Mitte Dezember 2001 in der Dreieckparzelle zwischen dem Streckengleis von Aarburg-Oftringen nach Zofingen und der Verbindungslinie mit dem Bau der neuen Pflanzencontainer-Anlage begonnen. Die übrigen Arbeiten sind inzwischen angelaufen; Oberbau und Fahrleitung werden abgebrochen.
Das Projekt sieht vor, die eingleisige Verbindungslinie nach den heutigen Normen und Umweltvorschriften neu zu erstellen, wobei aber weitgehend das alte Trassee verwendet wird. Die beiden bestehenden Doppelspuren werden mit Weichenverbindungen ergänzt. Die alt/neu Kurve wird nach dem Fahrplanwechsel vom 19. Dezember 2004 die Unterführung Grüt in Rothrist in Betrieb, welche die Züge Langenthal – Aarburg kreuzungsfrei unter der Bernlinie durchführt.