Vorwort

Die Lokomotiven der Typs Re 6/6 der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) haben in verschiedener Hinsicht Akzente gesetzt: Sie sind erstens die leistungsfähigsten je in Serie gebauten Lokomotiven der Schweizer Bahnen. Aehnlich wie seinerzeit die Ae 6/6 sind sie vorwiegend auf die Traktion von schweren Reise- und Güterzügen im alpenquerenden Nord-Süd-Verkehr zugeschnitten worden. Aus diesem Grund zeigen sie auch – wohl als letztes Triebfahrzeug der SBB – den typischen Charakter einer Gotthard-Lokomotive. Schliesslich gelten die Re 6/6 in technischer Beziehung als die letzten „klassischen Direktmotor-Lokomotiven“ mit elektromechanischem Stufenschalter und Einphasen-Reihenschlussmotoren. Sie stellen damit gewissenmassen den Abschluss eines jahrzehntelangen Entwicklung dar, an der die Schweizer Industrie und die Schweizer Bahnen massgeblich beteiligt waren.

 

1973 hat der Verfasser dieser Zeilen als junger Ingenieur in der Abteilung Zugförderung der SBB in Lausanne eine der vier Re 6/6-Prototyp-Lokomotiven – es war die 11603 – während einer mehrmonatigen Betriebserprobung auf der Strecke Vallorbe – Lausanne – Domodossola intensiv begleitet. Wer immer damals mit dieser imposanten Maschine in Kontakt kam, zeigte sich davon restlos beeindruckt. Dass die neue Lokomotive von Anbeginn einwandfrei funktionierte, kam nicht von ungefähr: Die enge Verwandtschaft mit der robusten Re 4/4 II war nicht nur äusserlich unverkennbar. Zwar waren an der elektrischen Traktionsausrüstung und auch am mechanischen Teil vereinzelte Aenderungen vorgenommen worden; was sich aber während Jahren bewährt hatte, wurde nicht aus purer Lust am Neuen unbedacht über Bord geworfen. Der Weg zu den anschliessend gebauten 85 Serie-Lokomotiven war damit geebnet.

Heute nach dreissig Jahren, darf man ohne Uebertreibung bilanzieren, dass die Re 6/6 sich den hohen Anforderungen, für die sie seinerzeit ausgelegt worden sind, immer noch gewachsen zeigen. Die Verkehrsentwicklung und die bereichsübergreifende Flottenpolitik der SBB haben den Schwerpunkt ihres Einsatzes zum Güterverkehr verschoben. Die Re 6/6 werden, das belegt dieser Bericht, auf der vielfarbigen Palette der SBB-Traktion zweifellos weiterhin markante Akzente setzen.

 [Theo Weiss, Leiter Flottenmanagement; SBB Personenverkehr]