Vergessene Verbindungslinie im Jura:

Le Creux - Convers


Uebersichtsplan

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Situation Landeskarten-Ausschnitt


Beides sind heute stillgelegte Haltestellen an den von Biel bzw. Neuchâtel ausgehenden Zubringerstrecken nach La Chaux-de-Fonds. Vor 117 Jahren präsentierte sich jedoch hier die Eisenbahnlandschaft noch ganz anders

Nur zwölf Jahre nach der Eröffnung der Spanisch-Brötli-Bahn Zürich-Baden wurde der 1354m lange Mont-Sagne-Tunnel gebaut. Ein Jahr später, nämlich 1860, konnte der durchgehende Betrieb zwischen Neuchâtel und der Stadt La Chaux-de-Fonds eröffnet werden. Möglich wurde dies erst durch die Vollendung des 3259m langen Tunnels Des Loges. Für Bau und Betrieb dieser Strecke zeichnete die Bahnverwaltung „Jura Industriel“ verantwortlich.

Kleine Eisenbahngeschichte

Zwischen den beiden genannten Tunnelportalen lag auf engsten Platzverhältnissen die Station Convers. Die Endweichen mussten sogar noch in den Tunnelanfang verlegt werden; die Anlage liegt ausserdem in einer starken Kurve und erschwerte damals die Übersicht bei anhaltenden Reisenzügen.

Neben der heute noch - und vermutlich nicht mehr lange -  vorhandenen bescheidenen Infrastruktur (Wartehaus, Billettentwerter, Telefon und Uhr) war hier früher viel mehr anzutreffen. Im Jahre 1874 mündete hier nämlich die von Biel über das Tal von St-Imier ebenfalls in die Uhrenstadt auf dem Hochplateau führende Jura-Bern-Luzern-Bahn ein. Neben der heute noch sicht- oder wenigstens vermutbaren Stationsanlage der Nord-Süd-Verbindung entstanden weitere Gleise und Weichenverbindungen der Konkurrenzbahn in der Ost-West-Richtung.

 

 

 

 

 

 

Ein in nordöstlicher Richtung fahrender NPZ bei der Tunneleinmündung Crosettes

 

 Die Haltestelle Convers mit einem nach Le Locle fahrenden Pendelzug der BLS

Neue Situation ab 1888

Nach Fertigstellung des dritten Tunnels „Crosettes“ konnten dann ab 1888 die Bieler Züge direkt nach La Chaux-de-Fonds fahren. Die romantische Linienführung im obersten Talabschnitt von St-Imier und die Spitzkehren in Convers wurden überflüssig. Nach der Betriebseinstellung 1888 blieb die Gleisverbindung bis zur endgültigen Aufhebung zunächst noch weitere sieben Jahre bestehen; sie wurde erst 1895 aus dem Bestand gestrichen.

Romantik verschwindet

Geblieben sind auf beiden Seiten noch Gleisstumpen und ein 152m langer Tunnel, der heute teilweise eingestürzt ist. Das frühere Trassee ist von dicken Bäumen überwachsen und dient zum Teil noch als Wanderweg. In Jahre 1996 ist die frühere ländliche Idylle allerdings von Bau und Strassenlärm unterbrochen worden: Die quer durch den Jura führende Autobahn benützt den gleichen Weg wie die Bahnbauer von 1860 und muss in den schon beschriebenen, engen Platzverhältnissen von Convers sogar noch ein Anschlussbauwerk hineinpferchen. Mit der Ruhe auf den beiden idyllischen Statiönchen, die von besseren Zeiten träumen mögen, und der Romantik im einsamen Hochtal ist es somit endgültig vorbei.

 

 

 

 

 

Gesamtübersicht von Convers. Zu Füssen das Tunnelportal "Des Loges" der von Neuenburg heraufführenden Linie, links oben der Tunnel "Mont Sagne" nach La Chaux-de-Fonds. In der Bildmitte neben dem Dt-Pendelzug das heutige Haltestellengebäude, rechts davon die frühere dreigleisige Anlage Richtung Biel. Aufnahmegebäude und Bahnhofbuffet aus der Gründerzeit sind abgebrochen.

 

Hier kommt das vom Reisenden zu bedienende Signal "für Bedarfshalt" gut zur Geltung. Rechts die Handweichen mit Entgleisungsvorrichtung und Sperrsignal, um das Entlaufen von Wagen auf die Steilstrecke zu vermeiden.


28 Jahre Unterschied...

Nur wenige Kilometer nördlich von Convers erwartet eine weitere Kuriosität den Bahnreisenden. Die beiden beschriebenen Linien führen einzeln nach La Chaux-de-Fonds und durchqueren kurz vor der Einfahrt den Hügel von Combe. Auffällig ist dabei die unterschiedliche Ausführungsart der beiden einspurigen Röhren. Das weitaus ältere Tunnelportal der Neuenburger Linie hat einen merkwürdigen, nach oben spitz zulaufenden Querschnitt, der eher an eine gotische Kathedrale erinnert. Links dagegen das 28 Jahre jüngere Portal der Bieler Linie (Tunnel 230m lang), das eher dem konventionellen Begriff eines Tunnelquerschnitts entspricht. Fast 30 Jahre Fortschritt im Tunnelbau sind somit auf knappstem Raum sichtbar geworden.

Auswirkungen der Bauweise bis heute spürbar

Die heute exotisch anmutende spitze Form der Neuenburger Linie ist nur auf dieser Strecke anzutreffen und hat bis heute ihre Auswirkungen in den Betriebsvorschriften der SBB. Neben den besonderen Bestimmungen für starke Gefälle von 22 bis 33, die für beide Bergstrecken gültig sind, gilt für den langen und im oberen Bereich des Profils recht schmalen Loges-Tunnel immer noch die Vorschrift, dass „offene Wagen, die hohe oder mit einer Schutzdecke versehene Ladungen aufweisen, bei der Fahrt durch den Tunnel nur mit höchstens 60 km/h verkehren dürfen“. (Anhang zum Fahrdienstreglement, Ziffer 17.4).


Eigentumsverhältnisse vor der Wende des 19./20. Jahrhunderts

Weststrecke Neuchâtel - La Chaux-de-Fonds (durchgehend seit 1860)

 1860

1875

1884

1886

1913

 JI

JB

JBL

JN

SBB

 Jura Industriel

Jura Bernois

Jura-Bern-Luzern

Jura-Neuchâteloise

 

 Mittelstrecke Le Creux - Convers (in Betrieb 1874 - 1888)

 1874

 

1884

1890

 

 JB

 

JBL

JS

 

 Jura Bernois

 

Jura-Bern-Luzern

Jura-Simplon

 

Oststrecke Biel - La Chaux-de-Fonds (direkt seit 1888)

 1874

 

1884

1890

1903

 JB

 

JBL

JS

SBB

 Jura Bernois

 

Jura-Bern-Luzern

Jura-Simplon

 

Textquelle: EA6/96(Autor: Ruedi Wanner)


Bildergallerie

 


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