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Von
Städten: D., Mali, 40 000 Einwohner Djenné Nicht
mehr an der Hauptstrasse liegt die Stattliche. Sie hat sich auf ihre
sandige Insel zurückbesonnen. Ist weder Hafen noch Zentrum. Und doch
bleibt sie ein Magnet. Ihr Ruf hallt noch immer über die Savanne, weit
über Mali hinaus. Vor Jahrhunderten war diese Stadt aus Lehm und Stroh
eine der grossen, als die Karawanen mit Gold und Sklaven handelten, mit
Salz und Tüchern. Vor tausend Jahren entstand die mächtige Moschee als
Anker Allahs im gelben Sahel. Nicht Regen und nicht Kriege zerstörten
die Stätte des Gebets vor hundert Jahren, sondern Zwist und Uneinigkeit
innerhalb der Stadtmauern. In Reue wurde sie wieder erbaut, diese
Symbiose aus Lehm und Gottesglauben. Von zwanzig mal fünf Säulen
getragen, mit sonnengebleichten Türmchen und erdbraunen Pfeilern. Die
Bewohner in ihrem Schatten sind dem frommen Gebet zugetan. Koranschulen
finden sich mehr als anderswo. Fünfmal Gebet und dazwischen der Handel:
feilschen, kaufen, verkaufen. Montags gehört Djenné ganz dem Treiben
des Marktes. Kamele, Ziegen, Esel, Kohle, Reis und Gewürze. Säcke, Körbe,
Schattentücher. Dazwischen die wallenden Gewänder vieler Völker.
Djenné vereint, was in Allah verbunden. Die Wohlgesonnene nimmt auf,
was nicht unter der grünen Fahne wandelt. Kaum sind Fremde über die Fähre
in die Stadt gekommen, suchen die Jungen einen Verdienst. Die Besucher
bewundern die Architektur von Moschee und Stadt. Und suchen die heilige
Ruhe in den kühlen Winkeln der Gassen. Zu Beginn des Jahres weht der
Harmattan sandgefüllt aus der Wüste. Und manchmal regnet es in der
Jahresmitte. Dann tanzen die Leute, während die Camions im Morast
steckenbleiben. Derweil trotten die Kamele gleichgültig dahin. Ihre
Wimpern so schön geschwungen wie Allahs Halbmond über den Akazien der
Savanne. |
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Franz Stadelmann |
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Publiziert in Neue Zürcher Zeitung 12. 04. 1997 |
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