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Information bringt nicht Innovation

Was der Grossvater tat, tue auch ich, sagen sich die meisten Bauern und Viehhalter in Afrika. Von aussen kommen kaum Impulse. Zeitungen und Zeitschriften als Informationsquellen zirkulieren selten in ruralen Gegenden. Ein Radio ist teuer und die Batterien kosten Geld. Daher gelangen Informationen über landwirtschaftliche Innovationen nur schwer in den bäuerlichen Haushalt. Dabei ist der Kontinent eine Zone des gesprochenen Wortes. Rund tausend Sprachen werden in Afrika gesprochen. Legenden und Lebensweisheiten werden ‘als Erbe des Ohres’ von Generation zu Generation weitergegeben. Über Tagesaktualitäten informiert sich die Bevölkerung vor allem auf den Märkten. Die Zunge hat zwar keine Knochen, aber sie ist trotzdem sehr kräftig, sagt ein Sprichwort. Also zirkulieren Informationen doch und oft sehr rapide dank des ‘radio trottoir’ wie die informelle Gerüchteküche in Westafrika genannt wird. Trotzdem schaffen es Agrotechniker oft nicht, die rurale Bevölkerung von einfachen Verbesserungen in Viehzucht und Anbau zu überzeugen. Ganze Heere von Entwicklungshelfern versuchen mit Demonstrationsflächen, aber auch mit Rollenspielen und Liedtexten, den Bauern Zusammenhänge zu erklären, sie für neue Produkte oder Methoden zu  gewinnen. Oft reine Fehlschläge. Grund für die Vorsicht gegenüber Neuerungen: die Bauern leben oft am Existenzminimum. Sie können es sich gar nicht leisten, sich auf unsichere Experimente einzulassen. Oder sich in Abhängigkeiten zu begeben. Zu oft wurden sie schon betrogen. Der Staat lieferte das Saatgut nicht. Die Genossenschaft ging bankrott. Die neue Pflanze wirft zwar mehr ab, ist aber anfällig auf Krankheiten. Die Bauern verweigern sich auch, weil sie sich nur als Spielball im komplizierten Marktmechanismus sehen. Und das lieben die Bauern nirgendwo.

 

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Franz Stadelmann

 

 

Publiziert in Die Grüne 1998