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Von
Städten: L., Namibia, 10 000 Einwohner Lüderitz Nur
schwarze Felsen und das kalte Meer. Dazwischen feiner Sand und kühler
Wind. Eine graue Bucht und deutsche Fachwerkhäuser, evangelische
Kirchen, Erker und Balkone. Die Häuser wirken wie hingeworfene Würfel.
Seltsam fremd erscheinen die Bauten in dieser trostlosen Einöde. Die
Spanier ankerten vor fünfhundert Jahren an diesem wasserlosen Strand.
Ihr Steinkreuz ist längst verschollen. Norwegische Walfänger
hinterliessen Rost und Ruinen. Die Jäger und Sammler des Namavolkes
interessierten sich nicht für Denkmäler. Die Deutschen aber, vor
hundert Jahren, kamen an diese Bucht in Südwest, um zu bleiben. Sie
bauten ihre Häusle wie zuhause. Und begannen das karge Land zu lieben,
obwohl sie ihr Trinkwasser aus tausend Kilometern herschaffen mussten.
Im unabhängigen Namibia schwebt über Lüderitz noch immer eine
treudeutsche Wehmut. Irreal wie der Nebel vor der Küste, der unkundige
Schiffe für ewig an den Strand lockt. Der Ort ist keine Grösse im
neuen Staat und so abgelegen, dass die Eisenbahn nicht mehr täglich
kommt. Die Stadt mit dem Namen ihres Begründers steht seit Generationen
still und hat doch eine spröde Würde bewahrt: deutscher Jugendstil in
afrikanischen Stein gemeisselt. Über den Dächern erhebt sich ein
Felsenkegel, dem Diamantenberg der träumerischen Augen. Darauf thront
die Felsenkirche, solide und wuchtig. Ihr Turm wacht über die
verwinkelten Strassen, und auch über den Hafen, der nur noch von
kleinen Schiffen angelaufen wird. Langusten werden exportiert und
Seegras getrocknet. Nur manchmal kommen Touristen, der renovierten Häuser
und nicht der Diamanten wegen. Drei Hotels, vier Gaststätten, keine
Imbissbude. Wenig Autos. Kaum Fussgänger. Nur draussen auf den
schroffen Guanoinseln tummeln sich Robben und Pinguine. Und in der
steifen Brise segeln Sturmvögel. |
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Franz Stadelmann |
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Publiziert in Neue Zürcher Zeitung 01. 02. 1997 |
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