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Von Städten: M., Botswana,  20 000 Einwohner

Maun

Grau und braun. Sand überall. Und ab und zu eine brüsk aufsteigende Staubfahne. Die sich nur langsam senkt. Auf die flirrenden Wellen des Krümelgesteins. Nachdem der Motor längst verhallt. Dann die Häuser. Erst vereinzelt. Bald ein paar mehr. Wie in Tarnfarbe im gleichen Wüstenkolor. Termitenhügeln ähnlich. Nur etwas breiter. Nicht unbedingt höher. Bauchige Rundhütten mit viel Schatten unter ausgebleichtem Kegeldach. Der Fluss steht trübe und mit magerem Seitengrün. Nachts schnauben die Nilpferde. An einer Strassenkreuzung wie zufällig eine Art Zentrum. Tankstelle. Bank. Reiseagentur. Geschäfte. Die Sandstadt lebt vom Wasserdelta dahinter. Der geschäftige Ort trieft vor Schweiss. Rosarote Besucher jagen mit Kameras. Braune Gesichter jagen mit Fahrzeugen. Gelbe Lachfalten jagen nichts mehr. Doch ihre Kunst. Ihre Kunst. Wird verkauft an jeder Ecke. Draussen vor den festeren Häusern. Stehen die weniger soliden. Umkraalt mit Stecken. An denen Ziegen knabbern. Sandtränen rinnen in ihre Bärte. Plastik wirbelt in Windhosen heran. Der Ort ist entstanden. Weil sich ein Fluss in der Richtung geirrt. Der Okawango aus Angola fächert zum Sumpf aus. Und ertränkt sich im Sand der Kalahari. Die Wildtiere sind an den feuchten Schwamm gebunden. Daher kommen bleiche Gesichter. Zum früheren Brunnenort. Doch sie bringen ihre Getränke selber mit. Und lassen die Dosen zurück. Die Oase ist besät mit leerem Gehülse. Statt mit Schattenbäumen. Ab und zu schleicht ein Buschmann vorbei. Der lieber San genannt werden möchte. Und erspäht einen Geist. Den nur er sieht und der ihm sagt. Dass dieser Spuk genau das ist. Und wieder vorbeigeht. Daher lacht der San andauernd.

 

 

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Franz Stadelmann

 

 

Publiziert in Neue Zürcher Zeitung 1997