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Öl
und Tränen im Sudan Trucker
im Sudan zu sein heisst: Staub und Hitze, lange Wartezeiten und viel
Pannen. Dass es dazu noch Minen und Bürgerkrieg gibt, erhöht das
Lebensgefühl nicht. Trotzdem fahren sie auf Asphalt, im Staub und durch
die Wüste. Achmed
ist 37 Jahre alt und hat sein ganzes Leben im Kriegszustand erlebt. Der
Bürgerkrieg im Sudan ist sogar älter als er. Ein paar Jahre war auch er
dabei. Aber darüber redet er nicht gern. Nun ist er Fernfahrer und
ziemlich glücklich. Seine Touren dauern normalerweise vier Tage. Er
belädt seinen Tanker in El Obeid im Mittelsudan und beliefert die -
wenigen - Tankstellen im Süd-Kordofan. Die Hälfte der Strecke ist
asphaltiert. Die paar Schlaglöcher alle paar Kilometer sind unwesentlich.
Die andere Hälfte ist gute Schotterstrasse, so genannte Allwetterstrasse.
Das heisst während der Trockenzeit staubt es wie ein Ofenrohr, in der
Regenzeit rodelt
der Truck über die glitschige Fahrbahn. Das
war vor etwas mehr als einem Jahr noch nicht so. Damals herrschte auch
hier in den Nuba-Bergen noch Krieg: es durfte nur im Konvoi gefahren
werden und dies nur am Tage. Trotzdem wurden Konvois angegriffen. 'Es war
nicht immer klar, welche Seite es war', fasst Ahmed die zehn Jahre
zusammen, während der er diese Route nun befährt. Er selber hatte immer
Glück: 'Vor zwei Jahren wurde unser Konvoi angegriffen. Ich warf
mich in den Strassengraben. Doch die Barfussguerilleros
hatten es nur
auf Wertsachen abgesehen. Mir und meinem Diesel passierte nichts. Ich
hoffe sehr, dass der jetzige Waffenstillstand hält, Inscha Allah'. Achmed
ist bekennender Mohammedaner. Aber kein fundamentalistischer Islamist,
betont er und das gilt wohl für den allergrössten Teil der Sudanesen. Der
Sudan ist der flächengrösste Staat Afrikas und sieben Mal so gross wie
Deutschland. Früher fuhr Achmed mit einem Schlepper in die Hafenstadt
Port Sudan. Die Touren dauerten damals bis zu 2 Wochen, dabei sind es von
Khartoum bis Port Sudan bloss 1000 Kilometer. Aber die Strasse war
schlecht, sehr schlecht. 'Ich würde gern wieder nach Port Sudan fahren,
der Lohn ist auch besser'. Aber Achmed hat vor vier Jahren seine Aischa
geheiratet und so zieht er es vor, zweimal pro Woche zu Hause in El Obeid
zu sein. Dort warten inzwischen auch drei Kinder auf ihn. 'Fatal',
sagt Achmed spontan und freundlich: 'Willkommen' und er meint es auch so.
Mit seinem Helfer Mohamed und einem Mitfahrer macht er Rast südlich von
Dilling. Sie sind heute früh in El Obeid weggefahren. 12 Stunden liegen
hinter ihnen und noch vier weitere bis Kadugli. Mohamed hat eben den
Wasserbeutel nachgefüllt und vor den Kühler gehängt. Der Fahrtwind
macht das Trinkwasser herrlich kühl. Die Tagestemperatur liegt bei über
vierzig Grad und der Hino hat keine Klimaanlage. Mohamed ist zuständig
für den Belad und das Entladen, er wechselt die Reifen und kassiert das
Geld von mitreisenden Passagieren ein. Alles natürlich unter dem
prüfenden Blick seines Chefs Achmed. Die jedem Halt prüft Mohamed
natürlich Kühlerwasser und Öl und selbstverständlich träumt er davon,
eines Tages selber am Steuer zu sitzen. Ihn faszinieren die riesigen
Öltrucks, die mit zwei Aufliegern fahren und mit der Polizei nie Probleme
haben. Der Staat unterstützt die Ölcompanies, weil dadurch Devisen ins
Land kommen. Devisen, die den teuren Krieg finanzieren. Achmed sieht das
kritisch: 'Unser Öl wird zu Schiesspulver und dem Land bleibt nichts als
Zerstörung'. Derlei
Kritik ist im Sudan nicht willkommen. Auch Achmed redet lieber über seine
Touren und seinen Hino-Truck. Während seiner Armeezeit hat er als
Mechaniker gearbeitet und kennt daher das Innenleben seines Lastwagens.
'Es ist mir noch immer gelungen, mein Fahrzeug flott zu kriegen. Auch
damals, als ich nachts in ein Kamel fuhr, das mir quasi die halbe Kabine
zertrümmerte. Nach zwei Tagen hatte ich den Frontlenker wieder ziemlich
flott. Mein Chef hatte nicht viel Freude am Stück Kamelfleisch, das ich
ihm mitbrachte.' |
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Franz Stadelmann |
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Publiziert in Trucker |
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