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Transport ohne Strassen

Die Jahre sind wohl erst mal vorüber, als man von einer Transafricaine träumte: einer Strasse, die Afrikas Nationen verbindet. Und die mit ihren netzartigen Zubringern das Hinterland erschliesst. Daher ist Afrika in weiten Gebieten noch immer schwer zugänglich. Auch der Landwirt in seinem Dorf ist mit diesem Problem konfrontiert. Denn er schafft es nicht, seine Überproduktion, sofern er welche hat, auf einen lukrativen Markt zu bringen. Dass es Eselskarren gibt wie in Namibia oder rustikale Ochsengespanne wie in Madagaskar ist eine Ausnahme. Doch diese Gefährte haben nur eine geringe Reichweite und wenig Ladekapazität. Davon profitieren Händler, die zur Erntezeit mit ihren Allradfahrzeugen in die unwegsamen Regionen vorstossen und die Produkte zu billigen Preisen aufkaufen. Es sind sie, die keine guten Strassen wollen. Den Preis für die ungenügende Infrastruktur bezahlen die Produzenten. So verrotten jedes Jahr Tausende von Tonnen Leetchis an der Ostküste Madagaskars. Leetchis, die im Dezember in der Schweiz für bis zu 20 Franken pro Kilo verkauft werden. Der madagassische Produzent erhält übrigens nur 30 Rappen dafür. Zudem verkaufen viele Bauern ihre Produkte zur Erntezeit, um wenigstens einmal im Jahr etwas Bargeld zu haben. Ein Aufbewahren der Ernte und ein Abstossen je nach Marktlage ist weithin unbekannt. Dies gilt seltsamerweise sogar für gut haltbare Produkte wie Maniok und Mais. Gespeichert wird nur der eigene Vorrat und manchmal nicht genug davon. So kommt es, dass in Madagaskar sogar die Reisbauern regelmässig hungern, nämlich dann, wenn die alte Ernte aufgebraucht und der neue Reis noch nicht reif ist. In ihrer Not kaufen sie einen Teil ‘ihrer’ Ernte wieder teuer vom Händler zurück - und verschulden sich dabei immer mehr.

 

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Franz Stadelmann

 

 

Publiziert in Die Grüne 1998