Vom schönen Städtchen Lobberich, dass heute Nettetal heisst, grüssen bereits von Ferne die Wahrzeichen, der alte Wasserturm und die Pfarrkirche Sankt Sebastian. Zur Linken sieht man auch noch die Turmspitze der alten Kirche. Sie liegt bei einem schönen Park, der um die Burg Ingenhoven angelegt ist. Diese Burg beherbergt ein sehr gutes Restaurant. Lobberich liegt im Gebiet des Flüsschens Nette, welche in dieser Region durch zehn Seen fliesst. Hier muss man noch das alte Wasserschloss Krickenbeck erwähnen.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurden in Lobberich, wie in all den anderen Städten und Dörfern, zuerst einmal die Kriegsschäden weggeräumt, damit der Aufbau der Industrie beginnen konnte. Die Hauptindustrie war zu der Zeit die Samtweberei der Firma Niedieck, wohl die grösste und bekannteste, die später dem Girmes Konzern angehörte.
Um das Jahr 1927 wurde in Lobberich durch Robert Kahrmann eine kleine Firma für Guss-Armaturen in Betrieb genommen. Im Haus Eulenbruch, welches beim oben genannten Park südlich der Burg Ingenhoven liegt, richtete er in den Ställen und im Kutschenhaus die erste Werkstatt ein. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden zuerst die alten Zinkspritzguss-Maschinen überholt und erneuert.
Im Jahr 1946 hatte der Ingenieur Eugen Engelhardt, der gerade aus der Gefangenschaft kam, darüber nachgedacht, was er wohl machen könnte. Zuhause bastelte er eine kleine Lokomotive aus Holz, die er mit schwarzer Schuhcreme färbte. Das Dach fertigte er aus Pappe. Die Innereien der Holzlok bestanden aus Stricknadeln und Zahnrädern aus einem alten Wecker, einem kleinen Elektromotor und einem Klingeltransformator. Als das Ding, dass er Baby nannte, zum Laufen brachte, sprach er im gleichen Jahr bei Robert Kahrmann vor.
Er konnte Kahrmann für die Herstellung des Projektes „Spielzeug-Eisenbahnen“ begeistern. Somit begann ca 1946 die Geschichte der Modell-Eisenbahn. Die Bahn mit Spurweite 12 mm war 1947 bereits so weit gediehen, dass Robert Kahrmann mit Ingenieur Engelhardt einen Vertrag ausarbeitete, welche ihm einen festen Lohn und eine kleine prozentuale Beteiligung bot. Die 12 mm Bahnen sind bei Eisenbahnfans als TT (Table Top) bekannt. Nachdem noch mehr Leute eingestellt wurden, konnte man daran gehen, Zeichnungen und Spritzgussformen zu machen. Ca. Mitte 1949 konnte man mit der Fertigung der Modellbahn in Serie beginnen und sie unter dem Warenzeichen Rokal (Robert Kahrmann Lobberich) verkaufen.
Da nach dem Krieg die Wohnungsnot gross war und man nicht den Platz wie heute hatte, konnte man abends oder am Sonntag, wenn der Küchentisch nicht mehr benötigt wurde, seine Eisenbahn schnell darauf aufbauen. Inzwischen wuchs aber auch der Teil des Betriebes, welches Autoteile herstellte. Die Firma Pierburg, die in Berlin ansässig war, übersiedelte nach Lobberich und wurde dann von Kahrmann übernommen. Im Jahr 1971 war es mit der Produktion von Rokal Eisenbahnen vorbei. Das Unternehmen wurde verkauft. Viele damalige Angestellte können es auch heute noch nicht verstehen, warum so schnell Schluss gemacht wurde. Aber damals war es wie heute: Wenn es nicht rentiert, wird wegsaniert oder man fusioniert mit andern.
Seit Dezember 1998, nach vielen Jahren mit HO Bahnen, kam bei mir das Interesse für ROKAL auf. Viele meiner Verwandten hatten bei ROKAL gearbeitet und immer, wenn ich bei ihnen auf Besuch war, wurde über ROKAL gesprochen. Dies ist der Grund, weshalb ich mich mit der Geschichte von ROKAL und seinen Produkten befasse. Inzwischen habe ich eine schöne Sammlung von ROKAL Zügen zusammen. Auch bei den Nachforschungen gibt es immer wieder Neuigkeiten, die von Interesse sind.
Manchmal ist es schwierig, von anderen Sammlern eine Auskunft zu bekommen. Auf der anderen Seite wird man dann aber auch mal wieder belohnt durch eine Schenkung, einen Tausch oder einen günstiger Zukauf. Es ist ein Hobby wie das Sammeln von Briefmarken. Nur meine ich, beim Sammeln von Lokomotiven oder Teilen davon kann man mehr vom eigenen handwerklichen Geschick profitieren.
In Lobberich wurde als Andenken an den Verdienst durch Robert Kahrmann eine Strasse nach ihm benannt. 1976 wurde das gesamte Unternehmen von der Firma Pallas Apparate übernommen. Inzwischen läuft der grösste Teil des Betriebes wieder unter dem Namen Pierburg. Diese Firma gibt vielen Lobberichern Arbeit. Sie ist im Moment die grösste Industrie in Lobberich, da die große Samtweberei Niedieck vor einigen Jahren ihren Betrieb einstellen mußte.