Zurück zu "7. Der missverstandene Nostradamus" / Zurück zur Startseite



Strophe 10/72

Eine der berühmtesten Prophezeiungen des Nostradamus ist wohl Vers 10/72, in dem wortwörtlich das Jahr "1999" genannt wird. Da dieser Vers zu Unrecht oft für die Ankündigung einer kosmischen Katastrophe oder gar des Weltunterganges im Jahr 1999 n.Chr. gehalten wird, soll hier aus aktuellem Anlass näher auf ihn eingegangen werden. Er lautet: "Im Jahr 1999, im siebten Monat, wird vom Himmel ein großer König des Schreckens kommen, um den großen König des Angoumois wieder auferstehen zu lassen. Vor und nach einem Krieg wird (der Franzose) mit Erfolg regieren."

In der ersten Zeile finden wir das Datum. Meines Erachtens entspricht dabei der "siebte Monat" des Jahres "1999" dem September 3553 n.Chr. im julianischen Kalender (siehe Chronologie in Nostradamus’ Prophezeiungen). Nach unserem gregorianischen Kalender hätten wir dann also den Zeitraum zwischen dem 26. September und 26. Oktober 3553 vor uns. Viele Interpreten haben hier bisher allerdings den Juli 1999 n.Chr. (ebenfalls im julianischen Stil) herausgelesen, was uns im vertrauten gregorianischen Kalender den Zeitraum zwischen dem 14. Juli und 13. August 1999 liefern würde. Und da am 11. August dieses Jahres über Europa tatsächlich eine totale Sonnenfinsternis zu beobachten sein wird, wurde der "vom Himmel" kommende "König des Schreckens" der zweiten Zeile bisher leider allzu häufig mit dieser identifiziert. Doch würde das – unter Vernachlässigung der Datierungsproblematik – einer kritischen Überprüfung standhalten? Eine Sonnenfinsternis spielt sich zwar am Himmel ab, kommt aber wohl kaum vom Himmel, um auf der Erde irgendwie einzugreifen. Vom Himmel könnte höchstens ein Meteorit kommen, der irgendwo einschlägt, doch wie sollte so ein Impakt den "großen König des Angoumois" (Westfrankreich) wieder auferstehen lassen? Außerdem passt die Umschreibung "König des Schreckens" nicht recht zu einem Meteoriten oder auch nur Kometen, – Nostradamus verwendet hier gewöhnlich eher Bezeichnungen wie "Stern mit Bart" (5/59), "haariger Stern" (2/43) usw. Der ganze Vers ähnelt zudem Présage 73, einem der zusätzlichen Vierzeiler, wo ebenfalls jemand "vom Himmel" nach Frankreich kommt, was kriegerische Auseinandersetzungen nach sich zieht. Mit diesem "Himmel" könnte Nostradamus dabei auf ein Gebiet in Syrien anspielen, dessen lateinischer Name ("Coele") verdächtig dem mittellateinischen Wort "coelum" (Himmel) ähnelt. Der "große König des Angoumois" dürfte ein französischer Herrscher sein, der stark an Franz I. erinnern wird. Franz I. (König von Frankreich zwischen 1515 und 1547) wurde 1494 in der Stadt Cognac im westfranzösischen Angoumois geboren. Er war darüber hinaus zunächst Graf des Angoumois und erhob dieses nach seiner Thronbesteigung zum Herzogtum. Vers 10/72 beschreibt nun, dass der Angriff des nahöstlichen "Schreckenskönigs" auf Frankreich den neuen Franz I. "wieder auferstehen" lassen wird. Damit könnte z.B. gemeint sein, dass erst dieser Kampf aus dem zunächst passiven französischen König einen entschlossenen und aktiven Politiker machen wird.



Zurück zu "7. Der missverstandene Nostradamus" / Zurück zur Startseite


(Letzte Änderung dieser Seite: 14.11.2015)