Bern als zweite
Heimat
Die 1,91 Meter grosse Bonnie
Rimkus ist die Hoffnungsträgerin von NLB-Aufsteiger Femina Bern. Doch
beim Debüt konnte die Amerikanerin die 55:77-Niederlage gegen Carouge
auch nicht verhindern.
Achim Dähler
Kaum eine Viertelstunde war seit der Schlusssirene vergangen, da verliess
Bonnie Rimkus fluchtartig die Kleefeld-Halle in Bümpliz. Möglichst
schnell wollte die Amerikanerin den Ort der Niederlage verlassen und stand
nun mit feuchten und hastig gekämmten Haaren im Nieselregen. «Ich bin
enttäuscht», sagt die 29-Jährige nach ihrem Debüt im Dress von Femina
Bern. Obwohl sie mit 19 erzielten Punkten, davon fünf per Freiwurf, die
mit Abstand beste Skorerbilanz ihres Teams aufwies, war sie mit ihrer
Leistung unzufrieden. Rimkus zog zwar meist gleich mehrere
Gegenspielerinnen auf sich, was Freiräume für ihre Mitspielerinnen
ergab. Diese konnte Femina aber nicht nutzen. Im Gegenteil: In der
Defensive war das Heimteam schlecht postiert und kassierte viele Punkte
nach blitzschnell vorgetragenen Kontern der Genferinnen. Zwar vermochten
die Bernerinnen das Startviertel mit 14:15 noch ausgeglichen zu gestalten,
doch im zweiten Abschnitt folgte der Totaleinbruch: 26:47 stands zur
Halbzeit, die Partie war damit praktisch entschieden.
Absage an WNBA
Nach der klaren 55:77-Niederlage will Femina-Trainer Nenad Trgovac
aber nicht dramatisieren: «Wir haben erst Mitte August mit der
Vorbereitung begonnen, und zudem ist Bonnie erst seit kurzem bei uns.»
Der in Zagreb geborene Kroate lebte am Spielfeldrand lautstark mit, nur
sein serbisches Pendant aus Carouge war noch impulsiver. Dazu der 31-jährige
Trgovac: «Das ist halt unser südländisches Temperament. Ich musste
Emotionen reinbringen, denn meine Spielerinnen haben zu herzlos gespielt.»
Rimkus bezeichnet er als seine «rechte Hand», die dem Team noch viel
bringen wird.
Als «Femina-Star» will die Center-Spielerin aber nicht bezeichnet
werden, obwohl sie bereits in Frankreich, Deutschland und in der
Nationalliga bei Freiburg, Villars, Sursee und Wetzikon gespielt hat.
Bereits seit sechs Jahren wohnt sie aber schon in der Hauptstadt. «Bern
ist neben Pittsburgh zu meiner zweiten Heimat geworden», erzählt Rimkus
in englischer Sprache, wobei sich in ihren Sätzen immer wieder
berndeutsche Wörter einschleichen. Sie fühlt sich wohl in Europa und
lehnte deshalb vor einigen Jahren auch ein Angebot der Women National
Basketball Association (WNBA) ab. «Finanziell wäre das Angebot aus den
USA lukrativ gewesen, doch dort steht in erster Linie die Show im
Vordergrund. Das wäre nicht meine Basketballwelt, deshalb mag ich auch
die NBA nicht.» Statt vor 10 000 Supportern im New Yorker Madison
Square Garden spielt sie nun in der Kleefeld-Halle vor knapp fünfzig
Fans.
Warten in Pittsburgh
Bei Feminas Startniederlage in Villars fehlte Rimkus, weil sie in
Pittsburgh festsass. «Am Tag des Terroranschlags wollte ich eigentlich in
die Schweiz zurückfliegen. Doch dann war der Luftraum lange gesperrt.»
Ganz in ihrer Nähe stürzte im US-Staat Pennsylvania das eine Flugzeug
ab. Profispielerin Rimkus arbeitet nebenbei noch in einem Tearoom und
trainiert die Kadetinnen von Femina Bern. «Wir haben das Klubbudget nach
dem Aufstieg auf 100 000 Franken verdoppelt. Es ist aber nicht so,
dass nun Bonnie alles verdient», so Sponsoring-Chef Werner Müller.
Die Erfahrung von Rimkus wird sich im Verlauf der Saison für den
NLB-Neuling sicher noch auszahlen. «Sie gibt uns Sicherheit und nimmt
etwas Druck von uns weg», sagt die 19-jährige Sandra Müller. Rimkus ist
sich ihrer Rolle als Teamleaderin bewusst: «Dank dem Basketball habe ich
hier eine neue Kultur kennen gelernt, nun versuche ich dem Sport etwas zurückzugeben.»
|
Berner Teams vor Bewährungsprobe
Féminas Aufschwung
Nach einigen Jahren in den Niederungen der 1. Liga, schaffte in der
vergangenen Saison auch das Fanionteam des Damenbasketballklubs Fémina
Bern den Aufstieg in die NL B. Der in den 80er-Jahren zur nationalen
Spitze zählende Klub hat damit eine tiefe Depression hinter sich gelassen
und ist bereit, mit neuem Elan an vergangene (gute) Zeiten anzuknüpfen.
Verantwortlich für den Aufschwung des Fanionteams sind in erster Linie
Trainer Nenad Trgovac und Präsident Andreas Gubler. Trgovac, der das Team
vorletzte Saison vor dem Fall in die 2. Liga gerettet hat, brachte mit
seiner leidenschaftlichen Art viel Schwung in die Mannschaft. Gleichzeitig
hat er verschiedene Spielerinnen von umliegenden Klubs dazu bewegen können,
sich Fémina anzuschliessen, was die Quantität und Qualität im Kader
verbesserte. Präsident Gubler hat sich zu Beginn der letzten Spielzeit
von der aufkommenden Begeisterung anstecken lassen und bringt das
Vereinsschiff seither mit viel Geschick und Einsatz immer besser auf Kurs.
So hat er dank seinen Beziehungen die Bank EEK als neuen Hauptsponsor für
die nächsten drei Jahre gewinnen können und konnte so die finanziellen
Voraussetzungen – die nach wie vor ein Problem darstellen – etwas
verbessern.
Die sportliche Zukunft ist schwer abzuschätzen. Die Mannschaft musste
den Wegzug der Teamstützen Maria Fuentes und Meret Lauterburg hinnehmen.
Im Gegenzug konnte mit der Amerikanerin Bonnie Rimkus eine routinierte
Spielerin verpflichtet werden.Gelingt es der Amerikanerin, das Team in
schwierigen Situationen zu führen und zusammenzuhalten und gleichzeitig
ihre unbestrittenen Skorerqualitäten auszuspielen, könnte sie in vielen
Begegnungen den Unterschied ausmachen. Ansonsten dürfte Fémina Bern in
den Abstiegskampf verwickelt werden. Die Bernerinnen treten morgen auswärts
gegen Villars an.
|