| Betsimisaraka
                
                
                
                 Die
                grosse Insel war früher, wie die Madagassen sagen, tany maro
                andriana (ein Land mit vielen Chefs) und dies traf in besonderer
                Weise auf die Ostküste zu: jedes Tal, jedes Dorf hatte einen
                eigenen Regenten, mpanjaka genannt oder auch filoha.
                
                 So
                wurden die Bewohner entlang der Küste von Antongil bis hinunter
                nach Mananjary von unzähligen Lokalchefs regiert, die sich
                bei Bedarf zu lockeren Konföderationen zusammenschlossen.
                Diese Zweckbündnisse wechselten oft und brachen ebenso schnell
                wieder auseinander, wie sie formiert wurden.  Eine
                stabile und dauerhafte überregionale Organisation existierte
                nicht. Es waren die Nachkommen von europäischen Seefahrern,
                die den Zusammenschluss dieser Küstenleute stimulierten, woraus
                das Volk der Betsimisaraka entstand.
                
                
                
                 Die
                windgeschützte Bucht von Antongil war den europäischen
                Seefahrern schon seit 1515 bekannt. Der Portugiese Pedreanes
                nannte sie Santo Antonio, woraus die noch heute gültige
                Bezeichnung Antongil entstand.  Dieser
                einzige Naturhafen der Ostküste wurde seit dem frühen 16.
                Jahrhundert von den europäischen Schiffen immer wieder
                angelaufen, um Süsswasser aufzunehmen, Nahrungsmittel
                einzutauschen und auch, um Handel zu treiben. Ebenso diente die
                vorgelagerte Insel Mangabe als Postdepot für Briefe der
                Matrosen. Auf der Insel Mangabe fand man in Steine geritzt die
                Daten von 1601 bis 1626,  ebenso
                wie die Namen von europäischen Seefahrern.
                
                
                
                 Daher
                kamen die an den Flussmündungen lebenden Leute - besonders die
                Bewohner des Küstenstrichs zwischen Tamatave und Antongil -
                sehr früh und oft in Kontakt mit Europäern.
                
                
                
                 Als
                beliebter Zwischenhalt entwickelte sich die Bucht vor allem für
                holländische Seefahrer. Schon 1596 hatte sich der holländische
                Admiral Cornelis de Houtman in der Bucht von Antongil
                aufgehalten und eine Skizze zweier Dörfer an der Mündung
                des Antainambalana beim heutigen Ort Maroantsetra hinterlassen.  
                 1598 kamen drei weitere holländische Schiffe
                unter dem Kommando von Admiral Van Neck, der dort allerdings
                keinen Nachschub finden konnte, weil sich die Clans zu dieser
                Zeit gerade im Krieg befanden und das Land zerstört war.
                Zudem hatte der brutale Houtman  während seines Aufenthaltes ein Dorf angezündet, sodass
                die Einwohner beim Anblick der holländischen Schiffe
                flohen. Die Seefahrer konnten bloss Süsswasser aufnehmen und
                zogen nach vier Tagen wieder ab. 
                
                 Im
                ganzen 17. Jahrhundert wurde die Bucht von holländischen
                Schiffen angelaufen, die dort auch eine Garnison von zwölf
                Mann zurückliessen, von denen aber acht bald an Krankheiten
                starben. Die restlichen vier mischten sich in Streitereien
                zwischen verschiedenen Clans ein und kamen ebenfalls um.
                
                 Mit
                der Gründung einer holländischen Niederlassung auf der
                bislang unbesiedelten Insel Mauritius (1598)  wurde Madagaskar als Lieferant von Reis und Sklaven wichtig.
                Der zweite Gouverneur auf der Insel Mauritius, Adrian van der
                Stel, schloss 1642 mit dem König von Antongil, der wohl
                eher ein lokaler filoha war, einen Protektionsvertrag, in dem
                dieser die Hoheit der Holländer über sein Land anerkannte
                und die anderen Europäer von Niederlassungen und Handel
                ausschloss. Van der Stel verpflichtete sich seinerseits, Siedler
                und Soldaten zu schicken, ebenso wie Reis, Edelsteine und
                Sklaven zu kaufen, die vom König auf eigene Rechnung und
                Risiko aufbewahrt werden sollten, bis sie von einem holländischen
                Schiff aufgenommen wurden. Erst
                später konzentrierten sich die Holländer auf ihre
                Niederlassung am Cap (gegründet 1652), und damit gelangte das
                holländische Interesse an Madagaskar deutlich in den
                Hintergrund. Die
                erste Flotte der britischen East India Company ankerte Ende 1601
                in Ste. Marie und dann auch in der Bucht von Antongil, wo sie
                sich mit 15 Tonnen Reis, 50 Körben Bohnen, 8 Rindern, viel
                Geflügel und einer grossen Menge Orangen, Zitronen und Bananen
                eindecken konnte. Doch die Briten hatten, wie schon in Ste.
                Marie, auch in der Bucht von Antongil mit einem Zyklon zu kämpfen
                und ebenso mit schweren Krankheiten unter der Besatzung. Die
                Franzosen hatten sich ab 1642 in Fort-Dauphin an der Südküste
                niedergelassen und tätigten Reiskäufe entlang der
                ganzen Ostküste. Ende
                des 17. Jahrhunderts setzten sich an der Ostküste Piraten und
                Sklavenhändler fest, vornehmlich in Vohémar, in Ste.
                Marie, in Mahavelona (Foulpointe) und auch in der gut geschützten
                Bucht von Antongil. Etliche hatten wohl die Kämpfe zur See
                satt und liessen sich zu einem gemächlicheren Landleben
                nieder. Andere nutzten den Aufenthalt an Land zur Erholung und
                Vorbereitung für neue Beutezüge. Die Piratenkapitäne verfügten
                in ihren befestigten Residenzen dank ihren Feuerwaffen über
                eine beträchtliche militärische Macht, etliche davon
                schwangen sich zu Lokalfürsten auf. Diese Machtposition
                verleitete sie nicht selten, sich in die regionalen Clanaffären
                einzumischen und sich in beliebigen, oft wechselnden Allianzen
                mit den lokalen Herrschern zu verbünden. Untereinander liessen
                sich die Freibeuter meist in Ruhe.  Die europäischen Piraten heirateten auch lokale Frauen,
                oft Töchter von Clanchefs. Aus diesen Verbindungen
                entstanden die Mischlinge der malata. Begonnen
                hatte diese Piratenzeit 1695 mit dem Freibeuter John Avery, der
                vor Indien ein mit Schätzen beladenes Schiff des
                Grossmoguls kaperte und sich dann in Antongil festsetzte.
                Englische Schiffe, die ihn zu vertreiben suchten, mussten ohne
                Ergebnis abziehen - oder wurden, wie der Kapitän William
                Kidd, selber Freibeuter.  Handelsgüter waren die erbeuteten und gehorteten Schätze
                der Piraten, dann auch Vieh und Sklaven. Ein Sklave kostete 25
                Piaster, oder fünf farbige Taschentücher oder fünf Gewehre.
                
                 Die
                Piraten liessen sich mit Vorliebe in der unmittelbaren Küstennähe
                nieder, die bereits relativ dicht bewohnt war, ebenso wie das
                weitere Hinterland. Die Ostküste wurde um 1700 von zwei
                Gruppierungen bewohnt. Im Norden lebten die Antavaratra auf 450
                Kilometern von Sambava bis nach Brickaville.  Die
                Antatsimo besetzten einen 100 Kilometer langen Küstenstreifen
                von Marosiky bis nach Nosy Varika. Die 14O Kilometer zwischen
                diesen beiden Gruppierungen wurden von unbedeutenden Lokalchefs
                regiert, die sich wegen ihren ungünstigen Ankerplätzen vom
                lukrativen Handel mit den Europäern ausgeschlossen fühlten.
                Um sich auch einen Anteil zu sichern, schlossen sie sich zur
                Konföderation der Tsikoa (die Unbesiegbaren) zusammen und
                zogen unter dem Kommando von Ramanano aus Andevoranto  gegen Norden.  Nachdem
                Tamatave und Fénérive  erobert waren, setzte sich Ramanano als Terrorherrscher  auf
                dem Hügel von Vohimasina bei Fénérive fest.
                
                 Fénérive
                und Foulpointe waren damals die wichtigsten Handelszentren und
                die am meisten frequentierten Anlaufstellen der europäischen
                Schiffe.   Tamatave nahm erst eine sekundäre Bedeutung ein. Zwar
                erscheint der Ort auf der Karte von Flacourt (1661) als Tametavi,
                der Hafen und die Stadt wurden aber erst ab 1811 mit dem
                Lokalherrscher Jean-René wichtig und gewann später an
                Bedeutung als Import- und Exporthafen der Merina.
                
                
                
                 Als
                Retter in der Not erwies sich der malata Ratsimilaho (der Herr,
                der ohne zu fragen nimmt),  geboren um  1700 möglicherweise
                der Sohn des britischen   Freibeuters Thomas White  und
                der Prinzessin Rahena aus der Umgebung von Foulpointe. Der junge
                malata hatte sich zur Zeit des Kriegszuges von Ramanano in
                Malabar (Südwestindien) und womöglich in England  aufgehalten. Nach seiner Heimkehr befand sich die Gegend von
                Brickaville mit Tamatave bis nach Foulpointe unter Herrschaft
                der Tsikoa-Südkonföderation.
                
                
                
                 Ratsimilaho
                trommelte die zögernden filoha in der Bucht von Antongil
                zusammen und überredete sie in einer glühenden Rede zu einem
                Feldzug gegen die Eindringlinge aus dem Süden. Die filoha
                liessen sich überzeugen und schlossen sich zur Konföderation
                der Betsimisaraka (die vielen Unteilbaren) zusammen. Ratsimilaho
                gab sich fortan den Namen Ramaromanompo (derjenige mit vielen
                Untertanen).
                
                 Mit
                200 Gewehren wurde der Hafenort Fénérive dank einer Überraschungstaktik
                erobert (1712), die Tsikoa-Besatzer mussten fluchtartig
                abziehen, noch erdrot von der Arbeit in den Reisfeldern, was
                ihnen fortan den Übernamen Betanimena (viel rote Erde)
                eintrug. Sie verschanzten sich in der Hügelfestung von
                Vohimasina, zwei Kilometer südwestlich von Fénérive.
                Vohimasina wurde belagert, bis Ramanano einwilligte, seine
                Truppen gegen Tribut nach Süden abzuziehen. Dafür erhielt er
                Tamatave zugesprochen.  Dort
                übte jedoch der Betanimena-Chef Ramanano erneut eine
                Terrorherrschaft aus und wurde bald darauf von den Betsimisaraka
                unter Ramaromanompo auch aus Tamatave vertrieben. Ramanano
                jedoch gab nicht auf, er verschanzte sich über ein Jahr lang in
                Ivohitra (Gegend südlich von Brickaville am Vohitra-Fluss).  Erst
                durch eine gemeinsame Aktion von Truppen aus dem Norden und dem
                Süden wurde er endgültig besiegt. Den Südtruppen (Anatatsimo)
                 war dafür der Hafen von Fénérive versprochen worden,
                Ramaromanompo heiratete als Garantiebeweis gar eine Tochter des
                Chefs der Anatatsimo. Doch nach dem Sieg über Ramanano löste
                er sein Versprechen nicht ein. Dies hatte einen erneuten
                Waffengang zwischen den kurz vorher noch alliierten Truppen zur
                Folge, in der die Betsimisaraka-Truppen die aufgebrachten
                Anatatsimo schlugen. Der
                Piratensohn Ramaromanompo war nun König von Antongil bis
                zum Fluss Mangoro bei Mahanoro. Doch in Wirklichkeit übte er
                nur wenig Autorität über sein Gebiet aus, denn die Chefs
                der Clans akzeptierten einen Führer nur in Zeiten des Krieges
                und die Bündnisse zerfielen nach Beendigung eines Kriegszuges.
                
                 Als
                malata unterhielt er gute Beziehungen zu den europäischen Händlern,
                gelangte aber zusehends unter Druck von seiten der
                konkurrierenden Söhne anderer Piraten. So suchte er Unterstützung
                bei den starken Zafimbolamena-Sakalava, die ihrerseits von
                Westen her über die Schwelle von Androna (westlich von
                Maroantsetra) drängten, um im Betsimisaraka-Gebiet Sklaven
                zu jagen. Ramaromanompo heiratete bei Abschluss des
                Beistandspaktes eine Sakalava-Königstochter. Ihr Sohn,
                Zanahary, übernahm die Macht nach dem Tod von Ramaromanompo,
                der um 1753   als
                etwa Sechzigjähriger starb und in Ampanangony im Osten der
                Insel Ste. Marie begraben wurde.
                
                 Der
                sechzehnjährige Zanahary  teilte das erhaltene Erbe: er selber blieb in Foulpointe,
                seine Halbschwester, Betia, erhielt Ste. Marie zugesprochen.
                Dort verfiel das Mädchen dem Charme von Gosse, einem
                Agenten der französischen Indischen Compagnie und übergab
                1750 Ste. Marie der Indischen Compagnie. Gosse wurde noch im
                gleichen Jahr umgebracht, weil er das Grab von Ramaromanompo auf
                Ste. Marie geplündert hatte. Doch Ste. Marie blieb weiterhin
                französisches Eigentum.
                
                
                
                 Die
                Konföderation der Betsimisaraka zerfiel mit dem Tod des
                charismatischen Führers Ramaromanompo. Zanahary wurde aus
                Foulpointe vertrieben und zog sich in die Bucht von Antongil zurück,
                wo er 1767 getötet wurde. Auch seinem Sohn und Nachfolger,
                dem 18-jährigen Nachfolger Iavy,  gelang es nicht, sich als Oberchef der Konföderation zu
                halten. Er starb 1791 als gehasster Herrscher, Freibeuter und
                Sklavenhändler.  Sein
                Sohn Zakavola, ebenso skrupellos, wurde 1803 ermordet. Die
                grosse Einheit der Betsimisaraka war wieder in einen Mikrokosmos
                von kleinen Dörfern und Lokalherrschern geworden, ebenso
                wie die Küste zu einem unkontrollierbaren Tummelplatz von europäischen
                Freibeutern und Sklavenhändlern geworden war.
                
                 Schon
                vor der Herrschaft Ramaromanompo, seit dem 17. Jahrhundert  oder
                gar früher   fuhren die malata
                und Krieger der Ostküstenclans ihrerseits auch auf Beutezüge
                und Sklavenfangexpeditionen. Vielleicht hatten sie von den
                Piraten gelernt, wie man bis zu 14 m lange und 4 m breite
                Schiffe baute, deren Planken mit Raphia-Fasern zusammen gebunden
                waren.  Mit den
                Ikandrafitra (Schiffe, die grösser als Einbäume und
                aus mehreren Holzteilen gebaut waren) oder auch Iakampiara (aus
                mehreren Teilen gefertigte Schiffe),  und
                die um die 30 Leute aufnahmen, aber kaum steuerbar waren. Daher
                stiessen diese Expeditionen nur bei den günstigen Winden ab
                Oktober in See und kehrten anfangs des nächsten Jahres
                wieder zurück.  Die
                Betsimisaraka umfuhren die Nordspitze der Insel und gelangten
                nach Nosy Be. Sakalava gesellten sich dazu, insgesamt waren 300
                bis 500 Pirogen unterwegs, also bis zu 15’000 Mann. Der
                Flottenverband segelte und ruderte zu den Inseln der Komoren,
                dem bevorzugten Ziel ihrer Angriffe.  Zuweilen kreuzten sie gar vor den Küsten von
                Kontinentalafrika auf,  wo die Stadt Ibo (vor Mozambique westlich der Komoren) dreimal
                attackiert wurde.  Mindestens
                einmal segelten sie der Küste entlang Richtung Norden und
                erbeuteten in Kilwa und Mafia 3000 Sklaven. Der Sultan von
                Zansibar schickte daraufhin eine Flotte, der es gelang, die
                Expedition vor der Küste des heutigen Tansania zu stellen: die
                madagassischen Seepiraten wurden bis auf den letzten Mann getötet. Diese
                Piratenfahrten erlebten insbesonders in der Zeit von 1785 bis
                1820 einen Höhepunkt.  Der
                Sultan von Domono, einer Stadt in Anjouan (Komoren), rief gar
                den französischen Gouverneur der Insel Bourbon (La Réunion)
                zu Hilfe,  um ihn
                vor dieser jährlichen Plage zu befreien. Dieser sah sich
                jedoch nicht in der Lage zu helfen.  Die
                madagassischen Freibeuter mit ihren kleinen Booten griffen gar
                bewaffnete europäische Segelschiffe an. Die Raubzüge nach
                Afrika nahmen während der napoleonischen Kriege wieder zu.  
                
                 Verträge
                zwischen Radama I und dem Gouverneur von Mauritius (1817 und
                1820) verpflichteten den Imerina-Herrscher, diese Piratenfahrten
                zu unterbinden. Doch auch Radama, ohne eigene Flotte und Marine,
                konnte nicht viel mehr als eine Absichtserklärung abgeben. 
                
                 Erst
                nach 1820 hörten diese gefürchteten Expeditionen auf.
                
                
                
                 Zur
                Zeit von Iavy landete 1774 der ungarische Graf Benyowski mit 30
                Mann an der Ostküste Madagaskars. Der Abenteurer und
                Aufschneider Benyowski wies bereits eine illustre Vergangenheit
                auf. Unter dubiosen Umständen hatte er sich schon in
                Russland, China und Japan umgetan. Doch irgendwie schaffte es
                der smarte Aristokrat, vom französischen König den
                Titel 'Kommandant des Königs auf der Insel Madagaskar'
                verliehen zu bekommen. In Antongil gründete der umtätige
                Graf Benyowski 1774 die Siedlung Louisbourg. Mit Zustimmung von
                Iavy proklamierte er sich als 'Emperor Madagaskars' (1785).
                Eigentlich sollte er die Insel Bourbon (La Réunion) und die Ile
                de France (Mauritius)  mit
                Nahrungsmitteln beliefern. Schon bald nach seiner Ankunft
                schrieb er dem französischen König, ganz Madagaskar
                sei von ihm erobert. Immerhin jedoch schickte er einen seiner Männer,
                Mayeur, auf Erkundungsreisen auf das Hochland und in den Norden.
                Mayeur hinterliess noch heute wichtige Aufzeichnungen seiner
                zahlreichen Reisen (1774; 1777 und 1785)  und
                Beobachtungen.  Er
                war einer der ersten   und wenigen - bekannten - Europäer, der Ende des 18.
                Jahrhunderts diese Gegenden bereiste.
                
                 Aufgrund
                der mangelnden Lieferungen von Reis und Rindern wurde Benyowski
                nach Paris zitiert, wo er gleich auch versuchte, Engländer,
                Amerikaner und Österreicher an Madagaskar zu interessieren.
                Ihm wurde zwar erlaubt, nach Antongil zurückzukehren, doch
                kurze Zeit später fiel er endgültig in Ungnade. Einer
                französischen Untersuchungskommission aus Ile de France
                (Mauritius) widersetzte er sich mit Waffengewalt und kam 1786 im
                Kampf um. Zu
                der Zeit hatten sich die Franzosen in Ste. Marie und an einigen
                Punkten an der Küste etabliert, insbesonders in Tamatave.
                Sylvain Roux errichtete Handelsniederlassungen unter Tolerierung
                der Franzosen in Foulpointe und Tamatave, musste sie aber in der
                Folge der napoleonischen Kriege 1811 an England abtreten, wie
                auch die Insel Ile de France (Mauritius) an Grossbritannien
                fiel. Die Insel Bourbon kam 1814  wieder an Frankreich zurück, Mauritius blieb englisch.
                Madagaskar wurde in diesem Vertrag, 1814  in
                Paris unterzeichnet, nicht erwähnt.  Effektiv hatten die Engländer die Ostküste infolge der
                grossen Sterbequote der dort stationierten Soldaten sich selbst
                überlassen. Roux
                ehemaliger Compagnion, der Mischling Jean-René, geboren 1778,  wurde
                1811 vom britischen Gouverneur auf Mauritius, Farquhar, als
                Stadtchef von Tamatave eingesetzt.  Die
                Stadt verwaltete Jean-René mit Umsicht und Gerechtigkeit. Er
                nannte sich mpanjaka mena (roter König, aufgrund seiner
                Hautfarbe)  und
                dehnte seinen Machtbereich in der üblichen Manier eines
                Lokalchefs nach Norden bis zur Pointe à Larrée aus.  Gegenüber
                den Franzosen und auch den Engländern verhielt er sich
                zuvorkommend.
                
                 1817
                zog der Merina-König Radama I mit 25’000 Soldaten,
                trainiert von britischen Instruktoren,  in
                aller Geheime an die Ostküste, überfiel das 1000 Häuser
                Dorf Ivondrona, 10 km südlich von Tamatave gelegen, wo Fisatra,
                der ältere Bruder von Jean-René, herrschte. Alarmiert
                durch den unerwarteten militärischen Einfall aus dem
                Hochland, verliess Jean-René mit seiner Familie fluchtartig die
                Stadt. Zufällig jedoch kreuzte eine englische Fregatte vor
                Tamatave auf und handelte einen akzeptablen Kompromiss aus:
                Jean-René anerkannte Radama I als König von Madagaskar,
                ihm wurde dafür die Herrschaft über die Ostküste zugestanden.
                Beide hatten nicht mehr gewollt.
                
                
                
                 Radama
                I kehrte eiligst als 'Sieger' ins kühlere Hochland zurück, er
                hatte innerhalb von wenigen Tagen aufgrund von Krankheit,
                Nachschubproblemen und Misere 4000 Soldaten verloren.
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