Bergbau
und Edelsteine
Madagaskar
ist ein Museum für Mineralien, doch eben nur ein Museum, denn
die kostbaren Produkte sind zumeist nur in geringen Mengen
vorhanden und machen einen Abbau nur in wenigen Fällen
rentabel. Und doch ist das Land reich an Gold, Silber, Chromit,
Zink, Titan und einer ganzen Reihe an Edel- und Halbedelsteinen.
Alphonse
de Saintongeois schrieb schon 1547 begeistert von den
Juwelenminen Madagaskars, Flacourt erwähnte 1658 das
Vorhandensein von Rubinen und Saphiren, von Topaz und Smaragd.
Doch die in der Vergangenheit gehegten Vermutungen eines Landes
voll Gold und Edelsteinen haben sich nicht bewahrheitet.
Es
finden sich heute zwar eine Anzahl von Abbaustellen und
Bergwerken, die allerdings eher artisanal als industriell
arbeiten. In grösserem Mass werden Asphalt, Bitumen (in
Bemolanga), Kupfer, Chromit und Graphit ausgebeutet.
Substantielle
Vorkommen an fossilen Bergbauprodukten, die Madagaskars prekäre
Energieprobleme lösen und allenfalls willkommene
Devisenbringer sein könnten, fehlen jedoch. Die vorhandenen
Kohlenlager sind kaum abbauwürdig. Etwas mehr Hoffnungen
bestehen bezüglich dem Vorkommen von Erdgas und Erdöl.
Wohl
am meisten Einkommen und Arbeitsstellen schafft heute das
private kleingewerbliche Suchen nach Gold und Edelsteinen. Viele
Bauern verbringen die Ruhephasen zwischen den Reisernten auf der
Suche nach glitzernden Steinen, die sie an Zwischenhändler
verkaufen und von ihnen wohl oft übers Ohr gehauen werden. Denn
längst ist Madagaskar von den international operierenden
Mineralienhändlern entdeckt worden.
Gold
wurde in den letzten Jahrhunderten geschürft und auch geschätzt.
Die Merina-Könige verboten jedoch das Prospektieren von
Gold und Edelsteinen, 1881 erliess die Königin Ranavalona
II sogar einen Erlass, der das Suchen von Mineralien mit 20
Jahren Kettenhaft bestrafte - aus Angst, dass ein Fund einen
Rush der Ausländer auslösen könnte.
Die
Geologie bedachte Madagaskar mit ein paar raren und heute geschätzten
Mineralien und auch mit Gold, das sich im Goldgebiet von
Vohibory (bei Betioky, Provinz Tulear) vor 2140 Millionen Jahren
formte und in anderen Gegenden ebenfalls spurenweise vorkommt.
Gold findet sich in Andavakoera (Region Ambilobe), in Andriamena
im Südosten der Provinz Mahajanga, in der Region um Maevatanana,
in Antsiriribe (bei Ambatolampy), bei Miandrivazo und in der
Region von Mananjary.
1900
wurden 1000 kg Gold geschürft, 1910 3500 kg, 1920 450 kg, 1970
50 kg und in den letzten Jahren nur noch um die 2 kg, denn die
Goldschürfstellen wurden 1975 verstaatlicht. Eine illegale
Goldschürferei findet sich heutzutage an vielen Orten. Verkauf
und Export geschehen zumeist über unkontrollierbare Kanäle.
Etliche
Varietäten von Quarz sind weit verbreitet. Quarz heisst auf
madagassisch 'vato velona' (lebender Stein) und ist in
Madagaskar traditionellerweise ein Symbol für Leben und
Fruchtbarkeit. Bei einer traditionellen Hochzeit überreicht der
Bräutigam dem Brautvater auch heute noch ein Stück Quarz.
Ziersteine
wie Rosenquarz, Amethysten, Amazonit finden sich in beachtlicher
Menge, ebenso Halbedelsteine wie Saphir, Smaragd, Turmalin und
Topaz. Der Fund von Turmalinen führte in Alakamisy-Itenina (bei
Fianarantsoa) zu Beginn der 1990er Jahre zu einem
richtiggehenden Fieberrausch. Die Bauern liessen ihre Reisfelder
unbearbeitet liegen, um sich voller Hoffnungen in die Suche von
Turmalin zu stürzen. Viele wurden schnell reich, weit mehr
blieben enttäuscht. Dramatisch entwickelte sich der kleine
Weiler Ilakaka an der Strasse zwischen Ihosy und Tulear: nach
dem Fund eines Turmalins setzte ein richtiggehener Fieberrausch
ein und die ganze Talsohle wurde mit Bohrlöchern
durchsucht. Inzwischen ist Ilakaka ein Kleinstädtchen mit
hohem Banditenanteil geworden, wobei die Transaktionen und
Exporte im grossen Mass sehr illegal sind.
In
Tsiningia (bei Port-Bergé) wird Achat-Quarz auf kommerzieller
Basis in grösseren Mengen abgebaut und exportiert, ebenso
wie in Antalaha. Der gesamte nationale Abbau an Quarz betrug
1985 um die 700 Tonnen.
An
zahlreichen Orten der Insel finden sich Jahrmillionen alte
Versteinerungen von Pflanzen und Tieren. Versteinertes Holz wird
für die Herstellung von kunsthandwerklichen Objekten benutzt.
Der
Minensektor steht seit 1976 unter der Kontrolle der OMNIS
(Office militaire national des industries stratégiques), die
unter Ratsiraka direkt dem Präsidenten unterstellt wurde.
Dies zeigt das strategische Interesse, das die Machthaber der
Zweiten Republik ihren Bodenschätzen entgegenbrachten.
Allerdings waren damals noch etliche Vorkommen unerforscht. So
erarbeiteten die Sowjets in den 1980er Jahren ein Inventar und
eine Karte mit Bodenschätzen.
Obwohl
35 Minerale an sich abbauwürdig wären, konzentriert sich
die Minenproduktion auf Chromit, Graphit, Bauxit (in Manantenina
nördlich von Fort-Dauphin), Eisen und Kohle. Die Ausbeute
macht rund 0,5% des BIP aus und beschäftigt allenfalls 1%
der aktiven Bevölkerung.
Im
Südwesten sind fünf grosse Kohlenlager mit einer Reserve von
einer halben bis einer Milliarde Tonnen bekannt. Das Lager in
Sakoa beinhaltet 80 Millionen Tonnen im Bergbau und 20 Millionen
Tonnen im Tagbau. Doch die Kohle ist von Zinder (ausgeglühte
Steinkohle) durchsetzt und somit von wenig industriellem Nutzen.
Diese Kohle ähnelt jener von Indien und Südafrika, genannt
Gondwana-Kohle, und beinhaltet viele fossile Pflanzen. Zwei
Depots an Braunkohle von über 50 Millionen Tonnen sind in
Antsirabe und in Antanifotsy (nordöstlich von Antsirabe)
bekannt, doch auch diese Qualität ist ziemlich mittelmässig.
Die
momentane Ökonomie Madagaskars verbraucht 10’000 Tonnen
Kohle pro Jahr, doch der rentable Minimalabbau einer Lagerstätte
sollte 60’000 Tonnen pro Jahr betragen. Ein Export der
ausgebeuteten Kohle würde hohe Infrastrukturinvestitionen benötigen.
Die Kohlevorkommen im Südwesten lassen immer wieder Pläne
- eher Träume - aufleben, die eine Eisenbahnlinie von
Fianarantsoa in den Süden vorsehen, um einen Abbau der Kohle zu
rentabilisieren. (In den Zwischenkriegsjahren wurde die Kohle
allerdings abgebaut und sporadisch weitergeführt bis zur Unabhängigkeit.)
Es
wird vermutet, dass der westliche Küstenbereich entlang des
Kanals von Mozambique ein Erdölvorkommen aufweist,
Bohrungen in der Gegend zwischen Morondava und Mahajanga wurden
zwar fündig, doch der ökonomische Wert der Vorkommen ist
grösstenteils noch unbekannt.
Im
Dezember 1981 erhielten zwei US-Firmen (MOBIL OIL und OCCIDENTAL
PETROLIUM CORPORATION) den Zuschlag für zwei Suchgebiete an der
Nordwestküste. 1982 unterschrieb OMNIS nach einer öffentlichen
Ausschreibung weitere Verträge mit OXY, AGIP, AMOCO und
PETROCANADA, dann auch mit SHELL und 1984 mit der UNION OIL
COMPANY OF CALIFORNIA und 1990 mit der australischen Firma BHP für
eine Exploration in der Region von Mahajanga.
1982
stiess AMOCO zwar auf eine Ölquelle, doch die tiefen
Weltmarktpreise und die geringe Qualität des Rohöls
machten die Ausbeute unrentabel. 1988 fand AMOCO bei einer
Offshore-Bohrung vor Morondava 2000 Mio. m3
Erdgas, aber der kommerzielle Wert blieb unbekannt. Bislang
werden trotz dieser Funde weder Rohöl noch Erdgas abgebaut.
Dabei
würden gerade diese Funde der nationalen Ökonomie eine
grosse Erleichterung schaffen. 1989 wurden 16% der
Exporteinnahmen für den Import von Rohöl aufgewendet, 1990
betrug die Einfuhr 470’000 Tonnen. Seit Beginn der Revolution
kaufte Madagaskar sein Öl von der französischen CEP
des 'roten Milliardärs' Doumeng. Ab 1984 lieferte die UdSSR
dreiviertel des madagassischen Öls, stellte jedoch 1988 die
Lieferungen ein, weil unbezahlte Rechnungen von 240 Mio. US-$
anstanden. Madagaskar deckte fortan seinen Ölbedarf mit
Lieferungen aus Iran, Libyen und Gabon.
Die
Raffinerie von Tamatave - die einzige in Madagaskar - ist mit
einer Kapazität von 800’000 t/Jahr überkapaziert. Die
Raffinerie stellte 1984 ihren Betrieb ein, wurde dann
rehabilitiert und produziert heute um die 350’000 Tonnen pro
Jahr. Der nationale Markt verbraucht nur einen Viertel der
Kapazität, Exporte von 70 – 80’000 Tonnen pro Jahr
gehen nach den Seychellen und nach La Réunion.
Mit
Beginn des Jahrhunderts begann der Abbau von Graphit, der während
des Ersten Weltkrieges 35’000 Tonnen betrug und sich seither
ziemlich stabil auf 16’000 Tonnen pro Jahr (1988 14’100
Tonnen) eingependelt hat. Fünf private Firmen sind in diesem
Bereich tätig. Graphit wird in Andasibe (Périnet) seit
1911 ausgebeutet und vollständig exportiert. In Andasibe,
wo zwei der Unternehmen operieren, sind um die 450 Arbeiter
beschäftigt und bauen rund einen Viertel des nationalen
Exportvolumens an Graphit ab. Weltweit ist Madagaskar einer der
grössten Anbieter dieses Produkts.
Die
Compagnie minière d'Andriamena (COMINA) baute 1976 200’000
Tonnen Chromit ab, wurde dann nationalisiert und in die
Staatsfirma KRAOMA umgewandelt, die Produktion sank auf 50’000
Tonnen (1982) und betrug 1986 83’000 Tonnen. Der Transport
geschieht per Lastwagen zur Bahnverladestation in Morarano
Chrome, dann per Eisenbahn via Moramanga nach Tamatave. Die
Exporte des qualitativ hochstehenden Chromits gehen zu 90% nach
Frankreich und nach Japan. (Eine seit Jahren geplante Fabrik zur
Verarbeitung des Chroms in Moramanga wurde nie gebaut.) Ein beträchtliches
Vorkommen an Chromit findet sich auch in Befandriana Nord
(Provinz Mahajanga).
Titaneisenerz
soll sich an 11 Stellen im Land befinden, so in der Gegend von Fénérive-Est
(Provinz Tamatave) und in Vohémar. Ein Abbau in der Region von
Tamatave, obwohl mit italienischem Kapital 1975 vorgesehen, fand
nicht statt. Hingegen schloss 1988 die staatliche OMNIS eine
Konvention mit der kanadischen Firma QUIT-FER ET TITANE INC. ab:
vorgesehen ist die Ausbeute von 300’000 bis 600’000 Tonnen
pro Jahr eines Vorkommens an Ilmenit (Titaneisenerz) in der
Gegend von Fort-Dauphin und die Schaffung von rund 2000
Arbeitsplätzen. In der Flussmündung des Anony bei Evatra nördlich
von Fort-Dauphin befinden sich Reserven von 60 Mio. Tonnen und
somit das dreifache des Vorkommens in Australien, des bisher grössten
Titaneisen fördernden Landes. Dem Staat würden pro Jahr 20
Mio. US-$ zufliessen. Doch für die Abbauarbeiten müssen mit
3000 ha erhebliche Waldbestände zerstört werden. Daher
machte die mitfinanzierende Weltbank zwar ökologische
Auflagen, doch der WWF widersetzt sich diesen Vorhaben nach wie
vor.
Es
gibt viele Eisenerzvorkommen auf der Insel, das grösste
Lager mit einem geschätzten Volumen von 800 Mio. Tonnen
befindet sich in Soalala (westlich von Mahajanga). 30 Mio.
Tonnen finden sich in Fasintsara (östlich von Antsirabe),
80 Mio. Tonnen in Bekisopa, 10 Mio Tonnen in Betioky und 38 Mio.
Tonnen in Ambatovy (bei Moramanga). Industriell werden diese
Lager nicht abgebaut. Das Lager in Soalala - in Meeresnähe
- wurde wiederholt begutachtet, so von einem italienischen
Unternehmen, doch ein Abbau wurde bislang nicht in Angriff
genommen.
Die
Kunst der Eisenverarbeitung war den Madagassen schon seit jeher
bekannt, Eisen wurde insbesonders zur Herstellung von
Speerspitzen benutzt. Es wird angenommen, dass die ersten
Einwanderer die Schmiedetechnik aus Indonesien mitbrachten. Noch
heute hat sich diese archaische Methode mit ihren zwei Zylindern
zur Luftzufuhr gehalten und ist in den Dörfern von Imerina
noch zu beobachten.
In
Ambatofinandrahana, westlich von Ambositra, befindet sich ein
Marmorsteinbruch. Der madagassische Marmor wird seit kurzer Zeit
wieder von einer italienischen Firma abgebaut, nachdem der
Steinbruch während Jahren ruhte. Man schätzt die
Gesamtfläche der Marmorfelder auf insgesamt 10’800 km2.
Die
beträchtlichen Vorkommen an Nickel sind noch unausgebeutet.
60’000 Tonnen Nickel finden sich in Valozoro (Ambositra) und
eine Million Nickel lagert in Ambatovy (Moramanga). 6500 Tonnen
Kupfer in Ambatovarahina (Morondava) und 5000 Tonnen Blei in
Besakay.
Im
Süden des Landes gibt es erhebliche Micavorkommen (Phlogopit).
Die jährliche Produktion von 1600 Tonnen (1986: 1800 t;
1988: 600 t) wird von etlichen privaten Gesellschaften
vorgenommen. Die gesamte Produktion dieses blattdünnen,
metallig glänzenden schwarzen Glimmersteins geht in den
Export und wird für Elektroisolationen gebraucht.
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