PRIORI

PRIORI, das Reisebüro für und in Madagaskar

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Madagaskar, das PRIORI-Buch

Franz Stadelmann

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Madagaskar: Symbiose zwischen Gestern und Heute

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Heiler und Zauberer

Im traditionellen Umfeld ist Verhexung und Verzauberung an sich verboten, weil es die Harmonie zwischen den Bewohnern stört und zerstört. Und doch ist die madagassische Welt voll von Verzauberungen, Böswilligkeiten und Gefahren, die alle von feindlichen Kräften herstammen. Dagegen schützt man sich, indem man die fady streng beachtet und sich von wohlwollenden Zauberern entsprechende Mittel herstellen lässt. Trotzdem kann ein Widersacher jedem Menschen zu jedem Moment ein Missgeschick zufügen und ihn in eine körperliche und psychische Krise stürzen.

Krankheit hat im traditionellen madagassischen Umfeld primär nie physiologische Gründe. Immer steckt eine übernatürliche Kraft dahinter, meist eine Verzauberung, veranlasst durch einen feindlichen Nachbarn. Oder aber ein Übertreten eines fady, beabsichtigt oder unwissentlich. Ein Kranker, vor allem auf dem Land, wird in seiner Not erst einmal einen traditionellen Heiler oder einen Astrologen konsultieren, der die Krankheit als Verzauberung oder als übernatürlich diagnostizieren kann. Oder einen Zauberer, der einen Gegenzauber entwickeln kann. Es gibt auch traditionelle Masseure (mpanotra), die durch Kräuter und Salben die Krankheit ausmassieren. Oder die tromba der Sakalava, die in Trance Heilung verschaffen. Oder bilo, das kollektive Besessenheitsphänomen der Betsileo, das zuweilen als Massenphänomen in richtiggehenden Epidemien ausbricht. Oder auch Leute, die mit Pflanzen und magischen Praktiken Abtreibungen vornehmen. Viele traditionelle Heilmittel und Kräuter sind bekannt und auch effizient.

Der ombiasy kann nicht nur heilen, sondern auch verhexen oder gar töten. So wird er beispielsweise eine Ameise vor dem Ameisenhügel töten und damit veranlassen, dass sein menschlicher Feind beim Eintreten in sein Haus stirbt. Oder er wird Sand eines Fussabdrucks des Opfers sammeln oder Haare und sie für die Verzauberung oder Ferntötung benutzen.

Der ombiasy kann jedoch auch Liebeszauber herstellen und dies wird von Männern und Frauen reichlich genutzt. Wer einen gewünschten Partner nicht erhält, wird sich vom ombiasy einen Liebeszauber machen lassen, der den Willen des Opfers lähmt und ihn für den Auftraggeber füglich macht.

Fetisch heisst auf madagassisch ody und davon leitet sich auch die Bezeichnung für Arzneimittel (fanafody) ab. Die ody sind Amulette als Schutz vor Gefahren realer oder spiritueller Art. Sie können buchstäblich irgendwelche Objekte sein, zum Beispiel Ochsenfett, Angelhaken, Krokodilzähne, Sand. Oft wurden und werden sie in Ochsenhörnern (mohara) aufbewahrt oder auch in kleinen Säckchen um den Hals getragen. Während ody eher einen individuellen Zug aufweist, haben sampy kollektive Bedeutung für eine Familie oder einen ganzen Clan. Die sampy werden meist an speziellen, manchmal geheimen Orten aufbewahrt, etwa in kleinen Häusern, und oft von Leuten bewacht. Die sampy bestehen vielfach aus Reliquien verstorbener Könige oder Clanchefs. Auf Geheiss der protestantischen Königin Ranavalona II und unter Druck der Missionare wurden 1869 die sampy der Merina-Monarchie zerstört. Trotzdem hielt sich unter dem Volk der Glaube an diese Talismane und Glücksbringer, wenn sich auch die Monarchie fortan nicht mehr durch sie legitimierte.

Erst an letzter Stelle wird sich der Kranke beim staatlichen Sanitätsposten oder im Spital melden und von den Pillen und Spritzen Heilung erhoffen. Oft zu spät.

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Der Ethnologe Franz Stadelmann kam 1988 als Entwicklungshelfer nach Madagaskar. 1994 gründete er das madagassische Reisebüro PRIORI in Antananarivo. PRIORI organisiert Reisen mit mehr Hintergrund und tieferen Einblicken in die Licht und Schatten dieser Insel im Indischen Ozean. 'Sanftes Reisen' soll den BesucherInnen als auch den Besuchten gegenseitiges Verständnis erwecken. PRIORI engagiert sich auch sehr im sozialen und kulturellen Leben Madagaskars. PRIORI steht für Ihre Reisepläne gern zur Verfügung - auch in deutscher Sprache.

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Wir nehmen Ihre Kommentare und weiterführenden Texte zu obigem Thema gern auf. Tragen Sie sich bitte in unser Gästebuch ein.
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Franz Stadelmann

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PRIORI Antananarivo

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