Jetzt ist sie wieder da, die Zeit von Husten,
Schnupfen, Heiserkeit! Ganz besonders trifft sie Eltern von
Vorschulkindern, denn die Kleinen sind jetzt ständig krank. Schweizer
Schulärzte schätzen, dass Kinder im Alter von einem bis fünf Jahren pro Jahr
zwei bis zehn(!) Infekte durchmachen. Diese «Erkältungskrankheiten»,
wie sie im Volksmund heissen, sind meistens durch Infektionen bedingt, oft durch
Viren. Es gibt eine Menge verschiedenster Viren. Am bekanntesten
sind Influenza- und Parainfluenza-Viren, die berüchtigten Grippeerreger.
Doch nicht nur sie, eine Vielzahl dieser ansteckenden Krankmacher tummelt sich
jetzt überall herum. Der Nachbar im Tram niest sie in die Gegend, sie
werden durch feinste Speicheltröpfchen beim Reden in die Luft geschleudert und
beim Küssen weitergegeben. Sie kleben an den Händen und dann an allen
möglichen Oberflächen wie zum Beispiel an Türgriffen.
So wandern sie blitzschnell von Mensch zu
Kind. Mit «sich erkälten» hat die Grippe zwar weniger zu tun: Sie ist
vor allem auf eine Attacke von Viren und Bakterien zurückzuführen. Doch
um krank zu werden, braucht es nicht nur einen krankmachenden Erreger wie ein
Virus oder ein Bakterium, sondern auch ein «Opfer», dessen Abwehrsystem den
Ansturm der Mikroorganismen nicht abwehren kann. Und da kommt die Kälte
doch wieder ins Spiel: In den Übergangszeiten, bei nasskaltem Wetter, wenn wir
kalte, nasse Füsse kriegen und frieren - kurz: wenn wir uns nicht wohl fühlen
-, leidet auch unsere Abwehrstärke. Bei Kindern kommt noch dazu, dass sie
ihr Immunsystem erst noch ausbauen müssen. Und deshalb ist es klar - und
sinnvoll -, dass die Kleinen öfter erkranken. Sie entwickeln so ein
körpereigenes Schutzsystem. Beim ersten Kontakt mit einem Erreger, sei es
ein Bakterium oder ein Virus, wird das lmmunsystem aktiv. Spezielle
Abwehrzellen greifen den Erreger an. Sie versuchen, ihn zu fressen oder
aufzulösen. Andere Abwehrzellen merken sich, wie er aufgebaut ist.
Kommt der Mensch dann später wieder mit diesem Virus oder Bakterium in Kontakt,
dann wird der bekannte «Feind» von den Zellen des lmmunsystems schneller
erkannt und bekämpft.
Auf diesem Prinzip beruht auch die Wirkung von
Impfungen: Ein künstlich abgeschwächter lebendiger Krankheitserreger, ein
Konzentrat von toten Viren/Bakterien oder Teile von ihnen werden eingespritzt,
was eine Immunantwort auslöst. Je nach Art des Virus oder des Bakteriums
wirkt eine Impfung länger oder kürzer. Ausgesprochen wirksam sind zum
Beispiel die Impfungen gegen Tetanus und Diphtherie, weil diese Erreger
praktisch immer gleich aufgebaut sind. Schwieriger ist es bei Viren und
Bakterien, die ihr Äusseres ständig verändern. Dazu gehören die
meisten Grippeerreger. Doch gerade bei Kindern, deren Immunsystem
geschwächt ist, weil sie unter chronischen Krankheiten leiden, ist eine
Grippeimpfung trotzdem sinnvoll. Eine weitere Möglichkeit, sein Kind
gegen Infekte zu schützen, ist die Verbesserung der Abwehrlage.
Natürlich spielt einerseits die erbliche Anlage, andererseits die individuelle
Situation eine Rolle. Es gibt robuste und eher empfindliche Kinder.
Gute Ernährung - wenig Süsses, viel Gemüse, Obst, Salate, Vollkorn- und
Milchprodukte ist eine Möglichkeit, etwas für die Gesundheit zu tun.
Viel Bewegung an der frischen Luft macht fit und härtet ab. Gerade bei
kleineren Kindern ist es wichtig, dass sie dabei richtig angezogen sind.
Deshalb auf Spaziergängen immer noch einen Reservepullover und ein
Ersatz-T-Shirt mitnehmen, damit Sie einem schwitzenden oder frierenden Kind die
Kleider wechseln können. Auch gibt es einige Substanzen, welche die
Abwehrlage stärken. Naturärzte setzen mit gutem Erfolg eine Reihe von
pflanzlichen Präparaten ein. Nicht zuletzt ist auch bei den Kleinen die
Psyche beteiligt: Ist ein Kind gestresst oder gar unglücklich, dann ist es
anfälliger für Infektionen. Wenn das Kind einmal erkrankt ist, dann
helfen oft schon Hausmittel: Bettruhe, Wickel, Schwitzpackungen, Gurgeln, heisse
Tees, Einreiben mit Bronchialcremes und Dampfinhalationen. Wenn das Kind
Fieber hat, sollte es im Bett oder zumindest im Hause bleiben.
Probieren Sie die guten alten Essigsöckli oder Wickel aus. Deren Temperatur sollte lauwarm sein. Das ist für die kleinen Kranken angenehmer und reicht aus, um die Temperatur zu senken. Meist ist aber zusätzlich noch ein fiebersenkendes Medikament notwendig, das es in verschiedenen Mengen je nach Alter des Kindes gibt. Treten bei hohem Fieber Krämpfe auf, sollten Sie Ihren Arzt sofort informieren. Früher glaubte man, dass Fieber heilsam ist. Es ist zwar richtig, dass die Bakterien darin quasi «verbrennen», aber es schwächt auch die Patienten. Zwar fiebern Kinder oft sehr schnell und sehr hoch, aber benachrichtigen Sie bei Fieber über 38 Grad ihren Arzt. Auch bei jeder Art von Atemproblemen sollten sie umgehend ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Denn bei Kindern sind die Luftwege viel enger als
bei Erwachsenen. Schon eine leichte Schwellung der Schleimhäute von
Luftröhre und Bronchien, wie sie bei Erkältungskrankheiten häufig auftritt,
kann zu schwerer Atemnot führen. Jedes Kind, das Mühe mit dem Atmen hat
und hustet, sollte vom Arzt untersucht werden. Manchmal muss es
Antibiotika einnehmen, insbesondere bei einer schweren Bronchitis oder
Lungenentzündung. Beim sogenannten «Pseudokrupp», der sich durch einen
trockenen, bellenden Husten ankündigt, muss die Atemluft befeuchtet
werden. Je kleiner das Kind ist, um so gefährlicher sind Infektionen der
Lunge und der Atemwege. Zögern Sie daher nicht, Ihren Haus- oder
Kinderarzt anzurufen. Auch bei Ohrenweh sollten Sie mit dem Arztbesuch
nicht zuwarten: Weil Kinder noch grosse Rachenmandeln haben, die bei Infekten
anschwellen, verschliessen diese die Eustachische Röhre, die Verbindung
zwischen Mittelohr und Rachen. Dadurch wird das Mittelohr nicht mehr
belüftet und es bildet sich ein Erguss in der Paukenhöhle, der sehr
schmerzhaft sein kann. Meist hört das Kind dann auch schlecht. Ein
eitriger Erguss muss unbedingt behandelt werden, genau wie die Infektionen der
Nasennebenhöhlen und des Felsenbeines. Antibiotika, abschwellende Nasen-
oder Ohrentropfen und Schmerzmittel werden eingesetzt, bei chronischen Ergüssen
muss manchmal ein Röhrchen ins Trommelfell eingefügt werden. Bei Halsweh
reichen oft die Hausmittel wie Gurgeln und Lutschen aus, aber gewisse Infekte
müssen mit Antibiotika behandelt werden. Heutzutage ist man sehr
zurückhaltend mit Mandeloperationen geworden. Doch wenn die Rachen- und
Gaumenmandeln nicht mehr der Abwehr dienen, sondern zernarbt und zerklüftet
sind und so eine Brutstätte für Bakterien werden, wenn das Kind ständig unter
Angina leidet, dann sollten sie operiert werden.
Eine «Schnudernase» ist lästig, aber meistens
harmlos, wenn die Infektion nicht auf die Nasennebenhöhlen übergreift.
Papiertaschentücher sind bei Schnupfen sinnvoller und hygienischer als
Stofftaschentücher. Nasentropfen oder abschwellende Gels helfen gut,
sollten aber nicht länger als eine Woche genommen werden, weil sie sonst die
Nasenschleimhaut zu sehr strapazieren. Wohltuend ist oft das Einatmen von
heissem Kamillendampf oder die Bestrahlung mit einer Infrarotlichtlampe.
Haben Sie keine Angst vor Antibiotika: sie sind völlig zu Unrecht in Verruf
gekommen. Falls Ihr Arzt Ihrem Kind Antibiotika verschreibt, dann sollten
Sie diese genau nach Vorschrift geben. Ihr Kind wird schneller gesund und
braucht weniger Medikamente, wenn Sie sie früh genug einsetzen, sie in festen
Zeitabständen und genügend hoher Dosis geben so wie es Ihr Arzt verschrieben
hat.
Halten Sie sich daher genau an die empfohlene Menge und die Verabreichungszeiten. Ihr Arzt setzt Antibiotika wirklich nur dann ein, wenn er schlimme Komplikationen bei Ihrem Kind vermeiden will. Daher sollten Sie ihm vertrauen und nicht eigenmächtig die Therapie absetzen oder verändern. Für Kinder gibt es inzwischen spezielle Zubereitungsarten wie wohlschmeckende Sirups. Eine häufige Nebenwirkung, wenn Antibiotika über längere Zeit eingenommen werden müssen, ist ein dünner Stuhl oder Durchfall. Sprechen Sie mit ihrem Arzt darüber. Meist sind diese Stuhlunregelmässsigkeiten harmlos und gehen wieder vorüber, aber Ihr Arzt sollte darüber informiert sein.