Der kluge Esser
Kluge
Esser schützen sich
Zur
Energie- und Wärmegewinnung muss der Mensch
essen, trinken und atmen. Das ist bekannt.
Weit weniger bekannt ist, dass Nahrung
nicht nur stärken und wärmen, sondern den Körper auch schützen muss -
nämlich vor den zellschädigenden
Nebenprodukten, die er bei der
Energiegewinnung produziert.- Effiziente «Abfallbeseitigung» ist für die
Gesundheit entscheidend. Das Stichwort
heißt Antioxidantien.
Abwechslung
- das A und 0 vernünftiger Ernährung
Die
Ernährungswissenschaft erforschte jahrzehntelang, was der Mensch zu sich nehmen
muss, damit sein Körper reibungslos funktioniert und gesund bleibt. Dank diesen
Erkenntnissen weiss die Menschheit so viel über gesunde Ernährung wie nie
zuvor: Wir wissen, dass der Mensch pro Jahr rund das Siebenfache seines
Körpergewichtes (das sind rund eine halbe Tonne Nahrungsmittel) verspeisen und
rund 1000 Liter Flüssigkeit trinken muss, damit die Kraftwerke in den
Körperzellen genügend Energie für die Kraft der Muskeln und für die
Erhaltung der Körpertemperatur von 37 Grad Celsius produzieren können.
Wir kennen die rund 50 verschiedenen Nährstoffe, ohne die der Körper
auf die Dauer nicht funktionieren kann, ohne die er krank würde.
Mittlerweile ist unbestritten, dass das A und 0 jeder vernünftigen
Ernährung in der Abwechslung besteht: Möglichst vielfältige, gemischte Kost -
das ist die allseits anerkannte Grundregel für die günstigste
Brennstoffversorgung unserer Körpermaschine.
Aber
weshalb ist die Menschheit trotz all dieser Erkenntnisse nicht gesünder?
Weshalb nehmen die grossen Geiseln unserer Zeit, die sogenannten
Zivilisationskrankheiten wie Krebs und Kreislaufbeschwerden, Alzheimer und
Parkinson, oder Rheuma und Osteoporose nicht ab, sondern ständig zu?
Genau diese Frage hat die Ernährungs-wissenschaft in jüngster
Vergangenheit stark beschäftigt.
Die
verhängnisvollen Nebenprodukte
Beginnen
wir die faszinierende Reise durch die Kraftfabrik in unserem Körper von vorne.
Im Magen werden Speis und Trank in komplexen chemischen Prozessen zu
Brennstoffen aufgearbeitet, die der Körper verwerten kann.
Alles Nichtverwertbare wird durch Darm und Blase ausgeschieden.
Das
Blut transportiert die gelösten Nährstoffe in jede einzelne der Milliarden von
Körperzellen, die nichts anderes als Minikraftwerke sind: In den Zellen werden
die Nährstoffe bei 37 Grad Celsius verbrannt - allerdings auch nicht ohne
Abfall. Wissenschaftlich heißt
dieser Prozeß Oxidation. Das
farblose Gas mit der chemischen Formel O2
wird - genau wie die gelösten Nährstoffe - mit dem Blut in die Zellen
transportiert und reagiert dort mit den Nährstoffen das Zellkraftwerk
produziert die vielbegehrte Energie. Als
problemloser Abfall entstehen Wasser und Kohlendioxid (CO2).
Aber
das ist nicht alles: Damit der Oxidations- oder Verbrennungsprozess bei
Körpertemperatur ablaufen kann, müssen zahlreiche Enzyme mitwirken. Das hat zur Folge, dass in den Zellen neben Wasser und CO2
auch Nebenprodukte anfallen: Der Volksmund nennt sie oft «Schlacken»,
wissenschaftlich werden sie als «freie Radikale» oder Sauerstoffradikale
bezeichnet. Und radikal sind sie
tatsächlich: Ihnen fehlt nämlich ein Elektron.
Deshalb haben sie kein anderes Ziel, als das fehlende Teilchen möglichst
rasch zu ersetzen - das heißt, einem benachbarten Molekül zu entreißen.
Womit eine zerstörerische Kettenreaktion in Gang gesetzt wird: Das
amputierte Molekül sucht sich wiederum ein Ersatzelektron, ein weiteres
Molekül wird amputiert - und so weiter.
Oxidativer
Streß - die Gefahr für Leib und Leben
Im Normalfall kommt der Körper mit den aggressiven Abfallprodukten zu Gang und kann die Sauerstoffradikale so rasch neutralisieren wie sie entstehen. Nehmen sie aber überhand, entsteht „oxidativer Streß“ - und damit Gefahr für Leib und Leben.
Erst in den vergangenen 15 Jahren hat die Wissenschaft Methoden entwickelt, mit denen dieser Streß in den Zellen gemessen werden kann. Die Resultate waren überraschend und alarmierend zugleich: Die meisten Zivilisationskrankheiten, die wir bekanntlich noch kaum beherrschen, werden durch die Einwirkung von hohen Konzentrationen an freien, nicht rechtzeitig neutralisierten Sauerstoffradikalen verursacht. Zu diesen Krankheiten zählen unter anderen:
Arteriosklerose
Herzinfarkt
die
meisten Krebsarten
grauer
Star
die
Alzheimersche und Parkinsonsche Krankheit
Arthritis,
Rheuma und zahlreiche schwere Muskelerkrankungen.
Aus dem Vorhergesagten geht deutlich hervor, dass es wichtig ist, uns mit den Sauerstoffradikalen in unseren Zellen und dem oxidativen Streß, den sie auslösen, zu beschäftigen. Denn je mehr wir essen, desto mehr Radikale werden gebildet. Dies ist einer der Gründe für die höhere Krankheitsanfälligkeit der Vielesser. Es ist auch die Erklärung dafür, weshalb eine karge, aber hochwertige Nahrung die Lebenserwartung von Mensch und Tier um 30 bis 40% verlängert.
Daneben wird oxidativer Streß aber auch von zahlreichen anderen Ursachen begünstigt:
Hohe
körperliche Anstrengung bei Leistungssportlern,
Kontakt
mit Rauchkondensaten (Teer) im Mund und in der Lunge von Rauchern, Aufenthalt in
Flugzeugkabinen bei Langstreckenflügen,
Sonnenbrand
und Verbrennungen,
Dazu
kommen medizinische Faktoren wie gewisse Infektionskrankheiten, Narkose und
Operationsnachwirkungen, Medikamenteneinnahme, Chemotherapie und die Bestrahlung
von Tumoren,
Auch
Umweltgifte wie Ozon, Autoabgase oder Lösungsmitteldämpfe können oxidativen
Streß auslösen, ebenso wie Blei-, Cadmium- und Quecksilbervergiftungen oder zu
hohe Pestizidrückstände in Lebensmitteln.
Schliesslich kann auch Mangelernährung der Stress-Auslöser sein, z.B. bei Magersucht oder andauernder Unterernährung, was zu einem gefährlichen Abfall der Konzentration an Antioxidantien im Blut führt.
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Antioxidantien dank mediterraner Diät
Die Lösung des Abfallproblems in unseren Zellen heißt Antioxidantien. Das sind Stoffe, die dem oxidativen Streß entgegenwirken, indem sie das zerstörerische Abfallprodukt der Energiegewinnung, die Sauerstoffradikale, einfangen und neutralisieren. Deshalb heissen Antioxidantien auch Radikalfänger. Das ist die zentrale Erkenntnis der Ernährungswissenschaft der letzten Jahre: Wir müssen unserem Körper nicht nur genügend Brennstoffe und einige lebenswichtige Nährstoffe zuführen, sondern auch Schutzstoffe (Antioxidantien), die den verheerenden oxidativen Streß verhindern.
Als
besonders wirksame Radikalfänger haben sich die Vitamine C, E sowie das
Beta-Carotin erwiesen. Wo sie
vorkommen und welche Mengen wir zum wirksamen Schutz vor oxidativem Streß
benötigen, geht aus der Tabelle hervor. Antioxidativ
wirken aber auch zahlreiche andere Stoffe.
Auf der Suche nach der Ernährungsweise mit der besten antioxidativen
Schutzwirkung stießen die Forscher auf die Völker rund ums Mittelmeer:
Italiener und Griechen, Spanier und Südfranzosen erkranken deutlich weniger
häufig an Krebs oder Herz-/Kreislaufleiden als Nordeuropäer.
Das heißt aufgrund der heutigen Erkenntnisse: Sie leiden weniger unter
oxidativem Streß, weil ihre traditionelle Ernährung mehr Schutzstoffe, d.h.
mehr Antioxidantien enthält.
Die
sogenannte «Mediterrane Diät» weist einen hohen Anteil an Gemüse, Früchten,
Salat, Olivenöl, Knoblauch, Zwiebeln und Meerestieren auf. Bei den Getränken herrscht Rotwein vor, während der Konsum
von Bier, dunklem Fleisch, Weissmehl und Zucker im Vergleich zum übrigen Europa
eher gering ist.
Alle
diese Hauptnahrungsmittel weisen hohe Konzentrationen an sehr wirksamen
Antioxidantien auf. Neben den
Vitaminen zählen dazu auch jene, welche speziell nur im Olivenöl enthalten
sind, dann die roten Polyphenole im Rotwein, die schwefelhaltigen
Geschmacksstoffe von Knoblauch und Zwiebeln, die hochungesättigten Fettsäuren
in den Meerestieren und andere mehr.
Wie
sehr sich unterschiedliche Essgewohnheiten direkt auf den oxidativen Stresspegel
in unseren Zellen auswirken, zeigt sich am Beispiel Eisen.
Säugetiere - und damit auch der Mensch - brauchen Eisen für die
Blutbildung. Eisen ist derart
wichtig, dass die Natur unserem Körper keinen Mechanismus mitgegeben hat, um
überschüssiges Eisen wieder auszuscheiden: Nur durch Blutverlust (z.B.
Menstruation oder Blutspenden) oder durch sehr häufiges extremes Schwitzen kann
der Körper Eisen ausscheiden. Die meisten Menschen tragen in ihren Zellen überschüssiges
Eisen mit sich herum - was heute als Hauptursache für dauernden oxidativen
Streß gilt, weil freie Eisenionen die Bildung von Sauerstoffradikalen massiv
ankurbeln.
Die
Lösung: Strikte Kontrolle der Eisenzufuhr
Was
tun? Die Antwort ist einfach: Mit
der Nahrung weniger Eisen aufnehmen. Dunkles
Fleisch und Blut (Blutwürste) sind nicht nur besonders reich an Eisen.
Sie enthalten zudem das sogenannte Hämeisen, das von unseren Darmzellen
zehn bis zwanzigmal besser aufgenommen wird als pflanzliches Eisen.
Nordeuropäer essen aber durchschnittlich viel mehr rotes Fleisch als die
Südeuropäer: An den Gestaden des Mittelmeeres sind jedoch Fische der
wichtigste Eiweisslieferant. Sie
enthalten aber kaum Eisen. Weniger
Fleisch und mehr Fisch kann deshalb die Gefahr des oxidativen Stresses massiv
senken.
Weniger
Eisen essen ist der eine Weg, die Aufnahme von Eisen behindern der andere.
Folgende Nahrungsmittel enthalten Hemmstoffe, die den Übertritt von
pflanzlichem Eisen ins Blut behindern und deshalb als gesund gelten:
schwarzer
und grüner Tee sowie Heilkräutertees
Kakao
in jeder Form
maßvoll
Kaffee
Rotwein,
ebenfalls maßvoll
alle
blauen Beeren
Rotkohl
Früchte
wie Äpfel, Birnen, Gurken und Melonen
sämtliche
Vollkornprodukte
die
calciumreichen Milchprodukte Joghurt, Käse und Quark
schwefelhaltige
Gemüsesorten wie Zwiebeln, Knoblauch, Broccoli, Kohl, Lauch und Spargel.
Gerade
die angeführten Gemüse stehen wiederum im Mittelmeerraum häufiger auf dem
Speisezettel als bei uns: Die
Mittelmeerdiät liefert uns also nicht nur mehr Antioxidantien, sondern auch
mehr Hemmstoffe gegen die Aufnahme von zuviel Eisen im Körper. Selbstverständlich
gelten diese Massnahmen zur Eisenkontrolle nicht für Frauen und Sportler, die
nachweislich unter Blutarmut leiden.
Langsam
fügen sich die komplizierten Wechselwirkungen in unserem Körper zu einem
einleuchtenden Bild: Wenn unsere Zellen zur Energiegewinnung Nahrungsmittel mit
Sauerstoff verbrennen bzw. oxidieren, entstehen als Nebenprodukt
Sauerstoffradikale, die wenn sie nicht rasch von Antioxidantien oder
Radikalfängern neutralisiert werden - den Körper angreifen und zahlreiche
Zivilisationskrankheiten auslösen können.
Also müssen wir unseren Speiseplan nicht nur mit genügend Brenn- und
Nährstoffen ausrüsten, sondern auch mit einem guten Maß an antioxidativen
Schutzstoffen. Und weil Eisen
besonders viel freie Radikale produziert, sollten wir die Eisenzufuhr strikte
kontrollieren. Nach heutigen
Erkenntnissen ist das beste Mittel dazu eine abwechslungsreiche Ernährung mit
viel Fisch, viel frischem Gemüse und viel Vollkornprodukte.
Wir
sehen: Vor oxidativem Streß und damit vor zahlreichen Zivilisationskrankheiten
können wir uns schützen. Und
kluge Esser tun es.
So
schützen Sie sich vor oxidativem
Streß
Die
wichtigsten antioxidativen Vitamine
Die
Vitamine C und E sowie Beta-Carotin sind drei der wirksamsten Antioxidantien.
Die folgende Tabelle zeigt, in welchen Lebensmitteln die drei
Schutzstoffe am konzentriertesten vorkommen.
Offizielle Empfehlungen sprechen von einer Tageszufuhr von 60mg Vitamin C
und 10 mg Vitamin E. Für Beta-Carotin besteht keine offizielle Empfehlung.
Nach neusten Erkenntnissen verhindern diese Mengen jedoch nur
Mangelerscheinungen. Experten
empfehlen deshalb eine deutlich höhere Tageszufuhr: 150-300mg Vitamin C,
50-150mg Vitamin E und 2-6mg Beta-Carotin.
Weil es sehr schwierig ist, allein mit der Ernährung täglich diese
hohen Mengen an Antioxidantien aufzunehmen, wurden zahlreiche Supplemente
entwickelt, mit denen eine Ergänzung der Nahrung leicht gemacht wird.
Die tägliche Zufuhr in Tablettenform sollte jedoch 500mg Vitamin C, 200
mg Vitamin E und 10 mg Beta-Carotin nicht übersteigen.
Vitamin
C
Wasserlösliche
saure Verbindung mit stark reduzierender Wirkung. Darauf beruht ihre antioxidative Eigenschaft.
Vorkommen:
Wirkungsweise:
Offiziell
empfohlene Tageszufuhr für eine
erwachsene Person: 60 mg
Diese
Menge ist z. B. enthalten in 80 g Kiwi oder Erdbeeren, 120 g Grapefruits oder
Orangen, 180 g Mandarinen, 1,6 dl Orangensaft, 40 g Paprika, 60 g Broccoli oder
Rosenkohl, 100 g Kohlrabi, 240 g Tomaten, 400 g Sauerkraut.
Vitamin
E
Fettlöslicher
Stoff, gelbliches Öl. In der Natur
liegt stets ein Gemisch aus verschiedenen verwandten Formen vor.
Reagiert mit Peroxiden und Radikalen, wodurch die weitere Oxidation
unterbrochen wird. Wichtigstes Antioxidant für alle Fette und Öle, auch im
Körper.
Vorkommen:
Wirkungsweise:
Offiziell
empfohlene Tageszufuhr für eine
erwachsene Person: 10 mg
Diese
Menge ist z. B. enthalten in 6 g
Weizenkeimöl, 20 g Sonnenblumenöl, 30 g Mandeln oder Nüssen.
Beta-Carotin
Fettlöslicher,
roter Farbstoff. Gehört zu einer
Stoffgruppe von über 500 Carotinoiden, welche alle gelb, orange oder rot
gefärbt sind. Diese verursachen im
Herbst die Farbenpracht der Laubwälder, nachdem sich das Chlorophyll zersetzt
hat.
Vorkommen:
Wirkungsweise:
Empfohlene
Tageszufuhr für eine erwachsene Person:
2 bis 6 mg.
Diese
Menge ist z. B. enthalten in 30-90 g gekochte Rüebli, 130-400 g Broccoli,
40-120 g Spinat oder Kresse, 100-300 g Melone, 130-400 g Aprikosen, 70-200 g
Tomaten, 30-90 g Ketchup, 30-90 g Sojabohnen.
Aus
„Life Sciences“ der Novartis Healthcare Schweiz (2/98)