Ist dick sein ein Schicksal?

Übergewichtige sind in bezug auf ihr Körpergewicht vermindert "schuldfähig". Der Grund: nicht nur der Wille des Einzelnen, sondern auch seine Vererbung und Umwelt beeinflussen das Gewicht. Daher sollte die Last der Schuldgefühle von Dicken genommen und Übergewicht eher als chronische Krankheit angesehen werden, mit der Dicke lernen sollten, im Alltag richtig umzugehen. Wissenschaftler kommen immer mehr zu dem Schluß, daß Übergewicht mehr eine Schicksals- als eine Schuldfrage des Einzelnen ist. Es ist deshalb wichtig, Dicke nicht mehr wegen ihres Aussehens oder ihres angeblich schwachen Charakters anzuprangern. Keiner ißt bewußt zuviel, damit er zunimmt und ein höheres Risiko für die Ausbildung eines Herzinfarktes hat. Übergewichtige müßten vielmehr lernen, mit Ihrem Schicksal bzw. Ihrer besonderen genetischen Situation richtig umzugehen. Es ist wichtig, die Theorie des Vielfraßes aufzugeben und auf das ständige Moralisieren zu verzichten. Dadurch würde ein großer Teil des psycho-sozialen Drucks von den Übergewichtigen genommen werden.

Für die Entwicklung des Menschen war es entscheidend, die knappe Nahrungsenergie effektiv in Form von Depotfett zu speichern, um Hungerzeiten überstehen zu können. Diese Eigenschaft ist bei dem heutigen konstanten Überangebot an Nahrungsenergie zum "genetischen Bumerang" geworden. Mehrere hundert Gene sind für Hormone, sekundäre Botenstoffe und Enzyme verantwortlich, die die Energiespeicherung und die Bereitstellung von Energiesubstraten im Mangel regulieren. Daher ist es beim Menschen nicht möglich, Übergewicht einem bestimmten Gen oder Gendefekt zuzuordnen. Menschen haben unterschiedliche Stoffwechseleigenschaften, wie sie sich in der Farbe ihrer Haare und Augen unterscheiden. Das müssen wir akzeptieren und das eigene Diätziel sowie die Therapie stärker individuell gestalten. Ziel der Therapie: Halten des Wunschgewichtes.

Die meisten (Crash-)Diäten versprechen, schnell und mühelos Gewicht zu verlieren. Solche Versprechen lassen sich gut verkaufen. Das Ziel ist aber nicht, kurzfristig Gewicht zu verlieren, sondern das eigene, realistische Wunschgewicht langfristig zu halten und wiederholtes Abnehmen, sogenannte Diätkarrieren, zu verhindern. Eine Diät ist erfolgreich, wenn ein Gewichtsverlust von 5-10% über ein Jahr gehalten wird.

Es ist unter anderem vor Diätmaßnahmen zu warnen, die eine Gewichtsabnahme garantieren, keinen Wirkungsmechanismus belegen, keine Adresse für Informationen angeben sowie vor Maßnahmen, bei denen Zusatzprodukte gekauft werden müssen. Es führt keine Ernährungsform allein oder nur die psychische Behandlung zu einer langfristigen Gewichtsabnahme. Nur die Kombination aus Verhaltensmanagement, Ernährungsinformation, psychischer Betreuung und Sport können das Verhältnis zu Essen und Trinken sowie dem eigenen Körper und Gewicht verbessern.

Aus einer Schrift der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (1996)


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