Zeckenstiche und ihre Folgen

Zecken (Holzböcke) kommen weltweit und auch in der ganzen Schweiz bis auf eine Höhe von etwa 1000 m.ü.M. vor, das heisst vor allem im Mittelland, aber auch in den Alpentälern, im Jura und im Tessin. Für den Menschen sind vor allem die jungen, kleinen, kaum sichtbaren Zecken mit einer Grosse von 0.5 bis 1 mm im vollgesogenen Zustand gefährlich.

Wegen der geringen Grösse und der Schmerzlosigkeit des Stiches werden 80 Prozent (!) der Zeckenstiche nicht bemerkt. Den besten Schutz vor Zecken, die vor allem im Laub und auf niedrigen Sträuchern bis maximal 80 cm ab Boden leben (nicht auf den Bäumen!) bietet das Tragen von geschlossenem Schuhwerk und langen Hosen sowie, nach einem Aufenthalt im Freien, das abendliche Duschen und Absuchen des Körpers nach den kleinen Zecken. Bevorzugte Aufenthalts- und Stichorte der Zecken sind die Kniekehlen, die Innenseiten der Oberschenkel, die Schamgegend, der Bauchnabel, die Achselhöhlen, die Schultern und, bei Kindern, der Nacken am Haaransatz und die Ohrregion.

Das Entfemen einer Zecke hat möglichst rasch zu erfolgen und benötigt keinen Arzt. Jegliche Vorbehandlung der saugenden Zecke, sei es mit Oel, Feuer, Quetschen etc. ist zu unterlassen. Damit wird die Gefahr der Erregerübertragung im letzten Moment noch gefördert. Die Zecke wird überrascht und am besten mit einer Pinzette oder mit den Fingernägeln hautnah gefasst und durch geraden Zug (nicht drehen!) herausgezogen. Bleibt der Stechapparat (sogenannter Kopf) stecken, so ist dies nicht   mehr gefährlich und ist einem harmlosen Fremdkörper, der gelegentlich entfernt werden kann, gleichzusetzen.

Die Lyme-Borreliose

Durchschnittlich ist jede dritte Zecke in der Schweiz Träger des Krankheitserregers, des Bakteriums Borrelia burgdorferi. Das Risiko der Erregerübertragung ist gross, das Erkrankungsrisiko aber klein, da die allermeisten Menschen den Erreger selbst überwinden können. Bei durchschnittlich 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung lassen sich im Blut die Spuren dieses Erregerkontakts nachweisen (erhöhter, aber bedeutungsloser Antikörperwert). Wegen der Häufigkeit der Zeckenstiche kommt es aber in der Schweiz jährlich doch zu 3'000 bis 5'000 Neuerkrankungen.

Entsteht an der Stichstelle Tage bis Wochen später eine sich ausbreitende wandernde Rötung, so liegt das Krankheitsstadium I vor, das mit grippeartigen Symptomen, mit Lymphdrüsenschwellungen und mit flüchtigen Gelenkschmerzen einhergehen kann. Wegen der Gefahr der Krankheitsausbreitung sollte der Arzt aufgesucht und Antibiotika eingenommen werden. Wird die Krankheit nicht gestoppt, so können Gelenke, Muskeln, Sehnen, das Nervensystem, weitere Hautareale und das Herz betroffen werden (Stadium II), was eine Vielfalt von Beschwerdebildern ergeben kann. Es hat umgehend eine sorgfältige Abklärung und in der Regel eine Behandlung mit Antibiotika über Infusionen zu erfolgen. Wird die Diagnose verpasst, so können durch die lange anhaltenden Entzündungen definitive Schäden an den verschiedenen Organen entstehen (Stadium III), die dann trotz nachgeholter Antibiotikabehandlung nur noch sehr beschränkt rückgängig gemacht werden können.

Eine Impfung wie in Nordamerika ist für Europa nicht vorhanden. Der amerikanische Impfstoff funktioniert in Europa nicht.

Die Frühsommer-Meningoencephalitis (FSME)

Das FSME-Virus kommt vor allem bei Zecken in sogenannten Naturherden (eng begrenzte Waldgebiete) vor. Das Virus kann aber grundsätz­lich überall erworben werden, wenn auch seltener. In einem Naturherd ist jede hundertste bis tausendste Zecke Virusträger. Die Naturherde der Schweiz befinden sich vor allem im Kanton Schaffhausen, Thurgau, im Norden des Kantons Zürich, im Berner Seeland, in der Region Thun und im Sarganserland. In der Schweiz werden pro Jahr 30 bis 50 schwere Fälle (Stadium II) gezählt.

Wenige Tage bis vier Wochen nach dem Zeckenstich können Kopfschmerzen und grippeartige Symptome auftreten, die in der Regel nicht als FSME erkannt werden (Stadium I). Nach wenigen Tagen sind die Beschwerden wieder abgeklungen; man fühlt sich gesund und die FSME ist damit in über 90 Prozent der Fälle überwunden. Bei den restlichen fünf Prozent treten nach einer kurzen Periode der Gesundheit wieder Kopfschmerzen und Beschwerden am Nervensystem auf (zum Beispiel Lähmungen), die in der Regel zur Hospitalisation führen (Stadium II). Bei einem Teil dieser Patienten ist mit bleibenden Schäden zur rechnen. Eine Therapie gibt es nicht, wenn auch versucht wird, mit sogenannten Virostatika den Krankheitsverlauf zu mildern.

 

Der Frühsommer-Meningoencephalitis kann mit einer sehr guten Impfung vorgebeugt werden. Sie besteht aus einer Grundimpfung mit drei Injektionen in bestimmten Abständen und mit je einer Auffrischimpfung in drei- bis fünfjährigen Abständen. Die passive Impfung, das heisst die Gabe eines Immunserums nach erfolgtem Zeckenstich in einem Naturherd zur Verhinderung des Krankheitsausbruchs, kann heute nicht mehr empfohlen werden, da der Nutzen bis heute nicht erwiesen ist, die Diagnosestellung unter Umständen damit erheblich erschwert werden kann und besonders schwere Verläufe unter der passiven Impfung bekannt geworden sind.

FSME-Herde in der Schweiz (rot)

 

Die Ehrlichiose

 

Das Wissen über die Ehrlichiose ist noch sehr lückenhaft. Drei bis 25 Prozent der europäischen Zecken sind Träger der Erreger Ehrlichia phagocytophila oder Ehrlichicha equi. Etwa sechs Prozent der Bevölkerung hat auf Grund von Blutuntersuchungen einmal Kontakt mit diesem Bakterium gehabt. In Europa sind daran aber nur wenige Dutzend Menschen erkrankt.

 

Treten schon wenige Tage nach einem Zeckenstich grippeartige Beschwerden, Fieber, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Erbrechen auf, so ist an diese Diagnose zu denken. Die Krankheit verläuft in der Regel mild und heilt selbst, auch wenn wenige   ernsthafte Fälle bekannt geworden sind. Sie kann gleichzeitig mit der Lyme-Borreliose entstehen, was die Krankheitsverläufe kompliziert. Die Behandlung ist mit bekannten Antibiotika möglich und die Heilungschancen sind sehr gut.

 

Eine auf die Krankheit bezogene Prophylaxe gibt es nicht.

 

Die Babesiose

 

In Europa sind bisher nur wenige, das heisst etwa 30 Fälle beim Menschen bekannt, in der Schweiz bisher nur Einzelfälle. Bei Tieren (Rinder, Pferde, Hunde, Nager) tritt sie häufiger auf und ist auch schon länger bekannt. Babesien sind Protozoen, Malaria-ähnliche Erreger.

 

Nebst harmlosen Symptomen wie Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Muskelschmerzen können auch gefährlichere Symptome wie Nieren- und Lungenversagen oder Störungen des Blutes vorkommen. Die meisten Fälle verlaufen aber symptomlos. Ein positiver Antikörperwert ist nicht einer Erkrankung gleichzusetzen. Wie die Ehrlichiose kann auch diese Erkrankung gleichzeitig mit der Lyme-Borreliose vorkommen, welche dann besonders komplikationsreich und schwer verlaufen kann. Die Behandlung besteht aus der Einnahme von Antibiotika und Chininpräparaten.

 

Eine spezielle Prophylaxe ist nicht möglich.


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