Wer befiehlt in unserm Land?

"Der Bundesrat soll endlich straff führen! Die Regierung ist schwach und kann nichts bewirken. Unser Land braucht eine starke Hand."  Von Stammtischen, der Strasse und den Medien schallt dieser Ruf durch ganz Helvetien.

Doch wer befiehlt in unserm Land? Wir haben's in der Schule gelernt: Der Souverän in der Schweiz, das sind Sie und ich, das Volk! Der Bundesrat kann neue Gesetze nur vorschlagen. Er wird sich hüten, grosse neue Würfe oder gar Visionen ins Gespräch zu bringen. Er kennt die Hürden, die seine ersten Gedanken bewältigen müssen, nur zu gut: Vernehmlassung, Beratung im Parlament und das Damoklesschwert des Referendums. Mit diesem Instrument, oder nur schon mit seiner Androhung ist es leicht, jede Neuerung oder Kursänderung im Keime zu ersticken.

Nun, wenn sein ursprünglicher Vorschlag durch Verbände, Parteien, Kommissionen, beide Räte und einer eventuellen Volksabstimmung fast bis zur Unkenntlichkeit zerzaust ist, darf der Bundesrat zu "regieren" beginnen. Als Exekutive muss/darf er ausführen, was wir in unserer direkten Demokratie beschlossen haben. Wahrlich, wenig Macht und viel Verantwortung!

Nicht besser geht es den Regierungsräten in den 26 Kantonen und den unzähligen Gemeindeexekutiven. Sie führen durch, was wir beschlossen oder nicht verhindert haben. Ihre Hände sind gebunden, denn, der Souverän, das sind wir!

Im vorletzten "Treffpunkt" prangert Pater Beat Lustig den Steuertourismus von Martin Ebner an. Er stellt richtig fest, dass der Milliardär nichts Illegales tat, als er, um die fetten Gewinne des Jahres 1997 nicht versteuern zu müssen, den Sitz seiner BZ-Gruppe im richtigen Moment von Zürich in die Gemeine Freienbach zügelte. Auch ich finde, dass Legalität nicht das einzige Kriterium des Wirtschaftens sein kann. Meines Erachtens ist das Gebaren eines Martin Ebners genau so unethisch wie das der Leute, die am Stammtisch prahlen, wie sie Steuern "einsparen" konnten und damit mich und alle ehrlichen Steuerzahler betrügen.

Doch dann spricht Pater Lustig von der Enttäuschung der Christlichsozialen, deren Co-Präsidentin (Hedy Jager) als Gemeindepräsidentin von Freienbach den Schachzug Ebners in der Arena verteidigt hätte. Hätte sie etwa gegen den gebürtigen Freienbacher wettern sollen? Das wäre ungefähr, als ob wir von unseren Bundesräten erwarteten, dass sie sich wehren würden, wenn ein ausländisches Unternehmen sich neu in der Schweiz niederlassen und bei uns Steuern zahlen wollte.

Als Präsidentin ist Hedy Jager Kopf der Exekutive, der ausführenden Behörde, in ihrer Gemeinde. Die Steuergesetze werden aber vom Kanton und nur zum kleinen Teil von der Gemeindeversammlung erlassen. Der Exekutive bleibt dann noch deren korrekte Anwendung. Es ist aber ihre Aufgabe, das Möglichste zu tun, dass das Steuerparadies nicht nur für die glücklichen (?) Grossverdiener, sondern für alle, vor allem aber auch für die weniger Priviligierten und die Randgruppen eine lebenswerte Heimat ist und bleibt.

Wer kann aber Ebner und Co. stoppen? Nur Sie und ich; wir sind der Souverän. Indem wir das christlichsoziale Gedankengut, die Versöhnung von Wirtschaft mit sozialen Anliegen und Ökologie fordern und leben, leisten wir einen Beitrag zu einer besseren Schweiz. Es ist wichtig, dass wir christlichsoziale Politiker in Parlamente und Behörden wählen und bei Volksabstimmungen nicht immer nur unsern Eigennutz sehen, sondern den Blick fürs Ganze behalten. So können wir aktiv mithelfen, mehr Fairness in unsere Gesetze zu bringen.

Und noch etwas: Prahlen wir doch nicht immer wieder, wie wir "dem Staat" ein Schnippchen schlagen und mit cleveren Tips und Tricks "Steuern sparen" können. Der Staat, das sind nämlich Sie und ich!

25. März 1998

 

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