Prozentspielereien
Unsere Familienzusammenkünfte gleichen
einer kleinen UNO Versammlung. Es wird Dialekt, Hochdeutsch,
Englisch und Spanisch gesprochen. Mein Mann kommt aus Nordirland,
meine Schwester hat einen Kanadier geheiratet, eine meiner
Schwägerinnen ist chinesisch stämmige Indonesierin und die andere
in Buenos Aires aufgewachsen. Was für eine Vielfalt!
Eines haben wir jedoch gemeinsam. Wir
leben alle in der Schweiz, verstehen uns bestens, und jeder würde
für den andern durch Dick und Dünn gehen.
Das kommt nicht von ungefähr. Es
braucht von uns Schweizern in der Familie Offenheit und eine
gewisse Neugier, uns auf die andern Kulturen einzulassen. Wir
diskutieren oft hart, um den Standpunkt des andern zu verstehen.
Das ist unser Teil der Integrationsarbeit. Unsere
ausländischen Partner leisten ihren Teil, in dem sie alle
fliessend Deutsch oder sogar Dialekt sprechen. Sie kennen unser
Land und seine Geschichte und versuchen, daraus unsere Eigenheiten
zu verstehen. Das ist ihr Teil der Integrationsarbeit. In
unsern Familien wird ausser Deutsch Englisch oder Spanisch
gesprochen, eine Bereicherung, auf die wir stolz sind.
Doch beginnen wir zu rechnen. Wir sind
sechs Geschwister. Fünf sind verheiratet, vier davon mit einem
Ausländer oder einer Ausländerin. Das gibt vier Fremde auf sieben
Schweizer oder: In unserer Familie leben 36% Ausländer. Was für
eine Überfremdung! Für uns ist das kein Problem, weil jeder den
andern respektiert und wir alle am gleichen Strick ziehen.
Am 24. September stimmen wir darüber
ab, ob wir nur noch 18 % Ausländer in unserm Land dulden wollen.
Für meine Familie würde das heissen, dass die Hälfte unserer
Partner überzählig wären, denn, obwohl sie unterdessen alle den
Schweizer Pass besitzen, sind sie im Herzen doch Indonesierin,
Argentinierin, Kanadier oder Ire geblieben.
Wenn wir die Schweiz als eine grosse
Familie betrachten, ist eine solche prozentuale Begrenzung der
Ausländer genau so absurd. Ausländer sind Menschen und nicht
Quoten. Darauf kommt es an. Sicher haben Sie und ich Bekannte, die
sich so gut integriert haben, dass niemand merkt, dass sie nicht
Schweizer sind. Andererseits dürfen wir die Augen vor den
Problemen, die uns viele schlecht integrierte Ausländer schaffen,
nicht verschliessen. Sie schaffen Unsicherheit und Angst.
Darum trete ich für vermehrte
Integrationsanstrengungen ein. Integration ist ein Geben und
Nehmen. Von uns erwarte ich, dass wir offen und neugierig sind und
versuchen, die Kultur des Andern zu achten. Von den Einwanderern
erwarte ich, dass sie unsere Sprache lernen. So können sie
Kontakte schaffen, den Schulbetrieb der Kinder verstehen, die
Zeitungen und amtlichen Mitteilungen lesen, Freundschaften mit
Einheimischen knüpfen etc. Das ist ein Muss für eine erfolgreiche
Integration. Ich stelle mich deshalb auf den Standpunkt, dass das
Erlernen der lokalen Sprache für alle Ausländer obligatorisch
erklärt werden sollte. Wer nicht bereit ist, diese Anstrengung auf
sich zu nehmen, soll keine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung
erhalten.
Solche Integrationsanstrengungen
bringen uns mehr als eine starre 18 % Quote. Diese verdient ein
wuchtiges Nein.
11. August 2000