„15
von 17 Topmanagern .........
sind der Meinung
, Löhne unter 3000 Franken - wie sie im Verkauf noch bezahlt
werden - sollten der Vergangenheit angehören.“ Dies konnten wir an
Sylvester auf der Titelseite der Sonntagszeitung lesen.
Was soll das bedeuten? Haben die
meisten Big Bosse plötzlich eingesehen, dass die Gewerkschaften
mit ihren Forderungen recht haben, dass 3000 Franken wirklich ein
absolutes Minimum für eine Vollzeitbeschäftigung sind? Oder hatten
sie nach Weihnachten einfach ein schlechtes Gewissen, weil sie
Geschenke erhalten und verteilt haben, die ein Vielfaches dieses
geforderten Mindestlohnes ausmachen?
Sicher hat die in den Medien
breitgeschlagene Geschichte der Migros Löhne Betroffenheit
ausgelöst. Die Idee Migros, die von Gottlieb Duttweiler geschaffen
wurde, um Minderbemittelten Zugang zu günstigen Lebensmitteln zu
verhelfen, wird verhöhnt, wenn man erfährt, dass dort auch
sogenannte „working poor“ arbeiten, Personen, die trotz voller
Beschäftigung so wenig verdienen, dass sie monatlich von der
Fürsorge unterstützt werden müssen. Moderne Sklavenarbeit?
15 von 17 Topmanagern haben
angeblich eingesehen, dass es so nicht weiter gehen kann. Wer sind
die beiden andern? “Zürich“-Chef Rolf Hüppi findet, dass man nicht
einfach einen Richtlohn angeben kann. Man müsste auf Einzelfälle
eingehen. Sehr zu denken gibt mir der 17. dieser „Topmanager“. Es
ist der junge Denner-Chef Philippe Gaydoul, der meint, dass sich
diese Tatsache (der Hungerlöhne) nicht ändern lasse. Denner setzt
sich mit seinen Initiativen und Vorstössen vordergründig immer
wieder für die Benachteiligten ein. Wie viel verdienen wohl seine
Mitarbeiter? Gaydoul ist nicht Denner-Chef, weil er mit
Spitzenleistungen von der Wirtschaft als Genie erkannt wurde.
Nein, dieser Manager hatte das Glück, mit Karl Schwery einen
schwerreichen Grossvater zu haben, der ihn als Thronfolger in sein
Imperium gesetzt hat. Und dieser Mann sieht nicht, was für ein
sozialer Zündstoff in seiner Aussage liegt!
In besagtem Artikel der Sonntags
Zeitung wird auch viel von Leistungslöhnen gesprochen. Wieder wird
von 15 Topmanagern die Befürchtung geteilt, dass die
leistungsabhängige Entlöhnung die Lohnschere zwischen einfachen
Angestellten und Kader immer mehr öffnet. Bestritten wird dieser
problematische Effekt von Zweien, und wieder vom Denner Enkel
Gaydoul.
Da beginne ich mich zu fragen, wer
denn mehr leistet. Ein Topmanager, kann sich nach anerkannt langen
und stressvollen Arbeitstagen am Kaminfeuer seines
Einfamilienhauses erholen. Er kann seine wohlverdienten Ferien in
einem Luxushotel verbringen und muss nicht über Geld nachdenken.
Eine Kassiererin in einem Grossverteiler arbeitet sicher weniger
Stunden als ein Top Manager. Nach eintöniger Arbeit kommt sie am
Abend in eine enge Wohnung, muss evtl. die Kinder wegen der
Nachbarn ruhig halten und sich um die Waschküche streiten. Das
Geld reicht nicht fürs Nötigste, und für Ferien braucht’s einen
Lottogewinn. Wer leistet also mehr?
Im neuen Jahr möchte ich darum vor
allem den Kleinverdienern meinen Respekt zollen und die Top
Manager bitten, vom hohen Ross herunter zu steigen.
8. Januar 2001