Wo nichts ist, kann man
nichts abziehen.
Sie kennen es: Mit grossen
Schlagzeilen wird mitgeteilt, dass Sie beim Kauf vom XY Fr. 500.-
sparen können. Juhui! ... Doch XY ist viel zu teuer für Sie und
vom grossen Rabatt profitieren nur die mit dem prallen
Portemonnaie.
Genau so geht es mir, wenn ich an die
Vorschläge des Bundesrates zur „Entlastung der Familien“ bei den
Bundessteuern denke.
Doch beginnen wir von vorn.
„Kinder haben“ ist in der Schweiz ein
Armutsrisiko. Alle Untersuchungen über die Armut in unserem Land
bestätigen dies. Auch die Caritas Studie über die „working poor“,
d.h. Haushalte, die trotz dem Lohn einer vollen Arbeitskraft nicht
über die Armutsgrenze kommen, unterstützt diese Aussage. Paare mit
Kindern und Alleinerziehende machen zwei Drittel der „working poor“
bei uns aus.
In den ersten 20 Jahren kostet ein
Kind monatlich ca. Fr. 1'100.-- .Bei einem Bruttoeinkommen von
Fr. 60'000 bleiben einer Dreikinderfamilie nach Abzug der
monatlichen Ausgaben gerade noch Fr. 200 über dem errechneten
Existenzminimum.
Wir sind uns einig, dass Kinder unsere
Zukunft sind, und dass es nicht gleichgültig sein kann, ob unsere
jungen Familien Kinder auf die Welt bringen wollen oder nicht.
Neben der finanziellen Belastung bleibt für eine geraume Zeit auch
die individuelle Freiheit auf der Strecke. Unsere jungen Frauen
warten immer länger bis zur Geburt des ersten Kindes. Wir sind das
Land mit den ältesten Erstgebärenden in Europa! Das kann nicht gut
sein.
Das alles hat der Bund zur Kenntnis
genommen und schlägt dem Parlament eine Entlastung der Familien
bei der direkten Bundesteuer vor. Die Familienabzüge steigen
beträchtlich. 1,3 Milliarden streicht sich der Bund so ans Bein.
Wer profitiert davon? Natürlich die
Familien in den schwierigsten finanziellen Verhältnissen! Falsch!
Die gehen nämlich komplett leer aus. Familien mit einem
Bruttoeinkommen bis zu 60'000.- haben bis jetzt schon keine
Bundesteuer gezahlt. Wo nichts ist, kann nichts abgezogen werden.
Diese Familien an oder unter der Armutsgrenze sehen keinen Franken
der 1,3 Milliarden. Dafür werden 900 Millionen an die 3% der
reichsten Familien in der Schweiz ausbezahlt.
Das ist ungerecht!
Wir müssen umdenken. Steuerabzüge
helfen den grossen Einkommen und bringen den wirklich Bedürftigen
nichts. Doch die Basiskosten für Kinder sind für alle gleich.
Statt Steuerabzüge zu gewähren, müsste allen eine Kinderbeihilfe
ausbezahlt werden. Das Rezept lautet so: Man nehme die 1.3
Milliarden und dividiere sie durch die 1,5 Millionen Jugendlichen
unter 20 Jahren. Die so erreichten 860 Franken zahle man jeder
Familie pro Kind aus. Das gäbe jeder Zweikinderfamilie einen
Zustupf von 1'720.-- in die Haushaltkasse, bis zu einem Einkommen
von 150'000.-- also mehr als die vorgeschlagenen Steuerabzüge.
Wäre das nicht gerechter?
Sie können mir nun vorwerfen, dass
meine Berechnungen hemdsärmlig seien und dass man nicht alles über
den gleichen Leisten ziehen könne. Doch eines ist sicher. Wir
brauchen Kinder in unserer Gesellschaft. Wir können niemanden
zwingen, Kinder zu gebären. Wir können aber helfen, die
finanziellen Konsequenzen etwas abzufedern.
9. März 2001