Sterne und Weihnachtssterne 

New York, Zug, Swissair, Afghanistan, Gotthard, Crossair, naher Osten…Wann hört das endlich auf?

Mitte September erzählte mir eine Bekannte, dass sie sich im Moment nicht sehr gut fühle. Sie sei in einer Umbruchsituation. „Weisst du, die enormen Spannungen im Kosmos, die sich in New York entladen haben, spüre ich auch ganz stark.“ Dir ist nicht zu helfen, dachte ich und lenkte das Gespräch auf etwas anderes.

Vor einigen Tagen hatte ich sie wieder am Draht. Schnell begann sie von Astrologie zu sprechen und von den Spannungszuständen zwischen den Planeten, die über der Schweiz besonders hoch wären. Im Dezember und zwischen Weihnachten und Neujahr hätten wir nochmals etwas zu erwarten.

Haben die Gestirne am Himmel eine solche Macht über unser Tun? Sigismund von Radecki sagte einmal „Horoskope sind Religionsersatz, denn wer Religion hat, dem sind die Sterne schnuppe.“ Ich möchte noch etwas weiter gehen. Personen, die sich auf Horoskope, Wahrsagerinnen und andere esoterische Hilfen verlassen, geben ihre Eigenverantwortung ab. Ich streite nicht ab, dass Himmelkörper den Planeten Erde beeinflussen können. Denken wir zum Beispiel an den Mond, der alle sechs Stunden unsere Weltmeere zum Auf- oder Abschwellen bringt. Doch wird es für mich zu einfach, unsere Sterne für alles verantwortlich zu machen. Das heisst nichts anderes, als sich aus ihr heraus zu stehlen. Ich kenne eine Frau, die eine jahrelange Beziehung mit dem Mann ihrer besten Freundin damit rechtfertigte, dass die beiden in einem früheren Leben ein Paar gewesen seien. So konnte sie Gewissensbisse und Verantwortungsgefühl gegenüber ihrer Freundin wunderbar auf die Seite legen. Eine andere Person bot mir einmal an, alle meine Gebresten und Probleme auf Zettel zu schreiben und mit einem besonderen “Apparat“ in den Kosmos zu schicken. Die Wirkung sei garantiert.

Nein, so nicht! Ich will mir selber verantwortlich sein. Ich kann nicht alles, aber ich kann vieles beeinflussen. Niemand wird von mir verlangen, dass ich die Katastrophen dieses Herbstes hätte verhindern können, oder dass ich den Krieg um den Geburtsort Christi beenden kann. Doch darf und muss jeder von mir verlangen, dass ich das Meine zur Lösung der Weltprobleme in meiner beschränkten Umgebung beitrage. Das heisst, dass ein Moslem für mich nicht einfach ein potenzieller Krimineller ist; das heisst, dass ich versuche beide Seiten eines Konfliktes zu verstehen, dass auch ein schwieriger Querulant von mir angehört wird und dass ich die Welt nicht in Schwarz und Weiss aufteile.

Die Stadt Zug hat anfangs Advent einen Schritt in diese Richtung gemacht. Mit Musik und Echo von den Kirchtürmen und einem bengalischen Farbenspiel haben an einem kalten Winterabend 3000 Personen die neue Weihnachtsbeleuchtung eingeweiht. „Obwohl wir die dunklen Geschehnisse nicht vergessen wollen, suchen wir das Licht. Das soll in unsere Zukunft leuchten.“ Tragen wir es alle weiter, das Licht des Weihnachtssternes, und verändern wir damit unsere kleine Welt!

9. Dezember 2001

 

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