QU: Sonntagszeitung,
27. Januar 2002
Bern - Der Bund hat aus dem Fonds Projekte gegen Rassismus und für
Menschenrechte 1,3 Millionen Franken verteilt. Von den 175 eingereichten
Projekten, die Ende Februar der Öffentlichkeit präsentiert
werden, erhielt ein Viertel Zuschüsse - darunter die zwei Online-Projekte
«Netzteil» und «Netzwerk Menschenrechtsbildung»
mit je über 100 000 Franken für zwei bis drei Jahre.
Netzteil ist ein Neonazi-Aussteigerprojekt (siehe SonntagsZeitung vom
22. 4. 2001). Seit eineinhalb Jahren spüren Internet-Streetworker
ideologisch noch nicht gefestigte Neonazis zwischen 15 und 25 Jahren
im Netz auf und versuchen, mit diesen in einen E-Mail-Dialog zu treten,
um sie zu resozialisieren. «Die Neonazi-Szene Schweiz wird oft
dämonisiert. Meistens werden Jugendliche aus psychosozialen und
nicht aus politischen Motiven rechtsextrem», sagt ein Internetstreetworker.
Die Online-Gassenarbeiter von Netzteil wollen aus Sicherheitsgründen
anonym bleiben. Offizielle Kontaktperson ist Georg Kreis, Präsident
der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus.
«'Netzteil' ist sehr innovativ und setzt sich erfolgreich gegen
Rassismus und Antisemitismus ein», begründet Michele Galizia,
Leiter der Fachstelle für Rassismusbekämpfung, die finanzielle
Unterstützung. Zwei von acht kontaktierten Neonazis sind heute
«clean». «Wir ermöglichen den Jugendlichen, in
einem geschützten Raum - im Web -, Ausstiegsfantasien aufzubauen,
ohne dass ihre Neonazi-Kollegen etwas erfahren», sagt ein Internet-Strassenarbeiter.
Auch das «Netzwerk Menschenrechtsbildung», das seit 1999
die Webseite humanrights.ch betreibt, erhielt Geld. «Das Informationsportal
bereitet das Thema Menschrechte so auf, dass es auf die Schweiz bezogen
ist», sagt Galizia. Die fünf Mitarbeiter - darunter Juristen
und ein Philosoph - wollen aufklären, welche Auswirkungen die internationalen
Menschenrechtsverträge auf die Schweiz haben. Das Portal richtet
sich noch vorwiegend an Lehrer und Fachpersonen, eine Datenbank vermittelt
Menschenrechtsspezialisten. Geplant ist eine Rubrik «Menschenrechte
für Einsteiger» und ein Infoservice für Parlamentarier.
Wichtige Dokumente sollen künftig auf Französisch und Italienisch
übersetzt werden.
Daniela Palumbo