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Bodenmann, Weltwoche Ausgabe 09/08
2014: Aus für die Solarenergie?

Von einem Politiker verlangt man ja nicht, dass er etwas von Solarenergie versteht, aber wenigstens die paar Zahlen richtig interpretieren, bevor er solchen Blödsinn publiziert... Peter Bachmann

Die Schweiz ist ins ökologische Hintertreffen geraten. In den Schweizer Alpen ist es sonnig. Pro Quadratmeter macht die Strahlung der Sonne 1500 Kilowattstunden aus. In Deutschland ist es oft neblig und kalt. Und die Kraft der Sonne deshalb rund einen Drittel schwächer.
Richtig wäre: Die Strahlung beträgt 1500 Watt pro m2, bei rund 1000 Sonnenstunden pro Jahr.
Für Photovoltaik gilt: Je kälter, desto höher der Wirkungsgrad.

Die parastaatlichen Schweizer Energiekonzerne sind der Hort der Erstarrung. Sie gehen davon aus, dass mittelfristig alle alternativen Energien nicht mehr als lächerliche 5 Milliarden Kilowattstunden zur Schweizer Stromproduktion beitragen können.

Andere Sorgen plagen Deutschland: Bereits im Jahre 2014 wird Deutschland mit 30 Milliarden Kilowatt installierter Solarleistung 35 Milliarden Kilowattstunden Solarstrom produzieren. Prozentual so viel, wie die Schweizer Stromproduzenten im Jahr 2030 aus Kleinwasserkraftwerken, Windrädern und Solardächern produzieren wollen.
Nach diesen Zahlen würde 2014 die Sonne in Deutschland gerademal 1,16 Stunde scheinen...

Eine neue Studie zeigt auf: 35 Milliarden Kilowattstunden Solarstrom kann das bestehende deutsche Stromnetz zur Mittagszeit gerade noch aufnehmen. Mehr nicht. Die bange Frage steht im Raum: Kommt der ökologische Umbau im Bereich Photovoltaik 2014 in Deutschland zum Stehen?

Erste Massnahmen werden diskutiert: Es muss mehr in die Netze investiert werden. Höhere Kapazitäten im Nieder- und Mittelspannungsbereich führen bei Netzerneuerungen nur zu bescheidenen Mehrkosten und senken erst noch die Stromverluste im Netz. Der Strompreis zur Mittagszeit muss künftig an sonnigen Tagen billiger werden, damit der künftig intelligent gesteuerte Konsum ansteigt. Beim Neubau von Solaranlagen ist mehr in die Nachführung der Zellen zu investieren, damit die Solarstrom-Ernte im Tagesablauf gleichmässiger anfällt. Die Deutschen werden auch diese Kurve kriegen.

Wer erinnert sich noch an die Warnungen der Schweizer Grünen, unser Land werde nach dem Beitritt zum EWR seinen ökologischen Vorsprung einbüssen? Die Schweiz hat nicht nur den Vorsprung eingebüsst, nein, die Schweiz ist – auch wegen des EWR-Neins und dessen politischen Folgen – grotesk ins Hintertreffen geraten.

Viel Geld mit der Solarenergie verdient das chinesische Unternehmen Suntech. Es produziert zurzeit pro Jahr ein Gigawatt Leistung und exportiert seine Zellen fast nur nach Europa. Dazu Suntech-Chef Zhengrong Shi in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift Photon: «In Deutschland sinkt die Einspeisevergütung in diesem Jahr um fünf und im nächsten Jahr um neun Prozent, richtig? Sie fällt immer weiter, also muss auch der Preis sinken... Es gibt tatsächlich keinen chinesischen Markt, wir hängen von euch ab... Wir haben Strategien – sogar für den Fall, dass die Deutschen chinesische Produkte verbannen. Dann gehen wir mit der Produktion eben nach Deutschland.»

In Deutschland gewann Andrea Ypsilanti die Wahl gegen Roland Koch auch mit dem Thema alternative Energien. China profitiert vom ökologischen Umbau. Die Schweiz kämpft politisch nicht für den Schutz der Umwelt, sondern für den Schutz der deutschen Steuerhinterzieher. Alles Folgen des von den Grünen zu verantwortenden Alleingangs.

Der Autor ist Hotelier in Brig und ehemaliger Präsident der SP Schweiz.

 

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