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Freitag, der 13. & 14.Dezember 2013

Meine erste Handlung ist ein Telefonat mit einer Holzbaufirma in Signau. Gleich um halb Acht hatte der Chef gesagt. Als wir uns einig sind richte ich ihm noch einen Gruss aus von Meie, welche ich am Mittwoch am Langnouer Märit getroffen hatte und er ist überrascht, dass ich seine Schwester kenne. Die Welt ist klein, einigen wir uns nochmal.     
Der wunderbare Sonnenaufgang über dem Dorfberg verspricht einen schönen Tag;-)
Dann stöpsle ich einen USB-Stick in den PC und schicke Caroline Andermatten ein vorausgefülltes PDF-File: Ausfuhrdokument im Reiseverkehr, zum Abzug der Mwst. 
Hanni ist mit putzen und waschen beschäftigt, dann trifft sich unsere WG zum Frühstück. "Das Brot könnt ihr mitnehmen," sagt unsere Älteste und der Jüngste sollte eben aus China gelandet sein in ZRH.
"Ich muss in die Garage," melde ich mich ab. Die aufgehende Sonne blendet mich durch die verschmierte Scheibe. Oh, die könnten doch auch noch die Scheibenwaschanlage checken denke ich und vermisse den fehlenden Aussenspiegel. Deshalb biege ich jetzt in die VW-Werkstatt ein in Bärau. Freundlich werde ich von den beiden Damen empfangen. Auch die sind überrascht ob unserem "Bauwagen mit blauem Schild." 
Ich erinnere mich: In der letzten Garage in Warschau hatte die Sekretärin mein Anliegen übersetzen müssen um die Winterräder anzuschrauben. Dass man heute die Türe auseinandernehmen muss, um einen Spiegel zu ersetzen überrascht mich, aber Auto Rüeger leistet gute Arbeit; Danke -auch fürs Käfeli!

Um 12 Uhr verabschieden wir uns herzlich im Kehrgässli Richtung Langenthal. Unser schwerbeladenes Büssli ist nun etwas träge. Im SRO besuchen wir meine Mutter. Doch sie war gerade zu einer Untersuchung geholt worden. 
Im Restaurant gibt es Röstipastetli. "Die muss ich dann einmal kopieren;-)" Der Besuch ist herzlich und Müeti freut sich, auch Hanni nochmal zu sehen, denn Hanni hatte bei ihrem 90. gefehlt, musste in Warschau an der Klimakonferenz assistieren. Mutter erzählt nochmal von Monis Trachtentorte und für meinen Bruder lasse ich ein Päckli da, es hatte einfach nicht mehr für alles gereicht. Ob ich meine Mutter nochmal lebend sehe?
Traurig verlassen wir den Spitalparkplatz Richtung Autobahn. Da telefoniert Hanni mit ihrem Bruder. Er hatte den Flieger mit 2 Stunden Verspätung aufgesetzt und wollte uns noch auf der A1 treffen. Doch der Umweg würde unseren Reiseplan durchkreuzen. Auf der A2 ist es erwartungsgemäss ruhiger. Im Nu sind wir auf dem Hirzel, dann auf dem Seedamm, dann im Nebel durchs Toggenburg. 
Doch nach Wattwil sehen wir über ein wunderbares Nebelmeer hinweg. Die Churfirsten und der Säntis ragen im goldenen Sonnenuntergang in den tiefblauen Himmel.
Grabs steht auf einem Wegweiser, dann gemäss Google nach dem Bach scharf rechts. Reifbefallene Bäume stehen an der Dorfstrasse. Das Stofflädeli mit den weihnachtlich geschmückten Schaufenstern erinnert in der Dämmerung an Hänsel und Gretel. Ruth, meine Cousine erwartet uns, Küsschen.... 
Wir folgen ihrem Wägelchen, den Grabserberg hinauf und sehen im Wintergarten über dem Nebel die Lichter der gegenüberliegenden Dörfer, für uns eine völlig unbekannte Gegend. Auch Vreni, meine Tante begrüsst uns herzlich mit einem frischen Tee und wir bestaunen das romantisch eingerichtete Haus. Die beiden "Giele" kommen "nach Hause" mit ihren Freundinnen und bald riecht es nach Fondue. Ich darf wenigstens das Brot schneiden. 
Hanni erklärt ihren Job und man plaudert über Gott und die Welt. "Gigi" sei noch unterwegs aus Österreich -schade sehen wir ihn nicht mehr. Vreni's Fruchtsalat wird aufgetragen und rundet das köstliche Nachtessen ab. Herzlichen Dank, kommt uns mal besuchen... 
Jetzt beneide ich Tom um seinen 4WD, muss dreimal Anlauf nehmen auf der vereisten Einfahrt. Wir rollen vorsichtig die gefrorene Bergstrasse hinunter und bewundern die weihnachtlich geschmückten Dörfer. Unfall steht auf dem Dreieck in Buchs. Ein Polizist fuchtelt aufgeregt mit seiner Taschenlampe, herrscht uns an. Auf dem Kreisel liegen zwei zerquetschte Autos, davor ein Abschleppwagen. Müssen ja nicht mitten in der Nacht Fotos knipsen murmle ich zu Hanni, welche sich freundlich erkundigt wie wir denn jetzt nach Bregenz kommen. 
"Durch die Bahnhofstrasse, mit einer Armbewegung auf die Autobahn" motzt der andere Uniformierte, sah und hörte ja, dass wir nicht von hier sind. 
"Ufrüntlechi Sanggauer," stellt Hanni fest und wir suchen im Nebel die Autobahneinfahrt. Andere Autofahrer suchen mit, aber kennen sich hoffentlich besser aus und so folgen wir denen nach Sevelen. Mit der Lampe sucht Hanni auf der Karte, "ich sehe nichts, doch da, nein, nicht Sargans, Chur noch weniger, St Margr...Ja,wo? Dort,hier!"
Endlich sind wir auf der Autobahn und erholen uns wieder von der Aufregung, -bloss kein Unfall. 
In Höchst steht nur die schweizer Grenzwacht, die Österreicher sind schon schlafen gegangen, gut so. Kurz darauf suchen wir in Bregenz die A96. Manchmal haben Strassen mehrere Nummern und nach D führt nur die E43. 

"Scheisse," rufe ich aus, sehe nochgerade Pfändertunnel im Scheinwerferlicht reflektieren. Genau diesen teuren Tunnel wollte ich vermeiden. Nunhalt, fahren wir halt durch diesen Scheisstunnel, 10 Minuten für 9 Euros. Doch wir sehen weder ein Tickethäuschen, noch steht jemand da und kontrolliert uns. Da drüben hatte ich eine Vignette gelöst vor 4 Wochen, leckt uns. 
Am Ende des Tunnels fahren wir auf der A14, auf der E43 und auf der A96. "Sind wir nicht gut, fahren auf drei Strassen gleichzeitig!..?"
Doch im Vergleich zur Schweiz, sind deutsche Autobahnen in den letzten Jahren viel besser geworden. Kaum Schlaglöcher und gut eingerichtete Baustellen. So kommen wir gut voran. Auch in der Nacht steht die Nadel oft bei 150 Kmh, kaum Verkehr, ab und zu eine Nebelschwade, um die Nullgradgrenze. Bayern3 meldet eine weitere Bluttat in einer amerikanischen Schule. Ich bekam jeweils einen Apfel auf meinen Schulweg, in Amerika nehmen Schüler ein Gewehr mit, andere Länder, andere Sitten. 
In Memmingen kommen wir auf die A7. "Ich dachte A9?" "Du bist zwei Strassen zu früh dran," erklärt Hanni, "auf die A9 kommen wir erst in Nürnberg. Wir wollen ja nicht nach München, oder?" Um Mitternacht, bei Km 508 biegen wir auf einen Rasthof. Ich nehme die 4 Stühle vom Bett und stelle sie auf den Boden. Der Platz wird knapp, Hanni findet ihr Pyjama, mir reicht ein T-Shirt, Zähne putzen, Heizdecke einschalten, Gutenachtküsschen.

 

Um Vier Uhr morgens lässt ein Truky neben uns seinen Diesel an. Ich habe kalte Ohren, Hanni liegt in einem Schal eingewickelt und dreht sich. Grägrägrägrä... anstatt abzufahren heizt der wohl bloss seine Kabine auf. Wir kuscheln uns zusammen, aber nach einer Stunde bin ich immer noch wach. 
"Ich fahre jetzt ein bisschen, du kannst ja noch etwas weiterschnarchen." Hanni grunzt etwas von vorsichtig unter der Decke hervor und langt mir ein frisches Höschen. Ich ziehe mich an, in unserer Orange war es kalt geworden. Nach einem obligaten Brunz an den Baum neben dem Ghüderkübel setze ich mich ans Lenkrad und heize gehörig ein. 
Es ist stockdunkel, 3 Grad minus und neblig. Bayern3 sendet gute Musik, ich fahre zwischen Brummis. Ab und zu überholt ein PW, dem folge ich dann über einige Km, bis ich die Geschwindigkeit nicht mehr verantworten kann.
Schliesslich zählt Hanni jetzt zur Ladung. Eigentlich hasse ich Nebelleuchten, die blenden nur bei schwachem Nebel. Doch einmal erschrecke ich, weil der knapp beleuchtete Kleinbus vor mir viel langsamer fährt als geschätzt und gleichzeitig ein Raser überholt. Nun folge ich dem Raser, 140, 150, Nebelfrei, 160,  der Raser haut ab und in seinem Scheinwerferlicht lese ich Nürnberg A9. Hä, endlich! 
Aber wo bleibt eigentlich der Tag? Ich suche rechts den Sonnenaufgang -nichts als tiefschwarze Nacht. 7-Uhr Nachrichten, Gabriel wird Energieminister. Was das für meine Kumpanen der Solarbranche in Deutschland wohl bedeutet? Dann löscht das zweitletzte Segment meiner Tankuhr. Moscht berächne, erinnert mich ein Spruch meines Schwagers.... 
Rasthof 3 Km, ich trete langsam vom Gaspedal, ein Lichtermeer liegt vor uns, Hanni schlägt die Decke zur Seite und gähnt. "Tanken mit Frühstück." grinse ich, "hast Du die Euros?" Ich stecke den dicken Schlauch in den Tank und fülle 65 liter ein. Der Tageszähler steht auf 725. Süffu sage ich zu der Karre und Hanni zu mir: "Du fahrsch ou winemore." 
Bei Kaffee und Gipfel unterhalten wir uns im unromantischen Rasthof. Jetzt haben wir fast die Hälfte, aber draussen ist immer noch dunkel. Ein Müesli würde ich jetzt auch essen, wir haben nicht einmal ein Früchtli. Da unten ist ein Lidl...
Der Lidl öffnet erst um 8, also fahren wir weiter bis taget. Doch o'schreck das Wasser läuft unter der Pixi hervor -Käfelimaschine kaputt, aber für zwei Ankebock reicht es trotzdem. 
Gegen Mittag passieren wir Berlin, Hanni sitzt am Steuer und ich nehme eine Siesta. Das Wetter ist etwas besser geworden. Manchmal schiebt eine Windböe, oder ein dicker Laster unsere Orange zur Seite. Reisegeschwindigkeit 150, Autopilot wäre kein Seich, dann könnte man dazu spanische Nüssli öffnen. Auch an der polnischen Grenze ist nichts los, aber ich muss den Geldbeutel mit den Zlotys aus dem Tresor grübeln. An der ersten Zahlstelle zieht Hanni bloss ein Ticket. Wir fahren wieder auf der A2. 
Gut ausgebaute aber nur zweispurige Autobahn. Überholt ein Laster, müssen die Fahrzeuge geduldig hinterher schleichen. Elefantenrennen nennt man das bei uns, wenn beide fast gleich schnell sind. Danach kann man wieder beschleunigen. Auf der polnischen Autobahn gilt 140 max. Das ist eine gute Regel und die rudimentäre Infrastruktur stört nicht wirklich. Irgendwie gibt es bloss ein paar Standardbrücken. Es muss also nicht jede einzelne sündteuer geplant werden, sondern nur einmal. Schlaui cheibe di Polake. 
Etwa bei Km 1300 übernehme ich wieder für den Rest. Windturbinen drehen in der Landschaft, die Strasse ist trocken. Der letzte deutsche Radiosender fadet davon. 17 Zloty! Kaum haben wir unser Bordradio umgestimmt, roart es aus den Lautsprechern. Katy Perry ist in Polen immer noch in den Charts. Ich drehe am Volumenhahn, diese Katze ist einfach geil: http://www.youtube.com/watch?v=CevxZvSJLk8
I got the eye of the tiger, plärrt es aus den Türen, wir rauschen mit 140+ dahin und freuen uns auf Warschau. Doch es dämmert bereits wieder um vier Uhr Nachmittags. Die Ausfahrt Centrum ist gesperrt, aber Airport ist auch gut. 
Auf dem letzten Kreisel missachte ich ein, nein zwei Rotlichter. Das Tram klingelt, ich quetsche unsere Orange zwischen zwei Stosstangen, halte kurz auf einer weissen Sperrfläche, gebe Vollgas, dann biegen wir in unsere Strasse ein. Das Eingangstor öffnet sich und wir parken vor einem christlich beleuchteten Laubbaum. In der Küche gönnen wir uns einen gekühlten Likör von Vreni und nehmen uns in die Arme: 1600 Km, ich liebe Dich...

 

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