Am Strassenrand
Warum man Schlüssel äusserst vorsichtig.

Ab und zu fahre ich fürs Büro in der Schweiz herum, meistens auf allen vier Rädern (Nein, ich teste Lieferwagen nicht auf ihre Standfestigkeit, das ist eine andere Geschichte Anno 1998). Diesmal fuhr ich mit dem Lager-Iveco von Thun nach Näfels und wieder zurück. Die schöne Route über Brünig. Nach zweieinviertel Stunden kam ich dann auch in Näfels an, ohne mich verfahren zu haben. Am Bahnhof schnell Pinkeln gegangen - diesmal nicht wegen dem Bier, ich fahr nüchtern - und das obligate Telefon an den Capo.

Ich wieder zurück zum Iveco, hohle schwungvoll, wie ich eben bin, denn Schlüssel aus meiner Gesässtasche und erwische, wie immer, den falschen Schlüsselbund. Aber, quasi im Hintergrund, sehe ich, wie sich etwas schwarzes richtung Kanalisation davonmacht. Hääähh? Momentle. Hastiges suchen in allen möglichen und unmöglichen (es hätte da noch ein paar hübsche Mädels am Bahnhof, aber ob das Suchen in deren Taschen was anderes als ein blaues Auge zu Tage fördert mag ich bezweifeln) Taschen und Säcke. Nirgends ein Ivecoschlüsselbund. SCHEISSE, wenn ich so sagen darf, das darf doch nicht wahr sein! Ist es aber. Nirgends ein Fahrzeugschlüssel, dafür - ein Blick in die Kanalisation - eine einzige Blase schwimmt noch auf der Wasseroberfläche. Und hier kommt kein: «Uff, der Schlüssel steckt noch im Zündschloss» oder so. Nene. Ich lehne mich trotzdem lachend an den Wagen und muss erstmals Luft hohlen. Die braucht in solchen Momenten sogar eine nicht von Sauerstoff abhängige Lebensform. Schrei!

In einem letzten Aufbäumen kniehe ich neben den Iveco nieder und linse unter das Fahrzeug - auch kein Schlüssel. Und beim Aufstehen blick ich zufällig so quer über den Kanaldeckel. Jetzt müsstet Ihr noch wissen, dass dieser Kanaldeckel so ein Exemplar ist, der zu einem fünftel unter den Bürgersteig verschwindet. Genau, Ihr ahnt es schon. So einen Zentimeter vor dem Abgrund, vor Blicken durch die Bortsteinkannte geschützt liegt das Prachtding. Pffffffff. Holz berühren, so ein Schwein aber auch (schon fast ein Mehrschwein).

Na, dann steht der Auftragsausführung nichts mehr im Wege. Nur noch ein kleiner Nachtrag: Es ist ziemlich genau ein Jahr her, da haben wir uns im Büro krümmend schiefgelacht. Ein Arbeitskollege hatte gerade die Geschichte «Ich, mein Schlüssel, mein Kumpel von der deutschen Feuerwehr und die Kanalisation» erzählt. Muss sich Geschichte (fast) immer wiederhohlen?

Zurück

Ausgabe vom
11.9.2003 / Pe