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Lügen beim Einstellungsgespräch

 

Lügen beim

Ein Stellenbewerber muss im Einstellungsgespräch nicht jede Frage seines künftigen Chefs beantworten. In heiklen Situationen ist sogar Schwindeln erlaubt.

 

Als Grundsatz gilt: Beim Einstellungsgespräch darf der künftige Arbeit Gebende nur Fragen stellen, die einen Bezug zur Arbeit oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages haben (OR 328 b). Welche das im Einzelnen sind, ist in der Praxis nicht immer klar. Ebenso wissen viele Stellenbewerber nicht, wie sie sich verhalten sollen, wenn sich der künftige Chef dennoch nach Privatem oder Persönlichem erkundigt.

Nicht alle Fragen sind erlaubt

Das Einstellungsgespräch ist juristisch gesehen eine Vertragsverhandlung. Dabei treffen beide Parteien umfassende Sorgfaltspflichten. Lehre und Rechtssprechung unterscheiden beim Einstellungsgespräch zwischen zulässigen und unzulässigen Fragen.

Zulässig sind Fragen über die Eignung des Bewerbers in Bezug auf die ausgeschriebene Stelle. Dazu gehören insbesondere Fragen zu den Personalien des Stellenbewerbers, zu seiner Nationalität, seinem Lebenslauf und zu seiner Ausbildung. Der künftige Chef darf sogar nach chronischen Krankheiten fragen (dazu gehören auch Abhängigkeiten von Suchtmitteln), welche die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen könnten. Vorstrafen sind nur relevant, wenn sie einen Bezug zum Arbeitsplatz haben. Der Buchhalter muss sich also lediglich die Frage gefallen lassen, ob er wegen Vermögensdelikten vorbestraft sei.

Ein Stellenbewerber unterliegt der Auskunftspflicht. Er muss eine zulässige Frage wahrheitsgemäss beantworten. In seltenen Fällen hat er auch eine Mitteilungspflicht. So muss er auf Umstände hinweisen, die ihn für die Stelle als gänzlich ungeeignet erscheinen lassen. Ein Bademeister muss offenbaren, dass er nicht schwimmen kann und ein Bäcker darf seine Stauballergie nicht verheimlichen. Diese Angaben müssen wahr und vollständig sein. Eine umfassende Wahrheitspflicht trifft den Arbeitnehmer auch für alles, was er seinem künftigen Arbeitgeber freiwillig erzählt. Ob eine Frau ihre bestehende Schwangerschaft bei der Einstellung anzeigen muss, ist umstritten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte lehnt eine Anzeigepflicht als geschlechterdiskriminierend ab.

Klar unzulässig dagegen sind Fragen, die mit der Arbeitsleistung und dem Arbeitsplatz nichts zu tun haben. Ob der Bewerber im Konkubinat lebt und was die Partnerin verdient, gehört nicht in ein Vorstellungsgespräch. Auch sind Fragen nach religiöser und weltanschaulicher Ausrichtung oder nach der sexuellen Präferenz unzulässig. Eine Ausnahme bilden hier die so genannten Tendenzbetriebe: Geht es um eine Stelle in einer kirchlichen Organisation oder in einer politischen Partei, sind solche Fragen gestattet. Ob aber der Bewerber mit dem HI-Virus infiziert ist, geht den künftigen Chef nichts an. Selbst die Frage, warum jemand die Stelle wechseln möchte ist nur dann zulässig, wenn sich dieser Grund am neuen Arbeitsort wiederholen könnte.

Wie aber sollen sich Bewerberinnen verhalten, wenn sie im Vorstellungsgespräch mit unzulässigen Fragen konfrontiert werden?

Hier darf geschwindelt werden

Die jüngere juristische Lehre postuliert in solchen Fällen das so genannte Notwehrrecht der Lüge. Demnach muss ein Stellenbewerber unzulässige Fragen nicht wahrheitsgemäss beantworten. Darf er also seinen künftigen Arbeitgeber brandschwarz anlügen? "Nicht ganz", sagt dazu die Zürcher Rechtsanwältin Claudia Eugster. "Es gilt den Verhältnismässigkeitsgrundsatz zu wahren. Bei einer unzulässigen Frage sollte sich der Stellenbewerber so wenig wie möglich von der Wahrheit weg bewegen." Das Notwehrrecht der Lüge soll nicht dazu dienen, dem künftigen Arbeitgeber ein ganzes Lügengebäude aufzutischen. "Ich würde versuchen, eine unzulässige Frage ausweichend zu beantworten oder sie zu übergehen. Meinen Klientinnen rate ich, die Frage nach einer geplanten Schwangerschaft ohne Erklärung zu verneinen. Auch der wegen Verkehrsdelikten vorbestrafte Buchhalter darf die Frage nach bestehenden Vorstrafen verneinen", erklärt die Spezialistin für Arbeitsrecht.

Etwas andere Regeln gelten bei Kaderangestellten. Weil dort eine hohe Identifikation mit dem Betrieb und der Arbeit verlangt wird, müssen sich Kadermitarbeiter weitergehende Fragen gefallen lassen.

Fliegt eine Lüge später auf (die Sportlehrerin, welche bei der Einstellung beteuerte, niemals Kinder zu wollen, ist nun doch schwanger), so leidet das Vertrauensverhältnis zwischen Chef und Untergebener.

Die Konsequenzen der Lüge

Hat eine Arbeitnehmerin eine unzulässige Frage nicht wahrheitsgemäss beantwortet, kann der Arbeitgeber den Vertrag nicht wegen Täuschung oder Irrtum anfechten. Aber trotzdem: Das Schweizer Arbeitsrecht kennt keinen umfassenden Kündigungsschutz. Ein erzürnter Arbeitgeber kann seine Angestellten nämlich ohne Begründung unter Einhaltung der Kündigungsfrist entlassen. Der Entlassene kann sich zwar gegen eine Rachekündigung gerichtlich wehren. Doch hat er zu beweisen, dass die Kündigung missbräuchlich ist. Das gelingt nur sehr selten. Im besten Fall wird ihm vor Gericht eine Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung zugesprochen. Ein Recht auf Wiedereinstellung gibt es grundsätzlich nicht. Aus diesen Gründen sollte ein Bewerber vom Notrecht der Lüge nur verhältnismässigen Gebrauch machen.

"Na gut, ich habe geschwindelt - aber auf Fragen, die Sie mir gar nicht hätten stellen dürfen!"

 

 

 

 

 

 

 

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Stand:
17.11.2002 11:41:21