Ich möchte auf dieser Seite auf die Veränderungen eingehen, die das NINJUTSU seit der Öffnung der westlichen Welt gegenüber durchlaufen hat.
Damit sind nicht Anpassungen in Technik, Philosophie oder Wissen gemeint, sondern bewusstes vereinfachen und weglassen elementarer Bestandteile des Jahrhunderte alten Systems des NINJUTSU.
Nun ist es nicht so, dass diese Bestandteile etwa verlorengegangen sind, wir können uns einer durchgehenden Reihe von Sensei's erfreuen über die letzten 34 Generationen. Die Ursache liegt im bekannt werden des NINJUTSU in der westlichen Welt, das Ende 70-er/Anfang der 80-er Jahre stattgefunden hat.
Ich möchte als Einstieg dazu einen 'offenen Brief' von Brian McCarthy an Soke Masaaki Hatsumi, dem derzeitigen Oberhaupt der NINJUTSU-Gemeinde verwenden.
Brian McCarthy ist ein 8.Dan NINJA der alten Schule, der in Dublin wohnend Oberhaupt der Englischen sowie französischen DOJO's war. Ich selbst hatte die Ehre in einem ihm zugehörigen DOJO zu trainieren und ihn persönlich kennenzulernen.
Im Folgenden besagter Brief:
In response to recent interest shown in the BBD by various parties I would
like to enlighten practitioners why the BBD resigned from Bujinkan International
in 1993. I will best do this by publishing hereunder the letter of resignation
I sent to Hatsumi Soke. This letter is self explanatory and I still stand over
its contents, in fact continuing circumstances since 1993 have made my comments
more relevant.
To those who write about me and/or the BBD having never met me or spoken to
me I am flattered by your curiosity and unsuprised by your narrow mindedness.
If you wish to meet me or train with me you can contact me through these pages or at any BBD Dojo Worldwide. In conclusion I would remind interested parties that I trained in Japan with Hatsumi Soke before the advent of gold medals and when it was required to pass the 'Sakki Test' on the first attempt. I never took the medal. I did pass the test.
Regards
B.M. McCarthy
Hachidan
Bujinkan Ninpo Taijutsu
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November 1993
Dear Sensei,
It is with great sadness that I write this letter to you. I have decided after much thought to remove myself and my organization from the Bujinkan International. I would like to explain my reasons for this action. For many years I have been disturbed by the way Ninpo Taijutsu has been taught in the west. The standard of teaching and instructors is generally bad. Some Blackbelts are motivated only by status and money, which results in students not receiving the benefits of a real martial art. These people have been graded by yourself and therefore believe what they do is correct.
When I first met you in America you apologized for the bad martial arts which had come from Japan. I was impressed by your honesty and your integrity. It was then I decided to follow your way. Unfortunately many things have changed during the intervening years. I can no longer justify to my students and other martial artists why a person who has trained in Ninjutsu only two years and be 20 years old holds a high ranking dan grade. This has become common practice around the world. I cannot justify why dan grades are given away to people who don't have the spirit of Ninjutsu in their hearts or the "Taijutsu" of Ninpo in their bodies. I cannot accept the high grading fees that people have to pay without first learning the basics of our art in a dojo. This I believe was the great failure of Tai-Kais. There are many more reasons and examples that I could write about, but I feel this would only serve to damage our art even further.
When you graded me to Shodan and gave me my painting I formed the Bujinkan Brian Dojo to support and promote your way of training as you received it from Takamatsu Sensei. When I graded to Godan I passed my Sakki test on the first attempt. All the students that I brought to you also passed on the first attempt. Now people are allowed many opportunities and are continually struck. This is no longer an example of Sakki.
I went to Japan in 1991 to speak with you and try to understand what your intentions were. At that time I expressed my concerns and asked for your advice. The only answer I received was "not to worry" and to continue what I was doing. I have waited since then to see a change in the Bujinkan so we could become what we were meant to be. This unfortunately has not happened. It is now time for me to take my students on the path of what I believe is the true way of teaching martial arts. This I believe should begin with honesty and end with respect.
No doubt that I have made mistakes and upset some people by the way I teach, however I have always sought to give my students what they deserve in helping them in this life. I have always protected them and defended our right to practice the real arts without commercialism and greed. I will continue in the future as I have been in the past. I maintain my personal affection and respect for you and am saddened by what the Western World has influenced the Bujinkan to become.
The BBD will continue to practice Ninpo Taijutsu as an independent organization in all the countries where we have strong dojos and good students. I have earned the right to teach and influence people by showing them that ninpo still exists and will continue to grow. I have always acknowledged you as my teacher and I will continue to do so on a personal level. I am grateful for what you taught me in the past and for the respect and esteem which you afforded me . I regret that our relationship will end but I must put being honest to myself and my students before all else. I have the support of all my blackbelts and students in writing this letter.
In closing, on a personal level I with you and your wife Maniko good health and peace. Maybe in a future life we can train together again.
Sincerely,
B.M. McCarthy.
Hachidan
Bujinkan Ninpo Taijutsu
Ich verzichte auf eine Übersetzung ins Deutsche, da ich den genauen Wortlaut wiedergeben möchte. Sollte jemand für den Inhalt interesse haben und kein Englisch können, so lasse er sich doch diesen Brief bitte von jemandem übersetzen.
Da hat sich also jemand, der sein Leben dieser Kunst gewidmet hat und tiefste Einsichten in das innere System hat von diesem nun abgewendet, nicht von der Kunst die er ja weiterhin praktiziert und unterrichtet, sondern von dem System wie es der westlichen Welt dargeboten wird.
Er besitzt die nötige Einsicht und Stärke um diesen Schritt zu tun. Im Gegensatz zu den aus dem Boden schiessenden Sensei's mit 5, 6 oder nochmehr DAN, die ohne nachzufragen oder nachzudenken einfach mit dem zufrieden sind was sie dargeboten bekommen, ein 'kastriertes' NINJUTSU, welches aus diesem Grund auch in 'Bujinkan Ninpo Taijutsu' umbenannt wurde.
Ich könnte viele Beispiele aufführen, bei denen die Veränderung problematisch ist. Ich entscheide mich aber für jenes, das auch Brian McCarthy angesprochen hat: den 'Sakki test'. Dieser Test wird traditionell bei der Prüfung zum 5. DAN gemacht. Getestet wird die Fähigkeit zu spüren, dass jemand die Absicht hat einen tödlichen Angriff auszuführen ohne dass man dies mit den normalen Sinnen wahrnehmen kann. Die Konsequenz einer Fehleinschätzung der eigenen Fähigkeiten führte zwangsläufig zum Tod, da man dem Schwerthieb von hinten nicht rechtzeitig ausweichen konnte. Man konnte den 'Sakki test' also nur einmal versuchen und es musste funktionieren. Übersetzt bedeutet es soviel wie 'mit den Augen Gottes sehen'. Bei den vielen 5, 6 oder 7 DAN träger muss man sich doch fragen, können die alle mit den Augen Gottes sehen? Es waren wenige die sich berufen fühlten diesen ursprünglichen Test mit einem scharfen Schwert abzulegen. Brian McCarthy war einer davon. Heute fährt man zu Hatsumi nach Japan, lässt sich mit ihm Fotografieren, probiert ein paar mal den 'pseudo-Sakki test' mit Holzschwert und einem liebevollen Japaner, der das Schwert bremst wenn der Probant nicht reagiert. Da es kein potentiell todbringender Angriff ist kann die Fähigkeit es zu spüren auch nicht zum Zuge kommen und der ganze Test ist eine Farce.
Im Jahresrhytmus werden für Leute die nach Japan fahren DAN Grade vergeben gegen ein Obulus, ohne Anforderungen. An Taikais fordert Hatsumi einen Danträger auf mit Fudoken anzugreifen, dieser weiss nicht was er meint. So sieht's leider aus mit den DAN Graden und entsprechenden Fähigkeiten.
Das NINJUTSU wie es schon immer war gibt es immernoch, wird es warscheinlich immer geben, aber es wird wie so vieles 'wertvolles' nicht nach Übersee 'exportiert'.
Worin liegen die Gründe?
Es gibt genau einen Menschen der diese Frage beantworten könnte, Soke Masaaki Hatsumi. Doch er antwortet wohlweislich nicht auf diese Frage. Bleiben wir möglichst bei den Facts und spekulieren nur wenig, kommen wir doch auf einige Anhaltspunkte.
1. Am Anfang stand die Entscheidung: Ist es richtig dieses Jahrhundert alte Geheimwissen der Japaner den 'Ausländern' bekannt zu geben? Die Entscheidung war war ja, - aber auch nein. Die Lehren wurden einigen Schülern die in Japan bei Soke Hatsumi selbst trainierten weitergegeben (Beispiel Stephen K. Hayes). Als sich das NINJUTSU über Amerika nach Europa ausbreitete wurde das System allmählich an das Vermögen des 'schwachen' westlichen Menschen angepasst. Schwach bedeutet in diesem Zusammenhang vermindertes:
- Durchhaltevermögen - Leidensfähigkeit - fixe Lebensumstände - Risikobereitschaft - Esoterischer Hintergrund Auf den letzten Punkt möchte ich kurz eingehen.
2. Die Grundlage um NINJUTSU zu trainieren, nicht 'Bujinkan Ninpo Taijutsu', ist das Erkennen und mit der Zeit beherrschen der Energien die im Universum, der Natur und im Menschen wirksam sind. Dazu werden Übungen und Rituale praktiziert die ihren Ursprung im Taoismus, Buddhismus und auch im Shinto haben. Sie alle wurden Jahrhunderte praktiziert, auf Wirksamkeit geprüft und verfeinert. Die Japaner die ursprünglich NINJUTSU lernten bewegten sich also in heimischem Gedankengut, die Finger zu einem Mudra zu verknoten und dabei ein Mantram zu intonieren war alltäglich bei den Priestern zu beobachten.
Wie sollte nun Soke Hatsumi dem verweichlichten Westmenschen, dem jeglicher Glaube an esoterische Dinge seit der Hexenverfolgung sprichwörtlich 'ausgetrieben' wurde (vielen Dank an die Kirche) diese Kunst nahebringen? Eben so wie er es getan hat, er hat das System angepasst, der Weg führt vom Körper (vielleicht) zum Geist.
Um Pauschalisierungen vorzubeugen:
- Es gibt sehr wohl westliche Menschen die ein Verständnis und Gespür für die Energien der Natur haben sowie die oben beschriebenen 'Schwächen' nicht haben. Da dies aber die Ausnahme ist, hatte es keine Bedeutung bei der Entscheidung das System zu wechseln. - 'Bujinkan Ninpo Taijutsu' ist nicht einfach schlecht. Im Gegenteil! Ich würde immernoch eher diese Kampfkunst betreiben als irgendeine andere. Das System stimmt auch in sich, so wie es sich jetzt darstellt. Aber es ist nicht das Ganze und wir können nicht die Welt und uns selbst verstehen wenn wir nur ein Teil der 'Werkzeuge' in die Hand bekommen. - Es gibt Möglichkeiten die tieferen Aspekte des NINJUTSU zu lernen. Verfügt ein Lehrer über weiterführende Kenntnisse als im 'Bujinkan Ninpo Taijutsu' gefordert werden, so ist er sicher bereit diese mit seinen Schülern zu teilen. Dies ist jedoch nicht die Regel und eher ein Glücksfall sollte sich so jemand in der geographischen Umgebung des Schülers aufhalten.
3. Dieser Punkt ist zugegebenermassen ein wenig spekulativ, aus der Denkweise
eines NINJA aber direkt abzuleiten:
Gibt man Menschen, mit denen man noch zu Lebzeiten Krieg hatte und die hundertausende von Toten im eigenen Land verursacht haben das ganze Wissen über die perfektionierteste Kampfkunst an die Hand? Man weiss nie wie Dinge sich entwickeln und man sollte immer in einer Position des Vorteils sein.
Nebst den Vorgaben die Soke Hatsumi gemacht hat stelle ich auch fest, dass es den meisten 'Bujinkan Ninpo Taijutsu' - Trainern gerade recht kommt sich von diesen Traditionen lösen zu können. Sie erzählen zwar immer gerne wie 'authentisch' sie einmal im Jahr nach Japan fahren um ihren neuen DAN Grad abzuholen, aber distanzieren sich völlig von der Geschichte die eindeutig aussagt, dass NINJA's ihre Fähigkeiten zur Spionage, als Auftragskiller, Doppelagenten und allen möglichen erfreulichen oder weniger erfreulichen Tätigkeiten gebrauchten. Nun, man braucht ja nicht stolz zu sein darauf, aber die Wurzeln abstreiten...
Um diese Assotiationen zu vermeiden wird heute auch trainiert wie beim Karate, oder Judo, zumindest was die Kleiderwahl betrifft. Die Vorstellung NINJA's seien Jahrhunderte lang immer mit schwarzen Anzügen und Kaputzen rumgelaufen ist ebenso töricht wie die Annahme der 'Shinobi Shozuku' sei ein überbleibsel aus Hollywood.
Fact ist: Ein NINJA trägt immer die optimale Bekleidung, je nach dem in welchem Umfeld er sich bewegt. Der schwarze 'Shinobi Shozuku' ist die optimale Bekleidung für Missionen nachts bei denen man unbemerkt bleibt, allerdings eignet er sich nicht besonders für eine Observation in der Innenstadt um acht Uhr abends ;-) Doch dazu mehr auf einer anderen Seite...
Schlussbemerkung:
Ich habe obige Zeilen nicht geschrieben um jemandem Qualifikation abzusprechen oder zuzusprechen, das ist nicht meine Aufgabe.
Diese Worte sind gedacht Suchenden, die sich zum NINJUTSU hingezogen fühlen die Wahrheit (wie ich sie sehe) über das Angebotene zu offenbaren sowie bereits lernenden oder lehrenden Menschen die über diese Tatsache nichts wussten oder wissen wollten die Möglichkeit zu geben noch weiter in dieses phantastische System einzudringen um eins zu werden mit allem und mit ihrem Schwert leben zu geben und nicht leben zu nehmen.