Revision 25.02.1999

Thomas Frey - HB9SKA

SUNSAT - ein neuer Micro-Satellit aus Südafrika

Eine Gruppe von Studenten und Professoren, unter der Leitung von Professor Garth Milne, ZR1AFH, an der Universität von Stellenbosch in Südafrika, hat in den vergangenen 7 Jahren einen 60 kg schweren Satelliten entwickelt und aufgebaut. SUNSat steht für Stellenbosch UNniversity Satellite. Der Satellit hat die Masse von 450 mm x 450 mm x 620 mm. Ursprünglich sollte dieser Satellit auf einer für Bildaufnahmen günstigen sonnensynchronen Bahn fliegen - gleichzeitig gestartet mit der HELIOS-Mission auf einer ARIANE 4 - aber die Startkosten waren nicht aufzubringen. Eine Altemative fand man in einem Mitflug auf einer DELTA II-Rakete der US Air Force. Die jetzt erwartete polare, leicht elliptische Umlaufbahn wird den erdnächsten Punkt bei ca. 550 km und den erdfernsten Punkt bei ca. 850 km Höhe haben. Bei besonders starker Sonnenaktivität könnte SUNSAT durch erhöhte Reibung in der Hochatmosphäre bereits fünf Jahre nach dem Start bei einem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglühen. Weitere Flugpasagiere sind der "Advanced Research and Global Observation Satellite" (ARGOS) gebaut von Boeing und der dänische wissenschaftliche Satellit OERSTED.

Gegenleistung für kostenlosen Transport

Umsonst ist nichts und so wurde für die Mitnahme des SUNSAT folgender Preis ausgehandelt: An der Aussenhaut des Satelliten sind Laser-Reflektoren angebracht und ein zusätzlicher Präzisions-GPS-Empfänger erlaubt eine sehr genaue Bahnvermessung. Damit kann dann die NASA ihr Laser-Verfolgungssystem testen.

Obiges Bild ist nicht mehr aktuell, zeigt aber einige Details. Es fehlen die Antenne für GPS sowie die 8 Laser-Reflektoren.

Amateurfunk Nutzlast

Trotz des niedrigen Gewichts soll SUNSAT diverse Betriebsmöglichkeiten für Funkamateure und auch Experimente fur Schulklassen tragen. Eines der Experimente ist ein eingebautes Mikrofon, welches während der ersten Zeit der Mission Geräusche aus dem Satelliten auf 2m sendet. Dadurch wird es erstmals möglich, Geräusche wie das Ausfahren und einrasten des Gradienten-Booms, das Knarren der Satellitenstruktur, ausgelöst durch thermische Änderungen, und Geräusche der "reaction-wheel" zu hören. Für den Amateurfunk stellt dieser Satellit folgende Einrichtungen zur Verfügung:

Packet-Radio-Digipeater mit 1200 bps AFSK und 9600 bps FSK

In Südafrika wird terrestrisch überwiegend noch mit dieser niedrigen Baudrate gearbeitet. Damit trotzdem noch eine genügende Datentransfer-Rate erreicht wird, hat einer der 2-m-Band-Empfänger vier verschiedene Zwischenfrequenzkanäle im Abstand von 25 KHz, deren demodulierte Signale jeweils getrennten 1200-Baud-TNCs zugeführt werden. Ausserdem sind 3 Modems nach dem G3RUH-Standard mit 9600 Baud vorhanden. Diese können auf verschiedene Sender bzw. Empfänger umgeschaltet werden. Es sind damit die Konstellationen 2 m up/down und 2 m up/70 cm down möglich. Es wird das AMSAT PACSAT-Protokoll (Store and Foreward) unterstützt. Die Sendeleistung kann auf bis zu 10 Watt auf beiden Bändern eingestellt werden.

2m Uplink-Frequenzen:

145.825, 145.850, 145.900 und 145.950 MHz

70cm Downlink-Frequenzen:

436.300 und 436.250 MHz

Diese Frequenzen sind quarzgesteuert. Falls erforderlich können aber auch synthesizergesteuerte Frequenzen nahe diesen Frequenzen im 12.5 kHz-Raster zur Verfügung gestellt werden.

Parrot-Repeater - Papagei genannt

Für Anfänger dürfte der "Parrot" (Papagei) interessant sein. Zum Satelliten auf 145,825 MHz in FM gesandte 8 Sekunden kurze Mitteilungen werden digital gespeichert und auf der selben Frequenz wieder ausgesandt. Bei bis zu 4 W Sendeleistung des Satelliten können die Signale sogar mit einem Handfunkgerät im Freien empfangen werden. Dieses System soll Schülern mit einer Anfängerlizenz (Novice) die Chance geben, mit einfachsten Mitteln über einen Satelliten Funkversuche zu machen. Da viel Speicher vorhanden ist, können auch Phoniemeldungen zu Betriebsänderungen ausgestrahlt werden. Z.B. "Parrot operation enabled with 145.825 MHz uplink for the next 120 seconds".

S-Band-Transponder (Downlink 5 Watt Sendeleistung)

Dieser lineare Transponder soll hauptsächlich die Daten von Bildaufnahmen mit hoher Datenrate (40 Mb/s) zu den Kontrollstationen in Südafrika senden. Die verwendete Modulation ist QPSK. Mit einem L-Band-Empfänger (23-cm Band) könnte aber auch ein Transponderkanal mit 2 Mbit/s als "amateur radio gateway" zur Verfügung gestellt werden. Dafür wird aber dann auf der Erde ein Spiegel mit 2 m Durchmesser benötigt. Man denkt sogar an einen Einsatz als ATV-Transponder.

Bildaufnahmen mit CCD-Sensoren

SUNSAT's Hauptaufgabe ist die multispektrale, stereoskopische Aufnahme der Erdoberfläche bei einer Auflösung von 15 m bei einer orbitalen Höhe von 800 km. Mit hochauflösenden CCD-Kameras (3456 Pixel mit 10,7 Mikrometer Abstand) können Aufnahmen von der Erde in drei Farbbereichen (im sichtbaren und nahe dem Infrarot-Bereich) gemacht werden, ähnlich denen der kommerziellen Satelliten SPOT 4 und LANDSAT 6. Die Optik ist in ein Rohr montiert, welches für Stereo-Bilder nach vorne und nach hinten geschwenkt werden kann. Die hierbei anfallenden grossen Informationsmengen werden über einen S-Band-Link hoher Datenrate entweder auf einer kommerziellen Frequenz zwischen 2400 und 2450 MHz oder auf einer wissenschaftlichen Frequenz zwischen 2.2 und 2.3 GHz übertragen. Komprimierte und in der Auflösung reduzierte Bilder sind auch über die Packet-Radio-Nutzlast des Satelliten abrufbar (Downlink: 70 cm, Uplink: 2 m, 9k6 und 1k2).



Lagestabilisierung

Wegen der Bildaufnahme-Möglichkeit muss SUNSAT gut stabilisiert werden. Dies geschieht grob passiv mit einem langen Ausleger und aktiv mit geschalteten Elektro-Magnetstäben oder mit drei kleinen Drallrädern. Zur Bestimmung der Lage dienen Sonnensensoren und eine Kamera, die sich auf bestimmte Sterne ausrichten lässt.

Umlaufbahn

Wegen der elliptisch-polaren Bahn mit Höhen von etwa 550 bis 850 km wird jeder Durchgang nur bis maximal 15 Minuten Zugang ermöglichen. Die Umlaufzeit wird etwa 100 Minuten betragen.

Nachfolgend erste Keplerdaten im AMSAT-Format:

Satellite: SUNSAT
Catalog number: 25635
Epoch time:      99054.89673603
Element set:       2
Inclination:       96.4728 deg
RA of node:         9.7513 deg
Eccentricity:    0.0152009
Arg of perigee:   251.6262 deg
Mean anomaly:     106.9598 deg
Mean motion:   14.40792785 rev/day
Decay rate:    -3.2000e-07 rev/day^2
Epoch rev:               5
Checksum:              300

SUNSAT erfolgreich gestartet

Am 23.2.99 wurde um 10:20 UTC SUNSAT zusammen mit zwei weiteren Satelliten (ARGOS/OeRSTED) erfolgreich von der Vandenberg Airforce Base in Kalifornien gestartet.

1 Stunde und 40 Minuten später erfolgte die Separation von der Trägerraktete DELTA-II. Erste Versuche, SUNSAT per Kommando einzuschalten, schlugen fehl. Die Sichtbarkeitsfenster waren zu kurz.

Inzwischen meldete die Kommandostation der Stellenbosch-Universität in Südafrika auch erste Erfolge, den Satelliten in Betrieb gonommen zu haben. Der Satellit konnte per Kommando eingeschaltet werden. Vier Minuten Telemetrie wurden mitgeschrieben und SunSat dann wieder abgeschaltet. In den kommenden Überflügen sollen weitere Daten gesammelt und ausgewertet werden. Danach plant man den Lagestabilisierungsvorgang einzuleiten.

Es ist zu hoffen, dass dieser vollgepackte Micro-Satellit allen Interessierten noch lange Freude bereitet.