Transitverkehr

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Transitverkehr – Fluch oder Segen ? (F. Hohler)

Ein Referat von Herrn Dr. Hanspeter Habersaat vom BAAA (Bundesamt für aussichtslose Aufgaben)

 

Guten Abend, meine Damen und Herren, 

ich ergreife gerne die Gelegenheit, zu einer Frage Stellung zu nehmen, die vor allem unsern Innerschweizer Mitbürgerinnen und Mitbürgern zunehmend Sorge bereitet, und ich kann Ihnen sagen, wir vom Bundesamt für aussichtslose Aufgaben, wir verstehen diese Sorge.

Etwa 2000 schwere Lastwagen fahren jeden Tag durch den Gotthard, und man nimmt an, dass sich dieses Volumen bis zum Ende unseres Jahrzehnts noch einmal verdoppeln wird.

Eine Frage, die wir uns wohl alle stellen, lautet: Was sind denn das für Transporte ? Was ist überhaupt Inhalt dieser täglichen Lastwagenkonvois ?

Ich glaube, da steigen wir am besten mit einem Beispiel ein, und zwar mit diesem da. (zeigt eine Kartoffel) Dies ist, es ist unschwer zu erkennen, eine Kartoffel, und zwar eine deutsche Kartoffel, noch genauer gesagt, eine südbadische Kartoffel aus einem der gewaltigen Äcker zwischen Herbolzheim und Bad Krozingen. Ich zeige sie hier bewusst im Zustand, in dem sie ihren Acker verlässt.

Bevor sie aber in zeitgemässer Form zum Konsumenten kommt (zeigt eine abgepackte Plastiktasche) , muss sie erst einmal gewaschen werden, und hier beginnen die Probleme. Bei der Frage nämlich: Wer wäscht diese Kartoffel und zu welchem Preis ? stellt sich bald heraus, dass sowohl die manuelle als auch die maschinelle Waschung zu einem Preis führen würde, der dieses gerade für unsere deutschen Nachbarn so wichtige Grundnahrungsmittel in einem unzumutbaren Masse verteuern würde. 

Nun existieren aber wenige Autobahnstunden von den Herbholzheimer Äckern entfernt, nämlich in der Lombardei, bedeutende Kartoffelwaschfabriken, die Lombardei ist seit jeher eine traditionelle Kartoffelwaschregion. Das schlägt sich bis ins Brauchtum nieder, Sie kennen bestimmt das bekannte Lied „Mamma mia, mi lavi la patata“, und die lombardischen Kartoffelwäscherinnen – es ist seit Menschengedenken ein Frauenberuf – sind bedeutend anspruchsloser in ihren Lohnforderungen, und das hat zur Folge, dass der südbadische Kartoffelproduzent seine Ernte direkt in den Ferntransportlastwagen verlädt, welcher damit in die Lombardei fährt.

Ist die Kartoffel dann nach vierzehn Tagen gereinigt, desinfiziert und meist auch verpackt, fährt sie wieder mit dem Lastwagen durch den Gotthard zurück direkt auf den Tisch des deutschen Verbrauchers, wo sie zu einem angemessenen Preis dem Verzehr zugeführt wird.

Und dafür, meine Damen und Herren, brauchen wir den Schwerverzehr – eh, den Schwerverkehr durch unser Land, denn die Frage, ob es nicht einfacher wäre, lombardische Kartoffelwäscherinnen nach Südbaden zu verpflanzen, ist rasch beantwortet.

Schauen Sie sich diese Kartoffel mal an, meine Damen und Herren ! Sie braucht keine Mietwohnung, keine Sozialleistungen, keine Altersvorsorge, keinen bezahlten Mutterschaftsurlaub, die kleinen Kartoffeln, welche ihren Keimen entspriessen, brauchen keine Kindergärten und Einschulungsklassen für fremdsprachige Kartoffeln, und wenn sie der Scholle entrissen werden, führt das nicht zu Entwurzelungssymptomen und steigender Kartoffelkriminalität.

Alles, was diese Kartoffel braucht, ist ein winziger Platz in einem 40-Tonnen-Lastwagen nach Italien und ein ebenso winziger Platz in einem Lastwagen zurück nach Deutschland, und diese familienbudgetfreundliche, lombardisch gewaschene südbadische Kartoffel dürfen und wollen wir Schweizer auf Dauer nicht blockieren.

Das sind die Gesetze, die uns die moderne Marktwirtschaft nun einmal diktiert, und danach hat sich auch der innerschweizerische Nadelwald zu richten, und die Urnerinnen und Urner entlang der Autobahn möchten wir einfach bitten, im Interesse des europäischen Wirtschaftsraumes etwas weniger tief durchzuatmen.

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