5.13
Ein Komet wird am Himmel zu sehen sein, wenn die StreitkrŠfte der
neopunischen Araber in Italien stehen und der Ÿble Papst "Mabus"
stirbt. "Kastor" und "Pollux" werden anschlie§end die
Kirche leiten, sich dann aber verfeinden. Ungarn wird sich zu seinem Nachteil
verŠndern. Nach einer konfliktreichen €ra kommt die bis zu
diesem Zeitpunkt schlimmste Epoche in der Menschheitsgeschichte. Als
Vorzeichen wird am Himmel ein beeindruckender Komet im Norden und Ÿber Susa,
Siena, Bšotien und Eretria zu sehen sein. Die von diesem Kometen angekŸndigten
†bel werden dabei so umfassend sein, dass sie Mensch und Tier betreffen
werden. Die Armee
der neopunischen Araber wird bei Parma stehen, wenn der Ÿble Papst
"Mabus" im Morgengrauen stirbt und anschlie§end zwei KardinŠle
("Kastor" und "Pollux"?) feiern. Drei FŸrsten werden zu
Feinden werden. Es kommt zu Erdbeben, und Po und Tiber treten Ÿber die Ufer. Wenn Papst
"Mabus" stirbt, wird der "gro§e Hund" (sein
dominikanischer GlaubenswŠchter?) die Entwicklung der Dinge beklagen.
"Mabus" wird deshalb ein Ÿbler Papst sein, weil er die
Menschen in die Irre fŸhrt und Angst und Schrecken verbreitet. Ein "Šu§erst
Guter" dafŸr dann aber dafŸr sorgen, dass "Mabus" stirbt. Nach
"MabusÕ" Tod wird der "gro§e Hund" aus Rom vertrieben. Er
wird von den neopunischen Arabern in Wut versetzt. Ein "Wolf" (ein
Franziskaner?) und ein "BŠr" (ein Orsini?) werden zusammen einen
"Hirsch" jagen, dann sich aber anschlie§end gegenseitig misstrauen.
Der "Hirsch" kšnnte dabei ein Geistlicher sein, der dem
Trinitarierorden angehšrt. Der
"Wolf" wird in Rom einziehen, wenn die (neopunischen?) Feinde der
Stadt sehr nahe sein werden. Die Neopunier werden jedenfalls an den Alpen
vorbei nach Frankreich ziehen und dort das Land verwŸsten. Zuvor werden sie
vergeblich versuchen, sich bei den Alpen mit anderen StreitkrŠften zu
vereinen. Zu dieser Zeit werden Mailand und Pavia vor Angst oder wegen eines
Erdbebens erzittern und weite Teile Italiens werden unter DŸrre und Hunger
leiden. Wegen des Hungers wird die Beute (der
"Hirsch"?) den "Wolf" gefangen nehmen. Ein Angreifer wird
dann in gro§er Not sein, ein "Geborener" wird einen
"Letzten" vor sich haben, und ein Gro§er wird in einer Schlacht
nicht entkommen.
"Kastor" und "Pollux" Ÿbernehmen die Leitung der
Kirche. Kurze Zeit spŠter wird ein Herrscher getštet und das Vermšgen eines
Staates ausgegeben werden. Teile Norditaliens werden unter das Lokalinterdikt
der Kirche gestellt. Der
"Wolf" ist im GefŠngnis. Zu dieser Zeit wird ein SchriftstŸck
gefunden, das einen Verdacht schŸrt und einen Konflikt verursacht. Nach einem
Konflikt wird ein jŸngerer Kšnigssohn zum Kšnig gemacht, der seinen Vater
einen schŠndlichen Tod sterben lŠsst.
"Kastor" und "Pollux" werden zu Feinden. Ungarn
wird sich verŠndern, eine neue Lehre (das neopunische Heidentum?) wird dort
eingefŸhrt. In Budapest wird man sehr zu leiden haben. |
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2/46 [1] Apres gr‹d trouble1) huma”, plus gr‹d sÕaprest [2] Le grand moteur2) les siecles3) renouuele. [3] Pluie, sang, laict4), famine, fer, & peste5). [4] Au ciel veu feu6) courant longue estincele [1] Nach [der] gro§en
menschlichen Verwirrung1) bereitet sich [eine] noch grš§ere vor. [2] Der gro§e Beweger2)
erneuert die Jahrhunderte3). [3] Regen, Blut, Milch4),
Hunger, Eisen und Pest5) [kommen auf die Menschen zu]. [4] Am Himmel [wird ein]
vorbeiziehendes Feuer6) [mit] langem Funken gesehen. 1) So in den beiden Ausgaben von 1555. Die Ausgabe von 1557 aus Utrecht
zeigt "trocle", die 1557er aus Budapest/Moskau sowie alle 1568er
"troche". "Trocle" ergibt keinen rechten Sinn (vielleicht
hšchstens "drancle" = Abszess, Verletzung der Haut) und ist wahrscheinlich
ein blo§er Druckfehler. Ein Druckfehler, der dann zu "troche"
(QuantitŠt, Menge, Masse; Austausch, Tausch) "korrigiert" wurde.
"Verwirrung" ist hier im weitesten Sinne zu verstehen, so
auch von Krieg, Aufstand usw.
2) Die 1555er-Ausgabe aus Wien hat "moteur", jene aus Albi
"mouteur". Die beiden 1557er folgen Albi. Unter den 1568ern finden
wir meistens "moteur", au§er bei Grasse und Stockholm (beide wieder
mit "mouteur"). Mit dem "Beweger" ist mšglicherweise "AufrŸhrer"
gemeint, vgl. lat. "movere" (bewegen, in Aufruhr bringen usw.). Das
kšnnte eine Anspielung auf Saturn (griech. Kronos) sein, der erst seinen
Vater Uranus entmannt und gestŸrzt und spŠter die Titanen in der Revolte
gegen die olympischen Gštter angefŸhrt hatte. Kronos wurde aber schon in der
Antike mit dem Gott der Zeit, Chronos, gleichgesetzt. Somit wŠre der
"gro§e Beweger" mit Kronos/Chronos/Saturn bzw. der Zeit als solcher
(griech. "chronos") zu identifizieren. CLƒBERT, S. 273, sieht hier
Gott gemeint, den Urheber aller Bewegung (vgl. dazu das "primum movens, quod a nullo movetur"
des Thomas von Aquin in dessen Summe der Theologie p1,q2,a3). 3) Oder auch: "Zeitalter".
Mit den
"Zeitaltern" kšnnten die fŸnf Weltzeitalter gemŠ§ antiker
Vorstellung gemeint sein (das Goldene, das Silberne, das Bronzene, das der
Heroen und das Eiserne). Wenn "die
Zeitalter" erneuert werden, kšnnte das vielleicht hei§en, dass ein neuer
Zyklus mit einem neuen Goldenen Zeitalter beginnen wird. Das wiederum wŠre
eine Parallele zu 5.276 (9/17 - 5/41), vgl. auch 10/12. Zu den fŸnf
Weltzeitaltern der antiken Mythologie siehe auch 9/44 (5.269) und 5.29. 4) In der Vorzeichensammlung des OBSEQUENS taucht "Milch" des
šfteren als Vorzeichen fŸr kommendes †bel auf (Milchregen in den Kapiteln 14,
28, 30, 31, 35, 36, 39, 40, 41, 43, 50 und 53. In Kapitel 43 wird zudem ein
Blutregen erwŠhnt. Im gleichen Kapitel quillt des Weiteren auch noch Milch
aus der Erde). Bei PLINIUS D. €. wird ebenfalls ein Milch- und Blutregen
erwŠhnt (Naturalis Historia
2,57,147).
5) Die "Pest" bezeichnet im Lateinischen und Mittelfranzšsischen
nicht nur verschiedene ansteckende Krankheiten mit hoher Sterblichkeit,
sondern bedeutet auch einfach "UnglŸck, Unheil".
6) Die 1557er-Ausgabe aus Budapest/Moskau schreibt
hier "fer" (Eisen). Wahrscheinlich zielt Nostradamus mit dem
"Feuer" (man beachte den "langen Funken", der auf einen
Kometen verweist) auf das lateinische "ignis" ab, das u. a. auch
"Stern" bedeuten kann. Bei OBSEQUENS finden wir etliches Feuer am
Himmel. So in den Kapiteln 3 oder 11, wobei in letzterem am Himmel eine
"brennende Fackel" auftaucht. Solche Fackeln finden wir auch in den
Kapiteln 12, 24, 45, 51, 53, 68 und 71. In Kapitel 52 treffen wir auf eine
Flamme aus dem Himmel, wŠhrenddem in 54 von einem Feuerball die Rede ist. Der
Himmel brennt in 14, 20 und 51. Dem Nostradamus-Vers Šhnlicher ist jedoch
Kapitel 68 (44 v. Chr.), wo neben einem Kometen auch ein Stern am Himmel
erwŠhnt wird, der sieben Tage lang am Himmel gestanden haben soll. In Kapitel
20 (147 v. Chr.) berichtet OBSEQUENS von einem Stern, der sogar 32 Tage lang
sichtbar gewesen sei. |
Nachdem
eine von Unruhe und Konflikten geprŠgte Zeit vorbei ist, kommt eine noch
schlimmere Epoche. Erst nach dieser €ra steht den Menschen ein neues Goldenes
Zeitalter bevor. Als Vorzeichen fŸr diese bis zu jenem Zeitpunkt schlimmste
Epoche wird am Himmel ein beeindruckender Komet zu beobachten sein. In der ersten Zeile erfahren wir, dass nach einer gro§en
"Verwirrung" (vgl. Anmerkung 1) unter den Menschen bald die nŠchste
folgt, die noch viel grš§er sein wird. GemŠ§ Zeile zwei wird zu dieser Zeit "der gro§e Beweger" -
vermutlich die Zeit selbst, vgl. Anmerkung 2 - die Jahrhunderte oder
Zeitalter erneuern. Sollten hier Jahrhunderte gemeint sein, kšnnte dies als Hinweis auf
einen Jahrtausendwechsel verstanden werden, bei dem die ZŠhlung der
Jahrhunderte wieder bei "1" beginnt. Im Julianischen Kalender kŠmen
dafŸr die Jahre 2001 (gregorianisch:
14.01.2001-13.01.2002) , 3001 (22.01.3001-21.01.3002)
, 4001 (29.01.4001-28.01.4002) und
5001 (06.02.5001-05.02.5002) in
Frage. Da Nostradamus nach meinem DafŸrhalten aber auch eine eigene
Chronologie verwendet, die am 1. MŠrz 1555 mit dem Jahr 1 beginnt, kšnnten
gleichfalls die Jahre "1001" (18.03.2555-17.03.2556),
"2001" (26.03.3555-25.03.3556)
oder "3001" (02.04.4555-01.04.4556)
gemeint sein. Sollte Nostradamus von den
Zeitaltern sprechen, wŠre die Stelle wohl am ehesten als Neubeginn des
ZyklusÕ der fŸnf antiken Weltzeitalter (Goldenes, Silbernes, Bronzenes,
Heroisches, Eisernes) zu verstehen. D. h. hier wŸrde das schlechteste
(Eiserne) wieder durch das beste (Goldene) abgelšst. Sollte dem so sein, dann
aber erst, nachdem die "noch grš§ere menschliche Verwirrung" aus
Zeile eins und die Ÿblen Vorzeichen (Regen, Blut, Milch) sowie die Gei§eln
Hunger, Eisen und Pest (Zeile drei) vorŸber sind. In der dritten Zeile Šu§erst sich Nostradamus nŠher zu den kŸnftigen
†beln inklusive Vorzeichen und schšpft dabei wieder aus dem Ÿberlieferten
Prodigienrepertoire. Wir lesen von Regen, Blut und Milch, mšglicherweise
einen Blut- und Milchregen wie bei PLINIUS D. A., vgl. Anmerkung 4. Auf die Menschen werden Hungersnšte, Krieg ("Eisen") und
anscheinend auch Krankheiten zukommen. Interessant ist in diesem Zusammenhang
vielleicht noch der Umstand, dass Nostradamus unter den Vorzeichen den Regen
erwŠhnt. Sollte dies vielleicht ein Hinweis darauf sein, dass wetterbedingte
Missernten Hunger und Krankheiten (mit-) verursachen werden? Als wichtigstes Vorzeichen fŸr die kommenden †bel, die mit der
"noch grš§eren Verwirrung" aus der ersten Zeile einhergehen, wird
aber am Himmel ein Komet mit langem Schweif gesehen werden (Zeile vier). Ein
Komet, der auch in 6/6/2, 2/62/4, 2/43/1, 2/41/1(?) und 2/15/2 auftauchen
dŸrfte. |
5/22 [1] Auant quÕˆ Rome grand aye rendu lÕame, [2] Effrayeur grande ˆ larmŽe estrangere1): [3] Par Esquadrons2), lÕembusche3) pres de Parme4), [4] Puis les deux rouges5) ensemble feront chere6). [1] Bevor in Rom [der] Gro§e
den Geist aufgegeben haben wird, [2] wird [der] Schrecken in
der fremden1) Armee gro§ sein. [3] Vor [den] Truppen2)
[und] dem Hinterhalt3) nahe Parma4). [4] Dann werden die beiden
Roten5) zusammen feiern6). 1) In den beiden 1557er-Ausgaben und etlichen 1568ern steht
"estrangiere". Von einer "fremden Armee" ist auch in
3/33/3 die Rede, ein "fremdes BŸndnis" wird in 5/4/2 erwŠhnt. 2) "Esquadron" (Schwadron) bedeutet im Mittelfranzšsischen
"Truppe, Truppenteil", sowohl der Infanterie wie der Kavallerie.
3) Oder auch: "Falle". 4) Das in der sŸdlichen Po-Ebene gelegene Parma wird in 2/63/2, 4/69/3,
4/78/2, 5/22/3, 6/48/3 und 7/5/3 namentlich genannt. Bis 1545 gehšrte die
Stadt zum Herzogtum Mailand. Nach der Abspaltung von Mailand schuf Papst Paul
III. (Alessandro Farnese, Papst von 1534-1549) das Herzogtum Parma und setzte
seinen illegitimen Sohn Pier Luigi Farnese als Herzog ein. Das Haus Farnese
beherrschte das Herzogtum Parma (auch Herzogtum Parma und Piacenza genannt)
bis 1731. 5) In den beiden 1557er-Ausgaben steht - wohl fŠlschlicherweise -
"roges" (Stadtmauern). "Rote" meinen bei Nostradamus oft
KardinŠle, die ein rotes Ornat tragen, vgl. auch CLƒBERT, S. 594. 6) "Chere" bedeutet eigentlich "Gesicht", im Ÿbertragenen
Sinne aber u. a. auch "Festlichkeiten". Die Wendung "faire
chere" hei§t "Freude zeigen". |
In
Italien steht die Armee der neopunischen Araber. Sie gerŠt nahe Parma in
einen Hinterhalt und in Gefahr. Dann stirbt in Rom der Ÿble Papst
"Mabus". Zwei KardinŠle werden anschlie§end zusammen feiern. In der ersten Zeile erfahren wir, dass in Rom ein "Gro§er"
sterben wird. Mit Blick auf 6/6/4 ("Mourra
de Rome grand") und 10/12 dŸrfte damit wahrscheinlich ein Papst
gemeint sein. Ein Ÿbler Papst, der in 2/43/4 wohl als "Schlange"
bezeichnet wird und mit "Mabus" (2/62/1) zu identifizieren ist. Zeile zwei ist zu entnehmen, dass noch vor dem Tod des Gro§en in Rom
die "fremde Armee" in eine sehr gefŠhrliche Situation geraten wird.
Und zwar durch feindliche Truppen und einen Hinterhalt nahe Parma (Zeile
drei). Somit ist klar, dass die "fremde Armee" auf Kriegszug in
Italien ist. Mit dieser "fremden Armee" mŸssten aus GrŸnden der Analogie
die StreitkrŠfte des neopunischen "fremden (arabischen) Volkes" aus
5.46 (1/20, 1/83, 1/98, 2/54, 2/84, 3/38, 5/74, 6/1, 7/39 und 8/10) gemeint
sein. GemŠ§ 5/22/4 werden nach der Auseinandersetzung bei Parma zwei
"Rote" - wahrscheinlich KardinŠle - zusammen feiern. Doch was? Den
Ausgang des Kampfes bei Parma? Oder den Tod des Papstes aus der ersten Zeile?
Und wer sind die beiden KardinŠle? Vielleicht "Kastor" und
"Pollux" aus 2/15/2 und 2/90/4? |
6/6 [1] Apparoistra vers le Septentrion1), [2] Non loing de Cancer2) lÕestoille cheuelue3): [3] Suze4), Sienne5), Boece6),
Eretrion7), [4] Mourra de Rome grand, la nuict disperue. [1] Erscheinen wird [er] im
Norden1) [und] [2] nicht weit vom Krebs2)
entfernt, der haarige Stern3). [3] [Und Ÿber] Susa4),
Siena5), Bšotien6) [und] Eretria7). [4] Sterben wird [der] Gro§e
von Rom, [wenn] die Nacht vorŸber [ist]. 1) Die 1568er-Ausgabe aus Schaffhausen hat "Septentrien". Im
Mittelfranzšsischen bezeichnet "septentrion" entweder das Sternbild
des Gro§en BŠren bzw. Gro§en Wagens oder es ist ein Synonym fŸr
"Norden". Nostradamus lehnt sich in den ersten beiden Zeilen an
OBSEQUENS, Kapitel 68 an: "[...]
stella [...] crinita sub septentrionis [...]".
2) Damit kann entweder das Sternbild gemeint sein oder auch die Zeit des
Krebses im Juni/Juli. 3) Vgl. lat. "stella crinita" ("haariger Stern" =
Komet).
4) Es gibt mehrere Orte mit Namen Susa. Susa im SŸdwesten des Iran, Susa
in Nordwestitalien, etwa 50 km westlich von Turin oder Susa (Sousse) an der
tunesischen OstkŸste. Mit Blick auf die ErwŠhnung von Siena dŸrfte wohl das
italienische Susa gemeint sein.
5) Siena liegt in der zentralen Toskana und wird in 1/75/1, 2/84/1,
6/6/4, 6/48/4, 6/58/4 und 10/60/2 erwŠhnt.
Die unabhŠngige Republik
Siena existierte von 1125 bis 1555/1559, fiel dann aber an das Herzogtum
Toskana. 6) Landschaft in Griechenland, etwa 50 km nordwestlich von Athen.
7) Stadt auf Eubša, auf der gro§en der ostgriechischen KŸste
vorgelagerten Insel. "Eretrion" ist mšglicherweise als Adjektiv zu
verstehen ("eretrisch") und stŠnde in substantivierter Form einfach
fŸr die Insel Eubša ("das Eretrische"). |
Dann,
wenn ein Komet im Norden erscheint und Ÿber Susa, Siena, Bšotien und Eretria
gesehen wird, wird Papst "Mabus" im Morgengrauen sterben. In den ersten drei Zeilen geht es wohl um den Kometen, den wir auch in
2/46/4, 2/62/4, 2/43/1, 2/41/1(?) und 2/15/2 finden. Er scheint am Nordhimmel
aufzutauchen und dann nach SŸden zu ziehen. Gesehen werden wird er Ÿber dem
norditalienischen Susa, Ÿber Siena und Ÿber Griechenland (Bšotien und
Eretria). Vielleicht wŠhrend oder nahe der Zeit des Krebses, vgl. Anmerkung
2. Laut Zeile vier wird zu dieser Zeit ein "Gro§er von Rom"
sterben. Und zwar dann, wenn die Nacht vorŸber ist - also wohl im
Morgengrauen. †ber die IdentitŠt dieses "Gro§en von Rom" erfahren
wir hier nichts. Interessant ist nun aber 10/12. Dort lesen wir in der vierten Zeile,
dass die Nacht fŸr jemanden zur "FŸhrerin des Todes" werden wird.
D. h. die Nacht wird jemanden in das Reich des Todes fŸhren. Anders ausgedrŸckt:
Wenn die Nacht geht, geht dieser Mensch mit ihr. Und mit diesem Menschen ist,
wie aus 10/12 recht klar hervorgeht, ein Papst gemeint. Das passt gut zu
6/6/4, wo wir erfahren, dass ein "Gro§er von Rom" stirbt, wenn die
Nacht vorŸber ist, d. h. im Morgengrauen. Es handelt sich mit aller
Wahrscheinlichkeit um Papst "Mabus", dessen Name in 2/62/1
auftaucht. |
2/62 [1] Mabus1) puis tost2) alors mourra, viendra [2] De gens & bestes vne horrible defaite3): [3] Puis tout ˆ coup la vengence4) on verra [4] Ct5), main6), soif, faim, qu‹d courra la
comete7). [1] "Mabus"1)
wird dann bald2) sterben. [Es] kommt [2] fŸr Menschen und Tiere
eine schreckliche Niederlage3). [3] Dann plštzlich wird man
die Rache4) sehen. [4] Sehr viel5)
Kampf6), Durst [und] Hunger [gibt es], wenn der Komet [seine Bahn]
ziehen wird7). 1) Unklar (vielleicht "Malus"?), aber in allen Ausgaben von 1555 bis 1568 so. "Jan
Mabuse" war der KŸnstlername des Malers Jean Gossaert (ca.
1478-01.10.1532 in Antwerpen), der sich nach seiner Heimatstadt Maubeuge -
niederlŠndisch Mabuse - nannte (vgl. BRINDÕAMOUR, S. 284). Das heute
franzšsische Maubeuge liegt nahe der belgischen Grenze, etwa 76 km sŸdšstlich
von Lille. Die Stadt wurde bis zur Zeit des Nostradamus mehrfach von den
Armeen der franzšsischen Kšnige niedergebrannt (so u. a. 1543 und 1553).
"Mabus" lie§e sich weiter in "ma buse" zerlegen.
Das mittelfranzšsische "buse" bedeutet dabei "Kasten, Kiste;
Rinne, Ablauf; Bussard; Dummkopf, Dummheit". Doch was hŠtte Nostradamus
damit meinen kšnnen?
"Mabus" kšnnte weiter als Anagramm des lat.
"absum" (ich bin fern, ich fehle usw.) aufgefasst werden. Da es
sich bei "Mabus" um einen Papst handeln mŸsste, kšnnte eine
Anspielung auf das griech. "anastasis" (u. a. Auferweckung,
Auferstehung; Vertreibung, Evakuierung, Umsiedlung, Abzug) vorliegen. Bis zur
Zeit des Nostradamus trugen vier PŠpste den Namen Anastasius ("der
Auferstandene"). Interessanterweise befindet sich dabei Papst Anastasius
II. (496-498) gemŠ§ Dantes Gšttlicher Komšdie (1,11,7) als HŠretiker in der
Hšlle.
2) Auch im Sinne von "frŸh", was gut zur morgendlichen
Sterbestunde in 6/6 passen wŸrde.
3) "Niederlage" auch im Ÿbertragenen Sinn (Katastrophe,
Zerstšrung usw.), vgl. auch CLƒBERT, S. 294.
4) Neben "Rache" bedeutet "vengence" (in allen
1568er-Ausgaben: "vengeance") auch "Strafe, Bestrafung". 5) In allen Ausgaben von 1555 bis 1568 steht "ct, cent"
(hundert). BRINDÕAMOUR, S. 283, korrigiert zu "sans" (ohne) und sieht
an dieser Stelle das Vorzeichen eines ohne Hand geborenen Kindes gemeint
(vgl. 1/65 und 2/54). Das mittelfranzšsische "cent" bedeutet neben
"hundert" jedoch auch "unzŠhlige, sehr viel, maximaler Grad
an" usw., vgl. griech. "hekaton" (hundert, viel). Die griech.
Entsprechung "hekaton" kšnnte hier zudem eine Anspielung auf
"Hekatombe" ("Hundert-Stiere-Opfer") beinhalten. Ein
Begriff, der im Ÿbertragenen Sinne einfach ein Blutbad oder Massaker
bezeichnet. 6) Nach griech. "cheir" und lat. "manus" (beide bedeuten
u. a. Handgemenge, Kampf). 7) Die 1557er-Ausgabe aus Budapest/Moskau beendet die Zeile mit
"qu‹d corra les c›ter", was aber wohl schon deshalb als blo§er
Fehler zu identifizieren ist, da dieser Schluss sich nicht einmal auf die
zweite Zeile reimt. Verstanden werden kšnnte er vielleicht als "wenn
[der Komet auf seiner Bahn] ziehen wird, um sie (= die †bel) zu zŠhlen".
|
Papst
"Mabus" wird bald oder in der FrŸhe sterben. Menschen und Tieren
wird ein schreckliches Unheil bevorstehen, es kommt zu Blutvergie§en und Not.
Dies alles geschieht, wenn der Komet seine Bahn zieht. GemŠ§ Zeile vier wird es dann viel "Kampf, Durst und Hunger"
geben, wenn ein Komet am Himmel seine Bahn zieht. Hier ist wahrscheinlich der
Schweifstern gemeint, den wir auch aus 2/46/4, 6/6/2, 2/43/1, 2/41/1(?) und
2/15/2 kennen. Wie in 2/46 ist er ein Zeichen fŸr das Unheil auf Erden
(Hunger, Eisen, Pest). Laut Zeile zwei wird das erwŠhnte Unheil ("Niederlage" =
Katastrophe) nicht nur die Menschen sondern auch die Tiere ereilen. Das
deutet wohl daraufhin, dass es auch zu Naturkatastrophen kommen wird. Dies
wŸrde zum "Regen" und "Hunger" aus 2/46 und zum
"Durst" und "Hunger" aus 2/62/4 passen. In der ersten Zeile erfahren wir, dass jemand, den Nostradamus
"Mabus" nennt, bald oder frŸh sterben wird. Diese Angabe verweist
uns - zusammen mit dem Auftauchen des Kometen in Zeile vier - auf 6/6. In 6/6
erfahren wir, dass ein "Gro§er von Rom" frŸhmorgens stirbt, mit
Blick auf 10/12 wohl ein Papst. Vgl. auch 5/22/1. Wir kšnnen also wohl guten Gewissens "Mabus" mit diesem
Ÿblen Kirchenoberhaupt gleichsetzen. Hier kommt nun Strophe 2/41 bzw. der
dort (sterbende) gro§e Pontifex ins Spiel. Wie zu jener Strophe ausgefŸhrt,
hat sich Nostradamus bei der Formulierung des Vierzeilers an die Vorlage bei
OBSEQUENS, Kapitel 68 gehalten. Und dort ist vom letzten Pontifex Maximus der
alten ršmischen Republik Lepidus (ca. 90-12 v. Chr.) die Rede. Schlagen wir
nun den Bogen zu 2/62, lŠsst sich wohl "Mabus" mit Marcus Aemilius
Lepidus gleichsetzen, was uns gleichzeitig neue ErklŠrungsmšglichkeiten fŸr
diesen rŠtselhaften Namen liefert. Ist "Mabus" vielleicht nur ein falsch gedrucktes
"Marcus"? Oder doch ein konstruiertes RŠtselwort? Mit Blick
auf 5.35, das sich mit der
vorliegenden Gruppe 5.13 in 10/12 kreuzen kšnnte, vielleicht aus "Marc
abuse" (Markus tŠuscht) bzw. "Marcus abusus est" (Markus
missbrauchte [sein Amt])? Nostradamus spricht in 2/62/3 von der "Rache" (oder
"Strafe"), deren Zeuge man plštzlich wird. Dies passt zu 10/12/3,
wo wir erfahren, dass der "Angenehme" - "Mabus", dieser
Ÿble Papst - zum Sterben "veranlasst" wird. Es wŠre aber auch
denkbar, dass die Rache oder Strafe aus 2/62/3 die AnhŠnger des bereits
verstorbenen "Mabus" heimsuchen wird. |
2/43 [1] Durant lÕestoyle cheuelue1) apparente, [2] Les trois gr‹ds princes seront faits ennemis, [3] FrappŽs du ciel2), paix3) terre tremulente4). [4] Po5), Tymbre vndants6), serpant7)
sus8) le bort9) mis. [1] WŠhrend der haarige Stern1)
sichtbar [sein wird], [2] werden die drei
gro§en FŸrsten zu Feinden gemacht werden. [3] [Sie werden] vom Himmel
geschlagen2), [der] Friede3) [und die] Erde [werden]
zittern4). [4] Po5) [und]
Tiber steigen an6), [und die] Schlange7) [wird] an8)
das Ufer9) gebracht [werden]. 1) Wie BRINDÕAMOUR, S. 254-256, zeigt, hat Nostradamus sich bei der
Formulierung dieser Strophe an OBSEQUENS, Kapitel 68 (44 v. Chr.) angelehnt,
vgl. auch GRUBER, S. 157f. Dort ist auch von einem Kometen ("stella [...] crinita") die
Rede. Dabei bedeutet "stella crinita" wšrtlich Ÿbersetzt
"haariger Stern". 2) Bei OBSEQUENS lesen wir, dass 44 v. Chr. Werften und vieles andere
vom Blitz getroffen wurden ("Fulmine
navalia et alia pleraque tacta"). CASSIUS DIO berichtet in seiner
Ršmischen Geschichte (45,17,2) fŸr diese Zeit ebenfalls von zahlreichen
BlitzeinschlŠgen, so in den Jupiter-Altar im Victoriatempel auf dem Palatin.
Somit kšnnte das "sie" einfach Dinge auf der Erde meinen. Mšglich
wŠre aber auch, dass das eingefŸgte "sie" auf die drei gro§en FŸrsten
zu beziehen ist. 3) BRINDÕAMOUR korrigiert zu "FrappŽ du ciel Paix" und versteht die Stelle als "Vom Himmel geschlagen wird die Ara Pacis". Hier den augusteischen Altar des Friedens zu sehen ist zwar mšglich, aber nicht zwingend. Die Ara Pacis wurde Ÿbrigens erst in den Jahren 13 bis 9 v. Chr. gebaut. 4) Obwohl im Singuar stehend, bezieht sich "tremulente"
wahrscheinlich gleichzeitig auf "paix" und "terre". Bei
OBSEQUENS erfahren wir in Kapitel 68 von zahlreichen Erdbeben: "Terrae motus crebri fuerunt." CASSIUS
DIO spricht in 45,17,4 von einem gro§en Erdbeben. 5) Die beiden 1555er-Ausgaben schreiben "Po", die beiden
1557er "Pau", was aber keinen Sinn macht. Die 1568er zeigen
"Pau" oder "Pav".
6) Vgl. lat. "undare" (ansteigen,
Ÿberfluten usw.).
Bei OBSEQUENS lesen wir an der betreffenden Stelle
Ÿber den Po: "Padus inundavit". 7) In den 1557er- und 1568er-Ausgaben ist das "a" durch ein
"e" ersetzt, allerdings ist immer von nur einer einzigen Schlange
die Rede. OBSEQUENS berichtet von einer gro§en Menge Schlangen, die der Ÿber
die Ufer getretene Po nach dem Abschwellen an Land hinterlassen hatte: "Padus inundavit et intra ripam refluens
ingentem viperarum vim reliquit" (vgl. CASSIUS DIO 45,17,7). Nach
dieser Vorlage korrigiert denn BRINDÕAMOUR auch zum Plural
"serpants". Das ist zwar auch grammatikalisch mšglich, aber nicht
zwingend. Denn anders als OBSEQUENS und CASSIUS DIO spricht Nostradamus hier
ebenfalls vom Tiber, und so ist es durchaus mšglich, dass unser Seher die
Vorlage auch bezŸglich des Reptils verŠndert hat. 8) "Sus" bedeutet u. a. "auf, bei, nahe". Das hier
in den 1568er-Ausgaben von Perugia, Dresden, Paris und Gregorio stehende
"sur" kann synonym verstanden werden. 9) "Bort" bedeutet "Rand" im weitesten Sinne, also
auch "Ufer" (Rand eines GewŠssers). Hier ist wohl gemeint, dass
diese "Schlange" sinnbildlich ans Ufer des Acheron gebracht wird,
um dort auf den FŠhrmann Charon zu warten, der sie ins Reich des Todes fahren
soll. Die "Schlange" ist hier also im Begriff zu sterben. Bei
dieser Szene hat Nostradamus wohl wieder an die OBSEQUENS-Stelle "Padus inundavit et intra ripam refluens
ingentem viperarum vim reliquit" gedacht, vgl. Anmerkung 7. |
Wenn
der Komet am Himmel seine Bahn zieht, werden drei FŸrsten oder AnfŸhrer zu
Feinden gemacht werden. BlitzeinschlŠge und Erdbeben werden ebenfalls als
Vorzeichen auftreten. Po und Tiber schwellen an und eine "Schlange"
- Papst "Mabus" - wird an die Schwelle des Todes Gebracht. In der ersten Zeile taucht wohl wieder der gleiche Komet auf, den wir
auch aus 2/46/4, 6/6/2, 2/62/4, 2/41/1(?) und 2/15/2 kennen. Dann, wenn der Komet zu sehen sein wird, werden drei FŸrsten (oder
auch "militŠrische Kommandeure, AnfŸhrer", vgl. lat.
"princeps") zu Feinden gemacht werden. Hei§t das, sie verfeinden
sich untereinander oder dass sie gemeinsam zu Feinden einer weiteren Partei
werden? Und wer kšnnten die drei FŸrsten sein? 5/22/2, 3/33/3 und 5/4/2 verweisen auf die neopunischen Araber aus
5.46. Der dort beschriebene Angriff auf Italien wird dabei tatsŠchlich von
einem DreierbŸndnis durchgefŸhrt werden. Ein DreierbŸndnis, das aus
"Nebukadnezar", "Hannibal" und dem punischen Frankreich
bestehen wird. In 5.46 ist allerdings nicht die Rede davon, dass sich die
drei untereinander verfeinden. Sollten sie in 2/43/2 gemeint sein, wŠre die
Zeile somit dahingehend zu verstehen, dass sie gemeinsam zu Feinden Italiens
werden. In 2/43/4 ist von einer "Schlange" die Rede, die an ein Ufer
gebracht werden wird. U. a. mit Blick auf die ErwŠhnung des Tibers sehe ich hier
den Ÿblen und hinterhŠltigen (vgl. 10/12/1) Papst "Mabus" gemeint,
der am Rande des Todes (am Ufer des Acheron) steht. Zeilen 2/43/3f. enhalten Vorzeichen fŸr das drŠuende Unheil: Erdbeben
sowie Hochwasser an Po und Tiber. Etwas unklar ist die erste HŠlfte der
dritten Zeile. Wer wird "vom Himmel" (von Blitzen) geschlagen? Die
drei FŸrsten aus der zweiten Zeile? Wohl kaum. Das eingefŸgte "sie"
dŸrfte eher die Menschen in Italien bzw. Rom meinen und sinngemŠ§
"man" entsprechen. |
2/41 [1] La grandÕ estoile par sept iours bruslera1), [2] NuŽe2) fera deux soleils3)
apparoir: [3] Le gros mastin4) toute nuit hurlera [4] Quand5) grand pontife6)
changera9) de7) terroir8). [1] Der gro§e Stern wird
wŠhrend sieben Tagen glŸhen1). [2] [Die] Wolke2) wird
zwei Sonnen3) erscheinen lassen. [3] Der gro§e Hund4)
wird [die] ganze Nacht heulen, [4] wenn5) [der]
gro§e Pontifex6) das7) Land8) Šndern9)
wird. 1) Eigentlich: "brennen". Wie in 2/43 und 2/46 greift
Nostradamus auch hier auf OBSEQUENS, Kapitel 68 (44 v. Chr.) zurŸck. Wir
lesen dort von einem "auffallenden Stern", der sieben Tage
leuchtete oder brannte ("stella
per dies septem insignis arsit"). CASSIUS DIO (45,17,4) spricht nur
von einem neuen Stern, der einige Tage lang sichtbar gewesen sei. Bei OBSEQUENS
sind dieser Stern und der Komet zwei verschiedene Vorzeichen, die allerdings
zeitlich zusammenfallen. Nostradamus hat mšglicherweise den Stern und den
Kometen hier kombiniert. Dies ist deshalb vorstellbar, weil ein Komet -
anders als eine kurzlebige Sternschnuppe - wŠhrend lŠngerer Zeit am Himmel
beobachtet werden kann. Als Beispiel dafŸr sei hier der Komet Hale-Bopp
angefŸhrt, der 1996/97 Ÿber ein Jahr lang mit blo§em Auge sichtbar war. 2) Die 1557er-Ausgabe aus Budapest/Moskau schreibt hier wohl irrtŸmlicherweise
"Nuict" (Nacht). Bei OBSEQUENS tauchen Wolken nur selten auf
(Kapitel 64 und 68) und dann auch nicht in Zusammenhang mit der Erscheinung
von zwei Sonnen. Hier kšnnte Nostradamus vielleicht an das lat.
"nubes" gedacht haben, das neben "Wolke" auch
"traurige Lage, UnglŸck" bedeutet. Im Alten Testament zeigte sich
allerdings Gott dem Mose in einer Wolke und fŸhrte so sein Volk durch die
WŸste. Vgl. z. B. Exodus 19,9; Numeri 11,25 u. v. a. Somit kšnnte es auch
Gott sein, den Nostradamus hier eingreifen sieht. Eine Spur, die durch die
ErwŠhnung des "gro§en Pontifex" in der vierten Zeile ihre Bedeutung
erhŠlt. 3) Bei OBSEQUENS finden wir in Kapitel 68 nicht zwei sondern drei
Sonnen. Zwei Zentralgestirne finden wir dafŸr in Kapitel 14 (163 v. Chr.),
die am Tag Ÿber Formia (einer Hafenstadt im sŸdlichen Latium) gesehen wurden.
Bei Nostradamus steht die Sonne fŸr das Christentum, die Religion, die den
Sonntag feiert. Somit kšnnte hier vielleicht eine Kirchenspaltung gemeint
sein. Oder wir blicken uns wieder im antiken ršmischen Sprach- und
Symbolschatz um. Im Lateinischen kann "sol" (Sonne) im Ÿbertragenen
Sinne auch einen bedeutenden Mann meinen. Bei CICERO finden wir in der
Schrift "De natura deorum"
eine solche Stelle bei 2,14. Eine Passage, in der zudem auch von zwei Sonnen
am Himmel (!) die Rede ist: "tertiam quae terreret
animos fulminibus, tempestatibus, nimbis, nivibus, grandinibus, vastitate,
pestilentia, terrae motibus et saepe fremitibus lapideisque imbribus et
guttis imbrium quasi cruentis, tum labibus aut repentinis terrarum hiatibus,
tum praeter naturam hominum pecudumque portentis, tum facibus visis
caelestibus, tum stellis — is quas Graeci kometai, nostri cincinnatas
vocant, quae nuper bello Octavianob) magnarum fuerunt calamitatum
praenuntiae —, tum sole geminato,
quod, ut e patre audivi, Tuditano et Aquilioc) consulibus
evenerat, quo quidem anno P. Africanusd), sol alter, extinctus est, quibus exterriti homines vim quandam
esse caelestem et diviam suspicati sunt;" (Der dritte Grund, [warum - gemŠ§ Kleanthesa) - dem Geist
der Menschen die Vorstellung von Gšttern eingeprŠgt ist,] ist der, dass die
Herzen erschreckt werden durch Blitze, Unwetter, Sturzregen, SchneestŸrme,
Hagelschauer, VerwŸstung, Seuche, Erdbeben und oft auch durch dumpfes
[unterirdisches] Dršhnen, Steinregen und blutartige Tropfen, dann durch
Erdrutsche oder plštzliche Erdspalten, dann auch durch widernatŸrliche
Missgeburten bei Mensch und Tier, dann durch Fackelerscheinungen am Himmel,
dann durch jene Sterne, die die Griechen "kometai" nennen, wir aber
Haarsterne, die neulich im Oktavianischen Kriegb) die Vorboten von
gro§en Missgeschicken waren, dann durch eine Doppelsonne, die, wie ich es von Vater gehšrt habe, sich unter
dem Konsulat von Tuditanus und Aquiliusc) gerade in dem Jahr
ereignet hatte, in dem P. Africanusd), die andere Sonne, ausgelšscht wurde, durch die die Menschen
erschraken und vermuteten, dass es eine himmlische und gšttliche Macht gibt;) a) Griechischer Philosoph, ca. 331-ca. 232 v. Chr. b) Der Mutinensische Krieg vom Dezember 44 bis April 43 v. Chr., bei dem
Oktavian zusammen mit dem Heer des ršmischen Senats die Truppen des Antonius
besiegte, wobei allerdings beide Konsuln fielen. Ein Ereignis, das das
definitive Ende der alten Republik einleitete. c) Gaius Sempronius Tuditanus und Manius Aquilius waren im Jahr 129 v.
Chr. ršmische Konsuln. d) Der "jŸngere Scipio" (Publius Cornelius Scipio Aemilianus
Africanus minor, 185-129 v. Chr.) war ršmischer Feldherr und Politiker. Er
besiegte und zerstšrte Karthago 146 v. Chr. im Dritten Punischen Krieg. Sein
Tod 129 v. Chr. umgibt ein Geheimnis. Mšglicherweise wurde er ermordet.
Gerade von Cicero wurde er spŠter sehr geschŠtzt. 4) Die 1568er-Ausgaben von Dresden, Paris und Gregorio schreiben hier
fŠlschlicherweise "matin" (Morgen). Das mittelfranzšsische
"mastin" bezeichnet einen gro§en Hund, der als Wach- oder HŸtehund
eingesetzt wurde. Im Ÿbertragenen Sinn kann damit aber auch ein
verabscheuungswŸrdiger Mensch gemeint sein. Bei OBSEQUENS gehšren Hunde
ebenfalls zum Vorzeichenrepertoire (vgl. die Kapitel 28, 31, 43, 50, 51, 52,
55, 63 und 68). In der Nacht heulende Hunde finden wir in den Kapiteln 63 und
68. Interessant ist dabei v. a. das schon oben nŠher betrachtete Kapitel 68.
Dort lesen wir: "Canum ululatus
nocte ante domum Lepidi auditi ex his maximus a ceteris laniatus turpem
infamiam Lepido portendit" (Das Geheul von Hunden wurde in der Nacht
vor dem Haus des Lepidus gehšrt, von denen der grš§te, weil er von den
anderen zerfleischt wurde, die schŠndliche Schmach des Lepidus ankŸndigte).
Marcus Aemilius Lepidus (ca. 90-12 v. Chr.) war von Ende Mai 44 v. Chr. bis
zu seinem Tod der letzte Pontifex Maximus der alten ršmischen Republik. Sein
AmtsvorgŠnger war Julius Caesar, der bekanntlich am 15. MŠrz 44 v. Chr.
ermordet wurde. Einst ein AnhŠnger Caesars, bildete Lepidus mit Oktavian und
Marcus Antonius 43 v. Chr. das Zweite Triumvirat, in dem er aber bald
entmachtet wurde. 36 v. Chr. wurde er von Oktavian offiziell als Triumvir
abgesetzt und auf sein Amt des Pontifex Maximus beschrŠnkt. Er lebte
praktisch unter Hausarrest (erst in Circei und ab 31 v. Chr. in Rom). Nach
seinem Tod Ÿbernahm Kaiser Augustus (Oktavian) das Amt des Pontifex Maximus.
Nach Caesars Ermordung reiste Lepidus im Sommer 44 v. Chr. von Rom in seine
ihm unterstellten Provinzen (Spanien), um dort einen Ausgleich mit Sextus
Pompeius auszuhandeln. Der "gro§e Pontifex" Šnderte also "das
Land" (seinen Aufenthaltsort) durch eine Reise, vgl. Anmerkungen 9 und
7. Allerdings sollten wir bei allen †bereinstimmungen nicht Ÿbersehen, dass
unser Seher anders als OBSEQUENS konkret nur von einem heulenden "gro§en Hund" (gros mastin) berichtet.
Ein Hinweis, der uns zu 5/4/1 fŸhrt. 5) Die 1557er-Ausgabe aus Budapest/Moskau schreibt "QuÕun",
wobei "que" u. a. auch "quand" entsprechen kann. 6) Der Pontifex Maximus war im alten Rom der Oberpriester. SpŠter wurde
der Papst so bezeichnet.
7) In allen Ausgaben von 1555 bis 1568 steht "de". Sollte
"le" gemeint sein, lie§e sich die Stelle dahingehend verstehen,
dass der gro§e Pontifex das Land verŠndern
wird. 8) Oder u. a. auch: "Weinberg", was mit Blick auf einen Papst
gut passen wŸrde, der ja als "Winzer" den Weinberg des Herrn
(Kirche und GlŠubige) verwaltet (und bei Bedarf "verŠndert"). Vgl.
dazu das Gleichnis Jesu von den bšsen Winzern (MatthŠus 21,33-41 und Markus
12,1-9). 9) Im Sinne von "wechseln" (hier durch eine Reise) oder von
"verŠndern", vgl. Anmerkung 7. |
Der
"gro§e Stern" (wohl der bekannte Komet) wird wŠhrend sieben Tagen
sichtbar sein. Durch Gottes Gnade werden zwei leuchtende Persšnlichkeiten in
Erscheinung treten. Wenn Papst "Mabus" stirbt, wird sein
"gro§er Hund" (ein dominikanischer GlaubenswŠchter?) den Lauf der
Dinge beklagen. Strophe 2/41 wurde ganz offensichtlich nach Vorlage von Kapitel 68 in
OBSEQUENSÕ Vorzeichensammlung formuliert. Von einem Kometen wie in 2/46/4,
6/6/2, 2/62/4, 2/43/1 und 2/15/2 lesen wir hier allerdings nichts. DafŸr
taucht in der ersten Zeile der sieben Tage lang glŸhende Stern auf. Es wŠre
aber denkbar, dass unser Seher hier den Sieben-Tage-Stern und den Kometen zu
einem PhŠnomen zusammengefasst hat, vgl. Anmerkung 1. Betrachten wir den zweiten Teil des Vierzeilers. Wir erfahren in der
vierten Zeile, dass der "gro§e Pontifex" das "Land
Šndern" wird. Damit mŸsste der sterbende Ÿble Papst "Mabus"
gemeint sein, den wir bereits kennen. Hier ist wohl konkret die †berfahrt
Ÿber den Fluss Acheron vom Land der Lebenden in das Land der Toten gemeint. Vor diesem kirchlichen Hintergrund sind wahrscheinlich auch die zweite
und die dritte Zeile zu verstehen. In Zeile zwei erfahren wir, dass eine Wolke zwei Sonnen erscheinen
lassen wird. Wie in Anmerkung 2 ausgefŸhrt, kšnnte die Wolke die traurige
Lage meinen (vielleicht eine Kirchenspaltung, vgl. Anmerkung 3?), in der man
sich zu diesem Zeitpunkt befindet. Oder nach biblischem Vorbild Gott, der die
beiden "Sonnen" als Geschenk auftauchen lŠsst. Verstehen wir das
Auftauchen der beiden Zentralgestirne als Geschenk Gottes, kšnnten diese
beiden leuchtenden Persšnlichkeiten "Kastor" und "Pollux"
sein, die in 2/15/2 und 2/90/4 namentlich genannt werden und die die Kirche
leiten dŸrften. Zeile drei ist zu entnehmen, dass "der gro§e Hund" die ganze
Nacht hindurch heult, wenn Papst "Mabus" sterben wird. Nostradamus
dŸrfte damit - anders als OBSEQUENS mit seinen Hunden, vgl. Anmerkung 4 -
eine konkrete Person gemeint haben, die das Ende ihres Herrn beklagt und auf
die wir auch in 5/4/1 treffen. Doch wer kšnnte sich hinter diesem "gro§en Hund" verbergen?
Da er in der Nacht von "MabusÕ" Tod heult, dŸrfte es sich um einen
Gefolgsmann dieses Papstes handeln. Die Funktion des (Wach-) Hundes wŸrde
wohl am ehesten einem GlaubenswŠchter oder Chef der Inquisition entsprechen. Eine
zentrale Rolle in der Geschichte der Inquisition spielte der
Dominikanerorden. Und das bekannte Wortspiel "dominicanus" -
"domini canis" (Dominikaner - Hund des Herrn) wŸrde uns wieder zum
"gro§en Hund" des Nostradamus fŸhren. Unter den Dominikanern gab es
bis ins 16. Jh. etliche historisch bedeutsame Personen, an die unser Seher
hier gedacht haben kšnnte. Im Bereich der Inquisition bzw. Verteidigung des
Glaubens etwa OrdensgrŸnder Dominikus (ca. 1170-1221), Bernard Gui
(1261/62-1331), Antonio Michele Ghislieri - Papst Pius V. - (1504-1572),
Heinrich Kramer - Autor des Hexenhammers - (ca. 1430-ca. 1505), Heinrich
Kalteisen (ca. 1390-1464), Petrus von Verona (ca. 1206-1252), Matthias von
Sittard (1522-1566), Jakob Sprenger - angebl. Koautor des Hexenhammers -
(1435-1495) oder Tomˆs de Torquemada (1420-1498). Dass es unter den
Mitgliedern dieses Ordens auch durchaus ambivalente Persšnlichkeiten gab,
zeigen etwa Girolamo Savonarola (1452-1498) oder der oben aufgefŸhrte
Heinrich Kramer. Da von einem "gro§en" (gros = grand) Hund die Rede ist -
"gro§" kann bei Nostradamus auch fŸr "franzšsisch" stehen
(vgl. 5.23: 4/8 u. 5/45) -, kšnnte als konkretes Vorbild v. a. der Franzose
Bernard Gui in die engere Wahl kommen. |
10/12 [1] Esleu en Pape, dÕesleu sera mocquŽ1), [2] Subit soudain esmeu3) prompt4) & timide5), [3] Par trop6) bon doulx7) ˆ mourir prouocquŽ, [4] Crainte estainte la nuit de sa mort guide. [1] [Nachdem er] zum Papst
gewŠhlt [sein wird], wird [man] vom GewŠhlten getŠuscht1) [werden]. [2] Plštzlich [und] schnell
[wird man2)] aufgebracht3), gewillt4) [aber]
auch Šngstlich5) [sein]. [3] Vom Šu§erst6)
Guten [wird der] Angenehme7) zum Sterben veranlasst. [4] [Die] Angst [wird]
erloschen, [und] die Nacht [die] FŸhrerin seines Todes [sein]. 1) Das mittelfranzšsische "estre mocquŽ" bedeutet
"getŠuscht werden; verhšhnt, verspottet werden". 2) Oder auch mšglich: "er". 3) "Esmeu" bedeutet als Substantiv "Bewegung,
Unrast". Als Adjektiv "gefŸhlsmŠ§ig bewegt, erregt, aufgebracht,
gereizt". 4) "Prompt" bedeutet u. a. "prompt, schnell, baldig;
bereit, gewillt". 5) Oder u. a. auch "zaghaft". 6) Das mittelfranzšsische "trop" bedeutet u. a. "Šu§erst,
sehr; ŸbermŠ§ig, zu sehr". 7) Die 1568er-Ausgaben von Perugia, Arbau, Dresden, Paris und Gregorio
schreiben "doux". Das Adjektiv "dou(l)x" bedeutet u. a.
"angenehm, sŸ§, mild, gemŠ§igt, wohlmeinend, friedlich, lieb,
zart". Hier kšnnte Nostradamus den "gro§en Pontifex" aus
2/41/4 meinen. Denn der Beiname von dessen historischem Vorbild - Lepidus -
bedeutet u. a. "allerliebst, liebenswŸrdig, anmutig, gefŠllig", was
zum Bedeutungsspektrum des mittelfranzšsischen "dou(l)x" passen
wŸrde. Die Stelle lie§e sich allerdings auch so verstehen, dass nur von einer
Person die Rede ist, also etwa: "Durch den Šu§erst Guten [und]
Angenehmen". Eine andere Mšglichkeit wŠre, in "dou(l)x" eine
Nebenform von "dos" (RŸcken) zu sehen. In diesem Fall hŠtte
Nostradamus womšglich an die Wendung "avoir bon dos" gedacht.
"Avoir bon dos" (einen guten RŸcken haben) bedeutet sinngemŠ§
Schwierigkeiten gut ertragen kšnnen. Sollte diese Auslegung zutreffen, kšnnte
die Stelle vielleicht so Ÿbertragen werden: "Wegen der Šu§erst gro§en
Standhaftigkeit". |
Nachdem
"Mabus" zum Papst gewŠhlt sein wird, wird man von ihm getŠuscht (in
die Irre gefŸhrt) werden. Man hat Angst, entschlie§t sich aber dennoch rasch
und plštzlich zum Handeln. Konkret will man seinen Tod. Ein "Šu§erst
Guter" wird "Mabus" entweder tšten (lassen) oder diesen in den
Freitod treiben. Wenn im Morgengrauen die Angst erloschen ist, stirbt
"Mabus". Die letzte Zeile dŸrfte die Strophe mit 6/6/4 verbinden. Jemand stirbt
im Morgengrauen, die Nacht verschwindet und nimmt dabei dessen Leben mit.
Doch von wem ist hier die Rede? In 10/12 geht es um eine Papst. Wir erfahren in der ersten Zeile, dass
man ihn zum Nachfolger Petri wŠhlen, aber dann von ihm getŠuscht (wohl: in
die Irre gefŸhrt) oder sogar verhšhnt werden wird, vgl. Anmerkung 1. Es
handelt sich also um einen Ÿblen Charakter, einen arglistigen TŠuscher oder
gar VerfŸhrer. Da hier vom religišsen Bereich die Rede ist, ist der Vergleich
mit der Schlange im Paradies (vgl. Genesis 3,1) statthaft. In der oben erwŠhnten Strophe 6/6 wird ausgiebig der Komet
beschrieben, den wir wohl auch in 2/46/4, 2/62/4, 2/43/1, 2/41/1(?) und
2/15/2 finden. 2/43 spricht nun sowohl von Rom (oder wenigstens vom Tiber)
und fŸhrt die "Schlange" ein, die an einen Rand oder ein Ufer
gebracht wird. Ich vermute nun, diese Schlange meint den tŠuschenden Papst
aus 10/12, der von der Nacht an das Ufer des Acheron gebracht wird, der also
bei Morgengrauen stirbt. In 10/12/4 erfahren wir, dass der Tod dieses Papstes mit dem Erlšschen
von Angst einhergehen wird. Das dŸrfte so zu verstehen sein, dass man zuvor
vor der Macht dieses Kirchenoberhauptes gezittert hat. Von Angst ist aber
auch in 10/12/2 die Rede. Dort ist zu lesen, dass man (oder jemand) sowohl
einerseits aufgebracht und entschlossen, als auch andererseits Šngstlich sein
wird. Ich verstehe die beiden Zeilen so, dass der oder die Verantwortlichen
fŸr den Tod des Papstes zunŠchst Angst haben, dann aber ihre Furcht
Ÿberwinden und den Pontifex vom Leben zum Tod befšrdern. In der dritten Zeile von 10/12 dŸrfte der Tod des Papstes nŠher
beschrieben sein. Ein "Šu§erst Guter" wird den
"Angenehmen" - diesen Ÿblen (!) Papst - zum Sterben veranlassen.
Das kšnnte hei§en, dass der "Šu§erst Gute" den
"Angenehmen" einfach tštet (bzw. tšten lŠsst). Oder, dass er ihn
dazu bringt, sich selbst zu tšten. Wie in Anmerkung 7 ausgefŸhrt, kšnnte Nostradamus
diesen Ÿblen Papst deshalb als den "Angenehmen" bezeichnet haben,
weil er dem historischen Lepidus (= u. a. "der LiebenswŸrdige") in
der Textvorlage bei OBSEQUENS, Kapitel 68, entspricht. Die Zeile passt auch
zu 2/62/3, wo davon die Rede ist, dass man "plštzlich die Rache"
sehen wird. Doch wer ist der "Šu§erst Gute"? Der Nachfolger des Lepidus
im Amt des ršmischen Pontifex Maximus war Kaiser Augustus (12 v. Chr.).
Augustus (dt. "der Erhabene") lie§ noch als Oktavian im Jahr 31 v.
Chr. den Sohn des Lepidus wegen einer angeblichen Verschwšrung hinrichten.
Dabei trug dieser Sohn denselben Namen wie sein Vater. Augustus wŠre also ein
mšglicher Kandidat. In 5/41/2 (5.276) ist allerdings gleichfalls von einem Kšnig
"allergrš§ter GŸte" die Rede, dessen Herrschaft das Goldene
Zeitalter wiederbegrŸnden wird. |
5/4 [1] Le gros mastin1) de citŽ deschassŽ, [2] Sera faschŽ3) de lÕestrange2) alliance, [3] Apres aux champs4) auoir le cerf5) chassŽ, [4] Le loup6) & lÕOurs7) se donront defiance. [1] Der gro§e Hund1)
[wird] aus [der] Stadt vertrieben [worden sein]. [2] [Er] wird vom fremden2) BŸndnis
in Wut3) versetzt [sein]. [3] Nachdem [sie] auf den
Feldern4) den Hirsch5) gejagt
haben, [4] werden sich der Wolf6) und der
BŠr7) misstrauen. 1) Das mittelfranzšsische "mastin" bezeichnet einen gro§en
Hund, der als Wach- oder HŸtehund eingesetzt wurde. Im Ÿbertragenen Sinn kann
damit aber auch ein verabscheuungswŸrdiger Mensch gemeint sein. Von diesem
"gro§en Hund" (gros mastin) ist auch in 2/41/3 die Rede. Dort heult
er, hier wird er aus der Stadt (Rom) verjagt. Bei OBSEQUENS gehšren auch
Hunde zum Vorzeichenrepertoire (vgl. die Kapitel 28, 31, 43, 50, 51, 52, 55,
63 und 68). Aus der Stadt wird dabei allerdings keiner vertrieben. 2) Oder auch "fremdartig, bizarr" usw. Von einem "fremden
Heer" ist in 5/22/2 und 3/33/3 die Rede. Dieses "fremde
BŸndnis" mŸsste sich auf das "fremde (arabische) Volk" aus
5.46 (1/20, 1/83, 1/98, 2/54, 2/84, 3/38, 5/74, 6/1, 7/39 und 8/10) beziehen.
GemŠ§ 5.46 wird Europa von einem neopunisch-arabischen BŸndnis, bestehend aus
"Nebukadnezar" und "Hannibal" (und spŠter auch dem
arabisierten Frankreich), heimgesucht werden - mutma§lich das "fremde
BŸndnis" aus 5/4/2. 3) "FaschŽ" bedeutet im Mittelfranzšsischen u. a. auch noch "angewidert,
ermŸdet, eingeengt, gestšrt". 4) Falls Nostradamus hier nicht an ganz bestimmte Felder gedacht hat,
bedeutet das mittelfranzšsische "aux champs" einfach "auf dem
Land" (als Gegensatz zur Stadt). 5) Die 1557er-Ausgabe aus Budapest/Moskau hat hier "chef"
(Oberhaupt) - mit Blick auf die anderen Tiere in dieser Strophe
wahrscheinlich ein Fehler. Unklar,
auf wen oder was Nostradamus mit diesem "Hirsch" (griech.
"elaphos", lat. "cervus") anspielt. In der antiken
Mythologie war der Hirsch der Diana (Artemis) heilig. Der Heros Akteon
(Aktaion, Actaeon) wurde von Diana in einen Hirsch verwandelt und in dieser
Form von seinen eigenen Jagdhunden zerfleischt. Der Grund war, dass er die
Gšttin nackt beim Baden Ÿberraschte. Die bekannteste Version dieser
Geschichte finden wir bei OVID, Metamorphosen
3,138-252. Im
christlichen Bereich gibt es v. a. zwei Namen, deren Patrone mit dem Hirsch
eng in Verbindung stehen: die heiligen Hubertus und Eustachius. Einige Grafen
von Boulogne trugen den Namen Eustach. Eustach II. (1047-1088) kŠmpfte
zusammen mit Wilhelm dem Eroberer 1066 bei Hastings. Eustach III. (1088-1125)
ging mit seinen beiden BrŸdern Gottfried von Bouillon und Balduin von
Boulogne auf Kreuzzug nach PalŠstina. 1125 trat Eustach III. als Graf zurŸck
und ging ins Kloster. Eustache IV. (1151-1153) war der Sohn Kšnig Stephans
von England. Nach dem Tod seines Šlteren Bruders wurde er zum Erben des
englischen Throns, aber als solcher nur von wenigen Baronen anerkannt.
Eustach IV. starb 1153 noch zu Lebzeiten seines Vaters. FŸr den rein
innerkirchlichen Bereich siehe den Kommentar zu 2/82. Eine
weitere Mšglichkeit wŠre, dass sich unser Seher auf den franzšsischen Kšnig
Karl VI. (1380-1422) bezieht. Karl VI. soll auf der Hirschjagd bei Senlis
einem Hirsch begegnet sein, der um den Hals eine goldene Kette mit der
Inschrift trug: "Caesar hoc mihi donavit" (Caesar/der Kaiser hat
mir dies geschenkt). Aus diesen Grund hat Karl VI. seinen persšnlichen
Insignien einen (geflŸgelten) Hirsch hinzugefŸgt. Denkbar
wŠre auch, dass hier ein Wortspiel des Nostradamus oder ein banales
MissverstŠndnis der Druckerei vorliegt, vgl. CLƒBERT, S. 575. Statt
"cerf" (Hirsch) kšnnte das gleichklingende "serf"
(Leibeigener, Hšriger, Diener) gemeint sein. Und damit wiederum der Papst,
der den Titel "servus servorum Dei" (Diener der Diener Gottes)
trŠgt. Bei 5/4 wŸrde der "serf" aber wohl eher den "gro§en
Hund", den mutma§lichen Gefolgsmann des verstorbenen Papstes meinen. 6) Einen "Wolf" finden wir auch in 2/82/1, 3/33/1, 9/8/4 und
10/99/1 (5.48). In 10/99 werden Ÿbrigens gleichfalls ein "Šngstliches
Reh (oder: Hirschkuh)" sowie "Hunde" (mastins) erwŠhnt. Wšlfe
gehšren zum Vorzeichenrepertoire des OBSEQUENS, vgl. Kapitel 13 (165 v.
Chr.), 27a (133 v. Chr.), 33 (121 v. Chr.), 43 (104 v. Chr.), 49 (96 v.
Chr.), 52 (93 v. Chr.), 61 (63 v. Chr.) und 63 (53 v. Chr.). Doch Nostradamus
meint hier wahrscheinlich eine konkrete Person oder Macht. Allerdings ist
dabei der "Wolf" in 10/99 mšglicherweise nicht mit jenem aus 2/82,
3/33, 5/4 und 9/8 identisch sondern in erster Linie eine endzeitliche Anleihe
aus der Bibel. Sollte mit dem BŠren aus 5/4/4 jemand aus dem
Orsini-Geschlecht gemeint sein, vgl. Anmerkung 7, kšnnte die ErklŠrung fŸr
den Wolf in 5.46 zu finden sein. Mit Blick auf 10/38 kšnnte der Wolf zu
"Hadrie" gehšren. 7) In den Zenturienstrophen ist von einem BŠren in 5/4/4, 6/44/4 und
9/10/2 die Rede. Dabei spricht 9/10 in allen 1568er-Ausgaben von einem
weiblichen BŠren ("ourse"), was mšglicherweise ein schlichter
Fehler ist. In 6/44 taucht der BŠr in Zusammenhang mit Sachsen auf, wo er ein
Wunderzeichen erscheinen lŠsst. Mit dem BŠren kšnnte Nostradamus auf das
griech. "arktos" abzielen, das auch "Norden" bedeutet.
Dann wŠre wohl eine Macht oder Person aus nšrdlicheren Gefilden gemeint. Der
Bezug auf das "fremde (arabische) Volk" aus 5.46 in 5/4, 5/22 und
5/55 verweist uns allerdings auf eine andere ErklŠrung des BŠren. In 10/38
(5.46) ist nŠmlich von den Orsini die Rede, deren Name auf den BŠren verweist
(ital. "orso" = BŠr). |
Nach
"MabusÕ" Tod wird sein "gro§er Hund" (ein dominikanischer
GlaubenswŠchter?) aus Rom vertrieben. Es wird dabei das BŸndnis der
neopunischen Araber sein, dass den "gro§en Hund" in Wut versetzt.
Ein "Wolf" (ein Franziskaner?) und ein "BŠr" (jemand von
der Partei der Orsini?) werden zunŠchst einen "Hirschen" oder
Diener jagen (bekŠmpfen), dann sich aber gegenseitig misstrauen. In der ersten Zeile ist wieder vom "gro§en Hund" (gros
mastin) die Rede, den wir bereits aus 2/41/3 kennen. Er wird aus der
"Stadt" - Rom - vertrieben werden. Wahrscheinlich nachdem sein
Papst "Mabus" gestorben ist. Doch wer wird ihn vertreiben? In Zeile zwei erfahren wir, dass der "gro§e Hund" -
vielleicht ein Dominikaner, der die Inquisition leitet, vgl. 2/41 - vom
"fremden BŸndnis" erzŸrnt oder bedrŠngt wird. Sind die Neopunier
(das "fremde BŸndnis", vgl. Anmerkung 2) bzw. deren AnhŠnger in Rom
vielleicht fŸr die Vertreibung des "gro§en Hundes" verantwortlich? Im zweiten Teil der Strophe 5/4 werden ein "Wolf" und ein
"BŠr" erwŠhnt. Laut 5/4/3 jagen sie zunŠchst gemeinsam einen
"Hirsch", bevor sie sich gegenseitig misstrauen werden. Interessant sind 2/82/1 und 9/8/4. Wir erfahren dort, dass der
"Wolf" gefangen und vertrieben werden wird, also ein Schicksal zu
erwarten hat, das jenem des "gro§en Hundes" Šhnelt. Stecken
vielleicht die gleichen KrŠfte hinter dessen Absetzung? Falls ja,
mšglicherweise deshalb, weil der "Wolf "sich Šhnlich verhŠlt wie
der "Hund". In diesem Zusammenhang sei hier auf die lateinische
Wendung "hac urget lupus, hac canis" (Hier lauert der Wolf und dort
der Hund) bei HORAZ, Satiren 2,2,64
verwiesen. Die Wendung entspricht in etwa den deutschen "zwischen TŸr
und Angel stecken" oder "vom Regen in die Traufe kommen". Doch wofŸr kšnnte der "Wolf" bei Nostradamus stehen? Im
kirchlichen Bereich vielleicht fŸr einen Franziskaner, da der Wolf eines der
Attribute des heiligen Franziskus ist. Einer bekannten Legende zufolge soll
Franz von Assisi einen Wolf gezŠhmt haben, der die Stadt Gubbio in Angst und
Schrecken versetzt hat. Gubbio liegt in Umbrien, etwa 35 km nordšstlich von
Perugia. Wie in Anmerkung 7 erwŠhnt, kšnnte der "BŠr" jemand aus dem
Haus oder der Partei der Orsini sein, auf die wir in 10/38 (5.46) treffen.
Die historischen Orsini standen im Mittelalter dem Franziskanerorden nahe,
den sie protegierten (so Matteo Rosso Orsini, ca. 1178-1246; Nikolaus III.,
1277-1280 und Matteo Rubeo Orsini, 1230-1305/06). Dazu wŸrde 5/4/3 passen, wo
wir erfahren, dass BŠr und Wolf gemeinsam den Hirschen (oder den Diener, vgl.
Anmerkung 5?) jagen. In der darauf folgenden Zeile misstrauen sich die beiden Raubtiere
nach der gemeinsamen Jagd allerdings, was auf eine Entfremdung der beiden
hindeutet. NŠheres erfahren wir hierzu aber nicht. |
3/33 [1] En la citŽ ou le loup1) entrera, [2] Bien pres de lˆ les ennemis seront: [3] Copie estrange2) grand pa•s gastera. [4] Aux murs & Alpes3) les amis passeront4). [1] Bei der Stadt, [in die]
der Wolf1) einziehen wird, [2] werden die Feinde sehr
nahe sein. [3] [Die] fremde Armee2) [wird
das] gro§e Land verwŸsten. [4] An den Mauern und Alpen3) werden
die Freunde vorbeiziehen4). 1) Ein "Wolf" wird auch in 2/82/1, 5/4/4, 9/8/4 und 10/99/1
(5.48) aufgefŸhrt. In 10/99 werden Ÿbrigens gleichfalls ein "Šngstliches
Reh (oder: Hirschkuh)" sowie "Hunde" (mastins) erwŠhnt. Wšlfe
gehšren zum Vorzeichenrepertoire des OBSEQUENS, vgl. Kapitel 13 (165 v.
Chr.), 27a (133 v. Chr.), 33 (121 v. Chr.), 43 (104 v. Chr.), 49 (96 v.
Chr.), 52 (93 v. Chr.), 61 (63 v. Chr.) und 63 (53 v. Chr.). Interessant sind
dabei v. a. Kapitel 43, 49, 52 und 63. Doch Nostradamus meint wahrscheinlich
eine konkrete Person oder Macht. Allerdings ist dabei der "Wolf" in
10/99 mšglicherweise nicht mit jenem aus 2/82, 3/33, 5/4 und 9/8 identisch
sondern in erster Linie eine endzeitliche Anleihe aus der Bibel. Mit Blick
auf 5/4 und 10/38 kšnnte der Wolf zu "Hadrie" gehšren. 2) Vgl. lat. "copiae" (u. a. Truppen, StreitkrŠfte).
"Estrange" kann auch "fremdartig, bizarr" usw. bedeuten.
Von einem "fremden BŸndnis" ist in 5/4/2 die Rede, von einem
"fremden Heer" auch in 5/22/2. Mit dieser "fremden Armee"
mŸssten die StreitkrŠfte des "fremden (arabischen) Volkes" aus 5.46
(1/20, 1/83, 1/98, 2/54, 2/84, 3/38, 5/74, 6/1, 7/39 und 8/10) gemeint sein.
GemŠ§ 5.46 wird Europa von einem neopunisch-arabischen BŸndnis bestehend aus
"Nebukadnezar" und "Hannibal" (und spŠter auch dem
arabisierten Frankreich) heimgesucht werden - dem "fremden BŸndnis"
aus 5/4/2. 3) In allen Ausgaben von 1555 bis 1568 so. BRINDÕAMOUR, S. 378-380,
schlŠgt stattdessen "Haults murs
& Alpes" ([Die] hohen Mauern der Alpen) vor. Dass mit diesen
"Mauern" die Alpen selber gemeint sein kšnnten, legt etwa LIVIUS
21,35 nahe: "[Alpes] moenia [...]
non Italiae modo sed etiam urbis Romanae" ([Die Alpen] sind nicht
nur die Mauern Italiens sondern auch der Stadt Rom). 4) Oder auch: "Ÿberqueren", falls BRINDÕAMOUR recht hat, vgl.
Anmerkung 3. |
Der
"Wolf" (ein Franziskaner?) wird in Rom einziehen. Feinde (Neopunier?)
werden der Ewigen Stadt dann sehr nahe sein. Die Neopunier (vgl. 5/22) werden
jedenfalls nach Frankreich ziehen und das Land verwŸsten. Und dazu werden sie
an den Alpen vorbei nach Westen marschieren. In der ersten Zeile taucht der "Wolf" auf, den wir aus 5/4/4
kennen. Er wird in eine Stadt einziehen, womit mit Blick auf den Kontext
(2/41 und 5/4) wohl wieder die "Urbs" (die Stadt schlechthin - Rom)
gemeint sein dŸrfte. Und sollte es sich bei diesem "Wolf" um einen
Franziskaner handeln (vgl. den Kommentar zu 5/4), dann wohl kaum um einen
einfachen Mšnch sondern eher um einen WŸrdentrŠger, der diesem Orden
angehšrt. Der zweiten Zeile ist zu entnehmen, dass dann, wenn der
"Wolf" sich in der Stadt befindet, die Feinde ihr sehr nahe sein
werden. Doch wer sind diese Feinde? Die Neopunier, deren historische
Vorbilder Rom schon einmal sehr nahe gekommen sind? Von den Neopuniern ist wohl jedenfalls in Zeile drei die Rede (die
"fremde Armee", vgl. 5/22/2). Wir erfahren hier, dass diese
Streitmacht das "gro§e Land" verwŸsten wird. Da das Adjektiv
"gro§" bei Nostradamus auch fŸr "franzšsisch" stehen kann
(vgl. 5.23: 4/8 u. 5/45), mŸsste hier ein Kriegszug der Neopunier nach
Frankreich gemeint sein. Von einem solchen Vorsto§ spricht auch 5.46 (7/39,
1/20, 6/1). In 3/33/4 erfahren wir, dass die "Freunde" an den
"Mauern und Alpen" vorbeiziehen werden. Mit den
"Freunden" sind wohl Partner oder VerbŸndete gemeint. Die
"Mauern und Alpen" kšnnten nach LIVIUS, vgl. Anmerkung 3, einfach
die Alpen als solche sein, an denen die "Freunde" vorbeiziehen. Wer diese "Freunde" sind, ist hier leider nicht ersichtlich.
Die Neopunier ("Hannibal" und "Nebukadnezar"), die -
vielleicht zusammen mit anderen VerbŸndeten - westwŠrts nach Frankreich
vorsto§en und eben nicht Ÿber die Alpen nach Norden? GemŠ§ 7/39 (5.46)
scheinen die Neopunier von Genua kommend auf dem Weg in die Provence auch die
Westalpen zu umgehen, indem sie der MittelmeerkŸste folgen. |
4/90 [1] Les deux copies aux murs ne pourront ioindre1) [2] Dans cest instant trembler3) Milan, Ticin2): [3] Faim, soif doubtance4) si fort les vidra5)
poindre, [4] Chair, pain, ne viures nÕauront vn seul boucin6). [1] Die beiden Armeen werden
sich bei den Mauern nicht treffen1) kšnnen. [2] In diesem Moment [werden]
Mailand [und] Ticin[um]2) zittern3). [3] Hunger, Durst [und] Angst4) werden5)
kommen, um sie sehr stark zu quŠlen. [4] [Von] Fleisch [oder] Brot
[oder anderen] Lebensmitteln werden [sie] nicht einen einzigen Bissen6)
haben. 1) Im Sinne von "vereinigen" wie auch von "zum Kampf
gegeneinander treffen".
2) Lat. "Ticinum" (Pavia). Auch mšglich: "Ticinus"
(Tessin, ein Nebenfluss des Po).
Pavia gehšrte zum Herzogtum Mailand
und wird in 3/75/1, 4/90/2, 6/78/3 und 8/7/2 erwŠhnt. 3) Die 1557er-Ausgabe aus Budapest/Moskau schreibt "tremble". 4) Oder auch: "Zweifel, Unsicherheit". 5) Im Original steht der Singular "wird". 6) Die 1557er-Ausgabe aus Utrecht schreibt "boncin", ein offensichtlicher
Druckfehler. Ebenso die 1568er von Grasse, Stockholm und Chomarat. Die 1557er
aus Budapest/Moskau hat "bocĩ". |
Zwei
Armeen - die neopunische und die ihrer VerbŸndeten - wollen sich bei den
Alpen (den "Mauern Italiens") zu einer Streitmacht vereinen, was
ihnen aber nicht gelingt. Zu dieser Zeit werden Mailand und Pavia vor Angst
oder wegen eines Erdbebens erzittern. In Italien wird es eine gro§e
Trockenheit und Hungersnot geben. 4/90 lŠsst sich wahrscheinlich in drei Teile gliedern. In der ersten Zeile ist von zwei Armeen die Rede, die sich "bei
den Mauern" nicht werden treffen kšnnen, die zweite Zeile erwŠhnt das
(erdbebenbedingt oder vor Angst) zitternde Herzogtum Mailand. Die zweite
HŠlfte des Vierzeilers spricht von einer gro§en Hunger- und DŸrrekatastrophe
("Durst"). Laut Zeile eins werden die beiden Heere sich nicht bei den
"Mauern" treffen kšnnen.
Das ist wohl so zu verstehen, dass sie dies zunŠchst vorhaben werden. Doch
wer hindert sie daran? Eine ihnen feindlich gesinnte Macht? Und welche
"Mauern" sind hier gemeint? Falls Strophe 4/90 tatsŠchlich wie von mir vermutet zu 3/33 gehšren
sollte, kšnnten die Mauern die "Mauern Italiens" (die Alpen)
meinen, wo sich die "Freunde" aus 3/33/4 vereinen wollen. In 3/38 (5.46) scheint das ršmisch-deutsche Herrscherduo die Neopunier
und die mit diesen verbŸndeten Franzosen in Italien zu besiegen. Sollte diese
Interpretation zutreffen, wŠren die beiden Armeen aus 4/90 bzw. die
"Freunde" aus 3/33/4 wohl identifiziert. In 4/90/2 erfahren wir, dass zu diesem Zeitpunkt Mailand und Pavia
zittern werden. Doch warum? Gibt es im Herzogtum Mailand ein Erdbeben? In
2/43/3 wird nŠmlich ein Erdbeben als Vorzeichen genannt. Oder zittert man in
Mailand und Pavia aus Angst? Wenn ja, vor wem? Vor den Neopuniern und ihren
VerbŸndeten? In der dritten und vierten Zeile der Strophe ist von einer Hunger- und
DŸrrekatastrophe ("Durst") die Rede. Zudem aber auch von
"Angst". Bezieht sich diese Angst (nur) auf das Herzogtum Mailand?
Und wo herrschen Hunger und DŸrre? An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass von Hunger auch in
2/46/3, 2/62/4 und 2/82/1 gesprochen und der Durst auch in 2/62/4 auftaucht.
Allerdings ist an diesen Stellen kein besonderer Bezug zum Herzogtum Mailand
festzustellen. Interessant ist aber 2/84 aus 5.46. Dort erfahren wir, dass es
vor dem Angriff der Neopunier aus Dalmatien in Mittel- und SŸditalien Ÿber
ein halbes Jahr lang nicht regnen wird. Ist diese Trockenheit der Grund fŸr
obigen Durst (und Hunger)? Falls ja, wŠren mit dem "sie" in der
dritten Zeile wohl nicht die Leute aus Mailand und Pavia sondern eher die
Mittel- und SŸditaliener gemeint. |
2/82 [1] Par faim la proye fera loup1) prisonnier [2] LÕassaillant lors en extreme detresse. [3] Le2) nay3) aiant au deuant le dernier4), [4] Le grand nÕeschappe au milieu de la presse. [1] Wegen [des] Hungers wird
die Beute [den] Wolf1) [zum] Gefangenen machen. [2] Der Angreifer [wird] dann
in sehr gro§er Not sein. [3] Der2) Geborene3) hat den
Letzten4) vor [sich]. [4] Der Gro§e entkommt nicht
der Mitte der Schlacht. 1) Ein "Wolf" wird auch in 3/33/1, 5/4/4, 9/8/4 und 10/99/1
(5.48) aufgefŸhrt. Wšlfe gehšren zum Vorzeichenrepertoire des OBSEQUENS, vgl.
Kapitel 13 (165 v. Chr.), 27a (133 v. Chr.), 33 (121 v. Chr.), 43 (104 v.
Chr.), 49 (96 v. Chr.), 52 (93 v. Chr.), 61 (63 v. Chr.) und 63 (53 v. Chr.).
Interessant sind dabei v. a. Kapitel 43, 49, 52 und 63. Doch Nostradamus
meint wahrscheinlich eine konkrete Person oder Macht. Allerdings ist dabei
der "Wolf" in 10/99 mšglicherweise nicht mit jenem aus 2/82, 3/33,
5/4 und 9/8 identisch sondern in erster Linie eine endzeitliche Anleihe aus
der Bibel. Mit Blick auf 5/4 und 10/38 kšnnte der Wolf zu "Hadrie"
gehšren. 2) Die 1557er-Ausgabe aus Budapest/Moskau schreibt "Vn" (ein). 3) Oder: "Erschienene". CLƒBERT, S. 320, schlŠgt fŸr "le
nay" "lÕaisnay" (der €ltere) vor. 4) Oder u. a. auch: "Hinterste". BRINDÕAMOUR, S. 312f.,
versteht "le dernier" als "le derrire" (der Hintern) und
sieht hier als Vorzeichen die Geburt eines missgestalteten Kindes gemeint,
das den Hintern vorne hat. |
Wegen
des Hungers wird der (franziskanische?) "Wolf" von der Beute (dem
trinitarischen "Hirsch"?) ŸberwŠltigt und gefangen gesetzt. Ein
Angreifer wird dann in gro§er Not sein. Ein "Geborener" wird einen
"Letzten" vor sich haben, und ein Gro§er wird in einer Schlacht
nicht entkommen kšnnen. In der ersten Zeile wird wieder der "Wolf" erwŠhnt, der in
3/33/1 in Rom einzieht und der zuvor in 5/4/3 mit dem "BŠren"
zusammen den "Hirsch" gejagt hat. Wie wir in 2/82/1 erfahren, wird
aber der JŠger (der "Wolf") nun vom Gejagten (dem "Hirsch"?)
ŸberwŠltigt und zum Gefangenen gemacht. Wie zu 5/4 ausgefŸhrt, kšnnte dabei
der "Wolf" ein kirchlicher WŸrdentrŠger aus dem Orden der
Franziskaner sein. Falls hier also von rein innerkirchlichen Auseinandersetzungen um Amt
und WŸrden die Rede sein sollte, mŸssten wir uns zur Deutung des "Hirsch"
in der Kirchengeschichte umsehen. Neben den zu 5/4 bereits erwŠhnten Hubertus
und Eustachius bietet sich hier der Heilige und OrdensgrŸnder Felix von
Valois (1127?-1212?) an. Sein Attribut ist ein Hirsch mit blau-rotem Kreuz im
Geweih. Ein Kreuz, das auch das Kreuz des von Felix gegrŸndeten
Trinitarierordens ist. Handelt es sich beim "Hirsch" vielleicht um
einen Angehšrigen dieses Ordens? Jedenfalls wird der "Hirsch" zum Angriff Ÿbergehen und den
"Wolf" ŸberwŠltigen. Der Grund fŸr diesen Rollenwechsel wird der
Hunger sein. Der Hunger wŸrde dabei zu 4/90/3f. passen. Der zweiten Zeile von 2/82 ist zu entnehmen, dass zu diesem Zeitpunkt
ein Angreifer in gro§er Not sein wird. Der Angreifer kšnnte dabei eine der
beiden Armeen sein, die sich in 4/90/1 bei den "Mauern" (Alpen?)
mit einer anderen treffen will. Und die Not entsprŠche dann wohl einer
Niederlage - vielleicht im Kampf gegen das ršmisch-deutsche Herrscherduo,
vgl. Kommentar zu 4/90. Die zweite HŠlfte der Strophe 2/82 ist noch ziemlich unklar. In der
vierten Zeile ist von einer Schlacht die Rede, in der ein "Gro§er"
fŠllt oder gefangen wird. Von einem getšteten Herrscher wŠre etwa auch in
2/15/1 die Rede. In 2/82/3 tauchen ein "Geborener" und ein
"Letzter" auf. Ist einer davon mit dem "Gro§en" aus Zeile
vier identisch? Davon, dass ein Wunderzeichen ("Monster") bei und
in Ravenna erscheinen ("geboren") werden wird, ist in 2/32/4 (5.46)
zu lesen. |
2/151) [1] Vn peu deuant monarque trucidŽ?2) [2] Castor Pollux3) en nef, astre crinite4). [3] LÕerain publiq5) par terre & mer vuidŽ [4] Pise6), Ast7), Ferrare8), Turin,9)
terre interdicte10). [1] Kurz bevor [der]
Herrscher getštet (?)2) [werden wird, [2] befinden sich] Kastor
[und] Pollux3) im Schiff [und der] Komet4)
[am Himmel]. [3] [Das] Staatsvermšgen5) [wird]
zu Lande und [zu] Wasser ausgegeben [werden], [4] Pisa6), Asti7),
Ferrara8) [und] Turin9) [stehen
unter dem] Interdikt10). 1) In den beiden 1555er-Ausgaben hat diese Strophe
die Nummer 2/14. Da aber in den 1555ern die Nummer 2/12 fŠlschlicherweise
doppelt vergeben wurde, ist obigem Vierzeiler die logische Nummer 2/15
zuzuordnen, die er in den 1557ern und 1568ern auch trŠgt. 2) Dieses Fragezeichen kšnnte ein simpler Druckfehler sein. Oder
Nostradamus wollte damit ausdrŸcken, dass er sich nicht sicher ist, ob dieser
Herrscher ermordet wird oder nicht. Das Fragezeichen finden wir in allen
Ausgaben von 1555 bis 1568 au§er in den 1568ern von Arbau, wo wir einen
Doppelpunkt haben und jenen von Dresden, Paris und Gregorio, wo wir ein Komma
finden. 3) "Kastor" und "Pollux" werden namentlich auch in
2/90/4 genannt. Die Zwillinge Kastor und Pollux (griech. Polydeukes) tragen
die Bezeichnung "Dioskuren" (Sšhne des Zeus bzw. des Jupiters). Sie
erscheinen in der antiken Mythologie als ritterliches Paar und Helfer in der
Not, v. a. auch bei Seenot (Kastor war der Schutzpatron der Seeleute, sein
Tempel in Rom lag auf der SŸdseite des Forums). Bei OBSEQUENS wird dieser
Tempel in Kapitel 68 (44 v. Chr.) erwŠhnt, CASSIUS DIO spricht vom Tempel des
Kastor und Pollux in 45,17,7. In beiden Quellen geht es darum, dass in diesem
Tempel die Namen der Konsuln Marcus Antonius und Dolabella teilweise oder
ganz von einer Platte entfernt wurden. In Rom wurden Kastor und Pollux
deshalb besonders verehrt, weil sie in der Schlacht am Regillus Lacus gegen
die Latiner (ca. 500 v. Chr.) fŸr die Tiberstadt Partei ergriffen haben
sollen. Das
"Schiff", in dem sich die beiden laut 2/15/2 befinden, dŸrfte wohl
die Kirche, das Schiff Petri sein, das sie durch schwere See manšvrieren. 4) "Astre crinite" ist eine Anlehnung an das lat. "stella
crinita" (Komet). Die 1557er-Ausgabe aus Budapest/Moskau
schreibt
"astre aninite", ein offensichtlicher Druckfehler. 5) Die 1557er-Ausgabe aus Budapest/Moskau schreibt "¾rain
publiq". Bei "erain publiq" handelt es sich wohl um eine
†bertragung des lat. "aerarium publicum" (Staatschatz,
Staatskasse), vgl. BRINDÕAMOUR, S. 214. Als mšgliche Alternative gŠbe es noch
das lat. "eranus" (Hilfsverein, Sammlung fŸr die Armen). Dann wŠre
hier wahrscheinlich vom Sozialsystem eines Staates die Rede. 6) Pisa wird namentlich in 1/71/3, 2/15/4, 6/26/3, 6/36/3, 7/5/4, 9/5/3,
9/80/3 und 10/60/1 genannt. Diese Seefahrerstadt in der nordwestlichen
Toskana verlor 1406 ihre UnabhŠngigkeit an Florenz und gehšrte zur Zeit des
Nostradamus zum Herzogtum Toskana. 7) Asti (franzšsisch Aste, piemontesisch Ast) wird namentlich nur in
2/15/4 und 4/73/3 genannt. Die Stadt liegt rund 55 km sŸdšstlich von Turin.
Die Stadt bzw. die gleichnamige Grafschaft fielen 1531 an das Herzogtum
Savoyen. 8) Ferrara wird namentlich in 2/15/4, 4/73/3, 5/99/1, 7/27/2 und 8/67/4
genannt. Die Stadt liegt im Osten der Po-Ebene und war zur Zeit des
Nostradamus die Hauptstadt des gleichnamigen Herzogtums. 9) Turin wird namentlich in 1/6/4, 1/71/4, 2/15/4, 5/88/4, 5/99/1,
7/27/3, 7/30/4, 8/3/3 und 8/8/4 genannt. Die Stadt wurde 1559 Hauptstadt des
Herzogtums Savoyen. 10) "Terre interdicte" bedeutet wšrtlich "verbotenes
Land". Da in dieser Strophe jedoch von der Kirche ("Schiff")
die Rede ist, ist die Stelle naheliegenderweise (auch) vor diesem Hintergrund
zu lesen. Ein Interdikt (hier genauer: Lokalinterdikt) ist eine
Kirchenstrafe, die die Einstellung aller geistlicher Funktionen in einem
Gebiet bedeutet. D. h. es werden keine Messen gefeiert, kirchliche
BegrŠbnisse durchgefŸhrt oder Sakramente gespendet. Vgl. BRINDÕAMOUR, S.
214f. und CLƒBERT, S. 230. |
"Kastor"
und "Pollux" erscheinen in der KirchenfŸhrung. Kurz nachdem sie
aufgetaucht sind, wird ein Herrscher getštet werden. Das Vermšgen eines
Staates wird zu Lande und zu Wasser ausgegeben. Das toskanische Pisa, die
piemontesischen Turin und Asti sowie Ferrara im Osten der Po-Ebene werden
unter dem Lokalinterdikt (Kirchenstrafe) stehen. In der zweiten Zeile treffen wir wohl wieder auf den Kometen, den wir
aus 2/46/4, 6/6/2, 2/62/4, 2/43/1 und 2/41/1 (?) kennen. Gleichzeitig
erfahren wir, dass "Kastor" und "Pollux" sich im
"Schiff" (wohl der Kirche) befinden werden. Was kšnnte
Nostradamus im Sinn gehabt haben, als er diese beiden Jupitersšhne - wohl als
Nothelfer der Kirche (vgl. Anmerkung 3) - in seine Prophezeiungen eingefŸhrt
hat? In der
antiken Mythologie wurde Jupiter u. a. der Donner zugeordnet, ein Beiname des
Gšttervaters war denn auch "tonans" (Donnerer). Dies kšnnte uns nun
eine Querverbindung zum Neuen Testament liefern. Unter den
zwšlf Aposteln gab es ein BrŸderpaar, das von Jesus "die
Donnersšhne" ("Boanerges") genannt wurde. Es handelt sich dabei
um (den Šlteren) Jakobus und dessen Bruder Johannes (vgl. Markus 3,17).
Zusammen mit Petrus gehšrten die Donnersšhne zu den bevorzugten JŸngern
Christi. Ihren Beinamen erhielten sie wohl wegen ihres Eifers bzw. ihres
impulsiven Charakters (vgl. dazu etwa Lukas 9, 51-56). Jakobus wurde 43 n.
Chr. von Kšnig Herodes Agrippa I. wegen seines christlichen Glaubens
enthauptet und starb als erster Apostel den MŠrtyrertod. Der Legende nach
soll sein Leichnam im spanischen Santiago de Compostela bestattet sein (span.
"Santiago" = heiliger Jakobus). Jakobus ist Schutzpatron von
Spanien ("der Maurentšter"), der Krieger, Seeleute (vgl. Kastor,
Anmerkung 3) und Wallfahrer. Johannes
war der LieblingsjŸnger Jesu, der zusammen mit Maria bei der Kreuzigung noch
immer anwesend war, als die anderen Apostel bereits die Flucht ergriffen
hatten. Jesus vertraute ihm dabei seine Mutter Maria an. Nach traditioneller
Auffassung soll Johannes auch der Autor des Johannesevangeliums und der
Offenbarung des Johannes sein. Johannes ist denn auch der Schutzpatron der
Theologen. Bei
Nostradamus kšnnten "Kastor" (Jakobus?) und "Pollux"
(Johannes?) vielleicht zwei KardinŠle sein, die die Kirche etwa wŠhrend einer
Sedisvakanz oder unter einem schwachen Papst de facto leiten.
In einer
Zeit, die nach "MabusÕ" Tod folgen dŸrfte. In der
ersten Zeile erfahren wir, dass "Kastor" und "Pollux"
dann in der - Leitung - der Kirche ("Schiff") sein werden, wenn
kurz danach ein Herrscher getštet wird. Das kšnnte so zu verstehen sein, dass
die beiden Dioskuren ihre Regentschaft antreten, kurz danach der Herrscher
stirbt, "Kastor" und "Pollux" aber sehr wohl noch im Amt
sind. Doch wer ist der sterbende Herrscher? Der "Gro§e" aus 2/82/4,
der der Schlacht nicht entkommt? Oder ist hier der Vater aus 9/8/1f. gemeint,
der von seinem zum Kšnig gemachten Sohn dem Tod Ÿberantwortet wird? Unklar ist
die dritte Zeile. Das Vermšgen eines ungenannten Staates wird zu Lande und zu
Wasser ausgegeben - mutma§lich verschleudert - werden. Von welchem Staat ist
die Rede und wer verschleudert dessen Geld? Vielleicht der Herrscher aus der
ersten Zeile? Wird er wegen dieses ruinšsen Verhaltens getštet? In der
vierten Zeile ist von einem Interdikt die Rede, was wieder den Bogen zur Kirche
schlŠgt. Die erwŠhnte Kirchenstrafe trifft wenigstens Teile der Po-Ebene (im
Westen Turin und Asti, im Osten Ferrara) und die nordwestliche Toskana
(Pisa). Die Urheber des Interdikts mŸssten "Kastor" und
"Pollux" sein. Doch was ist der Anlass dafŸr? |
9/8 [1] Puisnay Roy fait son pere mettra1) ˆ mort, [2] Apres conflit de mort tres inhoneste2): [3] Escrit trouuŽ soubson donra remort3), [4] Quand loup4) chassŽ pose sus5) la couchette6). [1] [Der zum] Kšnig gemachte
jŸngere [Sohn] wird seinen Vater dem Tod Ÿberantworten1), [2] nach [dem] Konflikt, [und
zwar einem] sehr schŠndlichen2) Tod. [3] [Die] Schrift [wird]
gefunden, [und der] Verdacht wird Zwiespalt3)
hervorrufen, [4] wenn [der] vertriebene
Wolf4) auf5) der Liege6) liegt. 1) In den 1568er-Ausgaben von Dresden, Paris und Gregorio steht
"mettre". CLƒBERT, S. 957, gibt ebenfalls "mettre" wider.
2) Oder: "unanstŠndig, entehrend". Die 1568er-Ausgaben von
Dresden, Paris und Gregorio fŸgen zwischen "tres" und
"inhoneste" einen Bindestrich ein. 3) "Remort" bedeutet im Mittelfranzšsischen u. a.
"Kopfzerbrechen, Bedauern, Zerrissenheit, Zwiespalt;
StreitgesprŠch". 4) Ein "Wolf" wird auch in 2/82/1, 3/33/1, 5/4/4 und 10/99/1
(5.48) aufgefŸhrt. Wšlfe gehšren zum Vorzeichenrepertoire des OBSEQUENS, vgl.
Kapitel 13 (165 v. Chr.), 27a (133 v. Chr.), 33 (121 v. Chr.), 43 (104 v.
Chr.), 49 (96 v. Chr.), 52 (93 v. Chr.), 61 (63 v. Chr.) und 63 (53 v. Chr.).
Interessant sind dabei v. a. Kapitel 43, 49, 52 und 63. Doch Nostradamus
meint wahrscheinlich eine konkrete Person oder Macht. Allerdings ist dabei
der "Wolf" in 10/99 mšglicherweise nicht mit jenem aus 2/82, 3/33,
5/4 und 9/8 identisch sondern in erster Linie eine endzeitliche Anleihe aus der
Bibel. Mit Blick auf 5/4 und 10/38 kšnnte der Wolf zu "Hadrie"
gehšren. 5) Die 1568er-Ausgaben von Dresden, Paris und Gregorio verwenden das
hier gleichbedeutende "sur" (auf). 6) Das mittelfranzšsische "couchette" bedeutet
"(tragbare) Liege; kleines, einfaches Bett". |
Der
vertriebene "Wolf" (vgl. 2/82) ist im GefŠngnis und liegt dort auf
einer Pritsche. Zu dieser Zeit wird ein SchriftstŸck gefunden, das einen
Verdacht schŸrt, der wiederum einen Konflikt verursacht. Nach einem Konflikt
wird ein jŸngerer Kšnigssohn, der zum neuen Kšnig gemacht wurde, seinen Vater
einen schŠndlichen Tod sterben lassen. In der vierten Zeile wird wieder der bekannte "Wolf"
erwŠhnt. Wie zu 5/4 ausgefŸhrt, kšnnte der "Wolf" dabei ein
kirchlicher WŸrdentrŠger aus dem Orden der Franziskaner sein. 2/82/1 ist zu
entnehmen, dass der "Wolf" zum Gefangenen gemacht werden wird.
Somit ist 9/8/4 wohl so zu verstehen, dass der aus dem Amt gejagte (=
"vertriebene") Meister Isegrim in seinem GefŠngnis auf einer Pritsche
("Liege") liegt. Mšglich wŠre zudem, dass das Liegen auf der
Pritsche als Hinweis auf den Zustand zu verstehen ist, in dem sich der
"Wolf" befindet (Krankheit, Verletzung, Todeskampf?). Zu diesem Zeitpunkt wird man jedenfalls eine "Schrift"
finden, die einen Verdacht schŸrt, der wiederum einen Konflikt verursacht
(9/8/3). †ber Inhalt, Natur und Autorschaft dieser Schrift erfahren wir
allerdings nichts. Die erwŠhnte Auseinandersetzung kšnnte vielleicht in den
ersten beiden Zeilen nŠher beschrieben sein. In Zeilen eins und zwei erfahren wir, dass es zunŠchst zu einem
Konflikt kommen wird. Zum Zwiespalt, den der Fund der Schrift verursacht?
Nach dieser Auseinandersetzung wird ein zum Kšnig gemachter jŸngerer Sohn
seinen Vater einen schŠndlichen Tod erleiden lassen. Dabei kšnnte der
sterbenden Vater dem getšteten Herrscher aus 2/15/1 entsprechen. Leider
erfahren wir aber auch hier nicht, von welchem Herrscherhaus die Rede ist.
Wer macht den jŸngeren Sohn zum Kšnig und was ist mit dem Šltesten Sohn des Kšnigs,
dem mutma§lichen Kronprinzen passiert? |
2/90 [1] Par vie & mort1) changŽ regne dÕOngrie2): [2] La loy3) sera plus aspre que seruice4), [3] Leur5) grand citŽ dÕvrlemts plaincts & crie: [4] Castor & Pollux6) ennemis dans la lyce7). [1] Durch Leben und Tod1) [wird
sich das] Kšnigreich Ungarn2) verŠndert [haben]. [2] Das Gesetz3)
wird hŠrter sein als [die] Knechtschaft4). [3] Ihre5) gro§e
Stadt [ist voll] von Heulen, Klagen und Schrei[en]. [4] Kastor und Pollux6)
[sind] Feinde in den Schranken7). 1) Die Stelle lŠsst sich so verstehen, dass das Leben und der Tod etwa
eines FŸrsten Ungarn entscheidend verŠndern wird, vgl. BRINDÕAMOUR, S. 322f.
Eine andere Mšglichkeit wŠre, dass wir die Passage mit Blick auf die Wendung
"ˆ la vie et ˆ la mort" als "auf Leben und Tod" (= fŸr
immer und ewig) Ÿbertragen. 2) Oder auch: "[die] Herrschaft von Ungarn". Ungarn war zur
Zeit des Nostradamus weit grš§er als heute und umfasste Teile RumŠniens, der
Slowakei, Kroatiens usw.
3) Das mittelfranzšsische "loy" (Gesetz) kann im Ÿbertragenen
Sinne auch "Glaube, Religion; Lehre" bedeuten. 4) Neben Knechtschaft und totaler Unterwerfung kann der Begriff
"service" u. a. auch einfach die lehensrechtliche(n)
Verpflichtung(en) einem Feudalherren gegenŸber bezeichnen. Im religišsen
Bereich ist damit auch der Gottesdienst, die Messe gemeint. 5) Die 1557er-Ausgabe aus Budapest/Moskau schreibt hier
fŠlschlicherweise "en" (in [der]). 6) "Kastor" und "Pollux" werden namentlich auch in
2/15/2 genannt. Die Zwillinge Kastor und Pollux (griech. Polydeukes) tragen
die Bezeichnung "Dioskuren" (Sšhne des Zeus bzw. des Jupiters). Sie
erscheinen in der antiken Mythologie als ritterliches Paar und Helfer in der
Not, v. a. auch bei Seenot (Kastor war der Schutzpatron der Seeleute, sein
Tempel in Rom lag auf der SŸdseite des Forums). Bei OBSEQUENS wird dieser
Tempel in Kapitel 68 (44 v. Chr.) erwŠhnt, CASSIUS DIO spricht vom Tempel des
Kastor und Pollux in 45,17,7. In beiden Quellen geht es darum, dass in diesem
Tempel die Namen der Konsuln Marcus Antonius und Dolabella teilweise oder
ganz von einer Platte entfernt wurden. In Rom wurden Kastor und Pollux
deshalb besonders verehrt, weil sie in der Schlacht am Regillus Lacus gegen
die Latiner (ca. 500 v. Chr.) fŸr die Tiberstadt Partei ergriffen haben
sollen.
Interessant ist, dass sie hier als Feinde bezeichnet werden, was nicht
zum antiken Mythos passt. Diesem zufolge wurden sie als Sternbild der
Zwillinge von Jupiter am Himmel verewigt. GemŠ§ PTOLEM€US, Tetrabiblos 1,9, tragen aber die
beiden hellen Sterne in den Kšpfen der Zwillinge die Namen Apollo (in Kastor)
und Herkules (in Pollux). Und im antiken Mythos kŠmpften Apollo und Herkules
tatsŠchlich einmal gegeneinander. Und zwar um den Dreifu§ (Stuhl) der Pythia
in Delphi: Aus Wut darŸber, dass die Pythia ihm nicht mit einem Orakelspruch
dienen konnte, begann Herkules den Tempel in Delphi zu plŸndern und zu
zerstšren. Apollo, dem Delphi geweiht war, griff erst ein, als Herkules den
Dreifu§ ergriff. Die beiden kŠmpften um den Stuhl, und der Kampf wurde erst
dadurch beendet, dass ihr Vater Jupiter mit einem Blitz dazwischenging. Nun
erhielt Herkules auch einen Orakelspruch der Pythia: Ihr Dreifu§ sollte in
Delphi bleiben. Herkules jedoch wurde fŸr ein Jahr als Sklave an Omphale, die
Kšnigin von Lydien, verkauft, wo er Frauenarbeiten zu erledigen hatte. 7) Das mittelfranzšsische "lyce" bezeichnet einen durch
Schranken begrenzten Turnierplatz (eine Kampfarena) oder auch die Schranke(n)
als solche. Im weiteren Sinne auch einfach einen durch Schranken abgetrennten
Raum oder einen Zweikampf. |
"Kastor"
und "Pollux" (vgl. 2/15) werden vor aller Augen zu Feinden. Durch
"Leben und Tod" (der Herrscherwechsel aus 9/8?) wird sich Ungarn
verŠndern. Die neue Lehre (das neopunische Heidentum?) wird hŠrter zu
ertragen sein als die neue Herrschaft fŸr sich allein. In Budapest wird man
sehr zu leiden haben. In der vierten Zeile werden wieder "Kastor" und
"Pollux", wohl die beiden fŸhrenden Persšnlichkeiten in der Kirche,
erwŠhnt. Wir erfahren, dass sie sich - wohl sinnbildlich - in den Schranken,
einem Turnierplatz, als Feinde gegenŸberstehen werden. NŠheres dazu erfahren
wir aus dieser Strophe leider nicht. Warum verfeinden sie sich? Und wo findet
der "Kampf" statt? In der …ffentlichkeit, unter Beobachtung? (Ein
Kampf in den Schranken, auf einem Turnierplatz, ist eben kein einsames Duell
im Morgengrauen.) Oder hat Nostradamus an eine der antiken Arenen im
Mittelmeerraum gedacht, die dann fŸr den Ort der Auseinandersetzung stŸnde
(etwa das Kolosseum fŸr Rom)? Wie in Anmerkung 6 ausgefŸhrt, lŠsst sich ein Kampf zwischen den
beiden Dioskuren dann mit der antiken Mythologie vereinbaren, wenn wir sie zu
Apollo (Kastor) und Herkules (Pollux) uminterpretieren. Apollo und Herkules
kŠmpften um den Stuhl der Pythia, wobei sich ersterer dank Jupiter
durchsetzte. KŠmpfen "Kastor" und "Pollux" vielleicht um
den Papstthron, wobei sich "Kastor" dank "himmlischer
FŸgung" durchsetzen wird? Zu dieser Zeit geschieht in Ungarn Bedeutsames, wie wir aus den ersten
drei Zeilen erfahren kšnnen. Durch "Leben und Tod" - wahrscheinlich einer Person - wird
sich das Kšnigreich Ungarn verŠndern (Zeile eins). Dann erwŠhnt Nostradamus
in der zweiten Zeile ein Gesetz - oder eine Lehre - die noch hŠrter als die
Knechtschaft oder Herrschaft an sich sein wird. Laut dritter Zeile wird man
dann in ihrer - wohl der Ungarn - gro§er Stadt Heulen, Klagen und Schreien
hšren. Wahrscheinlich wegen der neuen Herrschaft und der neuen Lehre. Die
gro§e Stadt der Ungarn war zur Zeit des Nostradamus Buda (seit 1873 Teil
Budapests). Buda war bis zur osmanischen Eroberung 1541 Hauptstadt des
Kšnigreichs Ungarn. 1543 fiel auch SzŽkesfehŽrv‡r (Stuhlwei§enburg) an die
TŸrken. SzŽkesfehŽrv‡r war neben Buda die Kršnungsstadt der ungarischen
Kšnige. Als historische Parallele bietet sich hier natŸrlich Niederlage und
Tod des ungarischen Kšnigs Ludwigs II. bei Moh‡cs 1526 gegen die Osmanen an.
Ein Ereignis, das den Beginn der TŸrkenherrschaft Ÿber den grš§ten Teil des
Kšnigreiches einleitete. In Zusammenhang mit orientalischen KrŠften erwŠhnt Nostradamus Ungarn
mehr als nur einmal. Laut 8/9 und 10/63 (beide 5.16) werden die Magyaren und
die Araber VerbŸndete sein. Allerdings zur Zeit des franzšsischen
"Adlers" - eines neuen "A‘tius"? - (vgl. 5.16, 5.31,
5.34, 5.130, 5.159, 5.182, 5.190, 5.200, 5.225, 5.240). Von einer Eroberung Serbiens und Ungarns durch den muslimischen
"Emathion" erfahren wir in 10/62 (5.37). Dabei ist
"Emathion" allerdings Teil des "CHYREN"-Themas. Von einem Vorsto§ von "Hannibals" Neopuniern nach
Slawonien/SŸdungarn lesen wir in 5/48 und 2/32 (beide 5.46). Falls, wie ich
vermute, 5.13 zum Angriff der Neukarthager auf Europa gehšrt, dŸrfte sich
Strophe 2/90 sinngemŠ§ an 2/32 anschlie§en und aufzeigen, dass der Vorsto§
nach Slawonien/SŸdungarn Richtung Norden bis Budapest weitergehen wird. Alternativ kšnnte mit "ihrer gro§en Stadt" in der dritten
Zeile somit auch nicht die gro§e Stadt der Ungarn sondern der Slawonier
gemeint sein. DafŸr kŠmen etwa Osijek (lat. Colonia Aelia Mursa/Mursa Major)
oder Vincovci (lat. Colonia Aurelia Cibalae) infrage. Mit dem "Gesetz" aus der zweiten Zeile ist nach meinem
DafŸrhalten der heidnische Glaube der Neopunier gemeint, der hier
offensichtlich in Ungarn eingefŸhrt werden wird. Die Frage ist nur von wem?
Von den einmarschierenden Orientalen? Oder wendet sich der Herrscher der
Magyaren von selbst dem neuen Bekenntnis zu, analog zum franzšsischen
Machthaber in 3/27 (5.46)? Sollte vielleicht der in 9/8 beschriebene
Herrscherwechsel den †bergang zum neopunischen Glauben in Ungarn einleiten? |
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