5.27  Der Aufbau einer "roten" Kirche und ein Angriff auf das römisch-deutsche Reich bei Wien
 

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Zusammenfassung
 

Ein „roter“Papst, wohl ein auf seiten gewisser Kardinäle stehender Pontifex, erlässt ein neues Kirchenrecht oder verändert die Liturgie. Dies alles geschieht, bevor sich das wiedererstandene (?) römisch-deutsche Reich „Veränderungen“ gegenübersehen wird (1/43). Vers 9/32 geht noch einmal auf die Prozesse innerhalb der Kirche ein. Es könnte sein, dass ganz zuoberst, ganz am Anfang des neuen Kirchenrechts schon zu lesen sein wird, unter  welchem Vorzeichen die Neuerungen stehen werden: bedingungslose Härte und Strenge? 10/93 spricht wieder von der Kirche (Barke), einer neuen Kirche. Es könnte sein, dass der Papstsitz verlegt wird. Doch wohin? In die Gegend von Beaucaire/Arles? Unklar ist jedenfalls, was die erwähnte Geiselnahme in diesen Städten mit der ganzen Sache zu tun hat. Interessant ist, dass in der Nähe dieser beiden Städte zwei (!) neue Kirchenrechte oder Liturgieregeln verfasst werden. Die definitive Verabschiedung der strengen Richtlinien und ein Gegenentwurf der innerkirchlichen Opposition? Gleichzeitig zu den Vorgängen in der Kirche scheinen im Hafen von Mytilini Kriegsvorbereitungen zu laufen. 9/100 berichtet von einer Seeschlacht, die den „Schiffen des Westens“ den Untergang bringt. Die in 9/32 erwähnte Flotte aus Mytilini dürfte wohl an diesem Kampf beteiligt sein. Doch auf welcher Seite? Zu dieser Zeit wird sich der „rote“Papst durchgesetzt haben und der Kirche („großes Schiff“) ein neues kanonisches Recht oder eine neue Liturgie gegeben haben. Beides, Kirchenreform und Seeschlacht, scheinen sich dabei im Winter zu ereignen, vgl. auch 1/82. Unklar in 1/82 ist, welche „Versammlung“ hier gemeint ist, die irgendwo hinausgeworfen wird. Jedenfalls werden Wien und Österreich bedroht.
 

Quellen
 

1/43
 
Auant qu’auienne le changement1) d’empire2), Bevor die Veränderung1) des Reiches2) erfolgt,
Il auiendra vn cas bien merueilleux3), [wird] sich ein sehr bemerkenswertes3) Vorkommnis ereignen.
Le champ mué4), le pilier de porphyre5) Das Feld [wird] verändert4), [und] der „Pfeiler aus Porphyr“5)
Mis, translaté sus le rochier noilleux6). vom „nussartigen Felsen“6) aufgestellt [und] hinübergetragen [worden sein].
1) Veränderung im weitesten Sinne.
2) Oder: „der Herrschaft“. Hier könnte aber konkret das „Saint Empire“, das Heilige Römische Reich deutscher Nation gemeint sein.
3) Das kann positiv oder negativ gemeint sein.
4) Im weitesten Sinne.
5) Mit „Pfeiler/Säule“ spielt Nostradamus wohl auf das lat. „columnae“ an, das im alten Rom u.a. auch die Säulen vor den Läden der Buchhändlern bezeichnete, auf denen die vorhandenen Schriften aufgeführt waren. Das griechische „porphyreos/porphyrous“ bedeutet seinerseits „purpurfaben“ (in den verschiedensten Nüancierungen). Ich denke, wir müssen den „Pfeiler aus Porphyr“ hier also als „rotes Schriftenverzeichnis“ deuten.
6) Der „Fels“ bezeichnet wohl einen Papst, einen Nachfolger Petri (lat. „petra“ = Fels). „Noilleux“ dürfte sich von „noix“ herleiten, also etwa „nussartig“ bedeuten. Und im Griechischen heißt „Nuss“ „karyon“, was uns zum sehr ähnlichen Adjektiv „karykinos“ (blutrot, dunkelrot) hinführt. Mit dem „nussartigen Felsen“ müsste also ein „roter Papst“ gemeint sein. Noch ein Hinweis zur Übersetzung: das mittelfranzösische "mettre sus" bedeutet u.a. "(eine Armee) aufstellen, organisieren".
 

9/32
 
De fin porphire1) profond collon2) trouuee Von feinem dunklem Rot1) [ist das] zusammengestellte Schriftenverzeichnis2).
Dessouz la laze3) escriptz capitolin4): Unterhalb der Steinplatte3) [des] Kapitells4) [stehen die Worte] geschrieben:
Os poil retors Romain force prouuee,5) „Knochen, gewundenes Haar, geprüfte römische Kraft“.5)
Classe6) agiter au port de Methelin7). [Die] Flotte6) [wird sich] im Hafen von Mytilini7) bewegen.
1) Vgl. 1/43, Anmerkung 5).
2) Vgl. Anmerkung 1).
3) Nach LE PELLETIER für „lauze“.
4) Lat. „capitulum“ (Säulenkapitell).
5) Diese Stelle muss möglicherweise so verstanden werden: Osses et coma Torquati romani virtus probata est. (Die gezeigte Mannhaftigkeit besteht aus dem Innersten und der Zierde des Römers Torquatus.) Wobei „coma“ (Haar) u.a. als der Schmuck des Kopfes verstanden werden kann, was hier als „Zierde“ widergegeben wurde. Titus Capitolinus Manlius Imperiosus Torquatus, Diktator Roms 340 v. Chr., ließ seinen eigenen Sohn wegen militärischen Ungehorsams hinrichten. Die hier gelobte Mannhaftigkeit würde in diesem Fall also bedingungslose Strenge und Härte meinen.
6) Lat. „classis“ (Flotte, Heer).
7) Hauptstadt der griechischen Insel Lesbos, nahe der kleinasiatischen Küste.
 

10/93
 
La barque neufue receura les voyages, Die neue Barke wird wieder auf Reisen gehen.
Là & aupres transfereront l’empire1), Dahin in die Nähe werden sie die Herrschaft1) verlegen.
Beaucaire2), Arles retiendront les hostages, Beaucaire2) [und] Arles werden die Geiseln gefangenhalten.
Pres deux colomnes trouuees de porphire3), Nahe [davon] werden zwei rote Schriftenverzeichnisse3) verfasst [worden sein].
1) Oder: „das Reich“.
2) Beaucaire liegt an der Rhone, etwa auf halbem Weg zwischen Arles und Avignon.
3) Vgl. 1/43, Anmerkung 5).
 

9/100
 
Naualle pugne1) nuit sera superee2), [Die] Seeschlacht1) wird [bei] Nacht siegreich beendet2) werden.
Le feu aux naues à l’Occident ruine: Das Feuer [bringt] den Schiffen des Westens [den] Untergang.
Rubriche3) neufue la grand nef coloree, [Mit einem] neuen roten Buch3) [ist] das große Schiff geschmückt.
Ire à vaincu, & victoire en bruine4) Verbitterung für [den] Besiegten. Und [der] Sieg [findet] im Nieselregen4) [statt].
1) Vgl. lat. „navalis pugna“ (Seeschlacht).
2) Vgl. lat. „superata“ von „superare“ (u.a. „etwas siegreich ausführen“).
3) „Rubriche“ bezeichnet im Mittelfranzösischen u.a. die Bücher des kanonischen (kirchlichen) Rechts, sowie die Regeln der Liturgie.
4) „Bruine“ geht auf das lat. „pruina“ zurück, was  u.a. „Frost“ und im Plural auch „Winter“ bedeuten kann. Somit könnte Nostradamus hier den Winter meinen.
 

1/82
 
Quand les colomnes de bois grande trêblée1) Wenn die Säulen aus Holz [das] große Zittern [kriegen,1)
D’Auster2) conduicte couuerte de rubriche3) dann wird] von Süden2) her [ein Buch] mit rotem Einband eingeführt [werden].
Tant4) vuïdera dehors grand assemblée5), Kurz zuvor4) [wird man die] große Versammlung5) hinauswerfen,
Trembler Vienne & le païs d’Austriche. [und dann wird] Wien und das Land von Österreich zittern.
1) Hier könnte der Winter gemeint sein, der mit seiner Kälte (wenigstens sinnbildlich) und seinen Stürmen die (entlaubten) Bäume erzittern lässt.
2) Lat. „auster“ (Süden; Südwind, Südostwind; Wind, Sturm).
3) „Rubriche“ bezeichnet im Mittelfranzösischen u.a. die Bücher des kanonischen (kirchlichen) Rechts, sowie die Regeln der Liturgie.
4) Dieses „tant“ ist etwas unklar. Es könnte zur „großen Versammlung“ gehören und sie zur „dermaßen großen Versammlung“ machen. Oder es könnte sich auf das lat. „tantum“ beziehen, was u.a. auch mit „soeben, eben erst“ übersetzt werden kann. Es gäbe aber auch noch andere Möglichkeiten.
5) „Versammlung“ im weitesten Sinne, so z.B. auch von „Armee“.
 
 

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