5.29  Das Königreich Frankreich erlebt während 57 Jahren ein Goldenes Zeitalter des Friedens und des Wohlstands. Am Ende dieser Epoche scheitert ein Giftanschlag auf den König, die Attentäter werden gefasst und hingerichtet.
 

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10/89 - 10/16 - 7/42 - 4/20 - 6/94

10/89  

De brique eu1) mabre seront les murs reduits2)
Sept & cinquante annees pacifiques,
Ioie aux humains renoué l’aqueduict,
Santé, grandz fruicts3) ioye & temps melifique.

Die Backsteinmauern werden mit1) Marmor neu aufgebaut werden.2)
[Es werden] 57 friedliche Jahre [sein].
Freude für die Menschen. Das Aquädukt [wird] wiederhergestellt [werden].
Gesundheit, große Ernten3), Freude und honigbringende Zeit.
1) Lies: "en".
2) Oder auch: "Mit Backsteinen aus Marmor werden die Mauern neu aufgebaut werden."
3) Mit "fruicts" (Früchten) können im Mittelfranzösischen auch allgemein Ernten oder Erträge - etwa aus der Landwirtschaft - gemeint sein.


Das Goldene Zeitalter mit Wohlstand und 57 Jahren Frieden.

10/89/2 sagt eine siebenundfünfzigjährige Zeit des Friedens voraus. Eine Zeit, die den Menschen Gesundheit, große Ernten und Freude bringen wird (dritte und vierte Zeile). Das dürfte eine Reminiszenz an das Goldene Zeitalter im antiken Mythos sein. Bei HESIOD, Werke und Tage, 110-120, lesen wir dazu:

          Diese [Menschen] nun lebten wie Götter, von Sorgen befreit das Gemüte,
          Fern von Mühen und fern von Trübsal; lastendes Alter
          Traf sie nimmer; an Händen und Füßen die nämlichen immer,
          Freuten sie sich bei Gelagen, entrückt stets jeglichem Übel.
          Wie vom Schlummer bezwungen verschieden sie; keines der Güter
          Missten sie; Frucht gab ihnen das nahrungsspendende Saatland
          Gern von selbst und in Hülle und Fülle
; und ganz nach Belieben
          Schafften sie ruhig das Werk im Besitze der reichlichsten Gaben,
          Wohl mit Herden gesegnet, den seligen Göttern befreundet.


Weniger wahrscheinlich ist wohl, dass Nostradamus hier an die Herrschaft von Oktavian bzw. Kaiser August gedacht hat (31 v. Chr. bis 14 n. Chr.), selbst wenn man diese (wohl mit Blick auf SUETONs De vita Caesarum) mit dem Tod Cäsars 44 v. Chr. beginnen lässt und so auf 57 Jahre kommt (vgl. GRUBER S. 180f.). Die Zeit nach Cäsars Tod bis zum Beginn von Augustus’ Alleinherrschaft war wegen des Bürgerkriegs und des Kampfes um die Macht in Ägypten nämlich alles andere als friedlich. Allerdings erinnert 10/89/1 tatsächlich an eine Stelle bei SUETON (De vita Caesarum, 2, 28) in der zu lesen ist, dass Augustus sich gerühmt habe, Rom als eine Stadt aus Ziegelsteinen in Empfang genommen aber als eine aus Marmor zurückgelassen zu haben.

Das Goldene Zeitalter, auf das sich Nostradamus hier beziehen dürfte, finden wir wortwörtlich in 9/17 (5.276) wieder. Dort geht dem Goldenen Zeitalter der Tod eines schlimmen Herrschers, womöglich eines neuen Caligula, voraus. Da in 10/89/2 explizit von 57 friedlichen Jahren gesprochen wird, könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass es zuvor noch Kämpfe oder Auseinandersetzungen geben wird. Das wiederum würde zu 9/17/4 (5.276) passen, wo davon gesprochen wird, dass der neue König mit "großem Lärm" (großem Aufruhr?) kommt. Das würde allerdings tatsächlich den Bogen zu Augustus schlagen, der sich seine Herrschaft erst erkämpfen musste.

Unklar ist der Hinweis auf das wiederhergestellte Aquädukt in 10/89/3. GRUBER, S. 181, vermutet hier die Aqua Virgo, ein Aquädukt in Rom, das während der Herrschaft des Augustus errichtet wurde und ebenfalls bei SUETON Erwähnung findet.

Der Begriff "Aquädukt" taucht bei Nostradamus auch in 5/58 (5.204) auf und meint dort den Pont du Gard bei Remoulins, etwa 20 km nordöstlich von Nîmes. Zu Lebzeiten unseres Sehers wurde das Bauwerk als Brücke verwendet. Wenn Nostradamus in 10/89 also von einem Wiederaufbau des Aquädukts spricht, dürfte das nicht bedeuten, dass es wieder als Wasserleitung sondern erneut als Brücke dienen wird. Unter welchen Umständen der Pont du Gard zuvor zerstört werden wird, erfahren wir hier nicht.

Es wäre auch denkbar, dass der Begriff "Aquädukt" hier mit Blick auf den Pont du Gard als Synonym für "Brücke" zu verstehen ist. In diesem Fall könnte mit der Wiederherstellung oder Erneuerung ("renoué") dieser "Wasserleitung" auch etwas ganz Anderes gemeint sein. Etwas, das gemäß 10/89/3 den Menschen Freude bereiten wird. Dafür käme eine Erneuerung der Kirche in Frage, jener Organisation, an deren Spitze der "Oberste Brückenbauer" (Pontifex Maximus) steht. Im Umkehrschluss hieße das, dass die Kirche während der Herrschaft des neuen Caligula aus 9/17 (5.276) wohl schwer zu leiden haben wird. Das würde auch erklären, weshalb Nostradamus "Caligula" mit "Nero" bzw. Nebukadnezar II. vergleicht und ihn somit zum Feind des Glaubens und der Kirche macht.




10/16  

Heureux au regne1) de France, heureux de vie
Ignorant sang2) mort fureur & rapine,
Par non flateurs3) seras4) mys en enuie5),
Roy desrobé6) trop de foy en cuisine7).

[Er wird] glücklich an der Herrschaft1) Frankreichs [und] glücklich im Leben [sein].
[Er wird] weder Blutvergießen2) noch Tod, Raserei oder Plünderung kennen.
Von Nicht-Schmeichlern3) wird [er]4) in Kummer5) versetzt [werden].
[Der] König [wird] beraubt6) [werden]. [Er wird] zuviel Vertrauen in [die] Küche7)
[haben].
1) Das mittelfranzösische "regne" bedeutet zudem auch "Land, Königreich". Hier ist aber wohl von der Herrschaftsfunktion und somit von einem französischen Herrscher die Rede.
2) Vgl. lat. "sanguis" (u. a. Blut, Blutvergießen).
3) Mit "Nicht-Schmeichlern" können etwa Kritiker oder offene Feinde gemeint sein.
4) Lies: "sera". Oder Nostradamus spricht hier den Herrscher tatsächlich direkt an. Dann müsste aber wohl der gesamte Vierzeiler derart verstanden bzw. übersetzt werden.
5) Das mittelfranzösische "envie" bedeutet neben "Neid, Eifersucht, Hass" u. a. auch "Kummer, Betrübnis".
6) Oder auch: "ausgeplündert, überrascht, versteckt".
7) "Küche" bezeichnet im Mittelfranzösischen u. a. auch das Essen als solches sowie die materielle Grundlage eines Hausstandes.


Ein französischer König wird weder Krieg noch Gewalt kennen lernen. Allerdings wird er von Kritikern oder Feinden in Kummer versetzt und beraubt werden. Zudem hat er zuviel Vetrauen in seine Küche ...

In den ersten beiden Zeilen ist von einem französischen Herrscher die Rede, der sowohl als Machthaber wie auch als Privatmann glücklich, d. h. vom Schicksal begünstigt sein wird. Krieg und Gewalt wird er nie kennen lernen, Frankreich durchlebt während seiner Herrschaft also eine Zeit des Friedens. Das dürfte den Vierzeiler mit 6/94 und somit mit 10/89 verbinden, wo von einem neuen Goldenen Zeitalter die Rede ist.

Doch auch diese außergewöhnliche Friedenszeit wird nicht völlig ohne Konflikte oder Feindschaften sein. In der dritten und vierten Zeile erfahren wir, dass der Herrscher Frankreichs - es handelt sich offenbar um einen König - von Feinden in Kummer versetzt werden wird. Man scheint ihn zu berauben oder zu überraschen (vgl. Anmerkung 6).

Ein weiterer Fehler des Königs wird darin bestehen, dass er zuviel Vertrauen in seine Küche haben wird. Was Nostradamus damit meint, erfahren wir in 7/42.




7/42  

Deux de poison saisiz nouueau venuz,
Dans la cuisine1) du grand Prince verser:
Par le souillard2) tous deux au faict congneuz,
Prins qui cuidoit de mort l’aisné vexer.

Zwei, [die] im Besitz von Gift [sind, werden] neu hinzugekommen [sein],
um [es] in das Essen1) des großen Fürsten zu schütten.
Vom Tellerwäscher2) [werden] alle beide auf frischer Tat ertappt [werden].
Gefangen [werden wird der], der hoffte, den Älteren mit dem Tod zu quälen.
1) Das mittelfranzösische "cuisine" (Küche) kann auch das Essen als solches bezeichnen.
2) Oder auch: "Küchenjunge; Schmutzfink, unsaubere Person".


Zwei Attentäter, die Gift in das Essen des Königs von Frankreich schütten, werden dabei vom Tellerwäscher auf frischer Tat ertappt. Der Drahtzieher wird gefangen genommen.

7/42 berichtet von einem gescheiterten Giftanschlag auf einen "großen Fürsten". Gemäß Zeile eins werden zwei "neu Hinzugekommene" (mutmaßlich zwei Angestellte, die erst seit Kurzem im Dienst des Fürsten stehen) versuchen, Gift in das Essen ihres Dienstherren zu schütten. Bezeichnenderweise verwendet Nostradamus hier dieselbe Bezeichnung wie in 10/16  - "cuisine". "Groß" ist einmal mehr als "französisch" zu verstehen, beim "großen Fürsten" handelt es sich um den französischen König aus dem erwähnten Vierzeiler 10/16.

Doch das Vorhaben misslingt, wie aus 7/42/3 zu entnehmen ist. Die beiden Giftmischer werden vom Tellerwäscher oder Küchenjungen auf frischer Tat ertappt.

In der vierten Zeile dürfte vom Drahtzieher des gescheiterten Anschlages die Rede sein. Er wird verhaftet werden. Nostradamus schreibt, dass er gehofft haben wird, den "Älteren" töten zu können. Mit dem "Älteren" ist wohl das vorgesehene Opfer, der französische König gemeint. Doch warum nennt ihn unser Seher den "Älteren"? Steckt hinter dem fehlgeschlagenen Attentat vielleicht ein jüngerer Bruder des Königs?




4/20  

Paix vberté1) long temps lieu2) louera3)
Par4) tout son5) regne desert6) la fleur de lis:
Corps morts d’eau, terre7) la lon aportera,
Sperants vain heur d’estre la8) enseuelis.

Frieden [und] Fruchtbarkeit1) wird [der] Ort2) lange Zeit beherbergen3).
In4) ihrer5) ganzen Herrschaft kommt das Verdienst der Lilienblume zu6).
[Den] toten Körpern im Wasser wird man [die] Erde7) hinbringen.
[Sie] hoffen vergeblich [auf das] Glück, dort8) begraben zu sein.
1) Oder auch: "Überfluss", vgl. lat. "ubertas" (Fruchtbarkeit, Ergiebigkeit; reiche Fülle, Überfluss).
2) Im Mittelfranzösischen kann "lieu" auch größere geografische Einheiten wie Gegenden, Regionen usw. meinen.
3) Das mittelfranzösische "louer" bedeutet u. a. auch "beherbergen", vgl. BRIND’AMOUR, S. 489.
4) Im räumlichen wie zeitlichen Sinn: "In ihrem ganzen Land/Königreich" oder auch "Während ihrer ganzen Herrschaft".
5) Oder: "seiner".
6) Unklar. Das Substantiv "desert" bedeutet u. a. "Wüste; Ruin, Zerstörung". In diesem Fall würde sich die Lilienblume wahrscheinlich ihrer Zerstörung gegenübersehen. Sollte es hier "deserte" heißen, würde die Blume verlassen oder ruiniert werden (wohl: "verdorren"). Fasst man "desert" als konjugiertes Verb auf (Infinitiv: "desservir"), wäre die Stelle etwa mit "kommt das Verdienst der Lilienblume zu" zu übertragen.
7) Verstanden als "terre sainte" (geweihte Erde, Friedhofserde). Diese unklare Zeile kann aber sicher auch anders übertragen werden.
8) In der Erde ("terre") eines Friedhofs oder auf dem Festland (ebenfalls "terre").


Frankreich wird während langer Zeit mit Frieden und Wohlstand gesegnet sein. Das Land wird dieses Goldene Zeitalter der Monarchie zu verdanken haben.

Der ersten Zeile ist zu entnehmen, dass ein Ort oder ein geografischer Raum (vgl. Anmerkung 2) lange mit Frieden und Fruchtbarkeit gesegnet sein wird. Diese Beschreibung passt zu den 57 friedlichen und fruchtbringenden Jahren aus 10/89. In der zweiten Zeile von 4/20 dürften wir erfahren, auf welche Gegend, welches Land sich diese Vorhersage bezieht. Laut Nostradamus werden Frieden und Wohlstand nämlich das Verdienst der Lilienblume sein. Das Verdienst der Lilienblume, die seit dem Spätmittelalter für die französische Monarchie und das Haus Bourbon steht. Das dürfte die Strophe auch mit 10/16 verbinden, wo das Königreich Frankreich eine Zeit des Friedens erlebt.

In der zweiten Hälfte von 4/20 geht es um Tote, die sich "im Wasser" befinden. Tote, zu denen man wohl Friedhofserde bringen wird (vgl. Anmerkung 7) und die vergeblich darauf hoffen, auf einem Friedhof oder auf dem Festland begraben zu sein. Diese beiden Zeilen werden im Kontext von 6/94 verständlich (siehe unten).




















6/94  

Vn Roy iré sera aux sedifragues1),
Quant interdicts seront harnois2) de guerre:
La poison taincte3) au succre par les fragues4)
Par eaux5) meurtris, mors, disant serre serre6).

Ein König wird wütend auf die Vertragsbrüchigen1) sein,
wenn [die] Kriegsbewaffnungen2) verboten sein werden.
Das in Zucker getauchte3) Gift [wird] in den Erdbeeren [sein]4).
In den Wassern5) [werden sie] getötet [werden, die zukünftigen] Toten, [während sie]
"Land! Land!"6) sagen.
1) Hier dürfte ein Druckfehler vorliegen. Gemeint war wohl nicht "sedifragues" mit einem langen s (ſ) am Anfang sondern fedifragues, vgl. CLÉBERT, S. 777. "Fedifragues" meint dabei das lat. "foedifragi" (Vertragsbrüchige). Sollte es sich um einen nostradamischen Neologismus handeln, ließe sich der Begriff vielleicht mit "sedis frangentes" (die Demütiger des Thrones) erklären. Der Vertragsbruch dürfte sich auf ein Abkommen beziehen, das hinter dem Verbot der Kriegsrüstungen aus der zweiten Zeile steht. Bei den Vertragsbrüchigen handelt es sich also wahrscheinlich um fremde Machthaber oder Staaten.
2) Das mittelfranzösische "harnois" bedeutet u. a. "Rüstung (eines Mannes), Harnisch, Kriegsbewaffnung; Wagen mit Gespann".
3) Oder vielleicht auch: "mit Zucker vermischte", vgl. lat. "tingere" (u. a. "etwas mit etwas Anderem versehen“).
4) Mit den "fragues" sind entweder die Vertragsbrüchigen der ersten Zeile gemeint oder Nostradamus hat an das lat. "fragum" bzw. provenz. "frago" (Erdbeere) gedacht. Im ersten Fall wären hier wohl nicht die Giftmischer vor Ort gemeint sondern ihre Auftraggeber, die vertragsbrüchigen fremden Mächte, vgl. Anmerkung 1. Die Zeile wäre dann etwa folgendermaßen zu verstehen: "Das Gift [wird mit] Zucker vermischt [werden, und zwar] von den Vetragsbrüchigen."
5) Oder: "Durch die Wasser". In der Utrechter Ausgabe von 1557 steht hier "Per eaux", in späteren Editionen auch "Par eux" (durch sie).
6) In der Utrechter Ausgabe von 1557 steht hier "serre, terre", in der Lyoner desselben Jahres "terre, terre". Später lesen wir an dieser Stelle "serre serre". "Serre" bedeutet u. a. "Riegel, Schloss; Unterdrückung, Unterwerfung; Gewalt; Gefängnis; Tresor". Da hier von Menschen die Rede ist, die im Wasser getötet werden, vermute ich, es sollte hier "terre, terre" ("Land! Land!") heißen. Die bei Nostradamus dem Tode Geweihten könnten beispielsweise ins Meer geworfen werden und beim Versuch, an Land zurückzuschwimmen umkommen. Unser Seher hat sich an dieser Stelle vielleicht an das berühmte "Thalatta! Thalatta!" ("Das Meer! Das Meer!") aus XENOPHONs Anabasis (4,7,24) angelehnt.


In einer Zeit, in der Kriegsbewaffnungen vertraglich verboten sein werden, wird ein König von denjenigen in Wut versetzt, die diesen Vertrag brechen.

6/94 dürfte in zwei Teile zerfallen. In der ersten und zweiten Zeile ist von einem König die Rede, der offenbar zunächst in einer Zeit regiert, in der Kriegsbewaffnungen verboten sein werden. Es herrscht also ein vertraglich vereinbarter allgemeiner Frieden. Das erinnert an das friedliche Goldene Zeitalter aus 10/89 sowie 4/20 und an die Herrschaft des Königs von Frankreich aus 10/16.

Doch in 6/94 ist davon die Rede, dass Vertragspartner den König in Rage versetzen, weil sie den angesprochenen Vertrag brechen und wohl wieder aufrüsten werden. Wir dürften hier also wahrscheinlich den Anfang vom Ende des nostradamischen Goldenen Zeitalters vor uns haben.

Im zweiten Teil des Vierzeilers wird ein ein Giftanschlag geschildert (6/94/3), bei dem das mit Zucker versetzte Gift unter die Erdbeeren gemischt wird. Das Motiv des vergifteten Essens finden wir auch in 7/42 und 10/16, was als weiterer Verweis auf das Goldene Zeitalters des Nostradamus zu werten ist.

Etwas seltsam mutet der Inhalt der vierten Zeile an. Es scheint tatsächlich, als würden Leute in einem Gewässer ertränkt werden. Bei den Hingerichteten könnte es sich um die Giftmischer handeln, die für die vergifteten Erdbeeren aus der dritten Zeile verantwortlich sind. Doch wieso werden sie nicht auf herkömmliche Art exekutiert, etwa auf dem Richtblock oder am Galgen? Möglicherweise ist die Stelle "in den Wassern" so zu verstehen, dass sie auf einer Insel in einem Gewässer exekutiert werden, von dem sie aber das Ufer des Festlandes sehen können. Ein Festland, auf das sie sich zurück wünschen.

Blicken wir an dieser Stelle auf die dritte und vierte Zeile von 4/20 zurück. Gemäß 4/20/3 wird man den Hingerichteten die Friedhofserde (vgl. Anmerkung 7) an den Ort der Hinrichtung "nachtragen". D. h. die Exekutierten werden "im Wasser" bestattet werden. Doch dies entspricht nicht dem Wunsch, den die zum Tode Verurteilten zuvor noch zu äußern werden. In 4/20/4 erfahren wir nämlich, dass sie sich ein Begräbnis auf dem Land bzw. Festland wünschen. Und dieser Wunsch dürfte in 6/94/4 gemeint sein, wenn Nostradamus die Todgeweihten "Land, Land" sagen lässt.

Steht der Giftanschlag auf den König vielleicht in Zusammenhang mit dem sich anbahnenden Ende des Goldenen Zeitalter des Friedens? Mit Blick auf 6/94 dürfte dieser Mordversuch chronologisch jedenfalls dem Ende dieser Epoche zuzuordnen sein.








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