10/43
Le trop bon temps trop
de bonté1) royalle:
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Fais & deffais2)
prompt subit3) negligence,
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Legier croira faux
d’espouse loyalle,
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Luy
mis à mort par sa4) beneuolence.
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Die zu gute Zeit [wird]
zuviel an königlicher Güte1) [beinhalten].
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[Ein] schnelles Hü
und Hott2) muss [die] Nachlässigkeit ertragen3).
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[Zu] leicht wird [er an
den] Fehler der treuen Gemahlin glauben.
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Er [wird]
dem Tod wegen seines4) Wohlwollens überantwortet [werden].
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1) Im Sinne von "Rechtschaffenheit,
Vorzüglichkeit" aber auch von "Herzensgüte, Gutmütigkeit".
Sinngemäß müsste hier von Gutmütigkeit die Rede sein.
Vgl. dazu 5/41/2 (5.276).
2) Lies: "fait & deffait". Die Wendung "faire
le fait et le deffait" bedeutet eine Sache und ihr Gegenteil tun. Sie entspricht
in etwa dem deutschen "erst Hü, dann Hott (sagen)".
3) Oder "subit" ist nicht als konjugierte Form von
"subir" (erdulden, ertragen, erfahren, hinnehmen) zu verstehen sondern
als Adjektiv bzw. Adverb (schnell, überstürzt, plötzlich).
Dann ließe sich die Zeile etwa folgendermaßen übertragen:
"[Ein] schnelles [und] überstürztes Hü und Hott [wird die]
Nachlässigkeit [begleiten]."
4) Oder: "mit ihrem".
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Während einer
zu guten Zeit wird ein schwacher König regieren. Er ist zu gutmütig,
nachlässig und unstet. Leichtgläubig wird er an die Untreue seiner
treuen Königin glauben. Wegen seines Entgegenkommens wird er schließlich
getötet werden.
In der ersten Zeile ist von "königlicher Güte" und
somit von einer Monarchie die Rede. Die ganze Strophe beschäftigt sich
nun eingehender mit dem König, von dem wir allerdings nicht erfahren,
welches Land er regieren wird.
Laut Zeile eins wird dieser König in einer guten, sogar zu guten Zeit
herrschen. Nostradamus kritisiert ihn allerdings dafür, dass er offensichtlich
zu gutmütig sein wird (vgl. Anmerkung 1).
Der zweiten Zeile ist zu entnehmen, dass es sich bei diesem Monarchen um
einen schwachen König handeln wird. Seine Herrschaft wird offensichtlich
von Nachlässigkeit und Widersprüchen bzw. schnellen Kurswechseln
geprägt sein.
In Zeile drei erfahren wir weiter, dass er auch zu Leichtgläubigkeit
neigen wird. Jedenfalls wird er zu leicht glauben, dass seine Frau Ehebruch
begangen hat, obwohl diese ihm treu geblieben ist.
10/43/3 dürfte die Strophe mit 8/23 verbinden, wo eine Königin
einen heimlichen Verehrer (nicht Liebhaber) zu haben scheint und die Regierung
die Hinweise auf die Identität dieses Mannes verheimlicht.
Zeile vier schließlich ist zu entnehmen, dass dieser schwache
König getötet werden wird. Der Grund dafür ist sein Wohlwollen,
sein Entgegenkommen. Doch gegenüber wem oder was? Und wer steckt hinter
seiner Ermordung, seinem Tod? Vielleicht die Regierung, vgl. oben? Wird der
König möglicherweise beseitigt, weil er wegen seiner Schwäche
eine Gefahr für das Land ist? Welche Rolle spielt die Königin dabei
(vgl. dazu Anmerkung 4)?
In 10/43 beschreibt Nostradamus die Epoche, in die die Herrschaft
dieses schwachen Königs fällt, als "zu gute Zeit". Das erinnert
an 5.29, wo man erfolglos versucht, einen französischen König
zu vergiften. Auch dort ist von einer sehr guten Zeit, sogar von einem Goldenen
Zeitalter die Rede.
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