5.58 Die "Jupiter"-Religion. Sie wird sich dann ausdehnen, wenn
der zunŠchst mŠchtige Islam zerfallen ist. Ihr erstes Opfer wird die Ukraine
sein, dann gelangt sie auch nach Westen, nach Italien, und dringt in die
katholische Kirche ein. Die Abwehrversuche des Papstes werden scheitern und die
AnhŠnger der "Jupiter"-Religion werden die Macht in der Kirche
Ÿbernehmen. Der Papst stirbt, und der christustreue Teil der Kirche wird in den
Untergrund gehen. Die "Jupiter"-Kirche wird ihre Macht auch nach
Frankreich ausdehnen. Zentren werden dabei das Burgund und Aquitanien sein.
SpŠter wird die "Jupiter"-Kirche aber durch einen inneren Konflikt
gelŠhmt werden. "Merkur", einem franzšsischen Herrscher, wird es in
dieser Situation schlie§lich gelingen, den "Jupiter"-Kult militŠrisch
zu vernichten und das ganze Mittelmeer zu beherrschen.
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1/57
5/24 [1] Le regne1) & loy2) souz
Venus3) esleuŽ4), [2] Saturne5) aura sus Iupiter6)
empire: [3] La loy & regne par le Soleil7)
leuŽ, [4] Par Saturnins8) endurera le pire. [1] Die Herrschaft1) und [das] Gesetz2)
unter [der] Venus3) [werden] mŠchtig4) [sein], [2] Saturn5) wird [die]
Herrschaft Ÿber Jupiter6) innehaben. [3] Das Gesetz und [die] Herrschaft
werden durch die Sonne7) hochgehoben [werden]. [4] Unter [den] Saturnleuten8)
wird [er]9) das Schlimmste erdulden. 1) Oder auch:
"Kšnigsherrschaft, Kšnigtum; Land". |
Die AnfŠnge der
"Jupiter"-Religion: Der Islam wird zunŠchst gro§ und mŠchtig sein
und der "Jupiter"-Kult wird vom Judentum dominiert werden. Dann
steigt das Christentum auf, und die "Jupiter"-Religion wird durch
die Juden Verfolgung erleiden. Mit Blick auf 3/95
beschreibt 5/24 kurz die Lage verschiedener Religionen zu der Zeit, in der
der Islam noch als mŠchtiger Glaube existiert (vgl. Zeile eins). |
3/95 [1] La loy2) Moricque1) on verra
defaillir3): [2] Apres vne autre beaucoup plus seductiue,4) [3] Boristhenes5) premier viendra
faillir6): [4] Pardons7)
& langue8) vne plus attractiue. [1] Das maurische1) Gesetz2)
wird man zerfallen3) sehen. [2] Danach [wird] ein anderes
[auftauchen, das] viel verfŸhrerischer [sein wird4) [3] und dem die Leute am] Borysthenes5)
[als] Erste anheim fallen6) werden. [4] Wegen [seiner] Geschenke7)
und [seiner] Sprache8) [ist es] ein attraktiveres [Gesetz]. 1) "Maurisch" (franz. mauresque/moresque)
bezieht sich auf die Mauren (nordafrikanische Araber), die zwischen dem 8.
und 15. Jahrhundert auch auf der Iberischen Halbinsel herrschten. Das Gesetz
oder die Lehre, die sie nach Europa brachten, war der Islam. |
Die AnfŠnge der
"Jupiter"-Religion: Der Islam wird zerfallen, dann taucht aber eine
andere Lehre auf (der "Jupiter"-Kult), der die Ukraine als erstes
Land anheim fallen wird. Durch materielle Zuwendungen und schšne Worte wird
die neue Lehre attraktiver sein als der Islam. In der ersten Zeile ist
vom "maurischen Gesetz" die Rede, wahrscheinlich vom Islam, vgl.
Anmerkung 1. Er wird zerfallen, d. h. wohl seine Bedeutung, Macht und Grš§e
verlieren. Ob der Islam zur GŠnze verschwinden oder in †berresten weiter
existieren wird, lŠsst sich hier nicht sagen, vgl. Anmerkung 3. Ebensowenig
erfahren wir Ÿber die Ursache dieses Zerfalls. Es wŠre aber denkbar, dass die
Niederlage im Kampf um das Abendland ("CHYREN"-Thema) mit
ursŠchlich fŸr diese Entwicklung sein wird. |
4/43 [1] Seront ouys au ciel les armes battre:1) [2] Celuy an mesme les diuins ennemis:2) [3] Voudront loix3) sainctes iniustement
debatre4), [4] Par foudre5) & guerre bien
croyans ˆ mort mis. [1] Es werden die Waffen gehšrt, die am Himmel
kŠmpfen.1) [2] [In] jenem Jahr [werden] selbst
die Gšttlichen Feinde.2) [3] [Sie] werden [die] heiligen
Gesetze3) ungerechtfertigterweise debattieren4). [4] Durch [den] Blitz5)
und [den] Krieg [werden] RechtglŠubige getštet [werden]. 1) Hier greift Nostradamus einmal mehr auf die
Vorzeichensammlung des Julius OBSEQUENS zurŸck. GemŠ§ dieser wurde im Jahr
104 v. Chr. in Rom beobachtet wie himmlische Waffen aus dem Westen gegen
solche aus dem Osten kŠmpften, wobei jene aus dem Westen siegten (Kapitel
43). Zudem wurden im Jahr 154 v. Chr. in Compsa (heute Conza della Campania)
am Himmel Waffen fliegen gesehen (Kapitel 17). Im Jahr 106 v. Chr. fielen
Speere vom Himmel (Kapitel 41). Und fŸr das Jahr 43 v. Chr. berichtet
OBSEQUENS von Waffen und Wurfgeschossen, die in den Himmel aufgestiegen seien
(Kapitel 69). Nostradamus spricht zudem auch in 1/64/3 (5.133) von einer am
Himmel geschlagenen Schlacht und in 2/85/4 (5.34) von WaffenlŠrm am Himmel. |
Neuer Kampf um Troja bzw. dessen Tochterstadt Rom. Die AnhŠnger der
"Jupiter"-Religion sto§en militŠrisch vor und in der Kirche stellt
man die heiligen Lehren infrage. Mit dem
"Blitz" in der vierten Zeile ist wohl Jupiter gemeint (vgl.
Anmerkung 5), was den Vierzeiler der neuheidnischen
"Jupiter"-Religion zuordnet. Dieser Kult ist hier auf dem
Vormarsch. Der Vormarsch scheint (auch) militŠrisch vonstatten zu gehen, denn
RechtglŠubige (Christen) werden vom "Blitz" und vom
"Krieg" getštet werden. |
1/91 [1] Les dieux feront aux humains apparence,1) [2] Ce quils seront auteurs de grand conflit:2) [3] Auant ciel veu serain3) espŽe &
lance4), [4] Que vers main gauche5) sera plus
grand afflit6) [1] Die Gštter werden [es] den Menschen aufzeigen,1) [2] dass sie [die] Urheber des gro§en
Konfliktes sein werden.2) [3] Bevor [der] Himmel klar3)
gesehen [wird, erscheinen] Schwert und Lanze4), [4] so dass es in Richtung linker
Hand5) [die] grš§ere Zerstšrung geben wird.6) 1) Oder auch nur: "Die Gštter werden bei den
Menschen [den] Anschein erwecken". |
Neuer Kampf um Troja bzw. dessen Tochterstadt Rom. Warnende Vorzeichen
am Himmel werden zu spŠt verstanden, so dass es im Westen oder im Lager des
Westens die grš§ere Zerstšrung geben wird. Wie 4/43/2 greifen auch
die ersten beiden Zeilen von 1/91 auf den Trojanischen Krieg zurŸck. Wir
erfahren, dass die Gštter den Menschen mitteilen werden, dass sie - die
Himmlischen - die Urheber des gro§en Konflikts sind. Das wŸrde zu speziellen
am Firmament sichtbaren Konstellationen passen, die auf den Ausbruch eines
Krieges hindeuten, vgl. Anmerkung 4. |
3/6 [1] Dans temples1) clos le foudre2)
y entrera3), [2] Les citadins dedans leur[s] forts4)
greuŽs: [3] Cheuaux, beufs, h›mes. lÕ›de5) mur
touchera, [4] Par faim, soif sous les plus foibles arnŽs6). [1] In [die] geschlossenen Tempel1) wird der
Blitz2) einschlagen3). [2] Die BŸrger in ihren Befestigungen4)
[werden] bedrŠngt [werden]. [3] [Von] Pferden, Ochsen [und]
Menschen. Die Welle5) wird [die] Mauer erreichen. [4] Neben Hunger [und] Durst [sind
sie] unter den schwŠchsten RŸstungen6). 1) In den Ausgaben von 1555 und 1557 steht hier
"temples". BRINDÕAMOUR, S. 344, PRƒVOST, S. 50 und CLƒBERT, S. 350
sehen hier den Singular "temple" gemeint. "Tempel" sind
Kirchen, vgl. lat. "templum" (u. a. Tempel, Kirche). |
Die "Jupiter"-Religion wird in die geschlossenen
christlichen Kirchen einziehen. Eine Stadt - wohl Rom - wird angegriffen und
belagert werden. In der ersten Zeile
erfahren wir, dass der "Blitz" in die geschlossenen Kirchen
einschlagen oder einziehen wird, vgl. Anmerkung 3. Mit dem "Blitz"
ist wohl Jupiter bzw. die neuheidnische "Jupiter"-Religion gemeint,
die sich der Kirchen bemŠchtigt, die zuvor bereits aufgegeben (geschlossen)
wurden. |
3/44 [1] Quand lÕanimal1) ˆ2) lÕhomme
domestique3) [2] Apres gr‹ds peines & saults4)
viendra parler5): [3] Le foudre6) ˆ vierge7)
sera si maleficque, [4] De terre prinse, & suspendue8)
en lÕair. [1] Wenn das Haustier1) [dazu kommen wird,]
zum2) Christenmenschen3) [2] nach gro§en Leiden und
Niederlagen4) zu sprechen5). [3] [Dann] wird der Blitz6)
der Jungfrau7) so schŠdlich sein, [4] [dass sie] von der Erde genommen
und in die Luft gehŠngt8) [werden wird]. 1) Das mittelfranzšsische "animal" (Tier)
kann im Ÿbertragenen Sinn auch einen dummen Menschen bezeichnen. Vgl. dazu
auch lat. "pecus" (Vieh, Kleinvieh, Haustier; dummer oder roher
Mensch). Falls sich das "domestique" auf dieses Tier bezieht,
hŠtten wir ein Haustier vor uns, vielleicht einen Hund, vgl. Anmerkung 3. Betrachten
wir das Paar Blitz-Jungfrau auf der religišsen Ebene, so ist der Blitz wohl
mit der in 5/77 erwŠhnten neuheidnischen "Jupiter"-Religion
gleichzusetzen. Mit der "Jungfrau" dŸrfte hingegen auf die
Muttergottes, die heilige Jungfrau Maria verwiesen werden. In der Apokalypse
(5.48: 10/98) ist ebenfalls von einer "Jungfrau" die Rede. Dort ist
mit ihr, d. h. der Muttergottes, meines Erachtens die Kirche (als
Organisation) gemeint, die sich in die Hure Babylon verwandelt. In 3/44/3f.
scheint nun die "Jupiter"-Religion die Kirche "aufzuhŠngen".
Bedeutet das aber nun, dass die Kirche vernichtet werden wird? Nein!
Abgesehen davon, dass Jesus dem Apostel Petrus versichert hat, dass die
Kirche nie untergehen wird (MatthŠus 16,18) sagt auch Nostradamus in seiner
Apokalypse voraus, dass der letzte Papst sein Amt dem wiedergekommenen Herrn
Ÿbergeben wird (5.48: 8/95). Das ist aber nur mšglich, wenn das Papstamt bzw.
die dazu gehšrende Kirche bis zum Schluss existiert. Aus 3/44/3f. kann man
allerdings schlie§en, dass die "Jupiter-Religion" wohl die Vernichtung
der Kirche versuchen und ihr sehr schwer zusetzen wird. Mšglicherweise wird
die Kirche sogar ihre Funktionen eine Zeit lang nicht mehr erfŸllen kšnnen -
wenigstens nicht šffentlich. Nostradamus dŸrfte gerade in diesem Zusammenhang
nicht zufŠllig statt "pendre" (aufhŠngen) das mehrdeutige
"suspendre" verwendet haben (vgl. Anmerkung 8). |
Der AnfŸhrer der "Jupiter"-Religion (das
"Haustier": Hund?) wird mit dem AnfŸhrer der Christen sprechen,
nachdem er letzterem gro§e Leiden und Niederlagen zugefŸgt hat. Der
"Jupiter"-Kult wird dann fŸr die Kirche tšdlich sein. In der zweiten HŠlfte der Strophe
tauchen zwei Figuren auf, die wir kennen. Zum einen der "Blitz",
der wohl die neuheidnische "Jupiter"-Religion meint (vgl.
Anmerkung 6) und die "Jungfrau", die wahrscheinlich fŸr die Kirche
bzw. deren Urbild, die Muttergottes, stehen dŸrfte (vgl. Anmerkung 7). Dabei
erfahren wir, dass "Jupiter" der Kirche derart schaden wird, dass
sie regelrecht "aufgehŠngt" oder von ihren eigentlichen Aufgaben
"suspendiert" zu sein scheint (vgl. Anmerkungen 7 und 8). |
2/56 [1] Que1) peste4) & glaiue
nÕa3) peu2) seu definer [2] Mort dans le puys5), sommet6)
du ciel frappŽ7). [3] LÕabbŽ8) mourra quand verra ruiner9) [4] Ceulx du naufraige lÕescueil10) voul‹t
grapper [1] [Der,] der1) es nicht im Mindesten2)
verstanden hat3), Pest4) und Schwert zu beenden, [2] [liegt] tot im Brunnen5).
[Der] hšchste Punkt6) [wird] vom Himmel geschlagen [sein]7). [3] Der Abt8) wird
sterben, wenn [er] sehen wird, [4] [wie] die vom Schiffbruch
[zugrunde gehen9), wenn sie] die Klippe10) ergreifen
wollen. 1) "Que" (was) kann im
Mittelfranzšsischen u. a. auch "qui" (wer) bedeuten. Ansonsten
hie§e es hier: "[Das,] was ..." |
Der Papst (ein neuer Jeremia?) wird es nicht schaffen, Krieg und
Unheil zu stoppen. Seine Politik wird vielmehr scheitern und dazu fŸhren,
dass die AnhŠnger der "Jupiter"-Religion die Kirche Ÿbernehmen
kšnnen. Der Papst wird dann sterben, wenn jene Katholiken zugrunde gehen werden,
die nach der Niederlage der Kirche zum "Jupiter"-Kult Ÿberlaufen
wollen. In der zweiten Zeile
schlŠgt wieder der "Blitz", d. h. die "Jupiter"-Religion,
zu (vgl. Anmerkung 7). Wir erfahren dabei, dass der "Blitz" den
"hšchsten Punkt" oder den "Kopf" von etwas treffen wird
(vgl. Anmerkung 6). |
3/13 [1] Par1) foudre2) en lÕarche3)
or & argent fondu4): [2] Des deux captifs lÕvn lÕautre mangera5): [3] De la citŽ le plus grand estendu6), [4] Quand submergŽe la classe7) nagera. [1] Durch1) [den] Blitz2) [wird]
in der Arche3) Gold und Silber geschmolzen4). [2] Von den beiden Gefangenen wird
der eine den anderen essen5). [3] Der Grš§te der Stadt [wird]
niedergestreckt6), [4] wenn das gesunkene Schiff7)
schwimmen wird. 1) Oder u. a. auch: "wegen". |
Die AnhŠnger der "Jupiter"-Religion werden die Kirche
materiell ausrauben. Von zwei Gefangenen wird der eine den anderen
"essen". Wenn der Papst stirbt, wird der christustreue Teil der
Kirche im Verborgenen agieren mŸssen. In der ersten Zeile taucht
wieder der "Blitz", d. h. "Jupiter" auf. Er wird das Gold
und das Silber aus der Kirche ("Arche", vgl. Anmerkung 3)
einschmelzen lassen und wohl fŸr sich verwenden. Das dŸrfte die neue Gold- und
Silbermine aus 1/53/4 sein. |
1/53 [1] Las quÕ on1) verra grand peuple tormentŽ [2] Et la loy2) saincte en totale ruine [3] Par aultres loyx3) toute ChrestientŽ, [4] Quand dÕor dÕargent trouue5)
nouuelle mine4) [1] Ach! Wenn man1) [das] gro§e Volk gequŠlt
sehen wird, [2] und das heilige Gesetz2)
in totalem Ruin, [3] [dann wird] durch andere Gesetze3)
[die] ganze Christenheit [gequŠlt werden]. [4] [Und zwar dann,] wenn [man eine]
neue Gold- [und] Silbermine4) findet5). 1) PRƒVOST, S. 120, korrigiert
hier zu "lorsquÕon" (dann, wenn man). |
Dann, wenn die AnhŠnger der "Jupiter"-Religion die Kirche
materiell ausrauben werden, wird das franzšsische Volk zu leiden haben. Der
Katholizismus wird všllig ruiniert und die Christenheit von anderen Lehren
heimgesucht sein. Die vierte Zeile dŸrfte
die Verbindung zu 3/13 und somit zum "Jupiter"-Thema herstellen.
Die neue Gold- und Silberquelle ("-mine") aus 1/53/4 ist dabei wohl
mit den geplŸnderten Kirchen aus 3/13/1 identisch. |
9/36 [1] Vn grand Roy prins entre les mains dÕvn Ioyne1). [2] Non loing de Pasque confusion2) coup
cultre3): [3] Perpet.4) captifs temps que foudre5)
en la husne6), [4] Lors que trois freres7) se
blesseront & murtre. [1] Ein gro§er Kšnig [ist] gefangen in den HŠnden eines
JŸnglings1). [2] Nahe bei Ostern [kommt es in der]
Verwirrung2) [zum] Messerstich3). [3] Ewige4) Gefangene
[werden sie in der] Zeit [sein], wenn [der] Blitz5) in den
Mastkorb6) [einschlŠgt] [4] [und] wenn drei BrŸder7)
sich verletzen und [ein] Massaker [veranstalten]. 1) Zu verstehen als
"jeune", was sich allerdings auch nur mŠ§ig gut auf das
"husne" der dritten Zeile reimt. Die Form "Ioyne" finden
wir auch in 9/76/4 (5.17). |
Ein gro§er (franzšsischer?) Kšnig wird von einem JŸngling
("Ganymed"?) gefangen gehalten werden. Nahe bei Ostern kommt es zu
einem Messerstich. Zu der Zeit, wenn die AnhŠnger der
"Jupiter"-Religion die Spitze der Kirche angreifen, werden drei
BrŸder oder Partner sich gegenseitig verletzen und ein Massaker veranstalten.
Zu "ewigen Gefangenen" wird man dann werden. In der dritten Zeile
taucht wieder der "Blitz" bzw. die neuheidnische
"Jupiter"-Religion auf. Wir erfahren, dass der "Blitz" in
den Mastkorb eines Schiffes einschlagen wird. |
5/77 [1] Tous les degrez d honneur Ecclesiastique, [2] Seront changez en dial1) quirinal2): [3] En Martial4) quirinal flaminique3),5) [4] Puis vn Roy de France le6) rendre
vulcanal7). [1] Alle RŠnge der kirchlichen WŸrde [2] werden [in solche] des Jupiters1)
[und] des Quirinus2) umgewandelt [werden]. [3] In priesterliche3)
[WŸrden] des Mars4) [und] des Quirinus.5) [4] Dann [wird] ein Kšnig von
Frankreich sie6) vulkanisch7) machen. 1) Lat. "dialis" (zu
Jupiter gehšrig). Jupiter war der oberste Staatsgott Roms. |
Die Kirche wird in eine neuheidnische Kultgemeinschaft der
"Jupiter"-Religion umgewandelt. Ein Kšnig von Frankreich wird sie
spŠter jedoch vernichten. Strophe 5/77 beschreibt
offenbar, wie die Kirche in eine neuheidnische Glaubensgemeinschaft
umgewandelt wird. Dabei werden alle kirchlichen WŸrdentrŠger zu Priestern des
Jupiter, Mars und Quirinus gemacht werden (Zeilen eins bis drei). |
10/18 [1] Le ranc1) Lorrain2) fera
place ˆ3) Vendosme4), [2] Le hault mys bas & le bas mys en hault, [3] Le filz dÕHamon5) sera esleu dans
Rome, [4] Et les deux grands seront mys en deffault6). [1] Die Linie1) Lothringens2)
wird in3) Vend™me4) Platz machen. [2] Der Hohe [wird] nach unten und
der Untere nach oben gebracht [werden]. [3] Der Sohn des Ammon5)
wird in Rom gewŠhlt werden, [4] und die beiden Gro§en werden ins
Elend6) gestŸrzt. 1) Das mittelfranzšsische
"ranc, rang" bedeutet u. a. "Schlachtreihe, Ausrichtung,
Reihenfolge, Gefolge, Rang (in einer Hierarchie oder Reihenfolge)".
PRƒVOST, S. 211f., und CLƒBERT, S. 1080f., verstehen den Begriff hier als
"Linie" (Dynastie, Haus), was inhaltlich ebenfalls passen wŸrde. |
In Rom wird der "Sohn des Jupiter-Ammon"
("Ganymed") zum Kirchenoberhaupt gewŠhlt, zwei "Gro§e"
werden ins Elend gestŸrzt. In Frankreich steigt jemand auf und jemand anderes
ab. Laut Zeile drei wird in
Rom der "Sohn des Ammon" gewŠhlt werden. Ammon ist sehr
wahrscheinlich Jupiter, vgl. Anmerkung 5. Mit der ršmischen Wahl mŸsste eine
Papstwahl gemeint sein. |
3/18 [1] Apres la pluie [de]1) laict2)
assŽs longuete, [2] En plusieurs lieux de Reins3) le
ciel touchŽ4) [3] Helasquel meurtre de seng5) pres
dÕeux sÕapreste. [4] Peres & filz rois6) nÕoseront
aprocher. [1] Nach dem Milchregen2),
[dem] ziemlich lang andauernden, [2] [wird] an mehreren Orten von
Reims3) der Himmel zuschlagen4). [3] Ach, welch [ein] Mord am
kšniglichen GeblŸt5) bereitet sich nahe bei ihnen vor. [4] VŠter und Sšhne werden [an den]
Kšnigen6) nicht wagen, [sich] zu nŠhern. 1) BRINDÕAMOUR, S. 360, fŸgt hier ein "de"
ein, was sowohl inhaltlich wie auch verstechnisch passt. |
Nach einer langen Zeit des Unheils werden die AnhŠnger der
"Jupiter"-Religion in Reims zuschlagen. Ein gro§er Mord zulasten
der franzšsischen Kšnigsfamilie bahnt sich an. In der zweiten Zeile ist
von Reims, der Kršnungsstadt der franzšsischen Kšnige die Rede. In dieser
symboltrŠchtigen Stadt dŸrfte etwas von gro§er Wichtigkeit geschehen. Darauf
deuten die Vorzeichen hin, die Nostradamus in den beiden ersten Zeilen erscheinen
lŠsst. ZunŠchst erwŠhnt unser
Seher in 3/18/1 einen "ziemlich lang andauernden Milchregen". Ein
solcher "Milchregen" ist mit Blick auf 3/19 (5.33) wohl recht klar
als Vorzeichen fŸr Unheil zu verstehen. Der Umstand, dass er hier
"ziemlich lang andauern" wird, kšnnte den Grad oder die Bedeutung
des Unheils verdeutlichen. Konkret ist dabei wohl Unheil gemeint, unter dem
die Franzosen zu leiden haben werden, vgl. 1/53. GemŠ§ 3/18/2 wird
"der Himmel" mehrfach in Reims "zuschlagen". Im Ersten
Weltkrieg verlief die Front in der NŠhe der Stadt. Reims wurde durch
Artilleriebeschuss und Luftangriffe der Deutschen zu einem gro§en Teil
verwŸstet. Schwer beschŠdigt wurde u. a. auch die Kathedrale Notre-Dame (vgl.
Anmerkung 3), deren Wiederaufbau nach dem Krieg Ÿber zwanzig Jahre in
Anspruch nahm. Hier dŸrften aber wohl eher BlitzeinschlŠge gemeint sein, vgl.
Anmerkung 4. Der Blitz ist ein Attribut Jupiters, was bei Nostradamus wohl
auf die neuheidnische "Jupiter"-Religion verweist. Laut dritter und vierter
Zeile scheint sich nun an einem 6. Januar in oder nahe Reims ein Mord
anzubahnen. Und zwar an einem oder mehreren Mitgliedern der kšniglichen
Familie. Diese Tat scheint zudem so schrecklich zu sein, dass niemand es
wagen wird, sich zu nŠhern. |
6/35 [1] Pres de Rion1), & proche ˆ blanche2)
laine3), [2] Aries, Taurus, Cancer, Leo, la Vierge,4) [3] Mars5), Iupiter6), le Sol7)
ardra grand plaine, [4] Bois & citez, lettres8) cachez9)
au cierge10). [1] Nahe des Rioni1) und nahe der blonden2)
Wolle3) [findet] [2] [wŠhrend] Widder [und] Stier
[sowie] Krebs, Lšwe [und] der Jungfrau4) [3] [ein] Krieg5) [mit]
Jupiter6) [statt]. Die Sonne7) wird [die] gro§e Ebene
verbrennen [4] [sowie] WŠlder und StŠdte. [Die]
Briefe8) [tragen] Siegel9) aus Wachs10). 1) Der Rioni (auch: Rion, griech.
Phasis) ist ein Fluss in Westgeorgien, der im Kaukasus entspringt und bei
Poti ins Schwarze Meer flie§t. Im Altertum galt er als Grenze zwischen Europa
und Asien. Im Griechischen bedeutet "rion" auch "Bergkuppe,
First; Vorgebirge". "Rion" wŠre zudem der Eigenname eines
Vorgebirges auf der Peloponnes am Eingang des Golfes von Korinth. In
Frankreich gŠbe es noch die Ortschaften Rion-des-Landes (SŸdwestfrankreich,
34 km nordwestlich von Mont-de-Marsan), Rions (27 km sŸdšstlich von Bordeaux),
Riom (13 km nšrdlich von Clermont-Ferrand), Rioms (63 km nordšstlich von
Avignon) und Riom-s-Montagnes (64 km sŸdwestlich von Clermont-Ferrand). |
Expansion der
"Jupiter"-Religion: Nahe Georgien findet in einem FrŸhling und
Sommer ein Krieg zwischen
"Jupiter"-AnhŠngern und Christen statt. Die
Ungeschicklichkeit des ChristenanfŸhrers fŸhrt zur Zerstšrung des nšrdlichen
Kaukasusvorlandes. "Briefe" tragen Wachssiegel. In der dritten Zeile
werden Jupiter und die Sonne erwŠhnt, dazu auch der Mars. Dass hier eher an
VorgŠnge auf der Erde statt an astronomische Konstellationen gedacht wurde,
ist wohl aus dem Umstand zu schlie§en, dass die Sonne eine gro§e Ebene sowie
WŠlder und StŠdte (Zeile vier) verbrennen wird. Jupiter meint wohl die
neuheidnische "Jupiter"-Religion. Die Sonne steht bei
Nostradamus grundsŠtzlich fŸr das Christentum. Hier hat unser Seher aber wohl
auch an Phaeton gedacht, der im Mythos den Sonnenwagen so ungeschickt gelenkt
hat, dass Teile der Erde verbrannt wurden, vgl. Anmerkung 7. Der Mars tritt in 6/35/3
wohl als Verkšrperung des Krieges auf. Jenes Krieges, in dem sich
"Jupiter"-AnhŠnger und Christen gegenŸber stehen. Dem antiken Mythos zufolge
wurde der Sonnenlenker Phaeton von Jupiter erschlagen. †bertragen wir diese
Information auf NostradamusÕ Vierzeiler, so dŸrfte dies als Sieg der
"Jupiter"-AnhŠnger Ÿber die Christen ("Sonne") zu
verstehen sein. Phaeton ist bei unserem Seher wohl ein ungeschickter
christlicher AnfŸhrer. In der ersten und dritten
Zeile erfahren wir wohl, wo sich der hier geschilderte Kampf zutragen wird:
In der NŠhe von Georgien, wahrscheinlich im sŸdrussischen Flachland nšrdlich
des Kaukasus. Laut Zeile zwei werden die
KŠmpfe wohl im FrŸhling (MŠrz bis Mai) und im Sommer (Juni bis September)
stattfinden. Aus welcher Richtung die
"Jupiter"-AnhŠnger nach SŸdrussland vorsto§en werden, ist hier nicht
ersichtlich. In 3/95 haben wir allerdings erfahren, dass die Ukraine als
erstes Land dem neuen Kult anheim fallen wird. Somit mŸsste die
"Jupiter"-Religion von Nordwesten Richtung Kaukasus vordringen. Všllig unklar ist im
Moment noch, was das fŸr Briefe mit Wachssiegeln in der vierten Zeile sind. |
6/49 [1] De la partie2) de Mammer3)
grand Pontife1), [2] Subiuguera les confins4) du Dannube: [3] Chasser les croix par fer6) raffe ne
riffe5), [4] Captifz, or, bagues7) plus de cent
mille rubes8). [1] [Der] gro§e Pontifex1) von der Partei2)
des Mars3) [2] wird die Grenzgebiete4)
der Donau unterwerfen. [3] [Er wird] die Kreuze vollstŠndig5)
mit dem Schwert6) vertreiben. [4] [Er macht] Gefangene [und
erbeutet] Gold [und] Juwelen7) [mit einem Gewicht von] mehr als
100 000 Rubes8). 1) Im alten Rom wurde der
Oberpriester als "pontifex" bezeichnet. SpŠter wurde dieser Titel
auf den Papst Ÿbertragen. |
Expansion der
Jupiter-Religion: Das Oberhaupt der "Jupiter"-Religion wird die
Gebiete an der Donau unterwerfen, die Christen vollstŠndig vertreiben und
gro§e Beute machen. In der ersten Zeile ist
von einem historisch bedeutenden ("gro§en") Papst (Pontifex) die
Rede. Wir erfahren, dass er aus der "Partei" (Gruppierung,
vielleicht auch Region, vgl. Anmerkungen 2 und 3) des Mars stammen wird.
Woran Nostradamus bei dieser "Partei des Mars" wahrscheinlich
gedacht hat, ist wohl aus dem Rest der Strophe herzuleiten: In Zeile zwei erfahren
wir, dass dieser Papst Gebiete an der Donau unterwerfen wird. Dass mit dieser
"Unterwerfung" keine religišse Bekehrung sondern tatsŠchlich eine
militŠrische Eroberung gemeint ist, ist wohl aus Zeile drei zu schlie§en. Das
wiederum bedeutet jedoch, dass dieser Pontifex nicht nur Ÿber religišse
sondern auch Ÿber gro§e politische und militŠrische Macht verfŸgen muss. Der dritten Zeile ist zu
entnehmen, dass dieser Papst die "Kreuze" mit Waffengewalt
vollstŠndig vertreiben wird. Mit "Kreuzen" meint Nostradamus an
anderer Stelle aber Christen oder sogar fŸr das Christentum kŠmpfende Truppen
("Kreuzfahrer"), vgl. 3/20 (5.222). Somit ist klar, dass es sich
beim erwŠhnten Pontifex um keinen gewšhnlichen katholischen Papst handeln
kann. Jetzt wird auch die erste
Zeile verstŠndlich: Wie wir in 5/77 erfahren, wird die Kirche in Zukunft
einmal in eine neuheidnische Glaubensgemeinschaft umgewandelt werden, deren
Priester die altršmische Gšttertrias Jupiter, Quirinus und Mars verehren. Mit
dem "gro§en Pontifex von der Partei des Mars" dŸrfte somit das
Oberhaupt dieser Neuheidenkirche gemeint sein. Kriegsgott Mars steht dabei
einerseits stellvertretend fŸr das ršmische Pantheon ("Partei,
Gruppe"). Andererseits dŸrfte seine Nennung auf den
militŠrisch-expansiven Charakter dieses neopaganen Glaubens verweisen. In 6/49/4 erfahren wir,
dass dieser kriegerische Neuheidenpapst auf seinem Feldzug Gefangene machen
und Ÿber 1200 Tonnen Gold und Juwelen erbeuten wird. Der sich gerne mehrdeutig
Šu§ernde Nostradamus kšnnte in der ersten Zeile deswegen von Mars als Mamers
("Mammer") sprechen, um auf den rŠuberischen Aspekt dieser
Expansion zu verweisen. Wie in Anmerkung 3 erwŠhnt, errichteten die
Mamertiner ("Sšhne des Mars") auf Sizilien einst einen RŠuberstaat,
von dem aus sie auf BeutezŸge gingen. Au§erdem waren die Mamertiner
VerbŸndete Roms, was letzterem ermšglichte auf Sizilien militŠrisch
einzugreifen, gegen Karthago Krieg zu fŸhren (Erster Punischer Krieg 264 -
241 v. Chr.) und die Insel schlie§lich seinem Herrschaftsbereich
einzuverleiben. Eine weitere Querverbindung zur ršmischen Antike! |
4/28 [1] Lors que Venus1) du sol2)
sera couuert3), [2] Souz lÕesplendeur sera forme4)
occulte, [3] Mercure5) au feu7) les6)
aura descouuert [4] Par bruit8) bellique sera mis ˆ
lÕinsulte9). [1] Wenn [die] Venus1) von der Sonne2)
verdeckt3) sein wird, [2] wird unter dem Glanz [eine]
verborgene Formation4) [vorhanden] sein. [3] Merkur5) wird sie6)
im Feuer7) entdeckt haben [4] [und dann] mit kriegerischem Ruhm8)
zum Angriff9) Ÿbergehen. 1) Venus (griech. Aphrodite) war
die Gšttin der Schšnheit und der (geschlechtlichen) Liebe. Sie wurde bei
Zypern aus dem Schaum des Meeres geboren. Verheiratet war sie mit Vulcanus
(griech. Hephaistos), dem Gott der Schmiedekunst. Sie war aber auch die
Geliebte des Mars. Ihr Tag war der Freitag (lat. "dies Veneris"),
weshalb sie bei Nostradamus auch fŸr den Islam steht. FŸr den Freitag vgl.
10/95/4 (5.16). |
Das Christentum wird den Islam Ÿbertrumpfen. Unter den Christen wird
es im Verborgenen aber die AnhŠngerschaft der "Jupiter"-Religion
geben. Vorschau: Der Franzose "Merkur"wird sie entdecken und dann
ruhmreich zum militŠrischen Angriff Ÿbergehen. Laut Zeile eins wird die
Sonne die Venus verdecken. D. h. das Christentum wird den Islam Ÿbertrumpfen
oder vielleicht sogar zum Verschwinden bringen. Das ist eine Parallele zu
3/95/1, wo wir erfahren, dass der Islam zerfallen wird. Aber unter dem Glanz der triumphierenden
Sonne (Zeile zwei) wird im Verborgenen eine andere Gruppierung von Leuten
existieren. Eine Gruppierung, die nicht zum Glanz (des Christentums) gehšren
wird. Der dritten Zeile
entnehmen wir, dass "Merkur" sie (die Angehšrigen der verborgenen
Gruppierung) im "Feuer" entdecken wird. Mit dem "Feuer"
ist hier wohl die Sonne, d. h. das Christentum gemeint, vgl. Anmerkung 7. GemŠ§ Zeile vier wird es
dann zum Krieg zwischen "Merkur" und dieser Gruppierung kommen,
wobei hier nicht klar ist, von wem der Angriff ausgehen wird (vgl. Anmerkung
9). Wie aus den letzten beiden
Zeilen zu schlie§en ist, ist mit "Merkur" hier wohl kaum der
gleichnamige Planet gemeint. Vielmehr mŸssen wir wohl an eine Macht oder eine
Person denken. Konkret kšnnte Nostradamus dabei einen franzšsischen Herrscher
im Auge gehabt haben, den er mit Herzog Ludwig II. von Bourbon (1337-1410)
vergleicht, vgl. Anmerkung 5. FŸr die franzšsische Spur sprŠche u. a. auch
5/77/4, wo wir erfahren, dass die AnhŠnger der "Jupiter"-Kirche von
einem Kšnig von Frankreich vernichtet werden. Die innerhalb der Kirche
vorhandene und zunŠchst verborgene Gruppierung wŠre in diesem Fall mit den
AnhŠngern des "Jupiter"-Kultes zu identifizieren. Dass
"Merkur" und "Jupiter" auch tatsŠchlich miteinander im Krieg
stehen werden, dŸrfte weiter aus 9/55/4 zu ersehen sein. |
4/29 [1] Le sol1) cachŽ eclipse2) par
Mercure3) [2] Ne sera mis6) que pour4)
le ciel second5). [3] De Vulcan7) Hermes8) sera
faite10) pasture9): [4] Sol11) sera veu pur rutilant12)
& blond13). [1] Die versteckte Sonne1) verschwindet2)
durch Merkur3). [2] [Die Sonne] wird nur wegen4)
des zweiten Himmels5) aufgerichtet6) werden. [3] Von Vulkan7)-Hermes8)
[wird die versteckte Sonne zum] Fra§9) gemacht10)
werden. [4] [Die] Sonne11) wird rein,
rštlich12) und golden13) gesehen werden. 1) Lat. "sol" (Sonne).
Die Sonne steht bei Nostradamus fŸr das (katholische) Christentum, das den
Tag der Sonne (lat. "dies Solis"), den Sonntag feiert. 8) Hermes entspricht dem ršmischen Merkur, der somit
in dieser Strophe zum dritten Mal erwŠhnt wird. 9) Oder auch "Beute; Weide". Die Stelle
erinnert an eine Passage im Vorwort fŸr CŠsar Nostradamus, wo unser Seher seinem
Sohn mitteilt, dass er die zur Erstellung der Prophezeiungen verwendeten
Schriften Vulcanus (Vulkan) zum Verschlingen gegeben, d. h. verbrannt habe: "Mais
doutant ce qui aduiendroit en ay faict, apres la lecture, present ˆ
Vulcan, que pendant quil les venoit ˆ deuorer, la flamme leschant
lÕair rendoit vne clartŽ insolite, plus claire que naturelle flamme, comme
lumiere de feu de clystre fulgurant, illuminant subit la maison, comme si
elle fust estŽ en subite c›flagration." 10) Die †bersetzung der Zeile hŠngt u. a. an der
Frage, ob dieses "faite" (weiblich) vielleicht "fait"
(mŠnnlich) hei§en sollte. Bei "fait" wŠre die Zeile so zu
verstehen: "Von Vulcanus wird Hermes zum Fra§ gemacht werden", d.
h. "Merkur" wŸrde hier verbrannt, vgl. dazu Anmerkungen 7 und 9.
Allerdings stellt sich hier die Frage, ob dies in den Kontext der Strophe
passt. Bei "faite" hie§e es: "Von Vulcanus wird [dem] Hermes
[die] Weide bereitet werden". Im Mythos hat Hermes schon im
SŠuglingsalter die Rinder des Apollo mit einer List von dessen Weide
gestohlen. Eine Begebenheit, an die Nostradamus hier gedacht haben kšnnte.
Allerdings hŠtte dann unser Seher Apollo durch Vulcanus ersetzt, der hier fŸr
die "Jupiter"-Religion stŸnde. Eine andere Lšsung wŠre, dass in
Zeile drei nur von Hermes die Rede ist, den Nostradamus allerdings
"Vulkan-Hermes" nennt. FŸr diese Lšsung spricht meines Erachtens
5/77/4, wo zu lesen ist, dass ein Kšnig von Frankreich die heidnischen
PriesterŠmter der "Jupiter"-Religion "vulkanisch" machen,
d. h. verbrennen (vernichten) wird. Aus dieser †bereinstimmung herauszulesen
wŠre u. a., dass es sich bei "Merkur" wahrscheinlich um einen
franzšsischen Kšnig oder mindestens einen hohen BevollmŠchtigten eines
solchen handeln wird, etwa um einen Feldherren. Doch was sollte der
angenommene Doppelname "Vulkan-Hermes" bzw.
"Vulkan-Merkur" genau bedeuten? "Feuer-Merkur"
("Merkur" der Vernichter)? Oder hat Nostradamus hier auf den
erloschenen Vulkan Puy de MercÏur angespielt, der in der weiteren Umgebung
des Ortes MercÏur liegt, vgl. dazu die AusfŸhrungen in Anmerkung 3? 11) Vgl. Anmerkung 1. |
Vorschau auf das
Ende des "Jupiter"-Kults: "Merkur" wird die neuheidnisch
verfremdete "Jupiter"-Kirche zum Verschwinden bringen und die wahre
katholische Kirche wieder auferstehen lassen. In der ersten Zeile
erfahren wir, dass eine schon "versteckte" Sonne durch "Merkur"
zum verschwinden gebracht werden wird. "Merkur" kennen wir bereits
aus 4/28. Es handelt sich dabei meines Erachtens um einen franzšsischen
Machthaber, den Nostradamus wohl mit Herzog Ludwig II. von Bourbon
(1337-1410) vergleicht. Die "Sonne" steht
bei Nostradamus fŸr das Christentum, genauer den Katholizismus, die Kirche.
Allerdings beschreibt unser Seher die Kirche hier als "versteckt"
oder wohl eher "unkenntlich", vgl. Anmerkung 2. Es handelt sich
also nicht um die "gewšhnliche" katholische Kirche. Von der reinen,
eigentlichen "Sonne" dŸrfte in der zweiten Zeile die Rede sein. Das
kann wohl aus dem Umstand geschlossen werden, dass es der gleiche
"Merkur" sein wird, der sie - anders als ihr "verhŸlltes"
Pendant - aufrichtet. NostradamusÕ "Merkur" ist somit also
wahrscheinlich der Retter der katholischen Kirche. Mit Blick auf die
Informationen aus 4/28 dŸrften es wohl die AnhŠnger der
"Jupiter"-Religion sein, die vor "Merkurs" Eingreifen die
Kirche ("Sonne") verstecken bzw. verhŸllen (verfremden). Noch etwas unklar ist
Zeile drei. Ich vermute aber, dass es darum geht, dass "Merkur",
der hier wohl "Vulkan-Hermes" genannt wird, die "versteckte
(verfremdete) Sonne (Kirche)" vernichten, d. h. "vulkanisch"
machen wird, vgl. 5/77/4 und Anmerkungen 9 und 10. Das Ergebnis von Merkurs
Eingreifen dŸrften wir in 4/29/4 vorfinden. Die wahre katholische (nicht
"versteckte") Sonne wird "rein, rštlich" und
"golden" gesehen werden. Damit dŸrfte der Sonnenaufgang gemeint
sein, wenn unser Zentralgestirn noch jung und rein Ÿber den Horizont tritt
und nach der Morgenršte golden am Himmel steht. Die wahre Kirche erlebt eine
Neugeburt. |
9/55 [1] LÕhorrible guerre qu en lÕoccident s appreste [2] LÕan ensuiuant viendra la pestilence1) [3] Si fort horrible que ieune, vieulx, ne beste, [4] Sang, feu2), Mercure3),
Mars4), Iupiter5) en France6). [1] Der schreckliche Krieg, der sich im Westen
vorbereitet, [2] - [und im] folgenden Jahr wird
[noch] die Pestilenz1) [dazu] kommen -, [3] [wird] so schrecklich sein, dass
[weder] Jung [noch] Alt [noch] Vieh [von] [4] Blut [und] Feuer2)
[verschont bleiben werden]. Merkur3), Mars4) [und]
Jupiter5) [werden] in Frankreich6) [sein]. 1) Das mittelfranzšsische "pestilence"
(Pestilenz) bedeutet neben "Seuche, Pest, pestartige Epidemie" auch
"UnglŸck, Unheil; Elend; Massaker". |
Vorschau auf
"Merkurs" Krieg in Frankreich: In einem fŸrchterlichen Kampf werden
sich der Franzose und "Jupiter" gegenŸberstehen. In der vierten Zeile
tauchen "Merkur" und "Jupiter" auf, die wir bereits
kennen. Der franzšsische Machthaber und die neuheidnische Religion werden
dabei durch Kriegsgott Mars verbunden. Dass Nostradamus in dieser Zeile von
einem Krieg und nicht vom roten Planeten spricht, kann wohl aus den beiden
ersten Worten von 9/55/4 hergeleitet werden, vgl. Anmerkung 2. Den kŠmpfenden
"Merkur" kennen wir bereits aus 4/28 und 4/29, wo ebenfalls das
religišse Element seines Kampfes auftaucht (Kampf fŸr die Kirche). In 9/55/4 erfahren
wir, dass er in Frankreich mit "Jupiter" kŠmpfen wird. Ein Hinweis,
der zur wohl franzšsischen Herkunft "Merkurs" passt, vgl.
5/77/4. In den Zeilen eins und
drei dŸrfte der Krieg zwischen "Merkur" und "Jupiter"
charakterisiert werden. Es wird sich um einen schrecklichen Kampf handeln,
bei dem nichts ("Vieh") und niemand ("Jung und Alt")
verschont bleiben wird. Nostradamus nennt den
Krieg in Frankreich den "Krieg im Westen" (Zeile eins). Dies wohl
v. a. zur Unterscheidung von den WaffengŠngen im Osten, vgl. etwa 6/49. In der zweiten Zeile
erfahren wir, dass ein Jahr nach dem Krieg im Westen - oder nach dessen
Beginn? - noch die "Pestilenz" dazu kommen wird. Was genau damit
gemeint ist, ist hier nicht ersichtlich (vgl. Anmerkung 1). Ebenso wenig, ob
nur der Westen davon betroffen sein wird. Ebenfalls nicht klar ist,
ob dieser Krieg zur Expansionsphase der "Jupiter"-Religion gehšrt
oder vielmehr zu deren Untergang. Hier wurde von mir vermutet, dass dieser
Vierzeiler zwar dem Niedergang dieses neuheidnischen Glaubens zuzuordnen ist,
allerdings als Vorschau der "Merkur"-Gruppe 4/28f. angehšrt. |
8/2 [1] Condon1) & Aux2) &
autour de Mirande3) [2] Ie voy du ciel feu4) qui les
enuironne. [3] Sol Mars conioint au Lyon5) puis
marmande6) [4] Fouldre7), grand gresle8),
mur tombe dans Gar›ne9). [1] [In] Condom1), [in] Auch2)
und um Mirande3) herum [2] sehe ich Feuer vom Himmel4),
das sie umschlie§t. [3] Sonne [und] Mars [stehen] in
Konjunktion im [Sternzeichen] Lšwen.5) Dann [wird in] Marmande6) [4] [ein] Blitz7) [und
ein] gro§er Hagel8) [zu beobachten sein. Eine] Mauer stŸrzt [dann]
in [die] Garonne9). 1) Ort in SŸdwestfrankreich, etwa
95 km nordwestlich von Toulouse und 39 km nordwestlich von Auch. Condom liegt
wie Mirande an der Ba•se. Alternativ gŠbe es noch ein Condom-dÕAubrac im
Zentralmassiv, etwa 36 km nordšstlich von Rodez. |
Expansion der
"Jupiter"-Religion in Frankreich: Vormarsch der
"Jupiter"-Leute westlich von Toulouse. In den ersten beiden Zeilen geht es um die Region Condom-Auch-Mirande,
die etwas mehr als 70 km westlich von Toulouse liegt. Nostradamus schreibt, dass
dort "Feuer vom Himmel" jemanden "umschlie§en" (auch:
umzingeln, umgeben) wird. D. h. dieses "Feuer" wird konkret auf der
Erde handeln, was etwa astronomische Konstellationen oder
Himmelserscheinungen wie Kometen ausschlie§t. Mit dem "Feuer vom Himmel"
ist wohl der Blitz gemeint (vgl. Anmerkung 4). Mšglicherweise aber auch ein
Krieg, da das Feuer u. a. dem Mars zugeordnet wird. In der dritten Zeile ist von einer Sonne-Mars-Konjunktion im Lšwen die
Rede. Die Stelle kšnnte aber auch dahingehend verstanden werden, dass das
Christentum (Sonne) sich in der Zeit des Lšwen (18. Juli bis 17. August) im Krieg befinden wird
(vgl. Anmerkung 5). Ebenfalls in der dritten Zeile ist von Marmande an der Garonne die
Rede, das nšrdlich des Raumes Condom-Auch-Mirande liegt. Laut Zeile vier werden in Marmande ein Blitz und gro§er Hagel
niedergehen. Blitz und Hagel sind dem Jupiter zugeordnet, vgl. Anmerkungen 7
und 8. Das dŸrfte bedeuten, dass die AnhŠnger der
"Jupiter"-Religion dort angreifen oder einziehen werden. Zeile vier erwŠhnt zudem eine Mauer, die in die Garonne stŸrzen wird.
Doch was hat es mit dieser Mauer auf sich und in welcher Stadt kommt es zu
diesem Einsturz? An der Garonne gibt es verschiedene Orte, die zur Zeit des
Nostradamus Befestigungsanlagen oder bedeutende Bauwerke besessen haben. Die
Frage nach der genauen Lokalisierung dieses Mauersturzes bleibt somit im
Augenblick offen. Wichtiger kšnnte dagegen der Einsturz als solcher und
dessen Grund sein. In 1/46/4 ist nŠmlich von einem Erdbeben die Rede. Und das
in einem Vierzeiler, der in derselben Region angesiedelt ist wie eben 8/2.
Somit kšnnte das Erdbeben aus 1/46/4 der Grund fŸr den Mauersturz aus 8/2/4
und das verbindende Element der beiden Strophen sein. |
1/46 [1] Tout aupres dÕAux1), de Lectore2)
& Mirande3) [2] Grand feu du ciel4) en troys nuicts
tumbera:5) [3] Cause7) auiendra bien stupende &
mirande6): [4] Bien peu apres la terre tremblera. [1] Ganz in der NŠhe von Auch1), von
Lectoure2) und [von] Mirande3) [2] wird [das] gro§e Feuer des
Himmels4) wŠhrend dreier NŠchte vom Himmel fallen.5) [3] [Eine] sehr erstaunliche und
wunderbare6) Sache7) wird sich ereignen. [4] Wenig spŠter wird die Erde beben. 1) Stadt in SŸdwestfrankreich, etwa
70 km westlich von Toulouse. |
Der Vormarsch der
"Jupiter"-Leute westlich von Toulouse wird zeitlich von einem
wunderbaren Ereignis und einem Erdbeben begleitet. 8/2/1 spricht von der
Region Condom-Auch-Mirande, wo Feuer aus dem Himmel auf die Erde fallen wird.
Die beiden ersten Zeilen von 1/46 handeln vom gleichen Gebiet, nur dass
Condom - die nšrdliche Ecke des Ortedreiecks -durch Lectoure ersetzt wird.
Lectoure liegt 20 km sŸdšstlich von Condom, d. h. etwas weiter Richtung
Toulouse. Wie in 8/2/2 fŠllt auch in
1/46/2 Feuer vom Himmel. Und zwar in drei NŠchten. Hei§t das nur in der Nacht
oder in der Zeit, in der drei NŠchte liegen, d. h. drei mal 24 Stunden?
Sollte ersteres zutreffen, kšnnte mit dem "Himmelsfeuer" eine
astronomische Erscheinung gemeint sein, die nur in der Nacht, am Sternenhimmel
zu sehen sein wird. Dagegen spricht aber, dass bei Nostradamus das Feuer vom
Himmel offensichtlich in einem bestimmten Gebiet auf die Erde fallen wird. In der dritten Zeile
erfahren wir, dass sich etwas Erstaunliches, Wunderbares ereignen wird. Was
genau, sagt unser Seher hier leider nicht. Wahrscheinlich handelt es sich
dabei aber um das "Wunder", das der neue "Claudius"
vollbringen wird (vgl. 1/80/3). Die vierte Zeile schlŠgt
wohl die BrŸcke zu 8/2/4. Dort lesen wir von einer in die Garonne stŸrzenden Mauer,
und hier dŸrfte der Grund dafŸr genannt werden: ein Erdbeben, das kurz nach
dem erstaunlichen Ereignis aus 1/46/3 auftreten wird. |
1/80
[1] De la sixiesme claire splendeur celeste1) [2] Viendra tonner2) si fort en la
Bourgoigne: [3] Puis naistra4) monstre3)
de tres hideuse beste. [4] Mars, apuril, May, Iu”g gr‹d charp”5)
& r›gne6). [1] Vom sechsten strahlenden Himmelsglanz1) [2] wird [ein] sehr starker Donner2)
in das Burgund kommen. [3] Dann wird [ein] Wunderzeichen3)
der Ÿberaus fŸrchterlichen Bestie erscheinen4). [4] [Im] MŠrz, April, Mai [und] Juni
[wird es ein] gro§es Zerrei§en5) und [die] KrŠtze6)
[geben]. 1) Hier ist der Jupiter gemeint,
der im geozentrischen vorkopernikanischen Weltbild unter den
"Planeten" den sechsten Platz einnahm (1. Mond, 2. Merkur, 3.
Venus, 4. Sonne, 5. Mars, 6. Jupiter, 7. Saturn). 6) Die KrŠtze (bei Tieren: RŠude) ist eine sehr
ansteckende, hartnŠckige Hautkrankheit, die von einem quŠlenden Juckreiz begleitet
wird. In der Bibel ist die KrŠtze einmal eine der Strafen Gottes fŸr
Ungehorsam (Deuteronomium 28,27) und einer der GrŸnde, die der Tauglichkeit
zum Priesteramt im Wege stehen (Levitikus 21,20). Vgl. 3/73/3. Alternativ
lie§e sich "r›gne" auf "ro(n)gner" (abschneiden,
beschneiden; abnagen usw.) zurŸckfŸhren. Denkbar wŠre aber auch, dass hier
"gro(n)gne" gemeint ist (er knurrt, faucht usw.). In diesem Fall
kšnnte die Stelle als Anspielung auf die "fŸrchterliche Bestie"
verstanden werden. Konkret auf einen Wolf (der Wolf war Kriegsgott Mars
geweiht). |
Ein bedeutender Gefolgsmann der "Jupiter"-Religion kommt ins
Burgund. Dann bewirkt "Jupiters" burgundischer Statthalter
"Claudius" ein Wunder. Von MŠrz bis Juni erleidet man eine Strafe
Gottes. In den ersten beiden Zeilen der Strophe ist von Jupiter - d. h. wohl
von der "Jupiter"-Religion - die Rede, von dem bzw. der ein sehr
starker "Donner" ins Burgund kommen wird. Nach klassischer
Vorstellung kamen von Gott Jupiter Blitze und somit analog auch der sie begleitende
Donner. Beim "Donner" aus 1/80/2 dŸrfte es sich wahrscheinlich um
einen bedeutenden Gefolgsmann des neuheidnischen "Jupiter"-Kultes
handeln. In der dritten Zeile erwŠhnt Nostradamus eine "Ÿberaus
fŸrchterliche Bestie", die etwas bewerkstelligen wird, das unser Seher
offensichtlich fŸr ein Wunder hŠlt. Bei dieser "Bestie", diesem
UngetŸm, dŸrfte es sich um den neuen "Claudius", den Statthalter
der "Jupiter"-Religion im Burgund handeln, den wir in 2/76
(Anmerkung 7), 3/41 und 3/73 antreffen. Das vollbrachte "Wunder"
ist dabei eine Parallele zu 2/76/1 ("cas portteux") und 1/46/3
("cause stupende & mirande"). Zeile vier berichtet davon, dass es in einem FrŸhjahr von MŠrz bis
Juni ein gro§es "Zerrei§en" und die KrŠtze geben wird. Die KrŠtze
ist eine Parallele zu 3/73/3, wo davon gesprochen wird, dass (wahrscheinlich)
"Claudius" und das Land krŠtzig werden. Da ein Land kaum eine
Hautkrankheit bekommen kann, ist diese "KrŠtze" wohl sinnbildlich
zu verstehen. Nostradamus kšnnte hier an eine Strafe Gottes fŸr den
neuheidnischen Abfall gedacht haben (vgl. Anmerkung 6). In 3/73 erfahren wir,
dass "Claudius" einen nahestehenden Rivalen haben wird. Sollte
diese RivalitŠt, diese Zwietracht mit dem "Zerrei§en" gemeint sein?
Ist dieser Konflikt die Strafe Gottes? |
2/76 [1] Foudre1) en Bourgoigne fera cas3)
portteux2), [2] Que par engin4) [onques]5)
ne pourroit faire [3] De leur senat6) sacriste8)
fait boiteux7) [4] Fera sauoir aux ennemis lÕaffaire [1] [Der] Blitz1) wird im Burgund [eine]
ungeheuerliche2) Sache3) bewerkstelligen, [2] die [man] mit einer Maschine4)
nie [und nimmer]5) machen kšnnte. [3] Von ihrem Senat6)
[wird der] Hinkende7) [zum] KŸster8) gewŠhlt, [4] [der]
den Feinden die Angelegenheit mitteilen wird. 1) Blitze haben einen festen
Platz in der Vorzeichenliteratur. Bei OBSEQUENS finden wir sie in den
Kapiteln 1, 3, 5, 7, 11f., 14-17, 24f., 27, 28, 29, 31, 36-38, 41, 43f., 46,
47, 49f., 52-54, 56a f., 61, 63, 65a, (66), 68f. und 71. Bei Nostradamus
werden sie wšrtlich in 1/26, 1/65, 2/51, 2/76, 3/6, 3/13, 3/44, 4/35, 4/43,
4/54, 4/99, 8/2, 8/6, 9/19 und 9/36 erwŠhnt. In der antiken Mythologie war
der Blitz ein Attribut des Jupiter (Zeus). Im Mittelfranzšsischen bedeutet
"fou(l)dre" neben "Blitz" zudem auch "Verurteilung". 6) "Senat" bezeichnet im
Mittelfranzšsischen eine Ratsversammlung im weitesten Sinne. 7) Oder: "Missgestaltete". Der
"Hinkende" ist wohl eine Anspielung auf den Namen
"Claudius" (dt. "der Hinkende, der Lahme"). Historische
Vorbilder gŠbe es fŸr einen Claudius viele. An erster Stelle natŸrlich den
ršmischen Kaiser Claudius (41-54 n. Chr.), der 10 v. Chr. in Lyon geboren
wurde. Claudius litt unter einer Reihe kšrperlicher Gebrechen. Laut SENECA, Apocolocyntosis
5,2 soll er den rechten Fu§ nachgezogen haben. GemŠ§ SUETON, De vita
Caesarum 5,3 habe ihn seine Mutter Antonia die JŸngere wegen seiner
Gebrechen oft als "Ungeheuer/Monster" (lat. "portentum")
bezeichnet. Das lat. "portentum" bedeutet dabei u. a.
"grauenhaftes Vorzeichen, Wunder; Missgeburt, Ungeheuer, Scheusal".
Man beachte dazu NostradamusÕ Wortwahl in der ersten Zeile:
"portteux" (lat. "portentosus"). Die Stelle passt aber
auch zu 1/80/3 wo vom Wunderzeichen ("monstre") der "Ÿberaus
fŸrchterlichen Bestie" die Rede ist. |
"Claudius", der Abgesandte der "Jupiter"-Religion,
wird im Burgund ein Wunder bewirken. Von der Ratsversammlung der Burgunder
wird "Claudius" dann zum Regierenden des Landes gewŠhlt. Feinden
wird "Claudius" eine Angelegenheit mitteilen. Die ersten beiden Zeilen
schlie§en an 1/80/1-3 an. Wir erfahren, dass ein Abgesandter
"Jupiters" - diesmal als "Blitz" und nicht als
"Donner" bezeichnet - im Burgund eine "ungeheuerliche
Sache" bewerkstelligen wird, die keine zur Zeit des Nostradamus bekannte
Maschine hŠtte zustande bringen kšnnen. Das ist das "Wunderzeichen"
der "Ÿberaus fŸrchterlichen Bestie", des neuen
"Claudius". Woraus dieses "Wunder" konkret bestehen wird,
erfahren wir allerdings auch hier nicht. In 2/76/3 ist vom
"Hinkenden", vom neuen "Claudius", dem Statthalter der
"Jupiter"-Religion im Burgund die Rede (vgl. Anmerkung 7). Er wird
von der Ratsversammlung der Burgunder ("ihrem Senat") zum
"KŸster" gewŠhlt werden. Diese Wahl kšnnte vielleicht in Dijon, der
Hauptstadt des Burgunds, stattfinden, wo u. a. auch das Parlement, der oberste
Gerichtshof des Herzogtums, stand. †ber Art und Beschaffenheit dieses
"Senates" erfahren wir allerdings nichts. Ebenso unklar ist, was
unser Seher hier unter dem "KŸster"-Amt versteht, vgl. Anmerkung 8.
SinngemŠ§ wohl eine Art "Aufseher" (lat. "custos"), der
das Burgund fŸr Papst "Ganymed" (?) verwaltet oder regiert. Im Augenblick noch nicht
zu verstehen ist die vierte Zeile. Welche Angelegenheit wird
"Claudius" welchen Feinden mitteilen? Vgl. dazu aber 3/73. |
3/73
[1] Quand dans le regne2) paruiendra le
boiteux1) [2] Competiteur aura proche bastard3):4) [3] Luy & le regne5) viendront si
fort rogneux6), [4] QuÕains quÕil7) guerisse son fait
sera bien tard. [1] Wenn der Hinkende1) ins Land2)
kommen wird, [2] wird [er einen] nahestehenden
Bastard3) [als] Rivalen haben.4) [3] Er und das Land5)
werden derma§en stark krŠtzig6) werden, [4] dass,
bevor er7) [wieder] gesundet, seine Tat sehr spŠt kommen wird. 1) Oder:
"Missgestaltete". Der "Hinkende" ist wohl eine Anspielung
auf den Namen "Claudius" (dt. "der Hinkende, der Lahme").
Historische Vorbilder gŠbe es fŸr einen Claudius viele. An erster Stelle
natŸrlich den ršmischen Kaiser Claudius (41-54 n. Chr.), der 10 v. Chr. in
Lyon geboren wurde. Claudius litt unter einer Reihe kšrperlicher Gebrechen.
Laut SENECA, Apocolocyntosis
5,2 soll er den rechten Fu§ nachgezogen haben. |
"Claudius" wird nach seiner Ankunft oder Wahl im Burgund
einen unehelich geborenen nahen Verwandten als Rivalen haben. Sehr spŠt wird
"Claudius" eine Tat ausfŸhren. In der ersten Zeile treffen wir wieder auf den "Hinkenden"
(vgl. 2/76/3), also den neuen "Claudius". Der zweiten Zeile ist zu entnehmen, dass "Claudius" offenbar
einen unehelich geborenen nahestehenden Verwandten haben wird. Einen
Verwandten, der mit ihm wohl um die Macht konkurriert. Der historische Kaiser
Claudius hatte einen Šlteren Bruder (Germanicus 15 v. Chr. - 19 n. Chr.).
Allerdings trat dieser nicht als Rivale des spŠteren Kaisers in Erscheinung. In 1/80/4 ist von der "KrŠtze" und einem gro§en "Zerrei§en"
die Rede. Mit dem "Zerrei§en" kšnnte die Spaltung, der
Konkurrenzkampf mit dem "nahestehenden Bastard" (einem unehelichen
Halbbruder?) gemeint sein. Ein Konflikt, den Nostradamus vielleicht als
Strafe Gottes fŸr "Claudius" und das Burgund verstanden hat, vgl.
Anmerkung 6. 3/73/3 berichtet von der schon angesprochenen "KrŠtze", die
"Claudius" und das Burgund befallen wird. Unklar ist die vierte Zeile. Wir erfahren dort, dass bevor die
"KrŠtze" vorbei sein wird, es sehr spŠt zu seiner (wohl des "ClaudiusÕ")
Tat kommt. 2/76/4 ist zu entnehmen, dass "Claudius" Feinden etwas
mitteilen wird. Ist das die Tat aus 3/73/4? Kšnnte diese Tat vielleicht etwas
mit dem Kampf gegen den unehelichen Rivalen zu tun haben? Es wŠre z. B. denkbar,
dass "Claudius" den Feinden der "Jupiter"-Religion
Informationen liefert, die es jenen ermšglicht, den unehelichen Rivalen
auszuschalten. |
9/19 [1] Dans le milieu de la forest Mayenne1), [2] Sol2) au lyon3) la
fouldre4) tombera, [3] Le grand bastard yssu du grand du Maine5), [4] Ce iour fougeres6) pointe en sang
entrera.7) [1] In der Mitte des Waldes [von]
Mayenne1) [2] [wird, wenn die] Sonne2)
im Lšwen3) [steht], der Blitz4) niedergehen. [3] Der gro§e Bastard [wird] dem
Gro§en aus dem Maine5) entstammen. [4] An diesem Tag wird [in] Fougres6)
[die] Spitze ins Blut eindringen.7) 1) Stadt in Nordwestfrankreich in der ehemaligen
Provinz Maine, etwa 65 km nordwestlich von Le Mans. Zur ErwŠhnung von
"la forest de Mayenne", "Maine" und "fougeres"
bei ESTIENNE (S. 127f.) siehe GRUBER, S. 256-258. Mayenne ist auch der Name
des Flusses, der durch die Stadt flie§t. |
An einem Tag im Juli/August wird die "Jupiter"-Religion im
Wald bei Mayenne aktiv. An diesem Tag fŠllt in Fougres der verwandte Rivale
des "Claudius" einem Attentat zum Opfer. In der zweiten Zeile geht
der Blitz nieder, wenn die Sonne im Lšwen steht, d. h. im Juli oder August.
Mšgliche Parallelen bšten sich hier in 8/2 und 2/98 an. 8/2 gehšrt zum
Vormarsch der "Jupiter"-Religion im Raum westlich von Toulouse.
Laut dieser Strophe werden in Marmande Blitz und Hagel niedergehen, wenn
Sonne und Mars im Lšwen in Konjunktion stehen. Ebenfalls in SŸdwestfrankreich
spielt wohl 2/98. Wir erfahren hier, dass man in Zusammenhang mit einem
darzubringenden Menschenopfer im Juli/August ein Donnerorakel einholen wird. 9/19 spielt jedoch in
Nordwestfrankreich. Der Blitz - d. h. Jupiter bzw. die neue
"Jupiter"-Religion - wird im Wald bei Mayenne aktiv. Doch wie?
Hierauf kšnnte die zweite HŠlfte der Strophe die Antwort liefern. Wir erfahren in der
dritten und vierten Zeile, dass am Tag des Blitzes bei Mayenne ein
"gro§er Bastard" offensichtlich mit einer Waffe
("Spitze") getštet oder verletzt werden wird. Der "gro§e
Bastard" ist wohl mit jenem aus 3/73/2 identisch, dem unehelich
geborenen Verwandten des "Claudius". Dieser "gro§e
Bastard" wird laut 3/73 ein Rivale des "Claudius" sein. 9/19 kšnnte nun die
Ermordung von "ClaudiusÕ" Rivalen vorhersagen, die in Fougres
stattfinden wird. Ist dieser Mord mit der "Tat" aus 3/73/4 gemeint? In der dritten Zeile von
9/19 erfahren wir noch etwas zur Abstammung des "gro§en Bastards"
und - falls es sich um einen unehelichen Halbbruder handeln sollte - auch
Ÿber "Claudius" selbst. Der "gro§e
Bastard" ist ein Nachkomme des "Gro§en aus dem Maine". Maine
war eine franzšsische Provinz sŸdlich der Normandie. Falls Nostradamus hier ein
historisches Vorbild im Auge gehabt hat, bšten sich unter den Grafen des
Maine dafŸr einige Kandidaten an. Etwa Kšnig Heinrich II. von England (Graf
von 1151-89), Richard Lšwenherz (Graf 1189-99), Johann Ohneland (Graf
1200-05), Kšnig Philipp VI. von Frankreich (Graf 1315-28) oder Kšnig Johann
II. von Frankreich (Graf 1322-50). |
3/41
[1] Bosseu1) sera esleu par le conseil, [2] Plus hideux monstre en terre2)
nÕaperceu. [3] Le coup volant prelat3) creuera
lÕÏil:4) [4] Le traistre au roy pour fidele5)
receu.6) [1] [Der] Hinkende1) wird vom Rat gewŠhlt
werden. [2] [Ein] schrecklicheres Ungeheuer
[wurde] nie auf [der] Erde2) erblickt. [3] Der fliegende Schlag wird [dem]
PrŠlaten3) das Auge ausstechen.4) [4] Der VerrŠter [wird] vom Kšnig als
Getreuer5) empfangen [werden].6) 1) Die ersten beiden Zeilen
erinnern stark an 2/76/3 und 1/80/3. Ich vermute, hier sollte es statt
"bosseu" (der Bucklige) "boiteu(x)" (der Hinkende, der
Missgestaltete) hei§en - obwohl ein Buckliger auch als Missgestalteter
bezeichnet werden kšnnte. Der "Hinkende" ist wohl eine Anspielung
auf den Namen "Claudius" (dt. "der Hinkende, der Lahme"),
konkret auf Kaiser Claudius (41-54 n. Chr.), der 10 v. Chr. in Lyon geboren
wurde (vgl. 3/73, Anmerkung 1). GemŠ§ SUETON, De vita Caesarum 5,3 habe ihn seine
Mutter Antonia die JŸngere wegen seiner Gebrechen oft als
"Ungeheuer/Monster" bezeichnet (vgl. 2/76, Anmerkung 8). |
"Claudius" wird von der Burgunder Ratsversammlung gewŠhlt
werden. Dann wird einem PrŠlaten etwas ins Auge springen und der VerrŠter
"Claudius" wird vom franzšsischen (?) Kšnig als treuer Gefolgsmann
empfangen werden. Die ersten beiden Zeilen
sprechen wieder von "Claudius", dem Statthalter der
"Jupiter"-Religion im Burgund. Seine Wahl durch den Rat (den
"Senat" aus 2/76/3) dient hier wohl v. a. als chronologische
VerknŸpfung fŸr das Geschehen aus 3/41/3. In der dritten Zeile
lesen wir von einem "fliegenden Schlag", der einem PrŠlaten das
Auge ausstechen wird. Das mŸsste die Strophe mit 1/27 und 8/30 verbinden, wo
das UnglŸck bringende Aurum Tolosanum gefunden wird, was der Finder mit dem
Verlust eines Auges und seinem Leben bezahlt (1/27/4). Wiederum unklar ist die
vierte Zeile. Es tauchen zwei Personen auf, ein VerrŠter und ein Kšnig. Der
VerrŠter kšnnte die Person sein, die in 2/76/4 den Feinden (!) eine
Angelegenheit mitteilt, also "Claudius". Da "Claudius"
der Herr des Burgunds ist, das zur Zeit des Nostradamus ein Herzogtum war,
mŸsste mit dem Kšnig wohl der franzšsische Kšnig gemeint sein. Allerdings
gehšrte der Osten des historischen Burgunds, die Franche-ComtŽ
(Freigrafschaft Burgund), zum ršmisch-deutschen Reich, womit der Kšnig dem
deutschen Kšnig bzw. deutschen Kaiser entsprŠche. |
1/27 [1] Dessoubz de1) chaine Guien2) du ciel frappe3),4) [2] Non loing de la est cachŽ le tresor, [3] Qui par longs siecles auoit este grappŽ5), [4] Trouue6) moura: lÕÏil
creuŽ de ressort.8) [1] Unterhalb der1) guyennischen2) Eiche, [die] vom Himmel
geschlagen3) [wurde],4) [2] nicht weit davon entfernt ist der Schatz versteckt, [3] der vor langen Jahrhunderten geraubt5) worden ist. [4] [Wenn der Schatz] gefunden6) [ist], wird [sein Finder7)] sterben.
Das Auge [wird] von [einer] Springfeder ausgestochen [sein].8) 1) Lies: "le", vgl. BRINDÕAMOUR, S. 86. 2) Die Guyenne umfasste je
nach Epoche verschieden gro§e Gebiete SŸdwestfrankreichs. Zur Zeit des Nostradamus
gehšrten weite Gebiete Aquitaniens zur Guyenne, u. a. das Bordelais,
Limousin, Quercy, PŽrigord und die Gascogne. 3) D. h. vom Blitz
getroffen (lies: "frappŽ"), vgl. BRINDÕAMOUR, S. 86. 4) Mit dieser "vom
Blitz geschlagenen Eiche" ist meines Erachtens kein Baum sondern ein
Gebiet gemeint, das Nostradamus etwas verschleiert umschreibt. Der Blitz ist
bekanntlich ein Attribut Jupiters. Dem Jupiter heilig war aber auch die
Eiche, lat. "quercus". Mit diesem guyennischen Eichenbaum dŸrfte
somit wahrscheinlich das Quercy gemeint sein, dessen Name an das lat.
"quercus" erinnert. Ein Blitzeinschlag in dieser Region wŠre wohl
als Einzug des "Jupiter"-Kults zu verstehen. 5) Oder auch nur:
"angeeignet". 6) Lies:
"trouuŽ". 7) Aufgrund des Kontextes
scheint hier der Finder des Schatzes zu sterben. Es wŠre aber auch mšglich,
dass hier jemand anderes dieser "Springfeder" zum Opfer fŠllt. 8) Eine Parallele zu
3/41/3. |
Etwas sŸdlich des Quercy wird das UnglŸck bringende "Aurum
Tolosanum" gefunden. Dem Finder, einem PrŠlaten, sticht dabei eine
Springfeder das Auge aus, und er stirbt. In 1/27 geht es um einen Schatzfund. In der
vierten Zeile erfahren wir dabei, dass der Finder des Schatzes sterben und
sein Auge von einer Springfeder ausgestochen werden wird. Das verbindet die
Strophe mit 3/41/3, wo ein "fliegender Schlag" einem PrŠlaten das
Auge aussticht. Den ersten beiden Zeilen ist zu entnehmen, wo
der Schatz versteckt wurde bzw. wo er gefunden werden wird:
"unterhalb", d. h. sŸdlich des Quercy, das von den AnhŠngern der
"Jupiter"-Religion heimgesucht sein wird, vgl. dazu Anmerkung 4.
Toulouse, von dem in 8/30/1 die Rede ist, liegt in besagter Gegend sŸdlich
des Quercy. In der dritten Zeile erfahren wir NŠheres Ÿber
diesen Schatz. Er wurde offenbar vor "langen Jahrhunderten"
geraubt. Das ist eine Parallele zu 8/29 (5.218). Dort wird in Toulouse, in
der Basilika Saint-Sernin, ein Topf voll Gold gefunden, der laut Nostradamus
zum Schatz gehšrt, den der Ršmer Caepio 106/105 v. Chr. geraubt hatte. Caepio
hatte aus den HeiligtŸmern der Stadt Toulouse enorme Mengen an Gold und
Silber geraubt und diese anschlie§end nach Rom geschickt, wo allerdings nur
das Silber ankam. Das Gold wurde von RŠubern geraubt, von denen jedoch
vermutet wurde, dass sie im Auftrag des Caepio gehandelt hatten, der es auf
diese Weise habe unterschlagen wollen. Wahr oder nicht, jedenfalls ist der
Verbleib des Goldes bis auf den heutigen Tag ungeklŠrt. Unser Seher scheint
hier vorherzusagen, dass dieses Gold - oder ein Teil davon - nun endlich
gefunden wird. Beim Schatz des Caepio handelt es sich um das
bei den Ršmern sprichwšrtlich gewordene "Aurum Tolosanum", einen
Besitz, der seinem EigentŸmer UnglŸck bringt: Nach dem Verschwinden des Goldes
erlitt Caepio im Jahre 105 v. Chr. bei Orange eine vernichtende Niederlage
gegen die Kimbern und Teutonen. Wegen seiner Rolle bei dieser -
selbstverschuldeten - Niederlage wurde Caepio nach der RŸckkehr nach Rom
verurteilt und ging nach Smyrna (das tŸrkische Izmir) ins Exil, wo er bis zu
seinem Lebensende blieb. Wie wir in der vierten Zeile von 1/27
erfahren, wird dieses Gold seinem schlechten Ruf gerecht werden. Der Finder
des Schatzes - der PrŠlat aus 3/41/3 -wird seinen Fund mit dem Verlust eines
Auges und sogar seinem Lebens bezahlen. Es scheint dabei so zu sein, dass man
versuchen wird, die Schatzkiste oder einen Šhnlichen BehŠlter zu šffnen. Bei
diesem Unterfangen wird jedoch ein Springfeder-Mechanismus ausgelšst, der dem
Opfer wohl ein Projektil oder eine Spitze durch das Auge in den Kopf dringen
lŠsst. Bemerkenswert an diesem Vorfall ist, - sollte
es sich tatsŠchlich um den Schatz des Caepio handeln - dass ein solcher
Springfeder-Mechanismus die Jahrtausende funktionstŸchtig Ÿberstehen kann.
Interessant ist auch, dass nicht etwa ein ArchŠologe den SchatzbehŠlter
šffnet und zum Opfer wird sondern ein geistlicher WŸrdentrŠger. Aus diesen
beiden GrŸnden mŸssen wir die Mšglichkeit in ErwŠgung ziehen, dass
Nostradamus hier keinen realen Schatzfund vorhersagen wollte sondern dass es
ihm primŠr um das Motiv des UnglŸck bringenden Besitzes, des "Aurum
Tolosanum" ging. |
8/30 [1] Dedans Tholoze1) non loing de Beluezer2) [2] Faisant vn puys3) loing, palais dÕespectacle4) [3] Thresor trouuŽ vn chacun ira vexer5),6) [4] Et en deux locz7) tout & pres8) del vasacle9). [1] In Toulouse1) [wird, wenn man] nicht weit von
Belbze-ls-Toulouse2) entfernt [2] einen langen Schacht3) [beim] Palast des Spektakels4) aushebt, [3] [der] gefundene Schatz einen jeden verletzen5).6) [4] Und [zwar] mit zwei Riegeln7) und ganz nahe8) beim Bazacle9). 1) Toulouse liegt nicht einmal 50 km sŸdlich ("unterhalb") des
Quercy, vgl. 1/27/1f. 2) Es existiert hier auch
die Variante "Beluzer". Das okzitanische "Belvezer" (dt.
"Schšner Anblick") steckt in verschiedenen sŸdfranzšsischen
Ortsbezeichnungen, so u. a. auch in Belbze (im Okzitanischen wird das "v"
auch als "b" ausgesprochen, 14.07.2008). Etwa sieben
Kilometer nordšstlich des Toulouser Stadtzentrums liegt Belbze-ls-Toulouse (11.07.2008), das heute
zur Gemeinde namens LÕUnion gehšrt. Sollte mit "Beluezer"/"Beluzer"
eine LokalitŠt innerhalb der Stadt Toulouse gemeint sein, kŠme dafŸr z. B.
die Kirche Notre-Dame-de-la-Dalbade in Frage, deren Name noch an eine
glŠnzend wei§e Kirche erinnert, die einst an ihrer Stelle gestanden hat. Oder
auch die Basilika Notre-Dame-de-la-Daurade, die an der Stelle einer
frŸhchristlichen Kirche steht, die wegen ihrer glŠnzenden Mosaiken den Namen
"la Deaurata" (dt. "die Goldbedeckte") trug. 3) Oder auch:
"Brunnen, Grube". 4) Unklar, was Nostradamus
hier meint. PrŠchtige GebŠude ("PalŠste") gab es in Toulouse schon
im 16. Jahrhundert. Der "Palast des Spektakels" kšnnte z. B. ein
Theater sein. Oder der Begriff des "Spektakels" ist hier abwertend
etwa fŸr neopagane Kulthandlungen zu verstehen. In diesem Fall wŠre mit dem
"Palast des Spektakels" ein diesbezŸglich verwendeter Kultbau
gemeint. FŸr Toulouse wŸrde das bedeuten, dass der "Jupiter"-Kult
bereits in die Stadt vorgedrungen ist, und es sich beim PrŠlaten aus 3/41/3
und 1/27/4 um einen WŸrdentrŠger jener Kirche handelt, die sich dieser
neuheidnischen Religion anschlie§t. 5) Oder u. a. auch:
"heimsuchen, plŸndern". 6) V. a. mit Blick auf
Anmerkung 5 lie§en sich die drei ersten Zeilen anders verstehen: "In
Toulouse, [wenn man] nicht weit entfernt von Belbze-ls-Toulouse einen
langen Schacht [beim] Palast des Spektakels aushebt, [wird der] Schatz
gefunden. Ein jeder wird plŸndern." 7) Oder: "an zwei
Orten", vgl. LEONI, S. 356. 8) Lies: "& tout
pres". 9) Lies:
"Bazacle". Der Bazacle ist eine Furt in Toulouse. Dort wurde die erste
BrŸcke Ÿber die Garonne gebaut. Das "ch‰teau du Bazacle" bewachte
das Toulouser Haupttor. |
Dann, wenn im nordšstlichen Toulouse ein langer Schacht ausgehoben
wird, wird im Stadtzentrum nahe des Bazacle das gefundene "Aurum
Tolosanum" alle verletzen. In dieser Strophe dŸrfte es wie in 1/27 um die
Entdeckung des "Aurum Tolosanum" gehen. Die dritte Zeile knŸpft dabei an 1/27/4 an.
Wenn der Schatz gefunden sein wird, wird er "einen jeden"
verletzen. Das bedeutet, dass bei seiner …ffnung mehr als nur eine Person
anwesend sein muss. Einer der Anwesenden dŸrfte dabei aber der PrŠlat aus
3/41/3 sein. In der vierten Zeile erfahren wir, dass man
den Schatz offenbar in der NŠhe des Bazacles, also im Toulouser Stadtzentrum
nahe der Garonne šffnet. Und dass er mit zwei Riegeln gesichert sein wird.
Dass es sich dabei nicht um gewšhnliche VerschlŸsse handelt, wird dadurch
klar, dass sie Menschen verletzen. Dies passt wiederum gut zu 1/27/4 und
3/41/3. Die Riegel kšnnten etwa mit Springfedern versehen sein, die bei der
ersten …ffnung hervorschnellen und dadurch die umstehenden Person verwunden. Die zu 1/27 gemachten Bedenken hinsichtlich
der FunktionstŸchtigkeit einer solchen Sicherung werden in 8/30 allerdings
nicht entkrŠftet. Vielmehr kommt hier noch hinzu, dass dieser Schatz mehrere
Personen -"einen jeden" - verletzen soll. Man darf sich fragen, ob
ein simpler Springfeder-Mechanismus zu einer solchen Wirkung Ÿberhaupt in der
Lage wŠre. Zu einer Sprengladung wŸrde die Beschreibung passen, dann hŠtten
wir aber kaum einen Schatz aus der Ršmerzeit vor uns. Wie schon zu 1/27 vermutet, kšnnte es deshalb
Nostradamus hier auch nicht primŠr um einen realen Schatzfund sondern
vielmehr um das Motiv des UnglŸck bringenden Besitzes gehen. Ob der Schatz - so er tatsŠchlich real
existiert - in der NŠhe des Bazacles gefunden oder dort nur gešffnet werden
wird, ist unklar. In den ersten beiden Zeilen berichtet unser Seher zur
zeitlichen PrŠzisierung von der Aushebung eines langen Schachtes bei einem
"Palast des Spektakels" unweit von Belbze-ls-Toulouse. Dieser Schacht mŸsste also eher im Nordosten von
Toulouse gegraben werden. Ob der Schatz bei diesen Arbeiten zu Tage tritt,
ist jedoch unklar, genauso wie der Zweck dieses Grabens. |
1/65
[1] Enfant sans mains1)iamais veu si gr‹d
foudre2):3) [2] LÕenfant royal au ieu dÕÏsteuf4)
blessŽ. [3] Au5) puy6) brises7):
fulgures alant mouldre8): [4] Trois sous les chaines9) par le
milieu10) troussŽs11): [1] [Das] Kind ohne HŠnde1) [hat] nie
[einen] so gro§en Blitz2) gesehen.3) [2] Das kšnigliche Kind [wird] beim
Jeu de Paume4) verletzt [werden]. [3] Im5) Brunnen6)
[liegt der] Gebrochene7). Blitze werden zermalmen8). [4] Drei [werden] unter den Eichen9)
in der Mitte10) ergriffen11) [werden]. 1) Kinder, denen eine oder beide
HŠnde fehlen, tauchen bei OBSEQUENS als Vorzeichen an mehreren Stellen auf,
vgl. dazu BRINDÕAMOUR, S. 142f. Das mittelfranzšsische
"main" bedeutet neben "Hand" u. a. aber auch
"Macht", vgl. ebenfalls lat. "manus" bzw. griech.
"cheir", was hier wohl gemeint sein dŸrfte. |
Ein machtloses
"Kind" (Rom? Frankreich?) wird sich der gro§en Macht der
"Jupiter"-Religion gegenŸbersehen. Ein Kšnigskind wird beim
Ballspiel verletzt. Der (katholische) Papst ist in seinen BemŸhungen
gescheitert, und die "Jupiter"-Religion zermalmt ihre katholischen
Gegner. SŸdlich des Quercy, in Toulouse, werden spŠter bei einem Konflikt innerhalb
der "Jupiter"-Religion drei KardinŠle gefangen genommen. In der dritten Zeile erfahren wir, dass ein gebrochener oder
"zerstšrter" Mensch in einem Brunnen liegen wird. Das ist ganz
offensichtlich eine Parallele zu 2/56/2, wo ein gescheiterter Papst (ein neuer
Jeremia?) tot im Brunnen liegt. Ebenfalls gemŠ§ 1/65/3 werden Blitze (oder - falls es
"fulgure" ohne "s" hei§en sollte - nur ein Blitz)
zermalmen bzw. "zermahlen". Gemeint ist dabei wohl in jedem Fall
Jupiter bzw. die neuheidnische "Jupiter"-Religion. Die interessante
Wortwahl kšnnte dabei ein Verweis auf Toulouse sein, vgl. Anmerkung 8. Die vierte Zeile dŸrfte sich auf die VorgŠnge in 9/15 und 9/46
beziehen, wo drei KardinŠle der "Jupiter"-Religion in Toulouse -
sŸdlich des Quercy - ergriffen und dort vielleicht sogar getštet werden. Zeilen drei und vier ordnen die Geschehnisse mutma§lich chronologisch:
erst wird Rom bzw. die KirchenfŸhrung Ÿberwunden, dann dehnt sich die
"Jupiter"-Religion nach Frankreich aus, hier konkret nach
Aquitanien mit Toulouse. In der ersten HŠlfte der Strophe ist wohl von zwei Kindern die Rede.
Von einem, das keine "HŠnde" hat und einem, dass beim Ballspiel
(Jeu de Paume) verletzt werden wird. Dass es sich nicht um ein- und dasselbe
"Kind" handelt, kann deshalb vermutet werden, da man fŸr das Jeu de
Paume HŠnde braucht. Das Kind ohne HŠnde der ersten Zeile wird einen so gro§en Blitz sehen
wie niemals zuvor. Der Blitz dŸrfte erneut fŸr die
"Jupiter"-Religion stehen, die hier schon sehr "gro§"
(mŠchtig) ist. Mit dem handlosen, d. h. wohl machtlosen "Kind"
kšnnte Rom, die Tochterstadt Trojas gemeint sein (vgl. 4/43, 1/91 und 3/6/4).
Oder aber Frankreich, die "Šlteste Tochter der Kirche" (vgl. dazu
5.49: 2/54/3, Anmerkung 3). An dieser Stelle sei daran erinnert, dass sich
das franzšsische Kšnigshaus selber auch auf einen Trojaner (Francus)
zurŸckfŸhrte. Die zweite Zeile berichtet von einem kšniglichen Kind, das verletzt
wird, wŠhrend es Ball spielt. Das dŸrfte eine Verbindung zu 9/23 sein, wo von
einem kšniglichen Vater und einem - wohl seinem - nachgeborenen Kind die Rede
ist, dem beim Spielen offenbar ein Teil des Daches auf den Kopf fŠllt. |
9/23 [1] Puisnay1) iouant au fresch2) dessouz la tonne3), [2] Le hault du toict du milieu sur la teste4), [3] Le pere roy au temple5) saint Solonne6), [4] Sacrifiant7) sacrera9) fum de feste8). [1] [Der] Nachgeborene1) spielt auf dem Brachland2)
unter der Tonne3). [2] Der Oberteil des Daches [fŠllt ihm] von der Mitte aus auf den Kopf.4) [3] Der Vater, [der] Kšnig, [wird] in der Kirche5) Saint-Solenne6) [4] [beim] Feiern der Messe7) [den] Weihrauch8)
entweihen9). 1) Oder: "JŸngere". Hier ist jemand gemeint, der Šltere
Geschwister hat. 2) Daneben gibt es noch den sŸdwestfranzšsischen Ort Le Frche, etwa 21
km nordšstlich von Mont-de-Marsan. In Le Frche heiratete der franzšsische
Kšnig Franz I. 1530 die Schwester Karls V. Eleonore von Kastilien. 3) Im Altfranzšsischen kann "tonne" auch "Laube" bedeuten,
vgl. LEONI, S. 386, und CLƒBERT, S. 977. Das mittelfranzšsische
"tonne" hei§t grundsŠtzlich "Tonne, (Wein-) Fass". In die
gleiche Richtung geht das mittelfranzšsische "foudre" (gro§es
Fass). Nostradamus kšnnte hier somit ein Wortspiel mit dem Begriff
"foudre" betrieben haben, der neben "gro§em Fass"
bekanntlich auch "Blitz" bedeutet. Sollte unser Seher hier an das
NaturphŠnomen gedacht haben, wŸrde dies die Strophe erneut dem
"Jupiter"-Thema zuordnen. 4) In dieser Zeile lie§e
sich einiges anders verstehen. Das "Dach" etwa als Anspielung auf
das lat. "tectum", was u. a. auch "Tempel" bedeutet oder
die "Mitte" auf das lat. "medium" (u. a.
"…ffentlichkeit"). "Sur la teste" ist zudem auch eine
Wendung, die etwa mit "unter Todesstrafe (schwšren)" widerzugeben
ist. 5) Das lat.
"templum" bzw. das mittelfranzšsische "temple" bedeutet
neben "Tempel" auch "Kirche". 6) Das ist die Kathedrale in Blois, die 1697 in
LÕEglise de Saint-Louis umbenannt wurde. 7) Wšrtlich: "[beim]
Opfern, [beim] Messopfer darbringen".
8) Lies: "fumŽe de
feste", wšrtlich: "Rauch des Festes". Mit Blick auf den
kirchlich-religišsen Kontext dŸrfte hier der Weihrauch gemeint sein, der
frŸher in erster Linie im Hochamt verwendet wurde.
9) Das Mittelfranzšsische
"sacrer" bedeutet sowohl "weihen" wie auch
"entweihen (fluchen, lŠstern)". |
Ein Kind des franzšsischen Kšnigs wird beim Spielen verletzt. In der
Kathedrale Saint-Louis in Blois wird er die Messe entweihen und die Kirche
wohl dem "Jupiter"-Kult Ÿbergeben. Die ersten beiden Zeilen dŸrften die Strophe wohl mit 1/65 verbinden.
Ein Kind - das Kšnigskind aus 1/65/2 - spielt und wird dabei verletzt. Und
zwar dadurch, dass ihm das Oberteil eines Daches auf den Kopf fŠllt, wie der
zweiten Zeile von 9/23 zu entnehmen ist. In 9/23/1 erfahren wir, dass das Kind noch wenigstens ein Šlteres
Geschwister hat. Falls es sich - wie die dritte Zeile nahelegt - um ein Kind
der franzšsischen Kšnigsfamilie handelt, kŠme dem verletzten Kind v. a. dann
eine spezielle Bedeutung zu, wenn es der Šlteste und einzige Sohn und somit
der einzig mšgliche Thronfolger wŠre. Franz von Frankreich (1518-1536), vgl.
1/65, Anmerkung 4, hatte zwei Šltere Schwestern, die allerdings beide schon
im Kindesalter verstarben. In der ersten Zeile erfahren wir, dass dieses UnglŸck auf einer Brache
geschehen wird. Damit kšnnte aber auch der Ort Le Frche gemeint sein, wo
Franz I. sechs Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau, Claude von Frankreich,
Eleonore von Kastilien heiratete, vgl. Anmerkung 2. Interessant ist der Hinweis, dass das alles unter einer
"Tonne" oder Laube geschehen wird. Sollte diese "Tonne"
verklausuliert mitteilen, dass die AnhŠnger der "Jupiter"-Religion
bei diesem "Unfall" (?) beteiligt sein werden, vgl. Anmerkung 3?
Dazu passen wŸrde die Parallele zum Tod FranzÕ von Frankreich, der nach
zeitgenšssischem Urteil einem Giftanschlag zum Opfer fiel, vgl. 1/65,
Anmerkung 4. Sollte sich das Ganze zudem in Le Frche abspielen, kšnnte dies
die "Jupiter"-FŠhrte vielleicht deswegen erhŠrten, weil dieser
Glaube in SŸdwestfrankreich offenbar einen Schwerpunkt besitzen wird. Der zweite Teil der Strophe mit der ErwŠhnung der Kathedrale
Saint-Louis (Saint-Solenne) in Blois verbindet den Vierzeiler mit 9/21. Wir erfahren, dass der (franzšsische) Kšnig und Vater des verunfallten
Nachgeborenen, bei einer Messe in der Kathedrale Saint-Louis den Weihrauch
entweihen wird. Weihrauch ist nach (jŸdisch-) christlicher Vorstellung ein
Geschenk an Gott (vgl. Levitikus 24,7 und Numeri 16,7), mit dem die Gebete zum
Himmel empor steigen (vgl. Offenbarung 8,4). Wenn der Weihrauch hier entweiht
wird, kšnnte das deswegen sein, weil er nicht mehr Gott sondern einem Gštzen
(Jupiter) geopfert wird. Hier dŸrfte beschrieben sein, wie der franzšsische Kšnig die
Kathedrale von Blois in einen Tempel der neuheidnischen
"Jupiter"-Religion verwandelt. Doch warum ausgerechnet in Blois und
nicht in einer anderen Stadt? Wird Blois, der Geburtsort CHYRENs, in Zukunft
ein neues Zentrum der franzšsischen Monarchie? Und wer genau feiert hier
diese "Messe"? Der Kšnig selber? Falls ja, kšnnte das ein Licht auf
diese neopagane Religion werfen und erklŠren, weshalb sie - wenigstens fŸr
die MŠchtigen - attraktiv sein wird: sie erhalten zu ihrer Macht auf Erden
auch religišs-kultische Befugnisse, Šhnlich wie Macht- und FunktionstrŠger in der heidnischen Antike. Das
wŸrde an 5.275 (1/14 und 3/26 erinnern). Unklar ist, weshalb Nostradamus in der ersten HŠlfte der Strophe den
Unfall des Kšnigssohnes schildert. Wendet sich der Kšnig vielleicht wegen
diesem aus Wut bzw. Rache von Gott ab und Jupiter zu? Bittet er Jupiter um
das Leben des Thronfolgers? |
9/21 [1] Au temple2) hault1) de Bloys3) sacre Salonne4), [2] Nuict pont de Loyre Prelat5), roy pernicant6) [3] Curseur victoire aux marestz de la lone7) [4] DÕo prelature de blancs8) ˆ bormeant9). [1] Zur hohen1) Kirche2) von Blois3),
Saint-Solenne4), [2] [kommen bei] Nacht [Ÿber die] Loire-BrŸcke [der] PrŠlat5) [und
der] verderbliche6) Kšnig. [3] [Der] Bote [Ÿberbringt die Nachricht vom] Sieg in den SŸmpfen des toten
Flussnebenarms7), [4] wo [die] PrŠlatenwŸrde der Wei§en8) [ihre] Zerstšrung9) [erleidet]. 1) Neben "gro§" bedeutet "haut" u. a. auch
"hochehrwŸrdig", was hier wohl gemeint ist. 2) Das lat. "templum" bzw. das mittelfranzšsische
"temple" bedeutet neben "Tempel" auch "Kirche". 3) Stadt an der Loire auf
halbem Weg zwischen Tours und OrlŽans.
4) Das ist die Kathedrale
in Blois, die 1697 in LÕEglise de Saint-Louis umbenannt wurde.
5) Ein PrŠlat ist ein
hoher geistlicher WŸrdentrŠger.
6) Unklar. CLƒBERT, S. 975,
fŸhrt das lat. "pernix" (schnell, flink; ausdauernd, beharrlich)
an. Das lat. "pernecare" hei§t "totschlagen", so dass wir
mit einem "rex pernecans" einen "totschlagenden Kšnig" vor
uns hŠtten. Mit Blick auf 9/23/3f. ist aber wohl eher an einen "rex
pernicies" zu denken, wobei das lat. "pernicies" neben
"Vernichtung, Verderben" auch "verdeblicher Mensch"
bedeutet. 7) Das franzšsische
"l™ne" bezeichnet einen toten, abgetrennten Flussarm. CLƒBERT, S.
975, weist darauf hin, dass dieser Begriff hauptsŠchlich in Zusammenhang mit
der Rhone verwendet wird. Hier ist also wohl von einem Sieg nahe der Rhone
die Rede. Allerdings finden wir unweit von Blois die Sologne, in der es
ebenfalls Sumpfgebiete gibt. LEONI, S. 386, sieht in "lone" das
provenzalische "lona" (Teich, TŸmpel) gemeint. Eine andere
Mšglichkeit wŠre, dass "lone" eine Anpassung von "lune"
(Mond) an "Salonne" ist. Dann wŠre die Stelle mit "Sieg des
Mondes in den SŸmpfen" zu Ÿbersetzen. Bei Nostradamus steht der
"Mond" aber fŸr das zweite apokalyptische Tier, was den Vierzeiler
der biblischen Endzeit zuordnen wŸrde.
8) Unklar. Mit Blick auf
den religišsen Kontext des Vierzeilers sind hier mšglicherweise die
Geistlichen gemeint, die wei§e Chorhemden (lat. "albae") tragen.
9) In den 1568er Ausgaben
steht hier "ˆ bormeant", mit Ausnahme von Dresden, Paris und
Gregorio, wo "abormeant" zu lesen ist. LEONI, S. 386, sieht hier
das provenzalische "abouriment" (Zerstšrung), das seinerseits auf
das lat. "aboriri" (untergehen, vergehen) zurŸckgeht. Etwas weniger
drastisch wŠre "abornement" (Begrenzung, Limitierung). |
Bei Nacht kommen der franzšsische Kšnig und "Claudius" zur
Kathedrale Saint-Louis in Blois. Ein Bote Ÿberbringt die Nachricht, dass bei
einer Auseinandersetzung nahe der Rhone die PrŠlatenwŸrde katholischer
Kleriker herabgesetzt oder sogar vernichtet worden ist. Wie in 9/23/3 ist auch in 9/21/1 von der Kathedrale Saint-Louis
(Saint-Solenne) in Blois die Rede. Interessant ist, dass Nostradamus hier
diese Kirche als "hoch" bzw. "hochehrwŸrdig" bezeichnet,
vgl. Anmerkung 1. Seit 1697 ist sie tatsŠchlich Bischofssitz, zu Lebzeiten
des Nostradamus kam ihr unter den Kirchen Frankreichs allerdings keine
besondere Stellung zu. Man darf sich deshalb erneut fragen, ob sich dies in
Zukunft vielleicht einmal Šndern wird (vgl. oben zu 9/23). In der zweiten Zeile taucht wieder der franzšsische Kšnig aus 9/23/3
auf. Zudem auch ein PrŠlat, der ihn wohl begleiten oder sich mit ihm in der
Kirche treffen dŸrfte. Im Kontext des "Jupiter"-Themas bietet es
sich an, den PrŠlaten mit dem neuen "Claudius" zu identifizieren.
In 3/41/4 ist wohl beschrieben, wie der franzšsische Kšnig den Herrn des
Burgund, "Claudius", bereits als Getreuen (Vasallen) empfangen
wird. Wenn sich Kšnig und "Jupiter"-PrŠlat hier aber in einer
Kirche treffen, dŸrfte der religišse Aspekt der Zusammenkunft im Vordergrund
stehen. Das wŸrde zur vermuteten †bergabe der Kirche an die
"Jupiter"-Religion passen (vgl. 9/23). Vielleicht tritt der Kšnig
selber dieser Religion bei und ŸberlŠsst aus diesem Grund die zentrale Kirche
der zukŸnftigen franzšsischen Monarchie diesem Kult? Das wŠren mehr als genug
GrŸnde, ihm das Attribut "verderblich" zu verleihen. In der zweiten Zeile erfahren wir, dass Kšnig und PrŠlat "bei
Nacht" Ÿber die Loire-BrŸcke zur Kirche kommen werden. Seit 1724
Ÿberquert die BrŸcke "Pont Jacques-Gabriel" den Fluss im Sichtweite
der Kathedrale Saint-Louis. In Blois gab es allerdings schon zuvor eine
BrŸcke Ÿber die Loire (05.11.2011).
Doch hat die Angabe "bei Nacht" eine tiefere Bedeutung? Vielleicht
"heimlich"? "Zu unerwarteter Stunde"? "In einer
prekŠren Lage", vgl. lat. "nox"? Die zweite HŠlfte der Strophe berichtet von einem Boten, der eine
Nachricht Ÿberbringt (dritte Zeile). Die vom Boten Ÿberbrachte Nachricht besagt, dass bei einer
Auseinandersetzung ein Sieg errungen wurde. Ein Sieg, bei dem die
PrŠlatenwŸrde der "Wei§en" eingeschrŠnkt oder sogar zerstšrt wird,
vgl. Anmerkung 9. Stattfinden wird diese Auseinandersetzung offenbar in den
SŸmpfen bei einem toten Nebenarm eines Flusses, wahrscheinlich der Rhone,
vgl. Anmerkung 7. Die "Wei§en" kšnnten die katholischen Geistlichen
sein, vgl. Anmerkung 8. Somit mŸsste der Sieg in diesem Konflikt ihren
Gegnern zufallen, also wohl den "Jupiter"-Leuten. Bei einem Sieg,
der in SŸmpfen, d. h. auf dem Land errungen wird, denkt man wohl in erster
Linie an einen militŠrischen Erfolg. Denkbar wŠre aber auch, dass hier etwa
von einem (religišsen) Disput die Rede ist, der in einem Ort stattfindet, der
seinerseits von SŸmpfen umgeben ist. Bleibt nur noch die Frage, wem der Bote die Siegesbotschaft
Ÿberbringt. Wahrscheinlich Exponenten der "Jupiter"-Religion,
mšglicherweise dem PrŠlaten und dem Kšnig in Blois. |
9/74 [1] Dans la citŽ de1) Fertsod3)
homicide2), [2] Fait4) & fait multe beuf5)
arant ne macter, [3] Retour encores aux honneurs6)
dÕArtemide7), [4] Et ˆ Vulcan8) corps morts sepulturer. [1] In der Stadt des1) mšrderischen2)
"Fertsod"3) [2] [begeht man] Tat4) um
Tat. Viele Ochsen5) pflŸgen, [man wird sie] nicht opfern. [3] Dann kehrt [man] zu den Ehrungen6)
der Artemis7) zurŸck, [4] und im Feuer8) [werden
die] toten Kšrper beigesetzt [werden]. 1) Als "du" zu lesen, wenn
damit nicht der eigentliche Name der Stadt gemeint ist, vgl. Anmerkung 3. |
In einer neuheidnisch geprŠgten Stadt - wohl Toulouse - wird man
zunŠchst von Tieropfern absehen. Dann fŸhrt man aber (wieder) Menschenopfer
ein. In der ersten Zeile
taucht eine ungenannte Stadt auf. Falls die Strophe zu 9/46 (und 2/98)
gehšrt, wŠre aber wohl Toulouse gemeint. Das wiederum dŸrfte den Vierzeiler
dem "Jupiter"-Thema zuordnen, vgl. auch 1/27 und 8/30/2, Anmerkung
4). Nostradamus verwendet in
Zusammenhang mit dieser Stadt den noch ungeklŠrten Begriff
"Fertsod". "Fertsod" kšnnte ein Druckfehler sein, doch
wofŸr? Ist dieses Wort eine Anspielung auf den Namen der Stadt oder etwas,
das mit ihr in Verbindung steht (LokalitŠt, Persšnlichkeit, usw.)? Falls
"Fertsod" ein Geschehen sein sollte, ist dieses
"mšrderischer" Natur (vgl. Anmerkung 2). Dann wiederum dŸrfte
damit, wie aus der dritten und vierten Zeile hervorgeht, ein Menschenopfer
gemeint sein. ZunŠchst geht in dieser
Stadt alles seinen gewohnten Gang (zweite Zeile). Wir erfahren, dass viele
der vorhandenen Ochsen - klassische Opfertiere - nicht dargebracht werden
sondern pflŸgen. Es scheint also kein gesteigerter Bedarf (oder Wunsch)
danach zu bestehen, die heidnischen Gštter gnŠdig zu stimmen. Nicht einmal
mit Tieropfern. Etwas unklar ist die erste HŠlfte der zweiten Zeile. Man
begeht "eine Tat nach der anderen". Doch um welche Art von
"Taten" es sich dabei handelt, erfahren wir nicht (vgl. Anmerkung
4). In der zweiten HŠlfte
des Vierzeilers wird beschrieben, dass man zur Praxis der Menschenopfer
zurŸckkehren wird (vgl. Anmerkungen 6 und 7). Die Opfer werden nach ihrer
Tštung verbrannt. Was hinter der RŸckkehr zu diesen Kulthandlungen steckt,
erfahren wir nicht. Es kann aber vermutet werden, dass au§ergewšhnliche
UmstŠnde bzw. eine gro§e Notlage dafŸr verantwortlich sind. Eine Notlage, die
vielleicht als Folge des Besitzes des "Aurum Tolosanum" eingetreten
ist? |
2/98
[1] Celuy du sang resperse1) le visaige [2] De la victime proche2) sacrifiŽe: [3] Tonant3) en Leo augure par presaige: [4] Mis estre ˆ mort lors pour la fiancŽe4). [1] Der, [der sich] das Gesicht bespritzt hat1)
mit [dem] Blut [2] des in [seiner] NŠhe2)
dargebrachten Opfers, [3] - [der] Donnernde3) im
Lšwen [wird als ein] Vorzeichen mit [einer] Weissagung [gedeutet] - [4] [wird] dann fŸr die Braut4)
dem Tod Ÿberantwortet werden. 1) Vgl. lat.
"respersit" (er hat bespritzt). BRINDÕ AMOUR, S. 332f., weist
darauf hin, dass es im alten Rom als schlechtes Vorzeichen galt, wenn man vom
Blut des Opfers bespritzt wurde (LIVIUS 21,63,15). Vgl. auch OBSEQUENS,
Kapitel 69. |
Bei einem Tier- oder Menschenopfer wird jemand unglŸcklicherweise mit
Blut bespritzt. In einem Juli oder August wird ein Donnerorakel eingeholt und
dann der mit Opferblut Bespritzte selber geopfert. Wie in 9/74 ist auch in
diesem Vierzeiler von heidnischen Opferhandlungen die Rede. GemŠ§ Zeilen eins und
zwei wird dazu ein Tier oder ein Mensch getštet: es flie§t Blut. Und jemand
bespritzt sich dabei mit dem Blut des Opfers. Wahrscheinlich unwillentlich, da
dies - wenigstens im klassischen Heidentum - als schlechtens Omen galt (vgl.
Anmerkung 1). Um wen es sich dabei handelt, erfahren wir nicht. Vielleicht um
den Priester, der das Opfer darbringt? In der dritten Zeile
erfahren wir, dass in der Zeit des Lšwen (nach mittelalterlicher Auffassung
vom 18. Juli bis 17. August) offensichtlich ein Donnerorakel eingeholt werden
wird. Man wird den Donner als Vorzeichen deuten, das eine Weissagung erlaubt.
Anschlie§end wird, laut
vierter Zeile, der Blutbespritzte aus der ersten HŠlfte des Vierzeilers
selber getštet. Er scheint als Menschenopfer dargebracht zu werden (fŸr die
"Braut", d. h. wohl im Rahmen einer religišsen Handlung, vgl.
Anmerkung 4). Es kann vermutet werden, dass das eingeholte Donnerorakel
dahingehend gedeutet werden wird, dass zur BesŠnftigung der heidnischen
Gštter dieses Opfer nštig ist. Ein Umstand, der wohl wieder auf eine gro§e
Notlage hindeutet (siehe oben) und der so verstanden werden kann, dass das zu
Beginn dargebrachte Opfer keine Wirkung gezeigt hat. Ein Opfer, das
vielleicht zu den Menschenopfern aus 9/74 gehšrt hat. |
9/15 [1] Pres de Parpan1) les rouges detenus, [2] Ceux du milieu parfondrez2) menez
loing: [3] Trois mis en pieces, & cinq mal soustenus, [4] Pour le Seigneur & Prelat3) de
Bourgoing4). [1] In der NŠhe von "Parpan"1)
[werden] die Roten gefangengehalten [werden]. [2] Die aus der Mitte [werden] všllig
ruiniert2) [und] weit weg gebracht. [3] Drei [werden] in StŸcke gehauen
und fŸnf schlecht versorgt; [4] wegen des Herrn und PrŠlaten3)
aus Burgund4). 1) Unklar. Es gibt in der
Ostschweiz, in GraubŸnden, einen Ort namens Parpan, etwa 10 km sŸdlich von
Chur. Die mutma§liche ErwŠhnung von Burgund in der vierten Zeile verlegt die
Suche aber wohl eher in den franzšsischen Raum. Nicht unwahrscheinlich ist,
das "Parpan" die Stadt Perpignan (katalanisch "Perpinya")
nahe der spanischen Grenze meint. In Toulouse gibt es ein Ch‰teau
de Purpan und einen gleichnamigen Stadtteil. Das Ch‰teau
bzw. der dazu gehšrende Grund ging allerdings erst zu Beginn des 17. Jh. in
den Besitz der Familie de Purpan Ÿber, also einige Jahrzehnte nach
NostradamusÕ Tod. Zuvor hie§ der Besitz Lavelanet. In 9/46/1 fordert unser
Seher die "Roten" andererseits dazu auf, aus Toulouse zu fliehen
... |
Wegen "Claudius" werden KardinŠle gestŸrzt, getštet und in
die Verbannung geschickt. Falls, wie hier angenommen wird, die Strophe zum
"Jupiter"-Thema gehšrt, ist mit dem "Herrn und PrŠlaten aus
Burgund" der vierten Zeile wohl der neue "Claudius" gemeint.
Sollte er auch mit dem "Oberhaupt des Bšsen" aus 9/46/3 identisch
sein? Sollte hinter "Bourgoing" mehr stecken als blo§ eine
reimtechnische Anpassung von "Bourgoigne" (vgl. Anmerkung 4) kšnnte
"Claudius" vielleicht aus Bourgoin-Jallieu stammen, das in der
Gegend von Lyon liegt. Mšglicherweise wŠre eine solche Herkunft sogar einer
der GrŸnde, weshalb ihn Nostradamus mit dem ršmischen Kaiser Claudius
vergleicht, der in Lyon geboren wurde. In der ersten Zeile geht es um "Rote", womit bei Nostradamus
in der Regel KardinŠle mit rotem Ornat gemeint sind. Damit kšnnten die
paganisierten kirchlichen WŸrdentrŠger gemeint sein, die unser Seher in
9/46/1 anspricht. Dort rŠt er ihnen zur Flucht aus Toulouse. Ein Rat, dem die
"Roten" aber nicht zu folgen scheinen wie wohl 9/15 berichtet: Die KardinŠle werden gefangen gesetzt und bei "Parpan"
interniert. In der Stadt Toulouse gŠbe es das Ch‰teau de Purpan, das seinen
Namen allerdings erst nach NostradamusÕ Tod erhalten zu haben scheint (vgl.
Anmerkung 1). Sollte Perpignan gemeint sein? Als lŠngerfristiger
Verbannungsort "weit weg" von Toulouse (vgl. Zeile zwei) kŠme auch
Parpan in den Schweizer Bergen wieder in Frage. In 9/15/2 dŸrfte erneut von den KardinŠlen der ersten Zeile die Rede
sein, die hier aber "die aus der Mitte" genannt werden. Mit der
"Mitte" kšnnte z. B. der SŸden, der "Mittag" gemeint
sein. In diesem Fall wohl konkret Rom, das oberste Zentrum der
"Jupiter"-Kirche. Oder die "Mitte" bezeichnet das Herz,
die Zentrale der "Jupiter"-Teilkirche in Frankreich oder Toulouse. In der zweiten Zeile erfahren wir, dass sie všllig ruiniert, d. h.
wohl aus ihren hohen Positionen gestŸrzt werden, vgl. Anmerkung 2. Das wŸrde
zur oben vermuteten Notlage passen, in der sich die
"Jupiter"-Kirche in Toulouse befinden wird. Man wird sie auch
"weit weg", d. h. wahrscheinlich in die Verbannung schicken. Ins
schweizerische Parpan? In der dritten Zeile erfahren wir, dass drei in StŸcke gehauen
(getštet) und fŸnf (wohl in Gefangenschaft oder Verbannung) "schlecht
versorgt" werden. Und zwar wegen des Eingangs erwŠhnten neuen
"Claudius". Wenn es sich dabei um acht KardinŠle der
"Jupiter"-Kirche handelt, dŸrfte die Stelle so zu verstehen sein,
dass diese fŸr das Handeln des neuen "Claudius" bŸ§en mŸssen, nicht
dass sie auf Veranlassung desselben ihr Schicksal erleiden. |
9/46
[1] Vuydez, fuyez de Tholose les rouges1) [2] Du sacrifice2) faire expiation, [3] Le chef du mal dessouz lÕvmbre des courges3) [4] Mort estrangler carne omination4). [1] Verlasst [die Stadt], flieht aus Toulouse, ihr
Roten!1) [2] [Um] mit dem Opfer2)
SŸhne zu leisten [3] [befindet sich] das Oberhaupt des
Bšsen unter dem Schatten der KŸrbisse3). [4] [Den] Toten [wird man] erwŸrgen
[fŸr die] Wahrsagerei mit Fleisch4). 1) Oder auch:
"Verlasst [die Stadt], flieht vor den Roten aus Toulouse!" |
In Toulouse entsteht eine Situation, in der kirchliche WŸrdentrŠger
(der "Jupiter"-Religion) in gro§er Gefahr sein werden. Der heidnische
Oberpriester wird zur SŸhne ein Menschenopfer darbringen. In diesem Vierzeiler
geht es erneut um ein rituelles Menschenopfer. Wir lesen in der vierten
Zeile, dass man jemanden erwŸrgt fŸr oder wegen der "Wahrsagerei mit
Fleisch". D. h. er wird getštet, um aus seinen Eingeweiden die Zukunft
lesen zu kšnnen oder weil er selber Eingeweideschau betrieben hat, allerdings
wohl derart, dass man mit dem Resultat nicht zufrieden war. Das mŸsste der
Blutbespritze sein, der in 2/98 das UnglŸck verhei§ende Opfer darbringt und
dann selber getštet wird. In der zweiten und
dritten Zeile erfahren wir, dass das "Oberhaupt des Bšsen" sich
unter dem "Schatten der KŸrbisse" befindet, um mit dem Opfer aus
der vierten Zeile SŸhne zu leisten. Das "Oberhaupt des Bšsen" ist
wahrscheinlich der Oberpriester dieses heidnischen Kultes. Es wŠre auch
denkbar, dass dieser mutma§liche Oberpriester derjenige ist, der in 2/98 das
verunglŸckte Opfer darbringt und sich nun selber zur SŸhne opfern lŠsst.
Etwas unklar ist der "Schatten der KŸrbisse". Hier kšnnte uns
Nostradamus verklausuliert einen Ortsnamen mitteilen wollen. Oder es geht
einfach darum, dass diese Kulthandlung im Sommer vollzogen wird (vgl.
2/98/3), wenn die Schatten spendenden Ranken der KŸrbispflanze geschŠtzt
werden. Weiter kann in diesem "KŸrbisschatten" eine Querverbindung
zur "VerkŸrbissung" des historischen Claudius gesehen werden (vgl.
3/41/2), was die Identifizierung des "Oberhaupt des Bšsen" aus
9/46/3 ermšglichen wŸrde. In der ersten Zeile dŸrften
wir erfahren, wo sich das Ganze abspielen wird: in Toulouse. Unser Seher rŠt
den "Roten", aus der Stadt zu fliehen (vgl. aber Anmerkung 1). Als
"Rote" werden bei Nostradamus fŸr gewšhnlich KardinŠle mit rotem
Ornat bezeichnet. Diese KirchenfŸrsten mŸssen sich wohl in akuter Gefahr
befinden, wenn sie mit einer derartigen Warnung bedacht werden. Eine Gefahr,
die zur oben vermuteten Notlage passen wŸrde. An dieser Stelle sei
aber daran erinnert, dass laut Nostradamus die Kirche wenigstens einmal von Christus
abfallen und sich dem Heidentum zuwenden wird, namentlich der
"Jupiter"-Religion. Es wŠre somit denkbar, dass es sich bei diesen
KardinŠlen um WŸrdentrŠger einer heidnisch gewordenen Kirche handelt, fŸr die
die Stadt Toulouse eine wichtige Rolle spielt. WŸrdentrŠger, zu denen auch
der oben vermutete Oberpriester gehšren kšnnte. Sollten in Toulouse
vielleicht Unruhen gegen diese neuheidnische "Kirche" ausbrechen,
weil deren Priester mit ihren Kulthandlungen die Gštter bzw. Jupiter nicht
dazu bringen kšnnen, die Stadt aus einer schwierigen Lage zu befreien? Vor
diesem Hintergrund wŠre auch das SŸhneopfer des "Oberhauptes des
Bšsen" verstŠndlich: es geht um die nackte Existenz der neuheidnischen
"Kirche". Da sich in Toulouse nicht nur offensichtlich mehrere
KardinŠle ("Rote") sondern auch das "Oberhaupt des Bšsen"
befinden werden, kšnnte die sŸdwestfranzšsische Stadt ein bedeutendes Zentrum
oder (zeitweise?) sogar die Hauptstadt dieses Glaubens sein. Zur Krise der
"Jupiter"-Religion in Toulouse, die in den Vierzeilern 1/27, 8/30,
9/74, 2/98, 9/15 und 9/46 behandelt wird, kšnnten zudem noch die Strophen
9/12 und 8/28 (beide 5.21) sowie 3/45 und 9/72 (beide 5.262) gehšren. |
5/93 [1] Soubs le terroir1) du rond globe
lunaire2), [2] Lors que sera dominateur Mercure3): [3] LÕIsle4) dÕEscosse fera vn luminaire5), [4] Qui les Anglois mettra ˆ desconfiture6). [1] [In LŠndern] unter der Herrschaft1) der
runden Mondkugel2) [2] wird dann Merkur3)
[der] Beherrscher sein, [3] wenn die Insel4) von Schottland
einen Lichtstrahl5) hervorbringen wird, [4] der die EnglŠnder in [die] totale
Niederlage6) stŸrzen wird. 1) Das mittelfranzšsische
"terroir" bedeutet u. a. "Bereich, Gebiet, DomŠne,
SphŠre". |
Dann, wenn "Merkur" das Mittelmeer beherrscht, wird in
Schottland eine Persšnlichkeit erscheinen, die die EnglŠnder in die totale
Niederlage stŸrzen wird. In der zweiten Zeile
wird "Merkur" erwŠhnt, den wir bereits aus den Vorschau-Strophen
4/28, 4/29 und 9/55 kennen. Wir erfahren in der
ersten Zeile, dass "Merkur" offenbar in Gebieten Macht ausŸben
wird, die dem Mond zugeordnet werden. Abgesehen vom Meer kommen dafŸr konkret
das (nord-) westliche Kleinasien, das westliche Georgien und die
nordafrikanische KŸste von Ostalgerien bis Libyen infrage. Die
nordafrikanische Lšsung verwiese hier auf den Herrn von MercÏur Ludwig II.
von Bourbon (1337-1410), der 1390 den Kreuzzug gegen die muslimischen Piraten
im tunesischen Mahdia angefŸhrt hat, vgl. Anmerkung 3. Ob Nostradamus hier
meint, dass "Merkur" auch tatsŠchlich Ÿber die genannten
nordafrikanischen Gebiete herrschen wird oder ob er diesen Hinweis nur zur
besseren Charakterisierung des "Gštterboten" eingefŸgt hat, ist
nicht zu entscheiden. Es wŠre fŸr unseren Seher aber auch nicht untypisch,
wenn er mit dem "Mondgebiet" etwa das (Mittel-) Meer gemeint aber
mit dem westlichen Nordafrika gleichzeitig auf das historische Vorbild
hŠtte verweisen wollen. TatsŠchlich herrschen wird "Merkur"
allerdings Ÿber €gypten, wie wohl aus 10/79 zu schlie§en ist. Die zweite HŠlfte von
5/93 verbindet "Merkurs" gro§e Zeit chronologisch mit einem anderen
Thema: In Schottland wird eine Persšnlichkeit erscheinen oder geboren werden,
die den EnglŠndern eine totale Niederlage zufŸgen wird. NŠheres hierzu
erfahren wir aber leider nicht. |
10/79
[1] Les vieux chemins seront tous embelys1), [2] Lon passera4) ˆ Memphis3)
somentrŽe2), [3] Le grand Mercure5) dÕHercules6)
fleur de lys7) [4] Faisant trembler terte8), mer &
contrŽe. [1] Die alten Wege werden alle verschšnert1)
sein. [2] Man wird ins eingeschlafene2)
Memphis3) hinŸber gehen4), [3] Der gro§e Merkur5) des
Herkules6)-Lilienblume7), [4] wird Land8), Meer und
[die ganze] Gegend zum Zittern bringen. 1) Oder auch: "verbessert, verstŠrkt". |
"Merkur", ein Abkšmmling des Bourbonen "Herkules"
und wohl ršmisch-deutscher Kšnig, wird den ganzen Gro§raum €gypten erbeben
lassen und dann in das heidnische Zentrum des Landes einziehen. In der dritten Zeile
taucht wieder "Merkur" auf, den wir bereits aus 4/28, 4/29, 9/55
und 5/93 kennen. Wir erfahren hier, dass er offenbar von jemandem abstammt,
den Nostradamus "Herkules-Lilienblume" nennt. Da die Lilienblume
fŸr die franzšsische Monarchie und das Haus Bourbon steht (vgl. Anmerkung 7),
sind "Herkules" und dessen Abkšmmling "Merkur" also mit
aller Wahrscheinlichkeit (franzšsische) Bourbonen. Ein weiterer Umstand, der
zu Ludwig II. von Bourbon als Vorbild fŸr "Merkur" passen wŸrde. In Zeile vier erfahren
wir, dass "Merkur" Land, Meer (das "Mondgebiet" aus
5/93/1?) und die "ganze Gegend" - wohl durch seine gro§e Macht -
zum Zittern bringen wird. Mit der "ganzen
Gegend" dŸrfte €gypten gemeint sein, von dem Nostradamus in der zweiten
Zeile spricht. "Man" wird ins "eingeschlafene" bzw. untergegangene
("gestorbene") Memphis hinŸber gehen (vgl. Anmerkung 2).
"Man" dŸrfte hier "Merkur" und seine StreitkrŠfte meinen.
Mit Blick auf Ezechiel 30,13-16 (vgl. Anmerkung 3) ist mit Memphis wohl das
Zentrum des heidnischen €gyptens gemeint, wo Gott die "Gštzen"
vernichten wird. Und zwar unter Zuhilfenahme des "Kšnigs von
Babel". Mit dem "Kšnig von
Babel" mŸsste folglich "Merkur" gemeint sein, von dem wir
allerdings annehmen kšnnen, dass es sich um einen Franzosen handelt (vgl.
oben). Wie passt das aber zusammen? Babel (Babylon) ist im
Neuen Testament bekanntlich eine Chiffre fŸr Rom (vgl. Offenbarung des
Johannes 17,9). Nostradamus hat hier womšglich das Babel des Ezechiel
ebenfalls als Rom verstanden haben wollen. Somit wŠre der franzšsische
"Merkur" ein Kšnig von Rom, was schon wahrscheinlicher sein dŸrfte.
"Kšnig der
Ršmer" (lat. "Rex Romanorum") war zur Zeit des Nostradamus der
Titel des gewŠhlten ršmisch-deutschen Kšnigs, der noch nicht zum
ršmisch-deutschen Kaiser gekršnt worden war. In 10/79/3 erfahren wir,
dass "Merkur" offensichtlich ein Abkšmmling des Bourbonen
"Herkules" sein wird. Eines Mannes, der gemŠ§ 9/33/1 (5.38) selber
Kšnig von Rom sein wird. Dieser Umstand ist
deswegen interessant, da die Titel des ršmisch-deutschen Kšnigs bzw. Kaisers
nicht erblich waren. Sollten die Bourbonen im zukŸnftig wiedererrichteten
ršmisch-deutschen Reich die Herrschaft de facto fŸr ihre Dynastie
monopolisieren kšnnen? Unklar ist noch die erste
Zeile von 10/79. Ist hier von einem Triumphzug nach ršmischem Vorbild die
Rede? Welche "alten Wege" wohin werden "verschšnert"
sein? |
10/73 [1] Le temps present auecques le passŽ [2] Sera iugŽ2) par grand Iouialiste1), [3] Le monde tard3) luy sera lassŽ,4) [4] Et desloial6) par le clergŽ iuriste5). [1] Die Gegenwart [wird] zusammen mit der
Vergangenheit [2] durch [den] gro§en Jovialisten1)
abgeurteilt2) [werden]. [3] Die Welt wird ihm spŠt3)
leid sein,4) [4] und [der] Jurist5)
[wird] vom Klerus [fŸr] gesetzwidrig6) [erklŠrt werden]. 1) Lat. "iovialis" (zu
Jupiter gehšrig). |
Krise in der
"Jupiter"-Kirche: Papst "Ganymed" richtet Ÿber Gegenwart
und Vergangenheit der Kirche. Der Klerus stellt sich daraufhin gegen ihn und
erklŠrt das Kirchenoberhaupt fŸr "gesetzwidrig". In Zeile zwei ist von
einem "gro§en Jovialisten" die Rede. Ein "Jovialist" ist
jemand, der zu Jupiter gehšrt oder der vom gleichnamigen Planeten beeinflusst
wird. Bei Nostradamus bietet sich zur Identifikation dieses
"Jupiter-Mannes" wohl v. a. der neue "Ganymed" an (vgl.
6/89 und 10/18). Jemand, der gemŠ§ 10/18 zum Oberhaupt (Papst) der Kirche
gewŠhlt werden wird und somit durchaus als "gro§" (bedeutend) zu
bezeichnen ist. Wie weit die Opposition
gegen diesen Papst gehen und welche Formen diese annehmen wird, ist hier
nicht ersichtlich. Etwas unklar ist Zeile
drei. Hier kšnnte aber einfach gemeint sein, dass dieser "Papst"
lange in der Welt sein, d. h. lange leben wird. Sollte diese Auslegung
zutreffen, ist aber der Umstand interessant, dass diese Angabe ausgerechnet
in Zusammenhang mit der Revolte der Kleriker erwŠhnt wird. Wird
"Ganymed" vielleicht gestŸrzt und - in fortgeschrittenem Alter -
sogar hingerichtet (vgl. 6/89 und 1/57)? |
1/26 [1] Le grand du fouldre1) tumbe dÕheure
diurne,2) [2] Mal & predict3) par porteur
postulaire4) [3] Suiuant presaige5) tumbe dÕheure
nocturne,6) [4] Conflit Reins, Londres, Etrusque7)
pestifere8). [1] Der Gro§e des Blitzes1) fŠllt zur
Tagesstunde.2) [2] [Das] †bel ist vorhergesagt3)
vom Bittsteller4). [3] [Das] darauf folgende Vorzeichen5)
fŠllt zur nŠchtlichen Stunde.6) [4] [Einen] Konflikt [gibt es in]
Reims [und] London. [Das] etruskische [Land]7) [ist] pesttragend8). 1) Blitze haben einen festen Platz
in der Vorzeichenliteratur. Bei OBSEQUENS finden wir sie in den Kapiteln 1,
3, 5, 7, 11f., 14-17, 24f., 27, 28, 29, 31, 36-38, 41, 43f., 46, 47, 49f.,
52-54, 56a f., 61, 63, 65a, (66), 68f. und 71. Bei Nostradamus werden sie
wšrtlich in 1/26, 1/65, 2/51, 2/76, 3/6, 3/13, 3/44, 4/35, 4/43, 4/54, 4/99,
8/2, 8/6, 9/19 und 9/36 erwŠhnt. In der antiken Mythologie war der Blitz ein
Attribut des Jupiter (Zeus). Im Mittelfranzšsischen bedeutet
"fou(l)dre" neben "Blitz" zudem auch "Verurteilung". |
"Ganymed" stŸrzt vor aller Augen. Ein Sturz, der
vorhergesagt wird. In Reims und London gibt es einen Konflikt, und die
"Pest" sucht die Toskana heim. In der ersten Zeile
erfahren wir, dass der "Gro§e des Blitzes" fallen wird. Damit ist
wohl der Sohn des Jupiter-Ammon bzw. "Ganymed", das Oberhaupt der
"Jupiter"-Kirche gemeint. †ber die GrŸnde fŸr diesen Sturz erfahren
wir nichts, nur dass er "zur Tagesstunde" erfolgen wird. Damit kšnnte
z. B. gemeint sein, dass "der Gro§e des Blitzes" am helllichten
Tag, d. h. vor aller Augen fŠllt. In der zweiten Zeile wird
ein "†bel" vorhergesagt, vgl. Anmerkung 3. Aus der Sicht des
"Gro§en des Blitzes" wŠre dies wohl der Sturz aus der ersten Zeile.
Vorhergesagt wird das †bel dabei entweder von einem Bittsteller oder von
einem Blitz, den Nostradamus hier etwas rŠtselhaft umschreibt, vgl. Anmerkung
4. Von einem weiteren
Vorzeichen lesen wir in der dritten Zeile. Es handelt sich dabei um eines,
das offensichtlich in der Nacht zu sehen sein wird. Das kšnnte wieder ein
Blitz aber etwa auch ein Komet sein. Doch was kŸndigt das Vorzeichen an? Mšglicherweise etwas von
dem, wovon in der vierten Zeile die Rede ist. Dort werden ein Konflikt in
Reims und London sowie die "Pest" in der Toskana erwŠhnt. Reims ist
dabei die Stadt, in der die franzšsischen Kšnige gekršnt wurden. London wird
mšglicherweise auch in 8/6/4 genannt. In 5/93 erscheint zudem jemand in
Schottland, der die EnglŠnder in die totale Niederlage stŸrzen wird. |
6/89 [1] Entre deux cymbes1) piedz & mains
estachŽs, [2] De miel face oingt2) & de laict
substantŽ:3) [3] Guespes & mouche[s]4) fitine
amour5) fachŽs6), [4] Poccilateur7) faucer8),
Cyphe9) temptŽ. [1] Zwischen zwei KŠhnen1) [werden die]
FŸ§e und HŠnde gebunden [sein], [2] [von dem, dessen] Gesicht mit
Honig gesalbt2) und [der] mit Milch genŠhrt [worden ist].3) [3] [Die] Wespen und Fliegen4)
[werden durch die] Sohnesliebe5) in Wut versetzt [sein]6). [4] [Der] Mundschenk7)
[ist zu] verraten8) [sowie] der versuchte Becher9). 1) Lat. "cumba, cymba"
(Nachen, Kahn) oder "cymbium" (Trinkschale), bzw. griech.
"kymbe" (Topf, Becken). |
Durch innerkirchliche Opposition gegen Papst "Ganymed"
erleidet die "Jupiter"-Kirche eine Spaltung. Dadurch wird der
neuheidnische Glaube als Ganzes gelŠhmt. In der zweiten Zeile wird
jemand erwŠhnt, der mit Milch genŠhrt und mit Honig fettig bzw. fett gemacht
worden ist. Hier kšnnte Nostradamus an Gott Jupiter gedacht haben, der als
Kleinkind mit Milch und Honig ernŠhrt wurde, vgl. Anmerkung 3. Zeile vier spricht von
einem Mundschenk. Mit Blick auf die antike Mythologie und die angenommene
Jupiter-Spur in der zweiten Zeile wŠre hier wohl von Ganymed die Rede, dem
Mundschenk der Gštter und Geliebten Jupiters, vgl. Anmerkung 7. In dieses GefŸge passen
wŸrde auch die "Sohnes-" bzw. "Knabenliebe" der dritten
Zeile. Ordnen wir diese Strophe
dem "Jupiter"-Thema zu, ist sie wohl etwa folgenderma§en zu
verstehen: Jupiter bzw. die
neuheidnische "Jupiter"-Religion wird handlungsunfŠhig sein. Ihr
sind gemŠ§ Zeile eins HŠnde und FŸ§e gebunden. In der gleichen Zeile dŸrften
wir wahrscheinlich auch erfahren, wodurch sie gelŠhmt ist - durch eine
Kirchenspaltung. Die Kirche wird bei
Nostradamus šfters auch als Schiff oder Boot (Petri) bezeichnet. Und ein Schiff
bzw. Boot bleibt das gleiche Wasserfahrzeug, auch wenn es unter einer anderen
Flagge segelt - etwa unter der der neuheidnischen
"Jupiter"-Religion. Hier haben wir allerdings nicht einen sondern
zwei KŠhne vor uns, wobei der neopagane Glaube sich zwischen ihnen befindet
(also eigentlich im Wasser oder bestenfalls in der Luft). Meines Erachtens ist hier
eine Spaltung der "Jupiter"-Kirche in zwei Teilkirchen
("KŠhne") gemeint, deren Streit die Macht der
"Jupiter"-Religion lŠhmt. Da beide KŠhne wohl in verschiedene
Richtungen fahren oder fahren wollen, kommt der "gefesselte"
Jupiter zwischen ihnen nicht vom Fleck. Die zweite HŠlfte der
Strophe beschŠftigt sich wohl nŠher mit den HintergrŸnden dieser
Kirchenspaltung. In der dritten Zeile ist
von "Wespen" und "Fliegen" die Rede, was auch als
"Spštter" und "LŸgner" verstanden werden kann, vgl.
Anmerkung 4. Sie werden durch die "Sohnesliebe", d. h. wohl
"Ganymeds" privilegierte Beziehung zu Jupiter(-Ammon), in Wut
versetzt. Diese innerkirchlichen
Feinde und Neider "Ganymeds" schaden aber dem neuheidnischen
Glauben als Ganzem. Mšglicherweise hat Nostradamus deswegen Jupiter in der
zweiten Zeile mit Honig beschmiert statt gefŸttert sein lassen, um
anzudeuten, dass diese "Fliegen" und "Wespen" in ihrer
Erregung Jupiter selber belŠstigen und stechen werden. So wie es Fliegen und
Wespen in natura mit jemandem tun wŸrden, der derart beschmiert ist. In der vierten Zeile wird
erwŠhnt, wer bei diesem Zwist verraten wird. Zum einen der Mundschenk - Papst
"Ganymed" (vgl. oben) - zum anderen der bereits zuvor in Versuchung
gefŸhrte "Becher". Mit letzterem ist vermutlich die zum
"Jupiter"-Kult Ÿbergelaufene Kirche gemeint, das GefŠ§ des neuen
Bundes von Gott mit den Menschen (vgl. MatthŠus 26,27f.: "Dann nahm
[Jesus] den Kelch, sprach das Dankgebet und reichte ihn den JŸngern mit den
Worten: Trinkt alle daraus; das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das fŸr
viele vergossen wird zur Vergebung der SŸnden." Siehe auch Markus
14,23f., Lukas 22,20 und 1. Korinther 11,25). |
8/6 [1] ClartŽ fulgure1) ˆ Lyon apparante [2] Luysant2), print Malte subit sera
estainte, [3] Sardon3), Mauris4)
traitera6) decepuante5), [4] Geneue ˆ Londes7) ˆ coq8)
trahyson fainte. [1] [Das] Licht des Blitzes1) [wird] in
Lyon sichtbar [sein]. [2] [Der] Leuchtende2),
[der] Malta genommen hat, wird plštzlich ausgelšscht [werden]. [3] "Sardon"3)
[und] "[die] Mauren"4) wird [der] IrrefŸhrende5)
misshandeln6). [4] Genf [wird] in "Londes"7)
dem Hahn8) vorgetŠuschten Verrat [vorspielen]. 1) Vgl. auch lat.
"fulgur" oder "fulgor" (u. a. Blitz). CLƒBERT, S. 845f.
sieht hier allerdings einen Kometen gemeint. Blitze haben einen festen Platz
in der Vorzeichenliteratur. Bei OBSEQUENS finden wir sie in den Kapiteln 1,
3, 5, 7, 11f., 14-17, 24f., 27, 28, 29, 31, 36-38, 41, 43f., 46, 47, 49f.,
52-54, 56a f., 61, 63, 65a, (66), 68f. und 71. Bei Nostradamus werden sie
wšrtlich in 1/26, 1/65, 2/51, 2/76, 3/6, 3/13, 3/44, 4/35, 4/43, 4/54, 4/99,
8/2, 8/6, 9/19 und 9/36 erwŠhnt. In der antiken Mythologie war der Blitz ein
Attribut des Jupiter (Zeus). Im Mittelfranzšsischen bedeutet
"fou(l)dre" neben "Blitz" zudem auch
"Verurteilung". Bei diesem "Licht" des Blitzes hat
Nostradamus wohl analog zu 5/93/3 an das griech. "phos"
("phaos") gedacht, das sowohl "Licht, Glanz, Helle" als
auch "Mensch, Mann, Held" bedeuten kann. Hier ist also
wahrscheinlich von einem bedeutenden Exponenten der
"Jupiter"-Religion die Rede. |
Ein bedeutender Exponent der "Jupiter"-Religion ("Ganymed"?)
wird in Lyon erscheinen. Nachdem er Malta erobert hat, wird er
"ausgelšscht" werden. Dieser "Jupiter"-Exponent kšnnte
zuvor noch die Region bei N”mes und Teile der Provence heimsuchen. Genf wird
dem franzšsischen "Hahn" Verrat vorspielen. Die ErwŠhnung des
Blitzes in der ersten Zeile dŸrfte diesen Vierzeiler dem
"Jupiter"-Thema zuordnen. Konkret erfahren wir hier, dass ein
"Licht", d. h. wohl ein bedeutender Exponent dieser Religion (vgl.
Anmerkung 1), in Lyon erscheinen wird. In der zweiten Zeile
erfahren wir, dass dieses "Blitzlicht", das offenbar Malta erobern
wird, dann plštzlich "erlischt". Das dŸrfte wohl bedeuten, dass
diese Person entweder stirbt oder zumindest von der Macht entfernt werden
wird. Doch wer kšnnte mit diesem
"Licht" bzw. dem "Leuchtenden" gemeint sein? Der ršmische Kaiser
Claudius wurde in Lyon geboren, so dass hier der neue "Claudius"
als Kandidat in Frage kommt (vgl. 2/76). Doch stellt sich die Frage, wie der
Statthalter der "Jupiter"-Kirche im Burgund Malta erobern sollte. Sollte das
"Licht" der "Jupiter"-Kirche Papst "Ganymed"
selber sein? In diesem Fall wŸrde sich die Frage stellen, warum er in Lyon
statt in Rom ist und warum er plštzlich "ausgelšscht" wird. Eine
mšgliche ErklŠrung wŠre, dass er wegen des Schismas (1/26, 6/89, 1/57) nach
Frankreich ausweichen muss, dort aber trotzdem seinen Feinden zum Opfer
fŠllt. Und das, nachdem er auf Malta noch einen Erfolg hat erringen kšnnen. Unklar ist im Augenblick
die zweite HŠlfte der Strophe. V. a. deshalb, weil zur Zeit noch keine
definitive †bersetzung mšglich ist, vgl. die Anmerkungen 3, 4 und 7. Es
kšnnte z. B. so sein, dass "Ganymed" (der oberste Irrlehrer - bzw.
"IrrefŸhrende" - der "Jupiter"-Religion, vgl. dazu 1/57/1)
vor seinem Ende gemŠ§ Zeile drei die Gard-Region um N”mes sowie das Gebiet
des Maurenmassivs in der Provence heimsuchen ("misshandeln") wird,
vgl. dazu die Anmerkungen 3 und 4. In der vierten Zeile
hŠngt einiges davon ab, was mit "Londes" gemeint ist.
VerhŠltnismŠ§ig klar scheint nur zu sein, dass Genf dem franzšsischen
"Hahn" falschen Verrat vorspielen wird. Vielleicht in der Ortschaft
La Londe-des-Maures in der NŠhe des Maurenmassivs? Alles Weitere ist unklar.
LŠuft Genf zum Schein zum "Hahn" Ÿber? Und falls ja, wem gilt seine
Treue wirklich? "Ganymed", der vielleicht das Gebiet des
Maurenmassivs heimsuchen wird, vgl. oben? Findet in "Londes" eine
Schlacht oder eine Verhandlung statt? |
1/57 [1] Par grand discord la trombe1) tremblera. [2] Accord rompu2) dressant la teste au
ciel: [3] Bouche3) sanglante dans le sang
nagera:4) [4] Au sol sa face ointe de laict & miel. [1] Durch [die] gro§e Zwietracht wird der Betrug1)
erzittern. [2] [Die] Eintracht [ist] zerstšrt,2)
[man] erhebt den Kopf zum Himmel. [3] [Der] blutige Mund3)
wird im Blut schwimmen.4) [4] Am Boden [wird] sein mit Milch
und Honig gesalbtes Gesicht [liegen]. 1) Lies: "trompe". Das
mittelfranzšsische "trompe" bezeichnet entweder eine Posaune bzw.
Trompete oder es bedeutet "BetrŸgerei, Betrug, TŠuschung". Mšglich
wŠre auch die Herleitung vom italienischen "tromba" (Wind-,
Wasserhose). Haupt mit dem
zerzausten Haar hoch bis zu den Gšttern.
Ihr Haupt mit dem geronnenen Blut im Mund.
Und ihre gebrochenen Augen weinten. Ihre zornigen [lies:
ehernen]b) rostig-schmutzigen ZŠhne ragten empor. Vor Gift triefte die
Zunge, von Schlangenc) war das Antlitzd) umgeben. Und von ganzem Herzen
und in zerrissenem, blutgetrŠnkteme) Kleid schwenkte sie mit ihrer
Rechten die flackerndef) Fackelg). |
Das Ende der "Jupiter"-Religion. Erst kommt es in dieser
Religionsgemeinschaft zu einer gro§en Spaltung, dann wird Jupiter in einem
Blutbad vom Sockel gestŸrzt und liegt am Boden. Die Einstiegsstelle fŸr das VerstŠndnis dieser Strophe findet sich
wohl in der vierten Zeile. Dort lesen wir von einem "mit Milch und Honig
gesalbtem Gesicht", was eine Verbindung zu 6/89/2 sein dŸrfte. Dort wird
jemand erwŠhnt, dessen Gesicht "mit Honig gesalbt" und der
"mit Milch genŠhrt" worden ist. Falls wie angenommen in 6/89/2 von Jupiter die Rede ist, dŸrfte 1/57/4
so zu verstehen sein, dass die neuheidnische "Jupiter"-Religion in
einer existenziellen Krise steckt, d. h. "am Boden" liegt. In 4/29 erfahren wir, dass es der Franzose "Merkur" sein
wird, der dem "Jupiter"-Kult den Garaus macht. Seine Aufgabe
scheint aber dadurch erleichtert zu werden, dass er auf eine
Religionsgemeinschaft treffen wird, die bereits von innen her geschwŠcht oder
sogar gelŠhmt ist (vgl. 6/89). Die ersten drei Zeilen von 1/57 mŸssten sich mit dem internen Konflikt
in der "Jupiter"-Religion beschŠftigen. Durch die Spaltung
("die gro§e Zwietracht") in der "Jupiter"-Kirche wird der
"Betrug" ins Wanken geraten (erste Zeile). Mit diesem
"Betrug" wŠre somit der neopagane "Jupiter"-Kult gemeint,
den unser Seher offensichtlich fŸr eine TŠuschung bzw. IrrefŸhrung der
Menschen hŠlt (zur Gleichsetzung von Heidentum und Betrug vgl. etwa
AUGUSTINUS, De
civitate dei, 4,32). Die zerstšrte Eintracht der zweiten Zeile meint wohl wieder die
Spaltung in der "Jupiter"-Kirche. Es ist Zwietracht aufgekommen,
Gšttin Discordia hat ihr Haupt bis in den Himmel (zu den Gšttern) erhoben,
vgl. Anmerkung 4. In der dritten und vierten Zeile ist von einem blutigen Gesicht (bzw.
Mund) die Rede, das erst in Blut schwimmen und dann am Boden liegen wird.
†ber dieses "Gesicht" bzw. diese Person (vgl. griech.
"prosopon") erfahren wir, dass es mit Milch und Honig gesalbt wurde
- damit ist wohl Jupiter gemeint (vgl. oben und 6/89/2). Der Hinweis, dass dieses Gesicht (bzw. dieser Mund) blutig ist,
bezieht sich wohl darauf, dass der "Jupiter"-Kult selber Blut
vergie§en wird. Auch durchaus in kultisch-religišsem Zusammenhang, vgl. die
Menschenopfer in 9/74, 2/98 und 9/46. In 1/57/4 ist das Ende der "Jupiter"-Religion beschrieben.
Jupiter oder sein Kopf (Gesicht) liegt am Boden. Sein Untergang wird
allerdings in einem Meer von Blut erfolgen, wie der dritten Zeile zu
entnehmen ist. Konkret kšnnte dieses Blutbad aus der inneren Spaltung in
dieser Glaubensgemeinschaft oder durch das militŠrische Vorgehen
"Merkurs" entstehen. |
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