5.62  Ein König schickt seine Armee auf einen Feldzug. Sein Oberkommandierender rebelliert und bemächtigt sich der Armee. Er kehrt zurück und plündert das eigene Land.
 

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Zusammenfassung
 

4/22: Ein König wird seine große Armee auf einen Feldzug in ein weit entferntes Land schicken. Doch kaum ist die Armee weg, könnte er sie gut im eigenen Land brauchen. Das dürfte bedeuten, dass sein Königreich unerwartet von einem Feind angegriffen wird oder ein Aufstand ausbricht. Der König ruft nun seine Streitkräfte zurück, doch diese weigern sich, dem Befehl zu gehorchen. Dieser Treuebruch versetzt den nun waffenlosen König in eine prekäre Lage.

4/62: Hier erfahren wir, warum die Streitkräfte dem König nicht mehr gehorchen. Ein ehrgeiziger Oberst oder General (vgl. Anmerkung 1) bemächtigt sich mit List der Expeditionsarmee. Er will weiter mit einem hinterhältigen Plan gegen seinen Fürsten, den König, vorgehen. Doch der Plan fliegt auf (der Putschist wird - sinnbildlich - vorzeitig im Dickicht entdeckt, in dem er sich auf die Lauer legt).

8/92: Weit außerhalb des Königreichs wird die Expedition (bzw. die Expeditionsarmee) in Gefahr gebracht. Damit ist entweder die oben beschriebenen Meuterei gemeint oder vielleicht ein Ereignis, das diese Rebellion überhaupt erst ermöglichen wird. Man darf sich nämlich fragen, weshalb es diesem Offizier gelingt, die Streitkräfte unter Kontrolle zu bringen. Wird die Armee vom König womöglich in einen unpopulären Krieg geschickt? In einen Krieg, in dem die Stimmung der Truppe bei der ersten wirklich gefährlichen Situation auf einen Tiefstpunkt sinkt und so einen guten Nährboden für Meutereien bereitet? In der zweiten Zeile erfahren wir, dass der rebellierende Offizier wahrscheinlich der vom König eingesetzte Oberbefehlshaber sein wird. Er wird die große Armee für sich in Besitz nehmen, die er bereits zuvor angeführt haben wird. Wie in 4/62 erwähnt, fliegt aber der hinterlistige Plan des Meuterers gegen den König auf. Ein Plan, der über die bloße Inbesitznahme der Armee hinausgehen dürfte, über den wir aber auch hier nichts Genaueres erfahren. Jedenfalls wird der König rechtzeitig gewarnt werden. Ohne eigene Truppen dastehend (vgl. 4/22) greift der Fürst in seiner verzweifelten Lage zum Mittel der Geiselnahme. Er lässt die Angehörigen des rebellierenden Offiziers gefangen nehmen, um im Kampf gegen diesen ein Faustpfand zu besitzen. Allerdings scheint die Rechnung des Königs nicht aufzugehen. Der Heerführer kehrt zurück und seine Truppen plündern das Land. Was dabei mit den Geiseln geschieht, ist hier jedoch nicht ersichtlich. Um welches Land, welchen König und welche Armee könnte es sich hier handeln? Um Frankreich, seinen Herrscher und seine Armee? Auch diese Fragen lassen sich im Augenblick nicht beantworten. Ein Indiz für Frankreich könnte man in der Bezeichnung "große Armee" sehen, da bei Nostradamus die Franzosen als "großes Volk" bezeichnet werden. Doch wir bräuchten wohl noch andere Hinweise, um hier ein abschließendes Urteil fällen zu können.
 

Quellen
 

4/22
 
La grand copie1) qui sera deschassée, Die große Armee1), die weggeschickt wird,
Dans vn moment fera besoing au roy: wird einen Moment später dem König fehlen.
La foy2) promise de loing sera fauscee Die versprochene Treue2) wird aus der Ferne gebrochen werden.
Nud3) se verra en piteux desarroy4). [Der] Unbewaffnete3) wird sich in Mitleid erregender Unsicherheit4) sehen.
1) Lat. "copia" (u.a. Trupp, Mannschaft).
2) "Foy" bedeutet im Mittelfranzösischen neben "Glaube" u.a. auch "Versprechen, Treue".
3) "Nud" (nackt) bedeutet im Mittelfranzösischen u.a. auch "unbewaffnet".
4) Oder auch: "Chaos, Unordnung, Verwirrung".
 

4/62
 
Vn coronel1) machine2) ambition, Ein Regimentskommandeur1) [wird sich mit] List2) [und] Ehrgeiz
Se saisira de la plus grand armée, der größten Armee bemächtigen.
Contre son prince fainte inuention, Gegen seinen Fürsten [wird er] mit einem falschen Plan [vorgehen]
Et descouuert sera soubz sa ramée. und unter seinem Dickicht entdeckt werden.
1) Im Mittelfranzösischen kann "coronel" (Regimentskommandeur, Oberst) auch den Oberkommandierenden der Infanterie bezeichnen. Eine Funktion, mit der heute wohl nur ein General betraut werden würde.
2) Vgl. lat. "machina" (u.a. List, Anschlag).
 

8/92
 
Loing hors du regne1) mis en hazard voiage Weit außerhalb des Königreiches1) [wird die] Expedition in Gefahr gebracht.
Grand ost duyra pour soy l’occupera, [Eine] große Armee wird [er] anführen [und] sie für sich in Besitz nehmen.
Le Roy tiendra les siens captif ostage Der König wird die Seinen als Gefangene und Geiseln halten.
A son retour tout pays pillera. Bei seiner Rückkehr wird [er das] ganze Land plündern.
1) Oder: "Land".
 

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