5.169  Invasion des orientalischen "Kamels" in Europa. Es stößt erfolgreich an den Rhein und an die Donau vor, wird aber schließlich bei den Alpen vom "Hahn" besiegt werden.
 

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Zusammenfassung
 
 
4/68: Die beiden "Größten" aus Asien und Afrika werden an einem Ort zusammenkommen, der nicht weit vom "Ort der Venus" entfernt ist (erste und zweite Zeile). Für diesen "Ort der Venus" gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten (vgl. Anmerkung 1). In der vierten Zeile ist jedoch davon die Rede, dass man an der ligurischen Küste Schreie und Wehklagen hören wird. Falls es sich bei den beiden "Größten" aus Asien und Afrika um Machthaber auf Kriegszug handeln sollte, ist mit dem "Ort der Venus" wahrscheinlich das italienische Portovenere am Golf von Genua gemeint. In der dritten Zeile erfahren wir, dass die beiden "Größten" vom Rhein und der unteren Donau kommen werden. Das könnte man so verstehen, dass der Afrikaner Europa von Westen und der Asiate von Osten her angreifen wird. Der Afrikaner könnte über die Iberische Halbinsel und durch Frankreich hindurch an den Rhein vorstoßen und der Asiate entweder über die Ukraine oder die Türkei an die untere Donau. Und von dort wiederum durch den Balkan hindurch nach Italien. Der Afrikaner hingegen muss wohl, wie einst Hannibal, die Alpen überqueren oder vom Rhein an die französische Mittelmeerküste marschieren und diese entlang nach Osten ziehen.

5/68: In der ersten Zeile ist wieder von der Donau und vom Rhein die Rede. Und in der zweiten Zeile taucht wieder eine außereuropäische Macht auf, das "große Kamel", das aus beiden Strömen trinken wird. Das "große Kamel" wird dies zunächst nicht bereuen, d. h. wohl, es wird an der Donau und am Rhein Siege davontragen. Das "große Kamel" dürfte auch dafür verantwortlich sein, dass die Leute an der Rhone und an der Loire zittern werden (dritte Zeile). Doch am Ende wird es vom "Hahn" in der Nähe der Alpen besiegt werden (vierte Zeile). Mit dem gallischen Hahn ist Frankreich oder ein französischer Machthaber gemeint. Der Hahn taucht auch in 1/93 (5.159), 2/42 (5.129), 3/52 (5.34), 4/4 (5.47), 5/14 (5.47), 6/28 (5.103), 8/9 (5.16) und 8/46 (5.159) auf. Wo genau das "große Kamel" besiegt werden wird, erfahren wir in diesem Vers nicht. Falls das Kamel mit einer der der beiden Mächte aus 4/68 identisch sein sollte, käme vielleicht die italienische Seite der Alpen in Frage, da sich der Afrikaner und der Asiate vorher bei Portovenere vereinigen dürften. An dieser Stelle sollte noch ein kurzer Blick auf das von Nostradamus gewählte Symboltier geworfen werden. Kamele sind orientalische Tiere, d. h., unser Kamel dürfte eine außereuropäische Macht aus diesem Bereich verkörpern. Wie in Anmerkung 1 ausgeführt, gibt es in der alten Welt zwei Kamelarten: das einhöckerige Dromedar und das zweihöckerige Trampeltier. Obwohl wir in 4/68 eindeutig zwei Machthaber vor uns haben, die vom Rhein und der Donau kommen werden, trinkt in 5/68 bloß ein Kamel aus diesen beiden Flüssen. Dieser offensichtliche Widerspruch könnte dadurch aufgelöst werden, dass wir annehmen, Nostradamus habe bei seinem "Kamel" an ein Trampeltier gedacht. In diesem Fall hätte unser Seher den afrikanisch-asiatischen Angriff auf das Abendland als eine koordinierte Aktion wahrgenommen und die beiden Anführer (die den beiden Trampeltier-Höckern entsprechen würden) als ein untrennbar verbundenes Gespann.

4/85: Die dritte Zeile verbindet diesen Vierzeiler mit 5/68. Das Kamel steht nun auf gefesselten Füßen (dritte Zeile). D. h., dieser Vers gehört wohl in die Zeit nach der Niederlage des afrikanisch-asiatischen Bündnisses. Über das Kamel erfahren wir, dass es entweder von dunkelbrauner Farbe oder maurischer Herkunft ist (vgl. Anmerkung 3). Letzteres würde bedeuten, dass es aus Nordafrika stammt, was gegen die Trampeltier-These zu 5/68 spräche. Es sei denn, Nostradamus habe damit lediglich ausdrücken wollen, dass es sich um ein islamisches Bündnis handelt. In 3/95 (5.60) bezeichnet unser Seher den Islam als "maurisches Gesetz". Der Rest des Vierzeilers ist ohne Zusammenhang noch nicht einzuordnen. Ein (wahrscheinlich bedeutender) Gefangener fällt einer tödlichen Krankheit anheim, vielleicht Milzbrand (vgl. Anmerkung 1), und stirbt (erste und zweite Zeile). Und in der letzten Zeile blendet (täuscht?) ein "Jüngerer" einen "kleinen Falken" oder Junker.  

Quellen
 

4/68
 
En l’an1) bien proche non esloigné de Venus,
Am Ort1), [der] sehr nahe [und] nicht weit von [dem der] Venus entfernt [ist],
Les deux plus grans de l’Asie & d’Affrique
[wird man sagen], die beiden Größten von Asien und Afrika
Du Ryn & Hister2) qu’on dira sont venus,
sind vom Rhein und der unteren Donau2) gekommen.
Crys, pleurs à Malte & costé ligustique3).
Schreie [und] Wehklagen in Malta und an der ligurischen3) Küste.
1) "En l’an" ("im Jahr") ergibt keinen rechten Sinn. Gemäß LE PELLETIER und LEONI existiert jedoch die Variante "en lieu" ("am Ort"), der hier der Vorzug gegeben wurde. Für den "Ort der Venus" gibt es einige Möglichkeiten. So etwa Rom, da sie die Stammmutter des römischen Volkes war (Venus genetrix). Oder der Monte Erice (am Westende Siziliens), von wo sich die Verehrung der Aphrodite als Venus erycina über ganz Italien ausbreitete. Weitere Orte erinnern mit ihren Namen an die römische Göttin: Portovenere (Portus Veneris) bei La Spezia am Golf von Genua, Venosa (Venusia), der Geburtsort von Horaz, etwa 35 - 40 km nördlich von Potenza in Süditalien oder El-Kef (Sicca Venerea, Aphrodisium), etwa 175 km westlich von Tunis. Daneben gab es im Altertum drei ägyptische Städte mit Namen Aphroditopolis. Aber auch die Inseln Zypern und Kithyra (südöstlich des Peloponnes), die im Mythos eng mit der Venus in Verbindung stehen, wären denkbar; auf Grund der Ähnlichkeit des Namens vielleicht sogar Venedig.
2) Das lat. "Hister" bezeichnet im Gegensatz zu "Danuvius" die untere Donau.
3) Lat. "ligusticus" (ligurisch).
 

5/68
 
Dans le Danube & du Rin viendra boire,
Um in der Donau und aus dem Rhein zu trinken, wird
Le grand Chameau1) ne s’en repentira2):
das große Kamel1) [kommen und] es nicht bereuen2).
Trembler du Rosne & plus fort ceux de Loire,
Zittern [werden die Leute] von der Rhone und stärker [noch] die von [der] Loire,
Et pres des Alpes coq le ruinera.
und nahe der Alpen wird [der] Hahn es besiegen.
1) Man unterscheidet heute zwischen dem einhöckerigen Kamel (Dromedar, franz. dromadaire bzw. chameau d’Arabie) und dem zweihöckerigen Kamel (Trampeltier, franz. chameau de Bactriane bzw. chameau d’Asie bzw. chameau domestique). Welches Kamel Nostradamus hier gemeint hat, lässt sich im Augenblick nicht entscheiden.
2) Oder auch: "nicht seine Meinung ändern, nicht zurücktreten".
 

4/85
 
Le charbon blanc du noir1) sera chassé,
Die weiße Kohle wird von der schwarzen1) vertrieben [werden].
Prisonnier faict mené au tombereau2):
[Der zum] Gefangenen gemachte [wird] auf den Kippkarren2) gebracht [werden].
More3) Chameau sus piedz entrelassez,
[Das] dunkelbraune3) Kamel [wird] auf gebundenen Füßen [stehen],
Lors le puisné fillera5) l’aubereau4).
wenn der Jüngere den kleinen Falken4) blenden wird5).
1) "Charbon blanc" (weiße Kohle) bezeichnet im Mittelfranzösischen eine faulige, brandige Wunde, von der aber keine Ansteckung ausgeht. Mit der "schwarzen" - also "gewöhnlichen" - Kohle könnte der Arzt Nostradamus die Krankheit namens "charbon" (Kohle) gemeint haben, die auch "fièvre charbonneuse" (Kohlenfieber) oder "sang noir" (schwarzes Blut) heißt: der Milzbrand. Gefährlich ist dabei v. a. der Lungenmilzbrand, der in 90 bis 100 Prozent der Fälle innerhalb von drei bis sechs Tagen zum Tod führt. Eine weitere Möglichkeit wäre die Pest ("charbon pestiferé").
2) Kippkarren wurden u. a. für den Transport von Seuchenopfern verwendet, da man diese einachsigen Karren bequem kippen und so die Leichen in die Massengräber rutschen lassen konnte.
3) Oder auch: "maurische". Die Mauren waren nordafrikanische Araber, die vom 8. bis 15. Jahrhundert auch auf der iberischen Halbinsel herrschten.
4) Lies: "hobereau" (kleiner Falke, Junker).
5) Lies: "sillera".

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