5.225  "Schwert", "Schlüssel" und "Adler" sind zerstritten.
 

Zurück / Zurück zur Startseite

 
 

Zusammenfassung
 

In der dritten Zeile dürfte von einem Papst, einem neuen Klemens die Rede sein (vgl. Anmerkung 3) sowie von einem wohl weltlichen Machthaber, den Nostradamus mit dem mythischen Iulus bzw. Ascanius vergleicht (vgl. Anmerkung 4). Das verlagert das Geschehen wahrscheinlich nach Italien bzw. Rom. Wir erfahren, dass "Klemens" und "Iulus" in die Defensive gedrängt sein werden. Doch von wem? Möglicherweise finden wir die Antwort auf diese Frage in der vierten Zeile. Dort tauchen drei Akteure auf, die anscheinend so stark verfeindet sind wie noch nie zuvor. Nostradamus nennt die drei Akteure das "Schwert", den "Schlüssel" und den "Adler". Den französischen "Adler" kennen wir bereits aus anderem Zusammenhang, vgl. Anmerkung 6. Der "Schlüssel" könnte einen Papst als Nachfolger Petri meinen und folglich mit "Klemens" aus der dritten Zeile identisch sein. Analog entspricht vielleicht "Iulus" dem "Schwert". In diesem Fall wäre es wohl der "Adler", der die beiden anderen zurückdrängt. Gemäß zweiter Zeile wird man kommen, um mit kriegerischer Gewalt den "Tempel" zu öffnen. Welcher Tempel hier gemeint ist, erfahren wir nicht. Vielleicht der Petersdom in Rom? Um wessen Anhänger oder Truppen es sich bei den Angreifern handelt, erfahren wir ebenfalls nicht. (Gehören sie zum "Schlüssel" oder zum "Adler"?) Der ersten Zeile ist jedoch zu entnehmen, dass wohl dieselben wegen des "Fünften" und "eines großen Herkules" den Tempel angreifen. Wie in Anmerkung 1 ausgeführt, könnte damit z. B. ein Nachkomme des "Herkules", eines Mitstreiters "CHYRENs" gemeint sein. Es wäre also wenigstens denkbar, dass in diesem Vierzeiler vorhergesagt wird, dass ein französischer Feldherr (der "große Herkules") - vielleicht im Auftrag seines Herrschers (eines neuen Karls V. von Frankreich, vgl. Anmerkung 1?) - Papst "Klemens" und einen italienischen Machthaber ("Iulus") militärisch zurückdrängt, in Rom einmarschiert und dabei vor dem Vatikan (Petersdom?) nicht Halt macht. Somit könnte der "Adler" der letzten Zeile mit dem "großen Herkules" aus der ersten identisch sein.
 

Quellen
 

10/27  

Par le ciquiesme & vn grand Hercules1)
Wegen des Fünften und eines großen Herkules1)
Viendront le temple ouurir de main2) bellique,
werden [sie] kommen, um den Tempel mit kriegerischer Gewalt2) zu öffnen.
Vn Clement3), Iule & Ascans4) recules5),
Ein Klemens3) [und ein] Iulus und Ascanius4) [sind] zurückgedrängt5),
Lespe, clef, aigle6), n’eurent onc si grand picque.
das Schwert, [der] Schlüssel [und der] Adler6) hatten noch nie so großen Streit.
1) "Herkules" ist ein Mitstreiter "CHYRENs", vgl. 5.37, 5.38, 5.106, 5.147, 5.151, 5.187 und 5.216. Hier ist allerdings von einem großen Herkules die Rede. Das ließe sich z. B. so verstehen, dass der erwähnte Herkules nicht mit jenem Mitstreiter "CHYRENs" identisch ist sondern vielleicht nur aus dessen Familie stammt. Wir könnten hier etwa (wie in 5.216) einen seiner Nachkommen vor uns haben. Ebenso unklar ist, ob der "große Herkules" der ersten Zeile und der dort ebenfalls erwähnte "Fünfte" wirklich zwei verschiedene Personen sind. Die Zeile ließe sich nämlich auch so verstehen, dass Nostradamus hier von einem "Herkules V." spricht, eben einem Nachfahren von "CHYRENs" Mitkämpfer "Herkules I." Mit Blick auf die dritte Zeile (vgl. Anmerkung 4) ist man geneigt, von Letzterem auszugehen. Falls der "Fünfte" doch eine eigene Person sein sollte, käme als historische Vorlage z. B. der französische König Karl V. (1364 - 1380) in Frage. Oder Nostradamus hat an seinen Zeitgenossen, den Habsburger Kaiser Karl V. (1519 - 1556) gedacht, der u. a. auch Rom angegriffen hat. In der römischen Antike fänden wir (lat. Quintus = der Fünfte) Quintus Fabius Maximus Rullianus, einen bedeutenden römischen Feldherrn in den Samnitenkriegen (um 300 v. Chr.) und seinen Urenkel Quintus Fabius Maximus Verrucosus Cunctator (ca. 275 - 203 v. Chr.), einen Feldherrn des Zweiten Punischen Krieges gegen Hannibal. Im Weiteren vielleicht noch Gaius Messius Quintus Traianus Decius (Kaiser Decius, 249 - 251 n. Chr.), der gegen die Goten kämpfte und die Christen blutig verfolgen ließ oder Quintus Sertorius (123 - 72 v. Chr.), der in Spanien eine von Rom unabhängige Herrschaft aufbaute aber von Pompeius besiegt und hingerichtet wurde.
2) Wohl im Sinne des lat. "manus" (u. a. Kraft, Gewalt). Vgl. auch griech. "cheir" (u. a. Macht, Gewalttätigkeit).
3) "Klemens" oder "Clemens" (lat. der Gnädige, der Sanftmütige) war v. a. ein Papstname, womit hier wohl ebenfalls ein Kirchenoberhaupt gemeint sein dürfte. Bis zur Zeit des Nostradamus gab es sieben Päpste und drei Gegenpäpste dieses Namens. Der heilige Klemens I. (88 - 97/101?) war einer der ersten Nachfolger Petri als Bischof von Rom und starb den Märtyrertod. Der aus Niedersachsen stammende Klemens II. (1046 - 1047) ersetzte drei gleichzeitig regierende Päpste (bzw. Gegenpäpste). Er starb, als er gerade auf einer Reise nach Deutschland war. Als einziger Papst ist er nördlich der Alpen, im Bamberger Dom, bestattet. Einer mittelaterlichen Theorie zufolge wurde er von einem seiner drei Vorgänger (Benedikt IX.) vergiftet. Eine Theorie, die bis heute allerdings weder bestätigt noch widerlegt werden konnte. Sein Nachfolger wurde der schon erwähnte Benedikt IX. Klemens III. (1187 - 1191) bewegte den englischen König Heinrich II. und den französischen König Philipp II. dazu, den dritten Kreuzzug zu unternehmen. Außerdem schloss er Frieden mit Kaiser Friedrich Barbarossa und regelte damit die Rückgabe des Kirchenstaates an die Kurie. Der Franzose Klemens IV. (1265 - 1268) stand politisch zusammen mit dem französischen König in Opposition zum Deutschen Reich. Klemens V. (1305 - 1314), ebenfalls ein Franzose, war mit dem König von Frankreich befreundet und wurde in Lyon zum Papst gekrönt. 1309 bestimmte er Avignon statt Rom zum Sitz der Päpste. Ab 1307 bekämpfte er den mächtigen Templerorden, dessen letzter Großmeister, Jacques de Molay, 1314 auf dem Scheiterhaufen starb. De Molay soll dabei König und Papst verflucht haben. Rund einen Monat später, am 20. April 1314, starb Klemens V. Klemens VI. (1342 - 1352) war ein weiterer Franzose auf dem Stuhl Petri. Der ebenfalls in Avignon residierende Papst unterstützte im Streit um den Thron des römisch-deutschen Königs Karl IV. gegen Ludwig den Bayern. Ein Zeitgenosse des Nostradamus war Klemens VII. (1523 - 34). Der uneheliche Spross der Florentiner Medici geriet als Papst in den Konflikt zwischen Frankreich und dem Habsburger Reich, die um die Macht im nördlichen Italien kämpften. 1527 eroberten die Truppen Kaiser Karls V. Rom und plünderten die Stadt (Sacco di Roma). Klemens VII. wurde dabei gefangengenommen und die Medici aus Florenz vertrieben. Zwei Jahre später schlossen Papst und Kaiser Frieden, Klemens erhielt den Kirchenstaat und die Medici Florenz zurück. 1530 krönte Klemens VII. Karl V. in Bologna zum Kaiser. Die Weigerung des Papstes, die Ehe des englischen Königs Heinrichs VIII. mit Katharina von Aragon für ungültig zu erklären, führte 1534 zur Entstehung der Anglikanischen Kirche und somit zum Bruch mit Rom. Das Pontifikat des Gegenpapstes Klemens III. (1080 - 1100) gehört zum Konflikt zwischen Papst und Kaiser (Investiturstreit). Auf der Seite des deutschen Königs stehend, krönte Klemens 1084 Heinrich IV. zum Kaiser. 1085 wurde er von den deutschen Bischöfen als rechtmäßiger Papst anerkannt. Mit der Wahl des Franzosen Klemens VII. zum Gegenpapst (1378 - 1394) begann das große abendländische Schisma mit zwei Päpsten in Rom und Avignon, das bis 1417 dauerte. Auf der Seite Klemens VII. standen dabei Frankreich, Schottland, Aragonien, Kastilien, Neapel und Teile des Deutschen Reiches. Der römische Papst Urban VI. hatte Nord- und Mittelitalien, Teile des Deutschen Reiches, England, Irland, Flandern, Skandinavien, Polen und Ungarn auf seiner Seite. Der aragonesische Gegenpapst Klemens VIII. (1423 - 1429) wurde auf Betreiben des aragonesischen und sizilianischen Königs Alfons V. zum Pontifex gewählt und gehört zum Konflikt zwischen Aragonien und Rom. 1429 trat er zugunsten des römischen Papstes Martin V. (1417 - 1431) zurück.
4) Mit "[ein] Iulus und Ascanius" ist wohl eine einzige Person gemeint, denn beide Namen bezeichnen den Sohn des Aeneas und Gründers von Alba Longa, der Mutterstadt Roms. Iulus (bzw. Ascanius) war zudem der mythische Stammvater der römischen Gens Iulia, zu der u. a. Julius Cäsar gehörte. Aus diesem Grund könnte "Iule" auch "Julius" heißen. Bis zur Zeit des Nostradamus trugen drei Päpste diesen Namen. Der heilige Julius I. (337 - 352) verteidigte den katholischen Glauben gegen die arianische Irrlehre. Julius II. (1503 - 1513) war mindestens ebenso stark ein weltlicher Renaissancefürst wie ein Oberhaupt der Kirche. Er sicherte auf politischem und militärischem Gebiet Bestand und Macht des Kirchenstaates und kämpfte gegen den französischen Einfluss in Italien. Zudem trat er als Förderer von Bramante, Michelangelo und Raffael hervor und begann mit dem Bau des Petersdoms (1506). Julius III. (1550 - 1555), ein Zeitgenosse des Nostradamus, präsidierte in den Jahren 1551/52 die zweite Periode des Tridentinischen Konzils (1545 - 1563). Der Jesuitenorden genoss die Gunst dieses Papstes. Weltliche Herrscher, die den Namen Julius trugen, gab es einige mehr: z. B. die römischen Kaiser Augustus, Tiberius oder Caligula, um nur die bekanntesten zu nennen.
5) Lies: "reculés", wobei "Hercules" dann als "Herculés" zu lesen wäre. Ansonsten bedeutet die Zeile: "Einen Klemens [und einen] Iulus und Ascanius drängst [du] zurück".
6) Der französische "Adler" taucht auch in 1/23 (5.113), 1/31 (5.210), 1/38 (5.113), 2/44 (5.130), 3/37 und 5/81 (beide 5.31), 3/52 (5.34), 4/70 (5.217), 5/42 (5.182), 6/46 (5.190), 6/78 (5.193), 8/4 (5.209), 8/8 (5.203), 8/9 (5.16), 8/46 (5.159) und 5.200 auf. Das "Schwert" könnte für eine weltliche Macht stehen. In 8/78 (5.8) bezeichnet Nostradamus allerdings einen Papst als "Schwert" bzw. "schweren Degen". Der "Schlüssel" ist u. a. ein Attribut des heiligen Petrus und könnte somit das Papstamt repräsentieren. Sollten hier wieder zwei Symbole ("Schwert" und "Schlüssel") ein und dasselbe meinen?

Zurück / Zurück zur Startseite