5.255 Ein Nachkomme "Merkurs" wird sehnlichst in Europa zurückerwartet, erscheint aber in Asien. Er wird mächtiger werden als alle Könige des Orients.
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Zusammenfassung
In diesem Vierzeiler geht es um einen Mann, der laut dritter Zeile ein Nachkomme "Merkurs" und somit wohl auch des "Herkules" ist (vgl. Anmerkung 3). "Merkur" ist ein Franzose, der das Christentum durch den Sieg über die "Jupiter"-Religion rettet. Zudem scheint er in Ägypten seine Herrschaft zu etablieren (vgl. 5.59, 5.131). Über seinen Nachkommen erfahren wir in den ersten beiden Zeilen, dass dieser in Europa sehnlichst zurückerwartet werden wird, aber nie mehr dorthin zurückkehrt. Dafür wird er in Asien (vgl. Anmerkung 1) erscheinen. Das könnte man so verstehen, dass der Nachkomme selber aus Europa stammt und nicht etwa aus Ägypten. Warum er in Asien erscheint, erfahren wir nicht. Ist er ein Feldherr? Jedenfalls wird er laut vierter Zeile im Osten mächtiger werden als alle orientalischen Könige. Dem Vierzeiler leider nicht zu entnehmen ist, wie sein Verhältnis zu Ägypten sein wird, das ja von seinem Vorfahren Merkur beherrscht wurde. In der dritten Zeile erfahren wir noch, dass dieser Nachkomme Mitglied in einer Liga sein wird. Näheres über dieses Bündnis erfahren wir allerdings nicht.
Quellen
10/75
1) "Asia" bezeichnete in der Antike v. a. Kleinasien, konnte aber auch weitere Gebiete meinen.
Tant attendu ne reuiendra iamais
[Obwohl] sehnlichst [zurück]erwartet, wird [er] nie mehr zurückkehren
Dedans l’Europe, en Asie1) apparoistra
nach Europa. [Aber] in Asien1) wird [er] erscheinen.
Vn de la ligue2) yssu du grand Hermes3),
[Er ist] einer aus der Liga2) [und] hervorgegangen aus dem großen Hermes3),
Et sur tous roys des orientz4) croistra.
und [er] wird über alle Könige der Morgenländer4) hinauswachsen.
2) "Liga, Union, Bündnis" im weitesten Sinne.
3) Hermes entspricht dem römischen Merkur. Bei Nostradamus taucht "Merkur" in 5.58, 5.59 und 5.131 auf. Er stammt wohl aus dem Hause Bourbon und dürfte ein Nachkomme von Herkules, einem Mitstreiter CHYRENs, sein (vgl. 10/79, 5.59). Interessant ist an dieser Stelle vielleicht, dass es im südlichen Zentralfrankreich einen Ort namens Mercœur gibt (etwa 13 km südwestlich von Brioude). Die dazugehörende Herrschaft Mercœur (ab 1569 Herzogtum) gehörte zur Zeit des Nostradamus dem Hause Lothringen, ging aber im 17. Jahrhundert wieder an die Bourbonen, die es vor Lothringen schon einmal besessen hatten. Ob Nostradamus’ "Merkur" mit dieser Herrschaft in Verbindung steht, lässt sich im Augenblick nicht entscheiden. In 10/75 ist von jemandem die Rede, der aus dem Blute dieses großen "Merkurs" hervorgeht, also dessen Nachkomme ist.
4) Oder auch: "des Orients, des Ostens". Im Französischen wird gelegentlich die Mehrzahl "orients" verwendet ("die Oriente", "die Osten"), was sich etwa mit "Morgenländern" übersetzen lässt.