5.258  In Antwerpen stirbt ein alter Ehemann kurz nach der Hochzeit.
 

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Zusammenfassung
 

10/52: In Gent wird man während langer Zeit eine Hochzeit vorbereiten (erste und zweite Zeile). Stattfinden wird die Eheschließung gemäß dritter Zeile anscheinend in Antwerpen (vgl. Anmerkung 4). In Zeile vier dürften wir die Braut- oder Eheleute vorfinden: es handelt sich wohl um einen älteren Mann, der wieder jung zu sein glaubt (also von "jungem Alter" zu sein) und um eine Frau, die "unbefleckt" ist. Das ließe sich etwa so verstehen, dass der Mann nach der Hochzeit stirbt, noch bevor die Ehe in der Hochzeitsnacht vollzogen werden kann.

10/55: Wie wir in den ersten beiden Zeilen erfahren, feiert man mit großer Freude eine Hochzeit. Allerdings handelt es sich dabei um eine unglückliche Vermählung, die ein trauriges Ende finden wird. Dieses "traurige Ende" würde zum frühzeitigen Tod des Ehemanns aus 10/52 passen. Ein gewisser Widerspruch scheint hier darin zu bestehen, dass man die als "unglücklich" charakterisierte Hochzeit dennoch mit "großer Freude" feiert. Ein Widerspruch, der sich vielleicht dahingehend auflösen lässt, dass die Eheschließung lediglich für die unmittelbar Beteiligten, die Brautleute, unglücklich ist. Aber für diejenigen etwa, die diese Vermählung in die Wege geleitet haben (vgl. auch 10/52, zweite Zeile) ist sie natürlich ein großer, zu feiernder Erfolg. Die dritte Zeile von 10/55 dürfte die Erklärung dafür liefern, weshalb es sich um eine unglückliche Hochzeit handelt. Die Braut bzw. Ehefrau wird von ihrem Mann und dessen Mutter abgelehnt. Weshalb, erfahren wir hier allerdings nicht. Bemerkenswert ist, dass der gemäß 10/52 wohl bereits ältere Mann noch immer eine Mutter hat. Im übertragenen Sinn könnte damit vielleicht auch die Gastgeberin dieser Hochzeitsfeier (vgl. Anmerkung 1), die Stadt Antwerpen gemeint sein (vgl. auch griech. "metropolis" = Mutterstadt). In der vierten Zeile berichtet Nostradamus von einem verstorbenen "Phoebus" und von einer äußerst beklagenswerten Schwiegertochter. "Phoebus" dürfte der verstorbene Ehemann aus 10/52 sein und die Schwiegertochter dessen zurückgebliebene Frau. Doch wieso bezeichnet unser Seher einen älteren Herren als immer jungen Apollo (vgl. Anmerkung 3)? Das könnte einerseits ein ironischer Bezug auf das "junge Alter" aus 10/52 sein. Andererseits ließe sich hier etwa eine versteckte Zeitangabe herauslesen. Stirbt "Phoebus" vielleicht zur Wintersonnenwende (21. Dezember), dem Tag des tiefsten Sonnenstandes? Und warum wird seine Witwe beklagenswert sein? Macht man sie vielleicht für den Tod ihres Mannes verantwortlich? Wird sie - etwa von der Schwiegermutter - bedroht?

Quellen
 

10/52  

Au lieu où LAYE & Scelde se marient,1)
Im Ort, wo Leie und Schelde sich vereinen1)
Seront les nopces2) de long temps maniees,
wird die Hochzeit2) seit langer Zeit arrangiert worden sein.
Au lieu d’Anuers3) où la crappe4) charient5),
Am Platz von Antwerpen3), wo [sie] den Abfall4) hintransportieren5),
Ieune vi[e]illesse consorte inraminee6).
[wird das] Alter jung [und die] Partnerin unbefleckt6) [sein].
1) Leie und Schelde sind zwei Flüsse in Nordfrankreich bzw. Westbelgien. Die Leie mündet bei Gent in die Schelde. Wohl mit Blick auf die zweite Zeile hat Nostradamus hier für "vereinen" das französische "se marier" gewählt, das auch "sich vermählen, sich verheiraten" bedeuten kann.
2) Oder auch: "Hochzeiten". Wie im Lateinischen (nuptiae) steht "Hochzeit" im Französischen im Plural.
3) Das nordbelgische Antwerpen liegt nahe der Scheldemündung.
4) Oder auch: "Schmutz, Dreck". Daneben bezeichnet "crappe" auch noch eine Hauterkrankung. Welche Lokalität hier - offensichtlich in Antwerpen - gemeint ist, ist bislang noch ungeklärt. Liegt hier vielleicht ein Wortspiel vor?
5) Oder: "hinkarren".
6) Lies: "intaminee" (lat. "intaminatus" = unbefleckt, fleckenlos).
   

10/55  

Les malheureuses nopces celebreront
Die unglückliche Hochzeit werden [sie] feiern
En grande ioye, mais la fin malheureuse:
in großer Freude. Aber das Ende [ist] traurig.
Mary & mere1) nore desdaigneront2),
[Der] Ehemann und [die] Mutter1) werden [die] Schwiegertochter ablehnen2).
Le Phybe3) mort, & nore plus piteuse.
Der Phoebus3) [ist] tot [und die] Schwiegertochter [wird] äußerst beklagenswert [sein].
1) Oder auch: "Gastgeberin, Hausherrin".
2) Oder auch: "verachten".
3) Vielleicht als "Phébe" zu lesen, vgl. 3/97 (5.251). Phoebus (griech. Phoibos) ist ein Beiname des Apollo, der in dieser Gestalt auch dem Sonnengott Sol bzw. Sol Invictus (griech. Helios) gleichgesetzt wurde. Im übertragenen Sinne wird damit auch einfach die Sonne bezeichnet. Im Mythos stirbt der bartlose Jüngling Apollo allerdings nicht.

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