5.262  In Toulouse werden die Kirchen geschändet und geplündert.
 

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Zusammenfassung
 
3/45: In der zweiten Zeile erfahren wir, dass das Blut von fünf "Fremden" einen anscheinend geweihten Boden entweihen wird. Somit dürfte ihr Blut im Innern einer Kirche vergossen werden. Möglicherweise in der Kirche ("Tempel"), in die sie zuvor laut erster Zeile eindringen werden. Das Ganze könnte sich in Toulouse zutragen. Jedenfalls schreibt Nostradamus in der dritten und vierten Zeile, dass das Los der fünf "Fremden" - der gewaltsame Tod - den Toulousern ein warnendes Beispiel dafür sein wird, was denjenigem passiert, der die Gesetze der Kirche zerstört.

9/72: Die in 3/45 gewarnten Toulouser schreiten hier zur Tat: Ihr "Senat" (vielleicht der Stadtrat, vgl. Anmerkung 3) lässt die Kirchen ("Tempel") schänden und ausplündern (erste und zweite Zeile). Nostradamus schreibt dazu in der ersten Zeile, dass es sich dabei um eine erneute Schändung handeln wird (vgl. allerdings Anmerkung 1). Die erste Schändung, auf die sich unser Seher hier wohl bezieht, könnte das Eindringen der fünf "Fremden" sein, von der wir in 3/45 lesen. Geraume Zeit nach der zweiten Schändung (vgl. Anmerkung 6) werden in einem April und Mai Leute oder Truppen in Toulouse auftauchen, die mutmaßliche Gegner der kirchenfeindlichen Toulouser sind (vgl. Anmerkung 7). Sollten diese mit den abgefallenen Südwestfranzosen das tun, was in 3/45 mit den fünf "Fremden" gemacht wird?

Quellen
 

3/45  

Les cinq estranges1) entrés dedans le temple,
Die fünf Fremden1) [werden] in den Tempel eingedrungen [sein].
Leur sang2) viendra la terre3) prophaner:
Ihr Blut2) wird [dazu] kommen, die Erde3) zu entweihen.
Aux Thoulousains sera bien dur exemple
Den Toulousern wird [das ein] sehr hartes Beispiel sein
D’un qui viendra ses4) loys exterminer.
für einen, der kommen wird, seine4) Gesetze zu zerstören.
1) Oder u. a. auch: "Fremdartigen, Ungewöhnlichen". Es sei hier ebenfalls an das lat. "peregrinus" (Fremder, Pilger, Kreuzfahrer) erinnert.
2) Oder auch: "Familie, Verwandtschaft".
3) Auch im Sinne von "Boden".
4) D. h. des Tempels. BRIND’AMOUR, S. 392, sieht hier die Gesetze der Stadt Toulouse gemeint.

9/72   

Encor1) seront les saincts temples pollus2),
Von Neuem1) werden die heiligen Tempel geschändet2)
Et expillez4) par Senat3) Tholosain,
und vom Toulouser Senat3) ausgeplündert4) [werden].
Saturne deux trois5) cicles6) reuollus,
Saturn [weist] "zwei, drei"5) beendete Umläufe6) [auf,
Dans Auril, May, gens de nouueau leuain7).
wenn] im April [und] Mai [die] Leute des neuen Sauerteigs7) [kommen werden].
1) Oder auch: "dann, zudem".
2) Oder auch: "beschmutzt, befleckt".
3) "Senat" bezeichnet eine Ratsversammlung im weitesten Sinne. Der Stadtrat von Toulouse (bestehend aus den Capitouls) tagte zur Zeit des Nostradamus im Capitole, wo heute das Rathaus zu finden ist.
4) Lat. "expilare" (ausplündern, berauben).
5) Es ist nicht ganz klar, was Nostradamus hier meint. "Zwei oder drei"? "Zwei mal drei"? "23"?
6) Ein Saturnumlauf um die Sonne dauert etwa 29,5 Jahre. Mit Blick auf Anmerkung 5 ist hier also von 59 oder 88,5, 177 oder sogar von 678,5 Jahren die Rede.
7) Lies: "[...], gens du nouueau leuain." Das mittelfranzösische "gens" bedeutet neben "Leuten" u. a. auch "Soldaten, Truppen". "Levain" ist der Sauerteig oder die Hefe, im übertragenen Sinn auch ein Teig oder ein Kuchen. GRUBER, S. 244, paraphrasiert die letzte Zeile mit "Im April und Mai werden sich die Menschen von neuem erheben", wobei "levain" als ein an "Tholosain" angepasstes Partizip (levant) zu verstehen sein dürfte. Verschiedene Deutungsmöglichkeiten bietet der "Sauerteig" an: das lat. "fermentum" (Sauerteig) bedeutet im übertragenen Sinne auch "Erbitterung, Zorn, Wut". "Levamen", der etymologische Ursprung von "levain" wäre u. a. mit "Erleichterung, Trost" zu übersetzen. Erhellender könnte hier allerdings eine Passage aus dem ersten Korintherbrief des Apostels Paulus sein. In dessen fünftem Kapitel geht es um einen Fall von Blutschande in der Gemeinde. Paulus schreibt dazu: "Übrigens hört man von Unzucht unter euch, und zwar von Unzucht, wie sie nicht einmal unter den Heiden vorkommt, dass nämlich einer mit der Frau seines Vaters lebt. Und da macht ihr euch noch wichtig, statt traurig zu werden und den aus eurer Mitte zu stoßen, der so etwas getan hat. [...] Zu Unrecht rühmt ihr euch. Wisst ihr nicht, dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert? Schafft den alten Sauerteig weg, damit ihr neuer Teig seid. Ihr seid ja schon ungesäuertes Brot; denn als unser Paschalamm ist Christus geopfert worden" (1 Kor 5, 1f. u. 6f.). Der "alte Sauerteig", das Schlechte und Verdorbene bei Paulus, entspricht bei Nostradamus wohl den Toulousern, die die heiligen Tempel (Kirchen) plündern (erste und zweite Zeile). Demzufolge wären die "Leute des neuen Sauerteigs (oder: Teigs)" wohl deren Gegner, die der Kirche treu gebliebenen Katholiken.

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