5.274  Der Schah von Persien schwört einem Glauben ab, der in Frankreich entstehen wird.
 

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Zusammenfassung
 

In der ersten Zeile erfahren wir, dass der Iran in großen Schwierigkeiten stecken wird. Während längerer Zeit wird das Land von "Regen", "Hunger" und "Krieg" heimgesucht werden. Der Regen könnte dabei eine der Ursachen für den Hunger sein. Interessant ist diesbezüglich, dass der Iran aufgrund seiner geografischen Lage heute eher mit Problemen wie Wasserknappheit oder Desertifikation in Verbindung gebracht würde. Entweder ist der "Regen" bei Nostradamus symbolisch zu verstehen - etwa generell für ungünstiges Wetter - oder der Vierzeiler gehört in eine Zeit, in der das Land tatsächlich einmal unter zuviel Niederschlag zu leiden haben wird, etwa als Folge einer Klimaveränderung. Über den Krieg erfahren wir hier nichts Genaueres. In der zweiten Zeile geht es um einen "zu großen Glauben", Verrat und einen Monarchen. Den "zu großen Glauben" kennen wir bereits aus 8/100 (5.273), dort allerdings in einem europäisch-italienischen Zusammenhang. Mit dem Monarchen müsste der Herrscher des Irans gemeint sein. Zur Zeit des Nostradamus war das Schah Tahmasp I. (1524 - 1576). Der letzte Schah von Persien, Mohammad Reza Pahlavi, wurde 1979 gestürzt. Sollte wie vermutet 1/70 in die Zukunft gehören, hieße das, dass die heutige Islamische Republik bloß ein Abschnitt der jahrtausendealten iranischen Geschichte sein wird. Wer in der zweiten Zeile wen verrät, ist unklar, vgl. Anmerkung 2. Entweder wird sich der "zu große Glaube" bzw. dessen Anhängerschaft gegen den Schah stellen und diesen vielleicht stürzen oder umgekehrt: der Schah, der bisher diesem Glauben angehangen hat, verlässt ihn. Möglicherweise aus Enttäuschung darüber, dass diese Religion nicht gegen die in der ersten Zeile erwähnten Probleme hilft. In der dritten Zeile dürfte es wieder um diesen "zu großen Glauben" gehen, vgl. Anmerkung 4. Wir erfahren, dass diese Glaubensbewegung in Frankreich entstehen wird. Im Iran wird sie aber ihr Ende finden. Das könnte etwa so verstanden werden, dass der Iran das letzte Land ist, in dem diese Religion noch vorherrschen wird. Nachdem aber der Schah diesem Bekenntnis abschwört, wird es endgültig in der Versenkung verschwinden. Ob der persische Großkönig einen anderen Glauben annimmt, lässt sich nicht sagen. In der vierten Zeile erfahren wir jedoch, dass es zu dieser Zeit ein diskretes (unscheinbares?) oder geheimes Vorzeichen für das Auftreten einer anderen Religion geben wird. Für eine Religion, die anders als der "zu große Glaube" genügsam oder schlicht daherkommen wird (zur Übersetzung vgl. aber Anmerkung 9). Näheres zu diesem bescheideneren Glauben oder zu dessen diskretem Vorzeichen teilt uns Nostradamus allerdings nicht mit.

Betrachtet man diesen Vierzeiler isoliert, scheint einiges dafür zu sprechen, dass hier die iranische Revolution der Jahre 1978/79 gemeint ist, vgl. PFÄNDLER, 1997. Die in den Anmerkungen 5 und 9 angegebenen Übersetzungsalternativen ließen es zu, in den letzten beiden Zeilen Ajatollah Chomeini zu erkennen, der aus seinem französischen Exil 1979 in den Iran zurückkehrte und die Islamische Republik aufbaute. Chomeini zeichnete sich privat tatsächlich durch einen bescheidenen Lebensstil aus. Etwas großzügiger muss man bei dieser historischen Zuordnung aber mit der Auslegung der ersten Zeile sein. Für den Krieg käme etwa der Kurdenkrieg im benachbarten Irak in Frage, in den der Iran direkt und indirekt verwickelt war. Zudem gab es im Iran seit 1963 immer wieder Unruhen und Aufstände, die auch mit Hilfe des Militärs niedergeschlagen wurden. Etwas schwieriger wird es mit dem Regen und dem Hunger. Den letzteren könnte man als Chiffre für allgemeine soziale und wirtschaftliche Probleme des Landes auffassen, obwohl der Iran kein klassisches Hungerland war. Allerdings bliebe dann immer noch, eine plausible Erklärung für den "Regen" zu finden. Das eigentliche Problem ist meines Erachtens aber die zweite Zeile. Sollte mit dem "zu großen Glauben" Chomeinis fundamentalistische Auslegung des schiitischen Islams gemeint sein, müsste dies wohl auch für 8/100 (5.273) zutreffen. Doch für eine Beteiligung des Islams an den dort geschilderten Vorgängen gibt es bislang keinen konkreten Hinweis. Nach meinen Dafürhalten geht die Spur in 8/100 (5.273) eher in Richtung des katholischen Großinquisitors aus 5.99.

Quellen
 

1/70  

Pluie, faim, guerre en Perse non cessée
Regen, Hunger, [und] Krieg [werden] in Persien kein Ende [nehmen].
La foy1) trop grande trahira le monarque,2)
Den zu großen Glauben1) wird der Monarch verraten.2)
Par la3) finie4) en Gaule commencée4):5)
Dort3) [wird der4)] sein Ende finden, [der4)] in Gallien begonnen [haben wird].5)
Secret6) augure7) pour à vng estre9) parque8).
[Es erscheint ein] diskretes6) Vorzeichen7) für einen, der genügsam8) sein wird9).
1) Oder auch: "Treue, Loyalität; Vertrauen". Falls hier ein "zu großer  Glaube" gemeint sein sollte, könnte das "zu groß" im Sinne von "vermessen" zu verstehen sein.
2) Oder umgekehrt: "Der zu große Glaube wird den Monarchen verraten".
3) Wohl als "par là" zu verstehen, vgl. BRIND’AMOUR, S. 146f. Hier ist Persien gemeint
4) Im französischen Original stehen weibliche Endungen, so dass hier vom "Regen", dem "Hunger", dem "Krieg" oder dem "zu großen Glauben" die Rede sein könnte. Da aber laut erster Zeile "Regen", "Hunger" und "Krieg" in Persien nicht beendet werden, bleibt nur der "zu große Glaube" übrig, der hier gemeint sein müsste.
5) Oder, falls es "la fine(e)" heißen sollte: "Durch das Ende, das in Gallien angefangen haben wird".
6) Oder: "geheim, versteckt".
7) Oder: "Augur" (im alten Rom ein Beamter oder Priester, der Vorzeichen -  etwa den Vogelflug oder Blitze - beobachtete und deutete). Im übertragenen Sinn kann das lat. "augur" auch "Weissager" oder "Seher" bedeuten.
8) Lat. "parcus" (sparsam, genügsam, schlicht).
9) Lies: "pour vne à estre" ("für eine, die sein wird", "für eine, die zu sein hat"). Mit der "einen" ist wohl ein Glaube gemeint, der im Französischen weiblich ist. Sollte es hier doch "vng" heißen, hätten wir einen männlichen Akteur vor uns, der offensichtlich ein bescheidenes Leben führen wird.

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